S. 110 / Nr. 12 Glaubens- und Gewissensfreiheit (d)

BGE 73 I 110

12. Urteil vom 20. März 1947 i. S. Pfefferli gegen Regierungsrat des Kantons
Luzern.

Regeste:
Art. 86 Abs. 2 und 90 OG: Unzulässigkeit neuer Vordringen bei Beschwerden, für
die der kantonale Instanzenzug erschöpft werden muss.
Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
und 49
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
1    Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
2    Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone.
BV, Art. 267 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 267 - 1 Das Adoptivkind erhält die Rechtsstellung eines Kindes der adoptierenden Personen.
1    Das Adoptivkind erhält die Rechtsstellung eines Kindes der adoptierenden Personen.
2    Das bisherige Kindesverhältnis erlischt.
3    Das Kindesverhältnis erlischt nicht zum Elternteil, der mit der adoptierenden Person:
1  verheiratet ist;
2  in eingetragener Partnerschaft lebt;
3  eine faktische Lebensgemeinschaft führt.
ZGB: Kein Verstoss gegen die Glaubens- und
Gewissensfreiheit oder gegen Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV, wenn Pflegeeltern die Kindesannahme im
Hinblick auf die verschiedene Konfessionszugehörigkeit verweigert wird.
Art. 86 al. 2 et 90 OJ: Exclusion des allégués de faits nouveaux dans les
recours de droit public dont la loi subordonne la recevabilité à l'épuisement
préalable des voies de droit cantonales.
Art. 4 et 49 Const. féd.; art. 267 al. 2 CC: La liberté de conscience et de
croyance, ni le principe de l'égalité devant la loi ne sont violés du fait
qu'un refus d'autoriser l'adoption est fondé sur la différence des
confessions.
Art. 86 cp. 2 e 90 OGF: Inammissibilità di allogare fatti nuovi nel ricorso di
diritto pubblico- la cui ricevibilità è subordinata all'esaurimento dei mezzi
cantonali.
Art. 4 e 49 CF; art. 267 cp. 2 CC: La libertà di credenza e di coscienza o
l'uguaglianza dei diritti davanti alla logge non sono violate pel fatto che il
rifiuto di autorizzare l'adozione è fondato sulla diversità delle confessioni.


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A. ­ Emil Pfefferli und seine Ehefrau Paula geb. Schmid ersuchten im Jahre
1945 den Stadtrat von Luzern im Sinne von Art. 267
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 267 - 1 Das Adoptivkind erhält die Rechtsstellung eines Kindes der adoptierenden Personen.
1    Das Adoptivkind erhält die Rechtsstellung eines Kindes der adoptierenden Personen.
2    Das bisherige Kindesverhältnis erlischt.
3    Das Kindesverhältnis erlischt nicht zum Elternteil, der mit der adoptierenden Person:
1  verheiratet ist;
2  in eingetragener Partnerschaft lebt;
3  eine faktische Lebensgemeinschaft führt.
ZGB um die Ermächtigung,
das am 18. Dezember 1942 geborene aussereheliche Kind Silvia Maria Boog, das
sich seit dem November 1944 bei den Gesuchstellern in Pflege befindet, an
Kindesstatt annehmen zu dürfen.
Der Stadtrat von Luzern als Vormundschaftsbehörde erteilte die Ermächtigung.
Der Amtsgehilfe von Luzern als vormundschaftliche Aufsichtsbehörde verweigerte
sie dagegen mit folgender Begründung: Das Kind sei katholisch getauft. Die
Pflegemutter sei protestantisch und habe erklärt, sie würde Silvia Boog
protestantisch erziehen. Es wäre also mit einem Religionswechsel des Kindes zu
rechnen, was nicht in dessen Interesse hege und mit Art. 378 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 378 - 1 Die folgenden Personen sind der Reihe nach berechtigt, die urteilsunfähige Person zu vertreten und den vorgesehenen ambulanten oder stationären Massnahmen die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern:
1    Die folgenden Personen sind der Reihe nach berechtigt, die urteilsunfähige Person zu vertreten und den vorgesehenen ambulanten oder stationären Massnahmen die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern:
1  die in einer Patientenverfügung oder in einem Vorsorgeauftrag bezeichnete Person;
2  der Beistand oder die Beiständin mit einem Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen;
3  wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner einen gemeinsamen Haushalt mit der urteilsunfähigen Person führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet;
4  die Person, die mit der urteilsunfähigen Person einen gemeinsamen Haushalt führt und ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet;
5  die Nachkommen, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten;
6  die Eltern, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten;
7  die Geschwister, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten.
2    Sind mehrere Personen vertretungsberechtigt, so dürfen die gutgläubige Ärztin oder der gutgläubige Arzt voraussetzen, dass jede im Einverständnis mit den anderen handelt.
3    Fehlen in einer Patientenverfügung Weisungen, so entscheidet die vertretungsberechtigte Person nach dem mutmasslichen Willen und den Interessen der urteilsunfähigen Person.
ZGB nicht
vereinbar wäre.
Eine Beschwerde hiegegen hat der Regierungsrat des Kantons Luzern am 10. Mai
1946 abgewiesen, im wesentlichen mit der Begründung: Bei Pflege- und
Adoptionsverhältnissen sei ausser auf das leibliche Wohl des Kindes auch auf
die geistige und religiöse Seite Rücksicht zu nehmen. Das Interesse des Kindes
erfordere, dass dieses in seiner Konfession erzogen werde und daher in einer
Umgebung lebe, wo hiefür Gewähr geboten sei. Das treffe hier nicht zu.
Überdies stehe der Entscheid über die religiöse Erziehung eines bevormundeten
Unmündigen der Heimatgemeinde zu. Diese sei nicht befragt worden.
B. ­ Mit rechtzeitiger staatsrechtlicher Beschwerde beantragen die Eheleute
Pfefferli und der Vormund des Kindes, den Entscheid des Regierungsrates
aufzuheben und diesen zu verhalten, der Adoption zuzustimmen. Es wird
Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
und 49
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
1    Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
2    Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone.
BV sowie von § 4 KV (Rechtsgleichheit) geltend
gemacht und zur Begründung angebracht: Für den Entscheid der Aufsichtsbehörde
müssten die nämlichen Gesichtspunkte massgebend sein, wie für denjenigen nach
Art. 267
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 267 - 1 Das Adoptivkind erhält die Rechtsstellung eines Kindes der adoptierenden Personen.
1    Das Adoptivkind erhält die Rechtsstellung eines Kindes der adoptierenden Personen.
2    Das bisherige Kindesverhältnis erlischt.
3    Das Kindesverhältnis erlischt nicht zum Elternteil, der mit der adoptierenden Person:
1  verheiratet ist;
2  in eingetragener Partnerschaft lebt;
3  eine faktische Lebensgemeinschaft führt.
ZGB. Das Interesse des Kindes verlange, dass es nicht deswegen, weil
die

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Pflegemutter nicht katholisch sei, den Pflegeort wechsle, nachdem es zwei
Jahre lang bei den Pflegeeltern gut aufgehoben gewesen sei. Der Entscheid
hätte zur Folge, dass die Adoption für Eheleute aus konfessionell gemischter
Ehe ausgeschlossen wäre. Es verstosse auch gegen Art. 49
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
1    Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
2    Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone.
BV, wenn den
Erstrekurrenten die Ermächtigung zur Adoption verweigert worden sei, weil sich
die Pflegemutter zur protestantischen Konfession bekenne. Es sei willkürlich,
wenn angenommen werde, das Mädchen wäre durch die Pflegeeltern nicht
katholisch erzogen worden. Willkür liege auch darin, dass weder der
Regierungsrat noch der Amtsgehilfe sich zur Frage geäussert habe, ob die
Zustimmung auch verweigert würde, falls allein der katholische Pflegevater die
Kindesannahme erkläre. Schliesslich sei die Anordnung der sofortigen Wegnahme
des Kindes bei den Pflegeeltern als willkürlich zu bezeichnen. Seinerzeit sei
den Eheleuten Pfefferli die Adoption des ebenfalls katholisch getauften
Mädchens Alice Schwegler bewilligt worden. Der vorliegende Entscheid verletze
somit auch den Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung.
C. ­ Der Regierungsrat des Kantons Luzern beantragt die Abweisung der
Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Bei Beschwerden, bei denen wie hier der kantonale Instanzenzug erschöpft
werden muss, bevor das Bundesgericht angerufen werden kann (Art. 86 Abs. 2
OG), sind neue Behauptungen, Bestreitungen und Beweismittel grundsätzlich
ausgeschlossen (BGE 71 I 3823 . Die erst mit der staatsrechtlichen Beschwerde
eingelegte protokollarische Erklärung der ausserehelichen Mutter des
anzunehmenden Kindes vom 11. Juni 1946, sie habe nichts dagegen einzuwenden,
dass das Kind protestantisch erzogen werde, kann daher vor Bundesgericht nicht
berücksichtigt werden. Aus dem gleichen Grunde muss ausser Betracht bleiben
die Erklärung des Ehemannes Pfefferli, wenn die Zustimmung zur Adoption nur
erteilt werde,

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falls das Kind Silvia Boog katholisch erzogen werde, so sei er bereit, diese
Erklärung abzugeben. Dasselbe gilt von der Bestreitung der Annahme, das Kind
würde von den Erstrekurrenten nicht katholisch erzogen. Die Pflegemutter hat
im kantonalen Verfahren ausdrücklich erklärt, die Erziehung liege bei ihr, sie
sei als Protestantin nicht in der Lage, dem Kind eine andere als eine
protestantische Erziehung angedeihen zu lassen und sie würde das Rind
selbstverständlich protestantisch erziehen. Bei solcher Sachlage könnte
übrigens die vorerwähnte Annahme des angefochtenen Entscheides aus dem
Gesichtspunkt des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV selbst dann nicht beanstandet werden, wenn sie
gehört werden könnte.
Auch die Rüge formell rechtsungleicher Behandlung ist neu und daher
unzulässig. Jedenfalls wurde kein Entscheid genannt, in dem die Ermächtigung
zur Adoption trotz verschiedener Konfessionszugehörigkeit erteilt worden wäre.
Ebensowenig haben die Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren auf die sie
selber betreffende Adoption des Mädchens Alice Schwegler hingewiesen, auf die
sie sich heute zum Nachweis rechtsungleicher Behandlung berufen. Aus den
kantonalen Beschwerdeakten ergibt sich zudem, dass den zuständigen Behörden
bei der Ermächtigung zur Adoption des Kindes Alice Schwegler der massgebende
Sachverhalt nicht bekannt war. Wenn im vorliegenden Fall in Kenntnis des
Sachverhaltes anders entschieden wurde, so liegt darin keine rechtsungleiche
Behandlung. Nach ständiger Rechtsprechung hat nämlich das Postulat der
formalen Gleichheit zu weichen, wenn es in Konflikt gerät mit dem Postulat der
sachlichen Übereinstimmung der Entscheidung mit dem positiven Recht. Eine
Abweichung auch von einer feststehenden Praxis widerspricht deshalb dem Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.

BV nicht, sofern sie aus sachlichen Gründen erfolgt. Das muss umsomehr gelten,
wenn die Entscheidung in einem früheren Fall in Unkenntnis jenes Sachverhaltes
erfolgte, der zum abweichenden Entscheide in der späteren Angelegenheit Anlass
gibt.

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2. ­ Die in Art. 49
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
1    Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
2    Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone.
BV garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit erachten
die Beschwerdeführer deshalb als verletzt, weil die Ermächtigung zur
Kindesannahme mit Rücksicht auf die Konfessionszugehörigkeit der Pflegemutter
verweigert worden sei.
Die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist das Recht des Einzelnen gegenüber dem
Staat, in seiner religiösen Überzeugung keinen Zwang zu erleiden und seine
Glaubensansichten äussern zu dürfen (BGE 56 I 439, 57 I 116, BURCKHARDT ZU
Art. 49
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
1    Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
2    Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone.
BV S. 442). Wenn Pflegeeltern die Ermächtigung zur Annahme eines
bestimmten Kindes im Hinblick auf dessen Konfessionszugehörigkeit verweigert
wird, so geht es hiebei nicht um ihr Recht gegenüber dem Staat, in ihrer
religiösen Überzeugung keinen Zwang zu erleiden oder ihre Glaubensansichten
äussern zu dürfen. Es wird den Eltern damit auch nicht die Möglichkeit
abgesprochen, überhaupt Kinder zu adoptieren. Es bleibt ihnen die Möglichkeit
der Annahme von Kindern jener Konfession, zu der sich jener Adoptierende
bekennt, in dessen Hand die Erziehung tatsächlich liegt. Die Verweigerung hat
im vorliegenden Fall ihren Grund nicht in der Konfession der Pflegemutter,
sondern in derjenigen des Kindes und ergibt sich aus der Rücksichtnahme auf
dessen Anspruch (gegenüber den Vormundachaftsbehörden), bis zu seiner
Religionsmündigkeit in der Konfession erzogen zu werden, der es bisher
angehört hat (vgl. EGGER, Familienrecht Art. 378
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
1    Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
2    Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone.
Noten 12-15). Darin liegt
keine Verletzung von Art. 49
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
1    Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
2    Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone.
BV.
3. ­ Es kann sich daher nur fragen, ob der Entscheid des Regierungsrates gegen
Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV verstosse, neben dem der ebenfalls angerufene § 4 KV keine
selbständige Bedeutung hat. Es ist deshalb zu prüfen, ob der Entscheid sich
mit sachlichen Gründen vertreten lässt. Das trifft zu.
a) Zu einer Äusserung darüber, ob die Ermächtigung auch verweigert würde, wenn
der Pflegevater die Kindesannahme allein erklären würde, waren die kantonalen
Behörden nicht verpflichtet. Es hätte dazu nur Anlass bestanden, wenn ­ im
Sinne eines Haupt- oder eines

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Eventualantrages ­ die Ermächtigung zur Annahme des Kindes bloss durch den
Pflegevater verlangt worden wäre. Ein derartiger Antrag ist im kantonalen
Verfahren nicht gestellt worden, noch wird behauptet, dass der Vertrag dies
vorsehe. Übrigens wäre die Verweigerung auch in diesem Fall vom Gesichtspunkt
des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV nicht zu beanstanden, wenn bei der Kindesannahme durch
Pflegeeltern, die sich ihrerseits nicht zur gleichen Konfession bekennen,
darauf abgestellt wird, wer tatsächlich die Erziehung des Kindes leiten würde.
Das ist bei kleinen Kindern in der Regel die Mutter und es wäre, wie sich aus
den Erklärungen der Erstrekurrenten ergibt, auch hier so gewesen.
b) Nach Art. 267 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 267 - 1 Das Adoptivkind erhält die Rechtsstellung eines Kindes der adoptierenden Personen.
1    Das Adoptivkind erhält die Rechtsstellung eines Kindes der adoptierenden Personen.
2    Das bisherige Kindesverhältnis erlischt.
3    Das Kindesverhältnis erlischt nicht zum Elternteil, der mit der adoptierenden Person:
1  verheiratet ist;
2  in eingetragener Partnerschaft lebt;
3  eine faktische Lebensgemeinschaft führt.
ZGB darf die Behörde die Ermächtigung nur dann
erteilen, wenn dem Kind aus der Annahme kein Nachteil entsteht, diese also in
seinem Interesse gelegen ist. Die kantonalen Behörden erachten dieses
Interesse nicht schon als gewahrt, wenn das leibliche Wohl des Kindes
gesichert wäre, sondern erst, wenn zugleich auch dafür Gewähr besteht, dass
das Kind in der bisherigen Konfessionszugchörigkeit nicht gefährdet, d. h.
wenn es in seiner Konfession erzogen wird. Sie anerkennen diesen Grundsatz
ausdrücklich nicht etwa bloss für katholische Kinder, sondern in gleicher
Weise auch für Kinder protestantischer oder anderer Konfession (Vernehmlassung
des Regierungsrates S. 2). Dem entspricht die Weisung des Amtsgehilfen an die
Vormundschaftsbehörden, bevormundete Kinder grundsätzlich bei Eltern ihrer
Konfession in Pflege zu geben; dies besonders auch im Hinblick auf eine
allfällige spätere Kindesannahme.
Diese Auffassung ist mit sachlichen Gründen durchaus vertretbar. Sie wird
nicht nur im Schrifttum, sondern auch in der Praxis kantonaler Behörden als
die grundsätzlich richtige anerkannt. Nach EGGER (Familienrecht, Art. 378 Note
12) entspricht die Bindung von Vormund und vormundschaftlichen Behörden an die
einmal getroffene Entscheidung über die Konfession eines Mündels der Wahrung
der Kindesinteressen und zugleich dem konfessionellen

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Frieden; es muss (EGGER Art. 378 Noten 17-20) die religiöse Erziehung auch von
den vormundschaftlichen Behörden als Teil der Gesamterziehung betrachtet
werden, weshalb wenn immer möglich schon ein Vormund gleicher Konfession zu
wählen ist und weshalb Kinder, besonders auch Pflegekinder in einer Familie
des gleichen Bekenntnisses unterzubringen sind. Dieselbe Auffassung wird
vertreten von KAUFMANN (Kommentar zu Art. 378 Note 26), von M. HOERNI (Über
die religiöse Erziehung bevormundeter Kinder, Festgabe für EGGER S. 231, 236
ff.) sowie in einem Entscheid der Justizdirektion des Kantons Zürich vom 19.
Juni 1944 (veröffentlicht in Zeitschrift für Vormundschaftswesen Bd. 1 S. 63
Nr. 17). Dass sich das Mädchen Silvia Boog bereits seit November 1944 bei den
Pflegeeltern aufgehalten hat, hinderte die kantonalen Behörden nicht, diese
Grundsätze zur Anwendung zu bringen, sobald sie der Tatsache gewahr wurden,
dass das Kind von den Pflegeeltern in einer andern Konfession erzogen würde.
Es wurde damit keine mit den gesetzlichen Vorschriften nicht vereinbare
Voraussetzung für die Adoption aufgestellt.
c) (Zulässigkeit sofortiger Wegnahme des Kindes und seiner Unterbringung an
einen andern Pflegeplatz).
4. ­ Die auf die dargelegten Gründe gestützte Verweigerung der Ermächtigung
zur Kindesannahme widerspricht daher Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV nicht. Bei dieser Sachlage kann
dahingestellt bleiben, wie es sich mit der weiteren, aus Art. 378 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 378 - 1 Die folgenden Personen sind der Reihe nach berechtigt, die urteilsunfähige Person zu vertreten und den vorgesehenen ambulanten oder stationären Massnahmen die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern:
1    Die folgenden Personen sind der Reihe nach berechtigt, die urteilsunfähige Person zu vertreten und den vorgesehenen ambulanten oder stationären Massnahmen die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern:
1  die in einer Patientenverfügung oder in einem Vorsorgeauftrag bezeichnete Person;
2  der Beistand oder die Beiständin mit einem Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen;
3  wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner einen gemeinsamen Haushalt mit der urteilsunfähigen Person führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet;
4  die Person, die mit der urteilsunfähigen Person einen gemeinsamen Haushalt führt und ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet;
5  die Nachkommen, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten;
6  die Eltern, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten;
7  die Geschwister, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten.
2    Sind mehrere Personen vertretungsberechtigt, so dürfen die gutgläubige Ärztin oder der gutgläubige Arzt voraussetzen, dass jede im Einverständnis mit den anderen handelt.
3    Fehlen in einer Patientenverfügung Weisungen, so entscheidet die vertretungsberechtigte Person nach dem mutmasslichen Willen und den Interessen der urteilsunfähigen Person.
ZGB
abgeleiteten Begründung des angefochtenen Entscheides verhält, d. h. ob
bereits in der Unterbringung des Kindes Silvia Boog eine Verfügung über dessen
religiöse Erziehung lag, für welche die Weisung der heimatlichen
Vormundschaftsbehörde hätte eingeholt werden müssen.
Demnach erkennt das:Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.