S. 392 / Nr. 59 Unlauterer Wettbewerb (d)

BGE 72 II 392

59. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. September 1946 i. S.
Elco Papier A.-G. gegen H. Goessler & Cie. A.-G.

Regeste:
Unlauterer Wettbewerb, Ausstattungsschutz.
Begriff des unlauteren Wettbewerbs; Verletzung eines Persönlichkeitsrechts ist
nach dem UWG nicht erforderlich. Art. 1 Abs. 1
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 1 - Dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten.
UWG (Erw. 2).
Unlauterer Wettbewerb durch Herbeiführung einer Verwechslungsgefahr zwischen
zwei Ausstattungen, Art. 1 Abs. 2 lit. d
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 1 - Dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten.
UWG: Erforderlich ist ausser der
Verwechselbarkeit das Bestehen einer Beziehung zwischen der von der
Verwechslungsgefahr bedrohten Ausstattung und dem guten geschäftlichen Ruf
ihres Verwenders oder der Qualität der Ware (Erw. 3).
Einfluss des guten oder bösen Glaubens bei der Herbeiführung der
Verwechslungsgefahr (Erw. 6).
Schadenersatz: Grundsätze für die Bemessung der Schadenersatzsumme; Art. 2
Abs. 1 lit. d
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 2 Grundsatz - Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst.
, Art. 8
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 8 Verwendung missbräuchlicher Geschäftsbedingungen - Unlauter handelt insbesondere, wer allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorsehen.
UWG, Art. 42 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 42 - 1 Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
1    Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
2    Der nicht ziffernmässig nachweisbare Schaden ist nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen.
3    Bei Tieren, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, können die Heilungskosten auch dann angemessen als Schaden geltend gemacht werden, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen.26
OR (Erw. 8).
Concurrence déloyale, protection de l'aspect donné à une marchandise.
Notion de la concurrence déloyale; la LCD n'exige pas la violation d'un droit
attaché à la personnalité. Art. 1 al. 1 LCD.
Concurrence déloyale résultant de la création d'un risque de confusion entre
deux aspects donnés à une marchandise, art. 1

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al. 2 litt. d LCD; outre la possibilité d'une confusion, il faut qu'il existe
un rapport entre la présentation pour laquelle ce risque existe et la bonne
réputation commerciale de celui qui s'en sert ou la qualité de la marchandise
(consid. 3).
Influence de la bonne ou de la mauvaise foi dans la création du risque de
confusion (consid. 6).
Dommages-intérêts: principes servant à fixer l'indemnité. Art. 2 al. 1 litt.
d, art. 8 LCD), art. 42 al. 2 CO (consid. 8).
Concorrenza sleale, protezione dell'aspetto dato ad una merce.
Nozione della concorrenza sleale, secondo la LCS, non è necessaria la
violazione d'un diritto inerente alla personalità. Art. 1, cp. 1, LCS (consid.
2).
Concorrenza sleale per aver creato un rischio di confusione tra due aspetti
dati ad una merce, art. 1, cp. 2 lett. d LCS; oltre la possibilità d'una
confusione, occorre che ci sia un rapporto tra l'aspetto, pel quale questo
rischio esiste, e la buona riputazione commerciale di chi se ne serve, o la
qualità della merce (Consid. 3).
Influsso della buana o della cattiva fede nel creare il rischio di confusione
(consid. 6).
Risarcimento dei danni: princìpi per stabilire l'indennizzo. Art. 2 cp. 1,
lett. d; art. 8 LCS; art. 42, cp. 2 CO (consid. 8).

2. ­ Die Beklagte hat die Ausstattung, die Gegenstand des vorliegenden
Prozesses bildet, im Mai 1945 herausgebracht. Ihre Zulässigkeit ist daher im
Lichte des am 1. März 1945 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den
unlauteren Wettbewerb (UWG) zu prüfen.
Art. 1
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 1 - Dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten.
UWG bezeichnet als unlauteren Wettbewerb «jeden Missbrauch des
wirtschaftlichen Wettbewerbs durch täuschende oder andere Mittel, die gegen
die Grundsätze von Treu und Glauben verstossen». Das UWG erklärt damit, wie
schon Art. 48
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 48
OR, den unlauteren Wettbewerb als einen Verstoss gegen Treu und
Glauben. Art. 48
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 48
OR wurde indessen in Theorie und Rechtsprechung meist als
Anwendungsfall von Art. 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB über die Verletzung der Persönlichkeitsrechte
angesehen. Diese Auffassung ist mit Art. 1
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 1 - Dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten.
UWG nicht mehr vereinbar. Das neue
Gesetz knüpft unzweideutig an Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB an, der dem offenbaren Missbrauch
eines Rechtes den Schutz versagt. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass der
geschäftliche Wettbewerb grundsätzlich frei ist und lediglich seine Schranke
findet an der allgemeinen Vorschrift von Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB. Das

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wesentliche Element des unlauteren Wettbewerbes ist danach der durch den
beklagten Konkurrenten begangene Missbrauch des Rechtes zum freien
wirtschaftlichen Wettbewerb unter Missachtung der Grundsätze von Treu und
Glauben. Infolgedessen kommt es hauptsächlich auf die im Konkurrenzkampf
verwendeten Mittel an. Verstossen diese als solche oder wegen ihrer
Verwendungsart gegen Treu und Glauben, so liegt unlauterer Wettbewerb vor. Da
der Sinn der freien Konkurrenz, um deren Schutz es dem Gesetze zu tun ist, im
Leistungsprinzip liegt, ist unlauter insbesondere die Verwendung von Mitteln,
die bestimmt oder geeignet sind, ohne entsprechende eigene Leistung andere im
Wettbewerb zu behindern oder ganz von diesem auszuschliessen, oder dem eigenen
Angebot einen ungerechtfertigten Vorsprung zu sichern (vgl. Botschaft des
Bundesrates vom 3. November 1942, BBl 1942 S. 686 ff.; GERMANN, Unlauterer
Wettbewerb S. 242 ff.).
3. ­ Im Anschluss an die in Art. 1 Abs. 1
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 1 - Dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten.
UWG gegebene allgemeine Umschreibung
des Begriffs des unlauteren Wettbewerbs führt Abs. 2 desselben Artikels im
Sinne einer nicht abschliessenden Aufzählung unter lit. a-h eine Anzahl von
Beispielen unlauteren Wettbewerbs an. Gemäss lit. d verstösst gegen Treu und
Glauben insbesondere «wer Massnahmen trifft, die bestimmt oder geeignet sind,
Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb
eines andern herbeizuführen.»
Die Verwendung einer Ausstattung, bei der die Gefahr einer Verwechslung mit
derjenigen eines Konkurrenten besteht, war schon unter der Herrschaft des
früheren Rechtes als unlauter betrachtet worden (vgl. BGE 69 II 296, 61 II
385
). Voraussetzung war dabei aber, der Konstruktion des unlauteren
Wettbewerbes als einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers
entsprechend, das Bestehen eines Individualrechts des klagenden
Geschäftsmannes an der von der Verwechslungsgefahr betroffenen Ausstattung.
Ein solches wurde angenommen, wenn die Ausstattung kraft ihrer Originalität
einen

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Hinweis auf den Hersteller der betreffenden Ware darstellte (BGE 63 II 163),
sowie wenn eine an sich nicht originelle Ausstattung kraft ihrer Durchsetzung
im Verkehr ebenfalls die Wirkung eines solchen Hinweises erlangt hatte (BGE 69
II 297
, 70 II 112).
Da das UWG das Erfordernis der Verletzung eines Individualrechts des Klägers
ausschliesst, bedarf es auch nicht mehr des Nachweises eines solchen für das
Vorliegen des unlauteren Wettbewerbes. Daraus folgern zu wollen, es genüge
nunmehr schlechthin jede Verwechslungsgefahr zwischen zwei Ausstattungen,
damit unlauterer Wettbewerb angenommen werden könne, wäre indes verfehlt. Wie
alle in Art. 1 Abs. 2 des Gesetzes aufgezählten Fälle unlauteren Wettbewerbes
steht vielmehr auch derjenige der Herbeiführung einer Verwechslungsgefahr
gemäss lit. d unter der allgemeinen Voraussetzung von Art. 1 Abs. 1, dass
darin ein Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbes liegen muss. Hievon
kann aber nur dann gesprochen werden, wenn der Urheber der Verwechslungsgefahr
durch diese die Möglichkeit erlangt, ohne entsprechende eigene Leistung seine
wirtschaftliche Stellung auf Kosten derjenigen eines bestimmten Konkurrenten
oder mindestens der Konkurrenten im allgemeinen zu verbessern. Nicht die
Verwechselbarkeit als solche, um ihrer selbst willen, will das Gesetz
verhindern, sondern ihre Ausnützung zum Zweck, sich das Resultat der Arbeit
oder der allgemeinen geschäftlichen Leistungen anderer in unstatthafter Weise
anzueignen (BOLLA, Protokoll der 1. Expertenkommission, S. 21). Damit
unlauterer Wettbewerb vorliegt, muss deshalb das weitere Merkmal erfüllt sein,
dass die Verwechselbarkeit dazu angetan ist, einer solchen ungerechtfertigten
Verbesserung der wirtschaftlichen Stellung ihres Urhebers Vorschub zu leisten.
Das ist zwar in Art. 1 Abs. 2 lit. d
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 1 - Dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten.
UWG nicht ausdrücklich gesagt, ergibt
sich aber notwendigerweise aus dem Begriff des unlauteren Wettbewerbes als
solchem. Dieser setzt immer eine Handlung oder ein Verhalten voraus, die
darauf zielen, die Wirtschaftslage

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ihres Urhebers zu verbessern oder diejenige seiner mittelbaren oder
unmittelbaren Wirtschaftsmitbewerber zu schwächen, ohne dass der angestrebte
Erfolg durch eine aequivalente Leistung seinerseits gerechtfertigt wird (v.
BÜREN, Unlauterer Wettbewerb, S. 61; vgl. ferner POUILLET, Traité des marques
de fabriques et de la concurrence déloyale, 6. Aufl. S. 718).
Damit steht im Einklang, dass in Art. 2 Abs. 1
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 2 Grundsatz - Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst.
UWG als klageberechtigt erklärt
wird «wer durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, in seinem Kredit
oder beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb oder sonst in seinen
wirtschaftlichen Interessen geschädigt oder gefährdet ist». Allerdings sind
die Voraussetzungen der Klageberechtigung und die Begriffsmerkmale des
unlauteren Wettbewerbes zwei verschiedene Dinge. Aber die Ausgestaltung der
ersteren gestattet doch gewisse Rückschlüsse darauf, wann ein unlauterer
Wettbewerb im Sinne des Gesetzes anzunehmen ist.
Die Erzielung eines solchen sachlich nicht begründeten Vorsprungs gegenüber
der Konkurrenz, der sich auf die Mitbewerber nachteilig auswirkt, ist aber nur
möglich, wenn infolge der Ähnlichkeit der Ausstattung die Gefahr besteht, dass
die Käufer in den Glauben versetzt werden, das Erzeugnis eines bestimmten
Herstellers oder einen Artikel von bestimmter Qualität zu erhalten, während es
sich in Wirklichkeit um ein anderes Erzeugnis oder eine Ware von geringerer
Qualität handelt. Nur unter diesen Voraussetzungen kann in der Verwendung
einer ähnlichen Ausstattung eine Ausnützung des guten geschäftlichen Rufes
eines Konkurrenten, seiner Arbeit und seiner Leistungen oder der Wertschätzung
einer bestimmten Qualitätsware liegen. Eine solche Täuschungsmöglichkeit der
Abnehmer kommt aber nur in Frage, wenn die von der Verwechslungsgefahr
bedrohte Ausstattung die Wirkung eines Hinweises auf einen bestimmten
Hersteller oder doch auf eine bestimmte Qualität der Ware hat. Fehlt ein
solcher Hinweis. ruft also mit andern Worten die betreffende

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Ausstattung beim Käufer nicht eine Ideenverbindung mit einem gewissen
Hersteller oder einer bestimmten Beschaffenheit der Ware hervor, so ist nicht
einzusehen, wieso die Verwechselbarkeit der Ausstattung dazu angetan sein
könnte, einen Konkurrenten zu schädigen und dem Urheber der
Verwechslungsgefahr zum Nachteil der Mitbewerber einen Vorteil zu verschaffen.
Auch unter der Herrschaft des neuen Rechtes ist daher der Nachweis einer
Beziehung zwischen der von der Verwechslungsgefahr bedrohten Ausstattung und
dem guten geschäftlichen Ruf des Verwenders derselben oder der Qualität der
Ware erforderlich in dem Sinn, dass die Ausstattung einen Hinweis auf einen
bestimmten Hersteller oder auf eine bestimmte Qualität der Ware bedeutet, sei
es, dass sie durch ihre Originalität, dank ihrer Durchsetzung im Verkehr (sog.
Verkehrsgeltung) oder auf andere Art beim Käufer eine Ideenverbindung mit
einem bestimmten Hersteller oder eine bestimmte Qualitätsvorstellung weckt.
Bei der Prüfung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche Beziehung
angenommen werden könne, lassen sich bis zu einem gewissen Grade die vom
Bundesgericht in seiner Rechtsprechung zum früheren Recht in Bezug auf die
Verkehrsgeltung herausgearbeiteten Grundsätze auch in Zukunft noch
heranziehen. So wird z. B. auch fürderhin von gewisser Bedeutung sein, ob die
in Frage kommenden Verkehrskreise im allgemeinen sich daran gewöhnt haben,
eine Ware ihrer Ausstattung wegen mit einer bestimmten Herkunftsstätte in
Verbindung zu bringen, mit der Wirkung, dass sie den Artikel ohne nähere
Prüfung als Erzeugnis des betreffenden Herstellers hinnehmen (BGE 70 II S. 112
f.). Dagegen ist, da es nicht mehr des Nachweises eines Individualrechtes
bedarf, an die Verkehrsgeltung nicht mehr der strenge Massstab anzulegen, wie
dies bisher der Fall war, und insbesondere kann der Tatbestand des unlauteren
Wettbewerbes nunmehr auch erfüllt sein durch die Ausnützung einer
Verkehrsgeltung, die nicht als Hinweis auf einen bestimmten

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Hersteller, sondern als Hinweis auf eine bestimmte Qualität der Ware wirkt und
daher keine Verletzung eines Individualrechtes eines andern darstellen konnte.
Es genügt schon jede Massnahme, die dazu angetan ist, den guten Ruf des
Mitbewerbers auszubeuten und ihn dem eigenen Angebot des Nachahmers als
«Vorspann» dienstbar zu machen. (So auch GERMANN, S. 281 f., der allerdings
die Rechtsprechung des Bundesgerichtes zum früheren Recht in Bezug auf die
Verkehrsgeltung als mit dem neuen Gesetz nicht mehr vereinbar betrachtet.)
6. ­ Ist die von der Beklagten verwendete Ausstattung somit geeignet,
Verwechslungen mit den Produkten der Klägerin herbeizuführen, so ist der
Tatbestand des unlauteren Wettbewerbes im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. d
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 1 - Dieses Gesetz bezweckt, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten.
UWG
erfüllt. Eine Prüfung, ob die Ausstattung überdies zur Herbeiführung von
Verwechslungen bestimmt gewesen sei, wäre daher in diesem Zusammenhang nicht
erforderlich; denn nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes genügt das eine oder
das andere der beiden genannten Momente. Hingegen ist es, da es sich um die
Anwendung eines neuen Gesetzes handelt, aus grundsätzlichen Erwägungen
gleichwohl geboten, auch zu dieser Frage Stellung zu nehmen, zumal für die
Beurteilung des Schadenersatzanspruches der Klägerin gemäss Art. 2 Abs. 2 lit.
d
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 2 Grundsatz - Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst.
UWG auch die hiemit in gewissem Zusammenhang stehende Frage des Verschuldens
zu entscheiden sein wird.
Dem UWG liegt, wie bereits eingangs ausgeführt wurde, der Gedanke zu Grunde,
dass der an sich freie wirtschaftliche Wettbewerb sich innerhalb der durch die
Grundsätze von Treu und Glauben gebildeten Schranken zu halten habe. Der
Begriff von Treu und Glauben stellt dabei einen objektiven Massstab dar.
Subjektiver böser Glaube auf Seiten des belangten Wettbewerbers ist, so wenig
wie ein Verschulden im allgemeinen, für den Tatbestand des unlauteren
Wettbewerbes nicht erforderlich. Dagegen kann und muss der Umstand, ob ein
Wettbewerber bösgläubig gehandelt hat, bei der Beurteilung des Falles im

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allgemeinen eine gewisse Rolle spielen, indem in Zweifelsfällen beim Entscheid
über die Verwechselbarkeit zweier Ausstattungen, über das Vorliegen einer
Verletzung schutzwürdiger Interessen des Klägers und dergleichen der gute oder
böse Glaube des Belangten ebenfalls mit in die Waagschale geworfen wird.
Hiegegen sind um so weniger Bedenken am Platz, als es sich bei den erwähnten
Fragen keineswegs um einfache, klar umrissene Begriffe handelt, sondern im
Gegenteil um oft sehr komplizierte, schwer abzugrenzende Tatbestände, bei
denen der Richter zur Heranziehung der verschiedensten Erkenntnisquellen
befugt sein muss...
8. ­ Bei Verschulden der Beklagten hat die Klägerin sodann gemäss Art. 2 Abs.
1 lit. d
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 2 Grundsatz - Unlauter und widerrechtlich ist jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst.
UWG Anspruch auf Ersatz ihres Schadens. Dass die unlautere
Wettbewerbshandlung vorsätzlich begangen worden sei, ist nicht erforderlich;
schon blosse Fahrlässigkeit reicht aus, um die Schadenersatzpflicht zur
Entstehung zu bringen...
Bei der Bemessung der Schadenersatzsumme ist zu berücksichtigen, dass der
ziffermässige Nachweis des Schadens in Fällen der vorliegenden Art immer
äusserst schwierig ist, ja sogar praktisch oft überhaupt nicht erbracht werden
kann (BGE 68 II 244). Es muss daher nach der in Art. 42 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 42 - 1 Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
1    Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
2    Der nicht ziffernmässig nachweisbare Schaden ist nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen.
3    Bei Tieren, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, können die Heilungskosten auch dann angemessen als Schaden geltend gemacht werden, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen.26
OR
aufgestellten und gemäss Art. 8
SR 241 Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
UWG Art. 8 Verwendung missbräuchlicher Geschäftsbedingungen - Unlauter handelt insbesondere, wer allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorsehen.
UWG auch bei der Handhabung dieses Gesetzes
anwendbaren Regel als genügend angesehen werden, dass nach dem gewöhnlichen
Lauf der Dinge und der Erfahrung des Lebens anzunehmen ist, die Klägerin habe
infolge von Verwechslungen von Produkten der Beklagten mit den ihrigen eine
gewisse Einbusse erlitten. Bei der Festsetzung der Höhe des Schadens, die
unter diesen Umständen nach richterlichem Ermessen vorzunehmen ist, sind
einerseits die Bedeutung der beiden Unternehmen und anderseits Art und Umfang
des von der Beklagten begangenen unlauteren Wettbewerbs in Betracht zu ziehen.
Ferner ist auch darauf Bedacht zu nehmen, dass der unlautere Wettbewerb nach
der Bezahlung des Schadenersatzes und der Kosten nicht doch noch ein
vorteilhaftes Geschäft für den

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Beklagten darstelle, während der Kläger, der zur Verteidigung seiner
Interessen zum Prozess genötigt war, nicht einmal seine Kosten gedeckt
erhält...
Vgl. auch Nr. 58. ­ Voir aussi no 58.