S. 184 / Nr. 47 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 71 III 184

47. Auszug aus dem Entscheid vom 17. Dezember 1945 i.S. Burren.

Regeste:
1. Im Konkurse kann der Schuldner durch Beschwerde die Aufhebung einer
Kollokation verlangen, weil er zur betreffenden Konkurseingabe nicht angehört
wurde (Art. 244
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 244 - Nach Ablauf der Eingabefrist prüft die Konkursverwaltung die eingegebenen Forderungen und macht die zu ihrer Erwahrung nötigen Erhebungen. Sie holt über jede Konkurseingabe die Erklärung des Gemeinschuldners ein.
SchKG).
2. Verrechnungsrecht eines Gläubigers einer- und der Konkursmasse anderseits.
Wann hat diese an der Verrechnung ein Interesse? (Art. 123
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 123 - 1 Im Konkurse des Schuldners können die Gläubiger ihre Forderungen, auch wenn sie nicht fällig sind, mit Forderungen, die dem Gemeinschuldner ihnen gegenüber zustehen, verrechnen.
1    Im Konkurse des Schuldners können die Gläubiger ihre Forderungen, auch wenn sie nicht fällig sind, mit Forderungen, die dem Gemeinschuldner ihnen gegenüber zustehen, verrechnen.
2    Die Ausschliessung oder Anfechtung der Verrechnung im Konkurse des Schuldners steht unter den Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts.
OR, 213 SchKG).
1. En cas de faillite, le débiteur est recevable à conclure par voie de
plainte à l'annulation d'une collocation, pour le motif qu'il n'a pas été
consulté sur la production (art. 244 LP).
2. Compensation entre un créancier et la masse. Quand celle-ci a-t-elle
intérêt à compenser? (Art. 123 CO, 213 LP).
1. In caso di fallimento, il debitore ha veste per chiedere mediante reclamo
l'annullamento d'una graduatoria, se non è stato consultato sull'insinuazione
(art. 244 LEF).
2. Compensazione tra un creditore e la massa. Quando la massa ha un interesse
a compensare? (art. 123 CO, 213 LEF)

1. ­ ... Der Rekurrent rügt, die Konkursverwaltung habe es an den ihr
obliegenden Erhebungen fehlen lassen (Art. 244
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 244 - Nach Ablauf der Eingabefrist prüft die Konkursverwaltung die eingegebenen Forderungen und macht die zu ihrer Erwahrung nötigen Erhebungen. Sie holt über jede Konkurseingabe die Erklärung des Gemeinschuldners ein.
SchKG, BGE 68 III 140). In der
Tat muss dem Gemeinschuldner zugestanden werden, sich über eine Kollokation zu
beschweren, wenn seine Erklärung zur betreffenden Konkurseingabe nicht
eingeholt wurde, und zwar nicht nur disziplinarisch, sondern mit dem Erfolg
der Aufhebung der Kollokation (Entscheid i.S. Stolz-Else vom 6. Dezember 1945
[Siehe No. 46 hievor. ­ Voir le no 46 ci-dessus.]). Nur so wird den

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Gegengründen, die er allenfalls vorbringen kann, die ihnen gebührende Geltung
verschafft. ...
2. ­ Die Rüge der Beschwerde bezieht sich indessen gar nicht auf die
Konkurseingabe, also auf die Forderungen des betreffenden Gläubigers als
solche. Der Rekurs will vielmehr die von ihm behaupteten Gegenforderungen
verrechnet und die erwähnte Konkursforderung aus diesem Grunde abgelehnt
wissen. Nun ist aber die Verrechnungseinrede keine gewöhnliche Einrede, die
lediglich auf Abwehr einer Konkursforderung, also eines Passivums der Masse,
abzielt. Sie stützt sich vielmehr auf eine Gegenforderung, also ein
Konkursaktivum, und will dieses zur Tilgung jenes Passivums aufopfern. Das
liegt im allgemeinen nicht im Interesse der Konkursmasse, sondern im
einseitigen Interesse des betreffenden Konkursgläubigers. Die Masse verliert
gegebenenfalls ein vollwertiges Vermögensstück gegen ein Passivum, das aus der
Konkursmasse nur mit einem (unter Umständen auf Null herabsinkenden) Bruchteil
zu decken wäre.
Das Verrechnungsrecht im Konkurse fällt daher grundsätzlich in erster Linie
als Recht der Konkursgläubiger in Betracht. So ist es denn auch in Art. 123
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 123 - 1 Im Konkurse des Schuldners können die Gläubiger ihre Forderungen, auch wenn sie nicht fällig sind, mit Forderungen, die dem Gemeinschuldner ihnen gegenüber zustehen, verrechnen.
1    Im Konkurse des Schuldners können die Gläubiger ihre Forderungen, auch wenn sie nicht fällig sind, mit Forderungen, die dem Gemeinschuldner ihnen gegenüber zustehen, verrechnen.
2    Die Ausschliessung oder Anfechtung der Verrechnung im Konkurse des Schuldners steht unter den Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts.
OR
und in Art. 213
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 213 - 1 Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen.
1    Ein Gläubiger kann seine Forderung mit einer Forderung, welche dem Schuldner ihm gegenüber zusteht, verrechnen.
2    Die Verrechnung ist jedoch ausgeschlossen:
1  wenn ein Schuldner des Konkursiten erst nach der Konkurseröffnung dessen Gläubiger wird, es sei denn, er habe eine vorher eingegangene Verpflichtung erfüllt oder eine für die Schuld des Schuldners als Pfand haftende Sache eingelöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht (Art. 110 Ziff. 1 OR383);
2  wenn ein Gläubiger des Schuldners erst nach der Konkurseröffnung Schuldner desselben oder der Konkursmasse wird.
3  ...
3    Die Verrechnung mit Forderungen aus Inhaberpapieren ist zulässig, wenn und soweit der Gläubiger nachweist, dass er sie in gutem Glauben vor der Konkurseröffnung erworben hat.385
4    Im Konkurs einer Kommanditgesellschaft, einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditaktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Genossenschaft können nicht voll einbezahlte Beträge der Kommanditsumme oder des Gesellschaftskapitals sowie statutarische Beiträge an die Genossenschaft nicht verrechnet werden.386 387
SchKG formuliert. Die Konkursmasse ihrerseits ist in der Regel
gegenteils interessiert, allfällige die Verrechnung ausschliessende Grunde
geltend zu machen. Das kann sie freilich nicht durch Kollokation einer höheren
Forderung tun, als wie sie der betreffende Konkursgläubiger zufolge der von
ihm vorgenommenen Verrechnung mit Gegenforderungen der Masse eingegeben hat.
Die Masse kann jedoch in einem solchen Falle die Gegenforderungen einklagen
und so die Verrechnungsfrage zum Austrag bringen (BGE 56 III 248). Verrechnet
der Konkursgläubiger seinerseits nicht, so hat die Konkursmasse gewöhnlich
keine Veranlassung, ein Verrechnungsrecht auszuüben, wie oben dargetan. Nur
unter besondern Umständen hat sie daran ein Interesse: etwa, wenn zwar liquide
Gegenforderungen bestehen, die aber keineswegs

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als besser einbringlich erscheinen als die in Frage stehenden
Konkursforderungen. Sind dagegen die Forderungen der Masse bestritten und
nicht liquid, so wird die Konkursverwaltung ohne Rücksicht auf die Frage der
Einbringlichkeit oft von der Verrechnung im Kollokationsplan absehen, um keine
gegen die Masse gerichtete Kollokationsklage zu provozieren. Die
Geltendmachung des Verrechnungsrechtes mag sich freilich auch bei bestrittenen
Masseforderungen empfehlen, wenn es gilt, verhältnismässig beträchtliches
Massegut vor unberechtigtem Zugriff zu schützen: so, wenn sich beträchtliche
Forderungen gegenüberstehen, für die Forderungen der Masse immerhin ernstliche
Gründe vorhanden sind und diese Forderungen wegen ganz schlechter
Einbringlichkeit überhaupt nur verrechnungsweise mit praktischem Nutzen
geltend gemacht werden können, sei es durch die Masse selbst oder allenfalls
durch einzelne Gläubiger auf Grund einer Abtretung nach Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG, falls
sich die Masse gegenüber der Kollokationsklage des betreffenden Gläubigers
dann nicht selbst sollte verteidigen wollen. (Einzelne Gläubiger können zwar
ebenso wirksam die Verrechnung geltend machen, wenn davon im Kollokationsplan
abgesehen wurde und eben jedem andern Gläubiger überlassen ist,
Kollokationsklage gegen den Zugelassenen, hauptsächlich oder eventuell durch
Verrechnung von Gegenforderungen der Masse, zu erheben. Doch kann die
Verrechnung im Kollokationsplan als zweckmässig erscheinen, um den
betreffenden Gläubiger in die Klägerrolle zu drängen und einer
Beeinträchtigung der andern Gläubiger durch Versäumung der Klagefrist
vorzubeugen; ganz abgesehen davon, dass in der Regel zunächst die Masse selbst
Gelegenheit erhalten soll, den Prozess aufzunehmen).....