S. 114 / Nr. 28 Fabrik- und Gewerbewesen (d)

BGE 70 I 114

28. Urteil vom 31. März 1944 i. S. A.-G. Heinrich Hatt-Haller gegen Bundesamt
für Industrie. Gewerbe und Arbeit.

Regeste:
Fabrikgesetz:
1. Reparaturwerkstätten einer der Fabrikgesetzgebung nicht unterliegenden
Bauunternehmung dürfen dem Fabrikgesetz unterstellt werden, wenn darin, bei
Verwendung von Motoren, 6 und mehr Arbeiter beschäftigt werden.
2. Bei Ermittlung der Grösse eines Betriebes (Arbeiterzahl) werden
Betriebsteile, die für einander arbeiten oder in denen die nämlichen Arbeiter
beschäftigt werden, als ein Ganzes behandelt
Loi sur le travail dans les fabriques:
1. Les ateliers de réparation d'une entreprise de construction qui n'est pas
assujettie à la loi sur le travail dans les fabriques peuvent être assujettis
à cette loi lorsqu'ils emploient des moteurs et occupent six ouvriers au
minimum.
2. Pour déterminer l'importance d'une exploitation (nombre des ouvriers), les
subdivisions de cette exploitation qui travaillent les unes pour les autres ou
qui emploient les mêmes ouvriers doivent être considérées comme une unité.
Legge sul lavoro nelle fabbriche:
1. Le officine di riparazione d'un'impresa di costruzioni non soggetta alla
legge sul lavoro nelle fabbriche possono essere assoggettati a questa legge se
utilizzano motori ed occupano sei operai almeno.
2. Per stabilire l'importanza d'un esercizio (numero dogli operai), le
suddivisioni di questo esercizio, che lavorano le une per le altre ed
impiegano gli stessi operai, debbono essere considerate come un'unità.


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A. ­ Die Hoch- und Tiefbau-Unternehmung Heinrich Hatt-Haller hat in ihrem
Werkhof an der Bühlstrasse in Zürich Werkstätten eingerichtet für die
Reparatur des Werkzeugs und der Maschinen, die in ihrem Betriebe verwendet
werden. Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit hat die Unterstellung
dieser Werkstätten, bezeichnet als Schmiede und Reparaturwerkstätte, Wagnerei
und mechanische Werkstätte, unter das Fabrikgesetz verfügt. Die Unterstellung
wird begründet mit der Feststellung: «Mindestens 6 männliche Personen,
Verwendung von Motoren». (Verfügung vom 16. Juli 1943).
B. ­ Mit der Verwaltungsgerichtsteschwerde wird die Aufhebung dieser Verfügung
beantragt und zur Begründung ausgeführt, die Betriebsteile, deren
Unterstellung verfügt worden sei, seien keine industrielle Anstalt, sondern
ein gewerblicher Betrieb von ausgesprochen akzessorischem Charakter. Es handle
sich um Arbeitsräume, von denen jeder eine Aufgabe im Dienste des
Hauptbetriebes zu erfüllen habe. Es seien Hilfsbetriebe, deren Arbeiten
bedingt würden durch die Bedürfnisse der Hauptunternehmung und deren
Baustellen. Man besorge darin im wesentlichen Arbeiten, die andere
Bauunternehmungen auf dem Bauplatz verrichten lassen und die bei der
Beschwerdeführerin lediglich aus praktischen Gründen der Arbeitsorganisation
auf dem Werkplatz konzentriert würden: dringende Reparaturen und, im Winter,
Unterhaltsarbeiten (das Überholen der Baugeräte). Ein Arbeiten auf Vorrat,
welches die industrielle Anstalt charakterisiere, finde nicht statt.
Die Arbeiterzahl in den einzelnen Hilfsbetrieben sei grossen Schwankungen
unterworfen, da die Arbeit der Werkstätten durch die Arbeit an den Baustellen
bestimmt werde. Es liege in der Natur der Sache, dass sich die
Arbeitsverhältnisse in den Hilfsbetrieben nach dem Hauptbetriebe müssten
richten können. Im Falle einer Unterstellung würde die Einheit der
Betriebsführung durchbrochen, woraus sich Schwierigkeiten ergeben würden. Es

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entspreche dem Willen des Gesetzgebers, dass Arbeiten im Hoch- und Tiefbau dem
Fabrikgesetz nicht unterworfen werden; dann sei es aber auch nicht möglich,
dem Gesetz akzessorische Hilfsbetriebe von Hoch- und Tiefbauunternehmungen zu
unterstellen. Hilfsbetriebe müssten unbedingt den Verhältnissen der
Hauptunternehmung folgen.
C. ­ Im Verfahren vor Bundesgericht sind die umstrittenen Betriebsteile in
Anwesenheit der Parteien besichtigt worden. Sodann wurde das Bundesamt für
Industrie, Gewerbe und Arbeit aufgefordert, die Beschäftigung in den
Werkstätten von Mitte Januar bis anfangs März 1944 zu kontrollieren.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Das Fabrikgesetz ist anwendbar auf jede industrielle Anstalt, der die
Eigenschaft einer Fabrik zukommt. (Art. 1, Abs. 1 FG). Darauf, ob die Fabrik
als wirtschaftlich selbständige Anstalt geführt wird, oder lediglich ein
Betriebsteil innerhalb einer nicht industriellen Unternehmung ist, kommt es
nicht an. Die Eigenschaft eines Betriebes als Fabrik wird dadurch nicht
berührt, dass der übrige Betrieb des Unternehmers der Fabrikgesetzgebung nicht
unterworfen ist. Es genügt, dass die Unterstellung auf den Fabrikbetrieb
beschränkt bleibt (BGE 55 I S. 205).
2. ­ Reparaturwerkstätten sind industrielle Anstalten im Sinne der
Fabrikgesetzgebung (BGE 56 I S. 221). Sie dürfen als Fabrik bezeichnet werden,
wenn darin eine Mehrzahl von Arbeitern, bei Verwendung von Motoren 6 und mehr,
beschäftigt wird (Art. 1 Abs. 2 FG und Art. 1
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 1 Gegenstand - Diese Verordnung regelt die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen, ihre Berufsausübung sowie ihre Weiterbildung.
, lit. a FV). Massgebend ist die
Höchstzahl, die während längerer oder wiederholt während kürzerer Zeit
vorkommt (Art. 4
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 4 Bewilligungskategorien - Es werden folgende Kategorien von Fahrlehrerbewilligungen erteilt:
a  Kategorie A Motorfahrzeuge der Kategorie A und der Unterkategorie A1;
b  Kategorie B Motorfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen der Kategorien B und BE, der Unterkategorie B1 sowie der Spezialkategorie F; Ausbildung für die Bewilligung zum berufsmässigen Perso nentransport nach Artikel 25 VZV4 mit diesen Fahrzeugen;
c  Kategorie C Motorfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen der Kategorien C, D, CE und DE sowie der Unterkategorien C1, D1, C1E und D1E; Ausbildung für die Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport nach Artikel 25 VZV mit Fahrzeugen der Kategorie C oder Unterkategorie C1.
, Abs. 1 FV). Saisonbetriebe unterliegen dem Fabrikgesetz (BGE
55 I S. 205). Betriebe, die für einander arbeiten, oder in denen die nämlichen
Arbeiter beschäftigt werden, sind als ein Ganzes anzusehen (Art. 6
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 6 Erteilung der Fahrlehrerbewilligung - 1 Die Fahrlehrerbewilligung wird vom Wohnsitzkanton erteilt.
1    Die Fahrlehrerbewilligung wird vom Wohnsitzkanton erteilt.
2    Personen mit Wohnsitz im Ausland wird die Fahrlehrerbewilligung von demjenigen Kanton erteilt, in dem sie vorwiegend tätig sind.
3    Die Fahrlehrerbewilligung ist unbefristet und gilt für die ganze Schweiz.
4    Die Fahrlehrerbewilligung wird im Führerausweis eingetragen.
FV).
3. ­ Nach den Feststellungen am gerichtlichen

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Augenschein und den in den Monaten Januar bis März 1944 durchgeführten
Erhebungen haben die Betriebsteile, deren Unterstellung angeordnet ist, den
Charakter einer Fabrik im Sinne des Gesetzes. Es sind Werkstätten mit einer
erheblichen Maschinen- und Motorenausrüstung. Zwar würde in keinem der drei
Betriebe, für sich allein, die für die Unterstellung erforderliche
Arbeiterzahl erreicht. Doch dürfen die Werkstätten nicht getrennt betrachtet
werden. Sie erscheinen sachlich als technische Einheit. Sie arbeiten,
wenigstens zum Teil, für einander, und ein Teil des Personals wird je nach
Bedarf bald in der einen, bald in der andern Werkstätte beschäftigt. Es ist
daher, nach Art. 6
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 6 Erteilung der Fahrlehrerbewilligung - 1 Die Fahrlehrerbewilligung wird vom Wohnsitzkanton erteilt.
1    Die Fahrlehrerbewilligung wird vom Wohnsitzkanton erteilt.
2    Personen mit Wohnsitz im Ausland wird die Fahrlehrerbewilligung von demjenigen Kanton erteilt, in dem sie vorwiegend tätig sind.
3    Die Fahrlehrerbewilligung ist unbefristet und gilt für die ganze Schweiz.
4    Die Fahrlehrerbewilligung wird im Führerausweis eingetragen.
FV, auf die Gesamtzahl der Arbeiter in allen drei Betrieben
abzustellen. Während der Beobachtungszeit, die sich über zwei Monate, also
eine längere Dauer im Sinne von Art. 4
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 4 Bewilligungskategorien - Es werden folgende Kategorien von Fahrlehrerbewilligungen erteilt:
a  Kategorie A Motorfahrzeuge der Kategorie A und der Unterkategorie A1;
b  Kategorie B Motorfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen der Kategorien B und BE, der Unterkategorie B1 sowie der Spezialkategorie F; Ausbildung für die Bewilligung zum berufsmässigen Perso nentransport nach Artikel 25 VZV4 mit diesen Fahrzeugen;
c  Kategorie C Motorfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen der Kategorien C, D, CE und DE sowie der Unterkategorien C1, D1, C1E und D1E; Ausbildung für die Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport nach Artikel 25 VZV mit Fahrzeugen der Kategorie C oder Unterkategorie C1.
, Abs. 1 FV erstreckte, waren es 7
ständige Arbeiter, wozu noch zwei bis fünf Arbeitskräfte hinzukommen, die
damals vorübergehend, etwa wegen saisonbedingtem Mangel an Arbeit auf den
Baustellen, in den Werkstätten beschäftigt wurden. Die Unterstellung ist daher
nach Art. 1
SR 741.522 Verordnung vom 28. September 2007 über die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen und ihre Berufsausübung (Fahrlehrerverordnung, FV) - Fahrlehrerverordnung
FV Art. 1 Gegenstand - Diese Verordnung regelt die Zulassung von Fahrlehrern und Fahrlehrerinnen, ihre Berufsausübung sowie ihre Weiterbildung.
, lit. a FV schon im Hinblick auf die Zahl der ständigen Arbeiter
gerechtfertigt, die während des ganzen Jahres, nicht nur während der stillen
Zeit, in den Werkstätten arbeiten.
Sind demnach die Voraussetzungen für die Bezeichnung der Werkstätten der
Beschwerdeführerin als Fabrik erfüllt, so kann der Hinweis auf Schwierigkeiten
für die Betriebsführung die Unterstellung nicht hindern (BGE 55 I S. 201, Erw.
4).