S. 80 / Nr. 15 Obligationenrecht (d)

BGE 69 II 80

15. Urteil der 1. Zivilabteilung vom 6. April 1943 i. S. X. gegen Union
Helvetia und Kons.

Regeste:
Boykott.
Die im Jahre 1936 zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarte
Trinkgeldordnung für das schweizerische Hotelgewerbe schloss für die
Vertragsparteien die Friedenspflicht in sich, jedoch nur in bezug auf das
Trinkgeldwesen.
Le «réglement sur les pourboires dans l'industrie hôtelière suisse» adopté en
1936 par les employeurs et les employés intéressés oblige les parties à
entretenir la paix, mais seulement au sujet des pourboires.
L'ordinamento sulle mance nell'industria alberghiera svizzera adottato nel
1936 per gli impiegati ed i datori di lavoro interessati obbliga le parti a
mantenere la pace, soltanto però per quanto concerne le mance.

A. ­ Der Kläger X. ist Inhaber des Hotels ..., das von seiner Ehefrau geleitet
wird. Mit dem Hotelbetrieb ist ein Restaurant verbunden. Der Kläger ist
Mitglied des Schweizer Hoteliervereins.
Am 16. Dezember 1939 wurde X. von der Aufsichtskommission für die
Trinkgeldordnung im schweizerischen Hotelgewerbe zu einer Konventionalstrafe
von Fr. 100.­ verurteilt, weil er die Trinkgelder nicht rechtzeitig an das
Personal verteilte. Gleichzeitig reichte die Aufsichtskommission beim
Bezirksamt Schwyz Strafanzeige ein mit dem Antrag, X. sei wegen zweckwidriger
Verwendung von Trinkgeldern oder wegen Unterschlagung zu verurteilen.

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Am 25. September 1941 veröffentlichte das Zentralbureau der Union Helvetia,
des Zentralverbandes der schweizerischen Hotel- und Restaurantangestellten, in
der «Union Helvetia», dem offiziellen Organ des Verbandes, folgende durch Satz
und Aufmachung hervorgehobene Mitteilung:
«Schärfste Sperre verhängt!
Über das Hotel ..., Inhaber X..., wird wegen festgestellten
Trinkgeldhinterziehungen und wegen notorisch schlechter Behandlung und
Ausbeutung des Personals, wobei sich insbesondere die Ehefrau X... hervortut,
die schärfste Sperre verhängt.
Die Sperre hat folgende Wirkungen:
1. Das Hotel ... kommt auf die Sperrliste der Facharbeitsnachweise.
2. Den öffentlichen Arbeitsämtern der Kantone wird von dieser Sperre Kenntnis
gegeben.
3. Den Angestellten ist untersagt, in dem gesperrten Betriebe Stellung
anzunehmen; wer dem Verbot zuwiderhandelt, verfällt seinerseits der Sperre.
4. Angemessene Veröffentlichung der Massregel und Verpflichtung jedes
Hotelangestellten, auf die Sperre aufmerksam zu machen.
Eine Strafklage der Aufsichtskommission für die Trinkgeldordnung gegen Frau
X... ist seit Dezember 1939 bei den schwyzerischen Strafbehörden anhängig;
dass diese Anzeige bis heute noch nicht erledigt, ja nicht einmal in Angriff
genommen worden ist, kann allerdings nach früheren Erfahrungen nicht mehr
allzu .sehr verwundern.»
Am 13. Dezember 1941 schloss die Überweisungskommission des Bezirkes Schwyz
die durch die Aufsichtskommission veranlasste Strafuntersuchung ab und
verfügte, der Straffall sei ad acta zu legen und die Kosten seien dem
Beanzeigten X. zu überbinden.
B. ­ Am 3. Dezember 1941 reichte X. gegen die Union Helvetia, sowie gegen den
Präsidenten der Generaldirektion und den Generalsekretär der Union Helvetia
Klage ein mit folgenden Rechtsbegehren: Die von den Beklagten über den Kläger
verhängte Arbeitersperre sei als widerrechtlich zu erklären. Die Beklagten
seien zu verurteilen, die Sperre zu widerrufen und es sei ihnen zu verbieten,
die Sperre fortzusetzen. Die Beklagten seien ausserdem zu verurteilen, dem
Kläger als Schadenersatz Fr. 12000.­ und als Genugtuung Fr. 6000.­, eventuell
gerichtlich zu

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bestimmende Beträge zu bezahlen. Ausserdem sei das Urteilsdispositiv
angemessen zu veröffentlichen.
Die Beklagten beantragen Abweisung der Klage.
Das Obergericht des Kantons Luzern wies die Klage am 17. Dezember 1942 in
Bestätigung des Urteils erster Instanz ab.
C. ­ Gegen das Urteil des Obergerichtes hat der Kläger beim Bundesgericht
Berufung eingereicht mit dem Antrag, die Klage sei gutzuheissen.
Die Beklagten beantragen Abweisung der Berufung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ .....
2. ­ Indem die Union Helvetia über den Kläger die Sperre verhängte und weiter
bestehen lässt, fordert sie eine Mehrzahl von Personen auf, mit dem Kläger
nicht in bestimmte rechtliche Beziehungen zu treten. Sie will damit auf das
Verhalten des Klägers einwirken. Das Vorgehen der Union Helvetia weist somit
alle Merkmale eines Boykotts auf.
Der Boykott ist an sich ein zulässiges Kampfmittel des Wirtschaftslebens. Er
ist nur dann widerrechtlich oder unsittlich, wenn sein Zweck oder die
angewandten Mittel rechtswidrig sind oder gegen die guten Sitten verstossen,
oder wenn zwischen dem angerichteten Schaden und dem erstrebten Vorteil ein
offenbares Missverhältnis besteht (BGE 62 II 105).
Mit der Sperre will die Union Helvetia den Kläger dazu bringen, seinen
Pflichten gegenüber dem Personal nachzukommen. In diesem Ziel liegt nichts
Unerlaubtes. Das angewandte Mittel ­ die Aufforderung an Hotel- und
Restaurantangestellte, nicht in den Dienst des Klägers zu treten ­ ist dem
Ziel angepasst und an sich weder rechtswidrig noch unsittlich.
Die Boykottaufforderung war der Form nach angemessen. Sie wurde einzig im
Verbandsorgan der Union Helvetia veröffentlicht, das in der Hauptsache nur von
jenen Kreisen gelesen wird, an die sich die Aufforderung

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richtete; dass die Union Helvetia überdies den öffentlichen Arbeitsämtern von
der Sperre Kenntnis gab, kann nicht beanstandet werden.
Dem Inhalt nach wäre die Aufforderung widerrechtlich, wenn die darin gegenüber
dem Kläger erhobenen Vorwürfe unrichtig wären (BGE 48 II 327 ff.). Aus den
nachfolgenden Erwägungen ergibt sich, dass dies nicht zutrifft.
3. ­ Neben diesen allgemeinen Gesichtspunkten sind im vorliegenden Fall weiter
die durch den Boykott berührten Arbeitsverhältnisse im Hotelgewerbe in
Betracht zu ziehen.
Zur Zeit, als die Sperre verhängt und die Klage eingereicht wurde, war ein
Gesamtarbeitsvertrag, die Trinkgeldordnung (TO) für das schweizerische
Hotelgewerbe in Kraft, die vom Schweizer Hotelierverein und der Union Helvetia
im Jahre 1936 vereinbart und durch den Bundesratsbeschluss vom 12. Juni 1936
(BRB) allgemein verbindlich erklärt wurde (Eidg. Gesetzessammlung 1936 S. 465
ff. und 468 ff.). Darnach haben die Betriebsinhaber die von den Gästen über
die Hotelkasse bezahlten Bedienungs- und Trinkgelder als Treuhänder der
berechtigten Angestellten entgegenzunehmen. Zuwendungen aus diesen Geldern an
nicht trinkgeldberechtigtes Personal sind unzulässig. Der Betriebsinhaber hat
die Trinkgelder getrennt zu verbuchen und in der Regel alle zwei Wochen,
mindestens aber jeden Monat auszuzahlen.
Die Vorinstanz nahm als erwiesen an, dass die TO im Betrieb des Klägers
wiederholt und schwer verletzt wurde. Die Ehefrau des Klägers bezahlte das
nicht oder höchstens teilweise trinkgeldberechtigte Personal, so das
Bureaufräulein, die Gouvernante, die Buffetlehrtöchter und den Hausburschen,
zu einem grossen Teil aus den Trinkgeldeinnahmen. Auf diese Weise ergänzte sie
die sehr niedrigen Grundlöhne dieses Personals. Ausserdem zahlte sie
erhebliche Trinkgeldbeträge an ihre beiden im Betrieb tätigen Söhne aus, die
keinen Grundlohn bezogen und von denen nur der eine teilweise
trinkgeldberechtigt war.

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Diese Feststellungen der Vorinstanz stützen sich auf Berichte der neutralen
Kontrollstelle, die beim Abschluss der TO zur Überwachung dieser Ordnung
geschaffen wurde. Die Berichte, die sich auf die Jahre 1938 und 1939 beziehen,
wurden von der Aufsichtskommission für die TO als richtig übernommen. Das
Bundesgericht ist an die darauf beruhenden tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz gebunden. Übrigens wurden die Berichte der Kontrollstelle weder vom
Kläger, noch von seiner Ehefrau, noch von der Überweisungskommission des
Bezirkes Schwyz als unrichtig bezeichnet.
Entgegen der Behauptung des Klägers hat die Vorinstanz auch nicht etwa den
Begriff des trinkgeldberechtigten Personals unrichtig ausgelegt. Dieser
Begriff gehört dem Bundesrecht an. Seine Anwendung kann vom Bundesgericht frei
überprüft werden. Nun ergibt sich aus dem BRB und der TO, insbesondere aus dem
zur TO gehörenden Anhang über die Verteilung der Trinkgelder unter die
berechtigten Angestellten, dass nur jene Angestellten Anrecht auf Trinkgeld
haben, welche die Gäste unmittelbar bedienen, wie Portier, Concierge, Kellner,
Saaltochter, Zimmermädchen, nicht aber die übrigen Angestellten, wie Küchen-,
Buffet- und Bureaupersonal. Dies ist auch der Standpunkt der Vorinstanz. Der
Kläger wendet ein, in seinem Betriebe «schaffe das Personal sich gegenseitig
in die Hände», das gesamte Personal sei «indirekt beim Service tätig», bei
gutem Geschäftsgang und bei Stossbetrieb müssten sich auch die Haus- und
Officemädchen und die Buffetlehrtöchter «ganz dem Kundenservice vor und hinter
dem Buffet widmen». Das ändert aber nichts daran, dass die bloss indirekte
Gästebedienung, insbesondere der Buffetdienst, nach den für alle Betriebe
verbindlichen Vorschriften nicht aus den Trinkgeldern entlöhnt werden darf.
Allerdings ist auch das interne Personal insofern trinkgeldberechtigt, als es
bei Stosszeiten unmittelbar die Gäste bedient. Nicht zuletzt aus diesem Grund
schreibt die TO vor, dass über die Trinkgelder in kurzen Abständen, spätestens
jeden Monat, abzurechnen ist. Der Kläger hat aber

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nicht einmal behauptet, dass die gerügten Auszahlungen an das interne Personal
und an seine Söhne zur Hauptesche auf solche Aushilfsdienste bei der
eigentlichen Gästebedienung zurückzuführen seien und somit der TO entsprächen.
Seine Ehefrau hat zudem den Angestellten jede Nachprüfung in dieser Hinsicht
verunmöglicht, indem sie vorschriftswidrig erst am Ende der Saison über die
Trinkgelder vollständig abrechnete.
Mit der Vorinstanz ist somit anzunehmen, dass im Betrieb des Klägers
Trinkgelder zweckwidrig verwendet wurden. Da sich der Kläger dadurch auf
Kosten des trinkgeldberechtigten Personals einen Vorteil verschaffte, war es
zutreffend, wenn die Union Helvetia in ihrer Aufforderung zur Sperre den
Ausdruck «Hinterziehung» verwendete. Sowohl der BRB wie die TO behandeln die
zweckwidrige Verwendung von Trinkgeldern gleich wie die Hinterziehung. Nach
der TO gilt beides als Veruntreuung.
Die Missachtung der TO berechtigte aber die Union Helvetia nicht dazu, den
Kläger durch einen Boykott zu zwingen, die TO zu handhaben. Sie hat mit dem
Schweizer Hotelierverein andere Mittel vereinbart, um der TO Nachachtung zu
verschaffen. Gemäss der TO haben die Vertragsparteien eigens eine neutrale
Kontrollstelle geschaffen mit dem Auftrag, regelmässig von sich aus sowie auf
eingegangene Klagen hin die Handhabung der TO in den darauf verpflichteten
Betrieben zu beaufsichtigen. Die Kontrollstelle untersteht ihrerseits der
schon erwähnten Aufsichtskommission, der je zwei vom Schweizer Hotelierverein
und von der Union Helvetia gewählte Mitglieder und ein vom Eidgenössischen
Volkswirtschaftsdepartement ernannter Obmann angehören. Die
Aufsichtskommission kann für leichtere, in der TO aufgezählte Verletzungen der
TO Konventionalstrafen bis zu Fr. 100.­ verhängen. Ausserdem behält die TO die
Strafverfolgung auf Grund eidgenössischen oder kantonalen Rechtes vor. Die
schweren Verletzungen der TO, insbesondere die zweckwidrige Verwendung und
Hinterziehung von Trinkgeldern, bilden sodann

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besondere Straftatbestände des eidgenössischen Rechtes, für welche Art. 7 des
BRB eine Geldbusse bis Fr. 500.­ und Gefängnis bis zu drei Monaten androht,
bei Rückfall bis zu Fr. 1000.­ Busse und Gefängnis bis zu sechs Monaten.
Der umfassende und wirksame Schutz, den Gesamtarbeitsvertrag (TO) und
Bundesrecht der TO gewähren, schliesst es aus, dass eine Partei des
Gesamtarbeitsvertrages in bezug auf eine durch den Vertrag geregelte Frage zu
einem Kampfmittel wie dem Boykott greift, auch wenn dessen Ziel gerade in der
Erzwingung einer Vertragspflicht besteht. Das Recht duldet neben sich keine
Selbsthilfe. Was vom Recht abschliessend geordnet ist, kann nicht mehr
Gegenstand wirtschaftlichen Kampfes sein. Für die Beteiligten besteht bei
dieser Rechtslage die Pflicht, ihre Interessen und Ansprüche ausschliesslich
auf dem Rechtswege zu verfechten und sich anderer Zwangsmittel zu enthalten.
Diese Friedenspflicht bestand im vorliegenden Fall schon gemäss der TO des
Jahres 1936. Es braucht daher nicht untersucht zu werden, ob Art. 10 der
Verfügung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 1. Dezember
1942 (Eidg. Gesetzessammlung 1942 S. 1145), der die Friedenspflicht in bezug
auf das Trinkgeldwesen ausdrücklich vorschreibt und der nach Einreichung der
Klage in Kraft trat, rückwirkend ist.
Die Union Helvetia kann nicht einwenden, im vorliegenden Fall habe der
strafrechtliche Schutz der TO versagt. Als sie die Sperre verhängte, war die
Strafuntersuchung nicht abgeschlossen. Allerdings liess der Abschluss lange
auf sich warten; das Ergebnis war für die Union Helvetia unbefriedigend. Die
Aufsichtskommission für die TO, die als Strafklägerin im Sinne von § 6 der
schwyzerischen StPO auftrat, hätte aber gemäss § 310 lit. e dieser StPO wegen
Verschleppung der Untersuchung Beschwerde führen können. Die Union Helvetia
war ohne Zweifel in der Lage, die Aufsichtskommission, in der sie mit zwei
Mitgliedern vertreten ist, zu dieser Massnahme zu

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veranlassen. Der Beschluss der Überweisungskommission, den Fall ad acta zu
legen, war mit einer Beschwerde im Sinne von § 310 lit. c der schwyzerischen
StPO anfechtbar. Gegen einen Einstellungsbeschluss oder ein freisprechendes
Urteil der letzten kantonalen Instanz hätte, wenn nicht die
Aufsichtskommission als Privatstrafklägerin, so doch sicher der Bundesanwalt,
gemäss Art. 270 Abs. 4 BStrP beim Bundesgericht Nichtigkeitsbeschwerde
einreichen können, da Urteile und Einstellungsbeschlüsse über die Anwendung
des BRB nach dessen Art. 9 dem Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit
eingesandt werden müssen.
4. ­ Die Sperre gegen den Kläger wurde aber nicht nur ausgelöst wegen der
Verletzung der TO, sondern «wegen notorisch schlechter Behandlung und
Ausbeutung des Personals». Es handelt sich hiebei um einen durchaus
selbständigen Boykottgrund, der sich auf wiederholte und schwerwiegende
Vorkommnisse stützt. Wie sich aus den für das Bundesgericht verbindlichen
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ergibt, haben die Ehefrau des
Klägers und einer ihrer Söhne mehrmals Angestellte grob beschimpft; in
einzelnen Fällen wurden sie gegen Angestellte tätlich. Die gesetzliche
Ruhezeit wurde den Angestellten oft vorenthalten. Dabei handelte es sich
hauptsächlich um junge weibliche Angestellte, die bei schlechter Bezahlung
überbeansprucht wurden. Die Ehefrau des Klägers ging namentlich gegen Ende der
Saison jeweilen darauf aus, Angestellte «aus dem Betrieb wegzuekeln und dabei
fälligen Lohn und Trinkgeld zurückzubehalten».
Die Union Helvetia hat mit dem Schweizer Hotelierverein nur das Trinkgeldwesen
vertraglich geordnet. Für die übrigen Arbeitsverhältnisse des Hotelpersonals
bestand bei der Verhängung der Sperre kein für den Betrieb des Klägers
geltender Gesamtarbeitsvertrag, noch wurde seither ein solcher geschlossen.
Die Friedenspflicht, die durch Art. 10 der erwähnten Verfügung des Eidg.
Volkswirtschaftsdepartementes vom 1. Dezember 1942 dem Schweizer
Hotelierverein und der Union Helvetia auferlegt wurde,

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bezieht sich ausdrücklich nur auf die durch die neue TO allgemein verbindlich
geordneten Verhältnisse. Die Anstellungsverhältnisse des Hotelpersonals sind
somit, mit Ausnahme des Trinkgeldwesens, arbeitsrechtlich nicht geordnet. Das
Hotelpersonal geniesst auch, abgesehen von der Ruhetagsgesetzgebung, keinen
besondern strafrechtlichen Schutz gegen schlechte Behandlung und Ausbeutung.
Bei dieser Sachlage besteht für die Union Helvetia keine Rechtspflicht, sich
mit Bezug auf diese Arbeitsverhältnisse wirtschaftlicher Kampfmittel zu
enthalten. Ein Boykott, der sich auf diese Verhältnisse bezieht, wird
namentlich nicht deswegen widerrechtlich, weil er in bezug auf das
Trinkgeldwesen unzulässig ist. Nur dann könnte ein Boykott, der sich gegen die
schlechte Behandlung des Personals richtet, beanstandet werden, wenn das
gesteckte Ziel oder die Mittel rechtswidrig oder unsittlich wären; wie in Erw.
2 dargelegt wurde, trifft dies im vorliegenden Fall nicht zu.
Nach den vorliegenden Umständen hat die streitige Sperre ihren Sinn nicht
verloren, wenn die Trinkgeldfrage beiseite gelassen wird. Sie hat selbständige
Bedeutung, auch wenn sie nur die Behandlung des Personals zum Gegenstand hat.
Der Umstand, dass die Union Helvetia wegen der Verletzung der TO keinen
Boykott hätte auslösen dürfen, ist daher für die Beurteilung der Klage
unerheblich. Die Sperre ist gleichwohl nicht widerrechtlich. Deshalb kann
weder das Begehren auf Widerruf der Sperre, noch jenes auf Schadenersatz und
Genugtuung gutgeheissen werden. Erwägen liesse sich einzig, ob in teilweiser
Gutheissung des Publikationsbegehrens eine Veröffentlichung anzuordnen sei mit
dem Inhalt, dass die Beklagten zu Unrecht eine Sperre wegen der Verletzung der
TO verhängt haben. Allein der Kläger hätte an einer solchen Veröffentlichung
kein Interesse. Zu einer Veröffentlichung bestände zudem nur dann Anlass, wenn
die von der Union Helvetia veröffentlichte Aufforderung unrichtig gewesen
wäre. Das war jedoch nicht der Fall; insbesondere ändert der Umstand,

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dass die Union Helvetia zum Teil unrichtig vorging, nichts an der Tatsache,
dass sich der Kläger «fortgesetzter Trinkgeldhinterziehungen» schuldig gemacht
hat.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons
Luzern vom 17. Dezember 1942 bestätigt.