S. 70 / Nr. 9 Doppelbesteuerung (d)

BGE 68 I 70

9. Auszug aus dem Urteil vom 1. Juni 1942 i.S. Wagner und Wyss gegen
Basel-Landschaft und Basel-Stadt.

Regeste:
BV Art. 46 Abs. 2: Für den Liegenschaftsertrag ist nicht nur der Eigentümer,
sondern auch der Pächter in demjenigen Kanton steuerpflichtig, in dem das
Grundstück gelegen ist.
Art. 46 al. 2 CF: Non seulement le propriétaire, mais aussi le fermier du
bien-fonds est soumis à l'impôt sur le rendement de l'immeuble dans le canton
où celui-ci est situé.
Art. 46 cp. 2 CF: Non soltanto il proprietario, ma anche l'affittuario é
assoggettato all'imposta sul reddito del fondo nel cantone ove quest'ultimo è
situato.

Aus dem Tatbestand:
Die im Kanton Basel-Stadt wohnhaften Rekurrenten sind Pächter von
Pflanzgärten, die in der Gemeinde Oberwil (Kt. Baselland) liegen und Eigentum
der Pflanzlandstiftung in Basel sind. Die Steuerverwaltung des Kantons
Baselland betrachtete den Ertrag der Pflanzgärten als im Kanton Baselland
steuerbares Einkommen und schätzte die Rekurrenten daher pro 1940 für ein
Einkommen von je Fr. 100.- ein. Diese erhoben hiegegen Einsprache, indem sie
geltend machten, sie besässen im Kanton Baselland kein Grundeigentum und seien
deshalb für ihr gesamtes Vermögen und Einkommen im Kanton Basel-Stadt
steuerpflichtig.

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Die kantonale Rekurskommission hat die Einsprache am 16. Juli 1941 abgewiesen
mit der Begründung: Der Liegenschaftsertrag unterstehe nach der Praxis des
Bundesgerichts der Steuerhoheit des Kantons im welchem das Grundstück gelegen
sei; das müsse nicht nur für die Besteuerung des Eigentums, sondern auch für
die des Pächters gelten.
Mit der hierauf erhobenen Doppelbesteuerungsbeschwerde machten die Rekurrenten
geltend, was der Kanton Baselland besteuern wolle, sei Arbeitseinkommen, das
nach Bundesrecht am Wohnsitz zu versteuern sei, da kein Gewerbebetrieb
vorliege.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen.
Aus den Erwägungen.
Nach der Rechtsprechung zu Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV unterstehen Liegenschaften samt
Zugehör der Steuerhoheit des Kantons, in dem sie sich befinden. Das gilt nicht
nur für die Besteuerung des Wertes der Liegenschaft, sondern auch für
diejenige des daraus erzielten Ertrages (BGE 29 I 146, 41 I 181, 66 I 45 E.
5). In letzterer Beziehung wird nicht unterschieden, speziell auch nicht bei
landwirtschaftlich beworbenen Grundstücken, wie weit der aus der Liegenschaft
gezogene Ertrag eigentliche Grundrente ist und wie weit er sich als
Unternehmergewinn und Arbeitsentgelt darstellt. Der ganze Ertrag,
einschliesslich namentlich des Arbeitslohns, kann am Orte der Liegenschaft
besteuert werden (46 I 239 ff.).
In den bisher vom Bundesgericht beurteilten Fällen wurde der in einem andern
Kanton wohnende Eigentümer für den Ertrag im Kanton der Liegenschaft mit
Steuer belegt. Wären die Rekurrenten Eigentümer der von ihnen in Oberwil
bebauten Pflanzgärten, so könnte über die Befugnis von Baselland, sie für den
Ertrag zur Steuer heranzuziehen, kein Zweifel bestehen. Sie sind aber nur
Pächter, sodass sich die Frage erhebt, ob die erwähnte Regel auch für den
Pächter zutrifft.

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Der Zusammenhang des Ertrags mit der Liegenschaft ist derselbe, ob der
Eigentümer oder der Pächter den Ertrag erzielt. In beiden Fällen ist die
nämliche enge Verbundenheit des Einkommens mit Grund und Boden vorhanden. Das
ist aber das entscheidende Moment für die Zuweisung dieses Einkommens an die
Steuerhoheit des Liegenschaftskantons, die objektive Eigenart des Einkommens
in Hinsicht auf das Grundstück, nicht die Stellung der Person, die es
verwirklicht, als Eigentümer oder Pächter. Bei einem eigentlichen
landwirtschaftlichen Betrieb ergäbe sich die örtliche Steuerberechtigung
freilich schon daraus, dass ein Gewerbe vorliegen würde, das sich in dauernden
Einrichtungen abspielt (BGE 46 I 240). Dieser Gesichtspunkt ist aber nicht
ausschlaggebend bei der Besteuerung des Eigentümers und kann es daher auch
nicht beim Pächter sein. Jene Ordnung der Steuerfrage greift Platz auch
abgesehen davon, ob eine gewerbsmässige Bebauung des Grundstückes angenommen
werden kann, also auch beim Pächter, bei dem, wie bei den Rekurrenten, von
einer gewerblichen Tätigkeit in Bezug auf das Grundstück nicht die Rede sein
kann (auch bei nicht gewerbsmässiger Vermietung von Wohnungen kann ja in
dieser Weise besteuert werden).
In Bezug auf das Einkommen der Rekurrenten aus ihren Pflanzgärten ist daher
die Steuerberechtigung von Baselland anzuerkennen.