S. 10 / Nr. 3 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 67 III 10

3. Entscheid vom 9. Januar 1941 i. S. Baumwoll- und Leinenweberei Bäretswil
A.-G.


Seite: 10
Regeste:
Arrestort, Art. 272
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 272 - 1 Der Arrest wird vom Gericht am Betreibungsort oder am Ort, wo die Vermögensgegenstände sich befinden, bewilligt, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass:476
1    Der Arrest wird vom Gericht am Betreibungsort oder am Ort, wo die Vermögensgegenstände sich befinden, bewilligt, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass:476
1  seine Forderung besteht;
2  ein Arrestgrund vorliegt;
3  Vermögensgegenstände vorhanden sind, die dem Schuldner gehören.
2    Wohnt der Gläubiger im Ausland und bezeichnet er keinen Zustellungsort in der Schweiz, so ist das Betreibungsamt Zustellungsort.
SchKG.
Arrestierung von Sachen und Wertpapieren ohne Feststellung des Vorhandenseins:
- wann zulässig?
- rechtsunwirksam nur, wenn die Gegenstände tatsächlich im Kreis des
vollziehenden Amtes vorhanden sind.
- Steht fest, dass diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, so muss der Vollzug
des Arrestbefehls abgelehnt werden.
Dividendenansprüche können nur dort arrestiert werden, wo sich die
Bezugscheine (Coupons) oder, wenn keine Coupons bestehen, die beim Bezug
vorzuweisenden Aktientitel befinden.
Lieu du séquestre, art. 272 LP.
Séquestre de choses ou de papiers-valeurs dont l'existence ne peut être
constatée.
- Quand est-il possible?
- Il n'a d'effet juridique que si les objets se trouvent réellement dans
l'arrondissement de l'office chargé de l'exécution du séquestre.
- S'il est constant que cette condition n'est pas réalisée, l'exécution du
séquestre doit être refusée.
Le droit au dividende ne peut être séquestré qu'à l'endroit où se trouve le
coupon correspondant ou, s'il n'existe pas de coupons, l'action sur
présentation de laquelle le dividende est payé.
Luogo del sequestro, art. 272 LEF.
Sequestro di cose o di carte-valori, la cui esistenza non può essere
costatata.
- Quando è possibile?
- Ha effetto giuridico soltanto se gli oggetti si trovano realmente nel
circondario dell'ufficio incaricato di eseguire il sequestro.
- Se consta che questa condizione non è adempiuta, l'esecuzione del sequestro
dev'essere rifiutata.
Il diritto al dividendo può essere sequestrato soltanto al luogo ove si trova
la cedola corrispondente o, se non vi sono cedole l'azione su presentazione
della quale viene pagato il dividendo.

Gegen den früher in Zürich niedergelassenen, jetzt in New York wohnenden Isaak
Leibowicz-Bollag erlangte ein Gläubiger am 3. September 1940 einen
Arrestbefehl, demzufolge das beauftragte Betreibungsamt Zürich 4 tags darauf
arrestierte: «das Dividendenrecht an der Isaak Leibowicz-Bollag A.-G.,
Langstrasse 9, Zürich 4, herrührend aus den 48 dem Arrestschuldner am 7. Juli
1940

Seite: 11
per Flugpost nach New York gesandten und ihm gehörenden Aktien der Isaak
Leibowicz-Bollag A.-G. Zürich 4.» Auf Beschwerde des Schuldners hat die obere
kantonale Aufsichtsbehörde am 12. Dezember 1940 diesen Arrestvollzug
aufgehoben, während der Gläubiger mit dem vorliegenden Rekurs an der
Gültigkeit des Arrestvollzuges festhält.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Inhaberaktien sind Wertpapiere und zwar Inhaberpapiere im Sinn von Art. 978
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 978 - 1 Ein Wertpapier gilt als Inhaberpapier, wenn aus dem Wortlaut oder der Form der Urkunde ersichtlich ist, dass der jeweilige Inhaber als Berechtigter anerkannt wird.
1    Ein Wertpapier gilt als Inhaberpapier, wenn aus dem Wortlaut oder der Form der Urkunde ersichtlich ist, dass der jeweilige Inhaber als Berechtigter anerkannt wird.
2    Der Schuldner darf jedoch nicht mehr bezahlen, wenn ein gerichtliches oder polizeiliches Zahlungsverbot an ihn erlassen worden ist.

OR. Sie können daher wie andere Wertpapiere nach Art. 272
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 272 - 1 Der Arrest wird vom Gericht am Betreibungsort oder am Ort, wo die Vermögensgegenstände sich befinden, bewilligt, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass:476
1    Der Arrest wird vom Gericht am Betreibungsort oder am Ort, wo die Vermögensgegenstände sich befinden, bewilligt, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass:476
1  seine Forderung besteht;
2  ein Arrestgrund vorliegt;
3  Vermögensgegenstände vorhanden sind, die dem Schuldner gehören.
2    Wohnt der Gläubiger im Ausland und bezeichnet er keinen Zustellungsort in der Schweiz, so ist das Betreibungsamt Zustellungsort.
SchKG nur dort
arrestiert werden, wo sie sich befinden. An diesem Grundsatz hat BGE 63 III 63
ff. nichts geändert. Können darnach zwar, besonders wenn der angebliche
Gewahrsamsinhaber (wie der allenfalls abwesende Schuldner selbst) die Auskunft
verweigert, auch Gegenstände, deren Vorhandensein sich nicht feststellen
liess, als arrestiert erklärt werden, so doch nur unter der Voraussetzung,
dass sie bezw. Gegenstände der angegebenen Gattung sich wirklich am
bezeichneten Ort, d. h. beim bezeichneten Gewahrsamsinhaber und jedenfalls im
Kreis des vollziehenden Amtes befinden. Solche Art der Arrestierung ist denn
auch nur ein Notbehelf, wozu insbesondere dann gegriffen werden mag, wenn
Anhaltspunkte für das Vorhandensein der bezeichneten Gegenstände am
angegebenen Orte bestehen und der nähere Auskunft verweigernde
Gewahrsamsinhaber einige Gewähr für zuverlässige Verwahrung bietet oder die
Sachen nur deshalb, weil sie sich unter Verschluss befinden, nicht sofort
spezifiziert und, wie es namentlich für Wertpapiere vorgeschrieben ist (Art.
98
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 98 - 1 Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.215
1    Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.215
2    Andere bewegliche Sachen können einstweilen in den Händen des Schuldners oder eines dritten Besitzers gelassen werden gegen die Verpflichtung, dieselben jederzeit zur Verfügung zu halten.
3    Auch diese Sachen sind indessen in amtliche Verwahrung zu nehmen oder einem Dritten zur Verwahrung zu übergeben, wenn der Betreibungsbeamte es für angemessen erachtet oder der Gläubiger glaubhaft macht, dass dies zur Sicherung seiner durch die Pfändung begründeten Rechte geboten ist.216
4    Die Besitznahme durch das Betreibungsamt ist auch dann zulässig, wenn ein Dritter Pfandrecht an der Sache hat. Gelangt dieselbe nicht zur Verwertung, so wird sie dem Pfandgläubiger zurückgegeben.
SchKG), in betreibungsamtliche Verwahrung genommen werden können. Von all
dem ist hier nicht die Rede; vielmehr ist unbestritten, dass sich die Aktien
des Schuldners gar nicht mehr in der Schweiz befinden, was deren Arrestierung
in der Schweiz ausschliesst. Es

Seite: 12
geht natürlich auch nicht an, aus der Schweiz fortgeschaffte Wertpapiere nach
dem Vorschlag der Rekurrentin als vernichtet zu betrachten und aus diesem
Gesichtspunkt eine Arrestierung des darin verkörperten Rechts am Sitze des
Ausstellers vorzunehmen.
Gegenstand der vorliegenden Beschlagnahme war allerdings kein Wertpapier als
solches, sondern ein dem Schuldner als Aktionär zustehendes
Dividendenbezugsrecht bezw. ein einzelner Dividendenanspruch. Aber dieser
Anspruch ist ebenfalls ein solcher aus Wertpapier, sei es, dass dafür
besondere Bezugscheine (Coupons) bestehen, oder dass der Anspruch durch
Vorweisung der Aktie selbst geltend gemacht werden muss. Eine andere Art der
Geltendmachung kommt kaum vor und ist für den vorliegenden Fall weder
behauptet noch dargetan. Somit müssten die in Betracht fallenden Coupons oder
dann die in der Arresturkunde erwähnten Inhaberaktien selbst arrestiert
werden, was, wie dargetan, deren Vorhandensein im Kreis des vollziehenden
Betreibungsamtes zur Voraussetzung hätte.
Die Vorinstanz hat mit Recht in diesem Sinn entschieden und auch nicht etwa in
den Zuständigkeitsbereich der Arrestbehörde eingegriffen; denn durch die
Arrestierung von Inhaberpapieren, die sich nicht im Kreis des vollziehenden
Betreibungsamtes befinden, würden die von diesem Amte zu befolgenden
betreibungsrechtlichen Vorschriften verletzt (BGE 64 III 129), und auf eine
solche Verletzung lief auch die Arrestierung des in Inhaberpapieren
verkörperten Bezugsrechtes hinaus.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.