S. 47 / Nr. 13 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 66 III 47

13. Auszug aus dem Entscheid vom 27. September 1940 i S. Ramseier.


Seite: 47
Regeste:
Zur Beschwerde auf Herabsetzung einer Lohnpfändung ist nur der Schuldner
selbst, nicht auch ein von ihm zu unterstützender Angehöriger legitimiert.
Der Angehörige, der eine solche Beschwerde erhebt, ist als Stellvertreter oder
Geschäftsführer des Schuldners anzusehen. Ist zweifelhaft, ob dieser mit der
Beschwerdeführung einverstanden sei, so ist eine von ihm auszustellende
Vollmacht oder Zustimmungserklärung nachzuverlangen.
Art. 17
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26
und 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG.
La plainte en réduction d'une saisie de salaire ne peut émaner que du
débiteur, et non pas également d'un membre de sa famille qu'il est tenu
d'entretenir.
Le parent qui forme une telle plainte doit être considéré comme représentant
ou gérant d'affaires du débiteur. S'il est douteux que celui-ci approuve le
dépôt de la plainte, l'autorité exigera du plaignant qu'il produise une
procuration signée du débiteur ou une déclaration constatant son accord.
Art. 17 et 93 LP.
Il reclamo volto ad ottenere la riduzione di un pignoramento di salario può
essere interposto soltanto dal debitore e non anche da un membro della sua
famiglia che è obbligato a mantenere.
Il parente che interpone un tale reclamo dev'essere considerato come
rappresentante o negotiorum gestor del debitore. Se è dubbio che quest'ultimo
approvi l'inoltro del ricorso, l'autorità esigerà la produzione di una procura
firmata dal debitore o di una dichiarazione da cui risulti che il debitore è
d'accordo.
Art. 17 e 93 LEF.

Aus dem Talbestand:
Über eine vom Betreibungsamt Möhlin vollzogene Lohnpfändung beschwerte sich
zuerst der Schuldner, dem keine Pfändungsurkunde zugestellt worden war, und
nach Erhalt dieser Urkunde die Ehefrau des Schuldners, welche nun auch den
kantonalen Beschwerdeentscheid an das Bundesgericht zieht.
Aus den Erwägungen:
1. ­ Die kantonalen Instanzen haben der Ehefrau des Schuldners ein
selbständiges Beschwerderecht zuerkannt im Anschluss an die Rechtsprechung,
wonach zur Beschwerde wegen der Pfändung von Kompetenzstücken, also wegen
Verletzung des Art. 92
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG, auch Familienangehörige und sogar gewisse Dritte
legitimiert sind

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(BGE 42 III 58, 62 III 137). Dies ist jedoch an die Voraussetzung geknüpft
worden, dass die betreffenden Gegenstände im Gebrauch des Beschwerdeführers
stehen und für ihn selbst unentbehrlich seien, dass also der Grund der
Unpfändbarkeit in seiner eigenen Person gegeben sei. Auf die Lohnpfändung nach
Art. 93 lässt sich eine solche Ausdehnung des Beschwerderechts nicht
übertragen. Es fehlt die tatsächliche Beziehung zum Pfändungsgegenstand, da am
Dienstverhältnis und demgemäss am Lohnguthaben andere Personen nicht beteiligt
sind. Das mittelbare Interesse an einer möglichst weitgehenden Beschränkung
der Lohnpfändung genügt nicht zur Zuerkennung eines Beschwerderechtes an die
vom Schuldner zu unterstützenden Angehörigen, zumal die Pfändung ihnen
mitunter erst lange hinterher zur Kenntnis gelangt und es nicht angeht, die
Pfändung solch nachträglicher Anfechtung auszusetzen. Gegenüber der
Lohnpfändung muss es daher beim ausschliesslichen Beschwerderecht des
Schuldners ­ abgesehen vom entgegengesetzten des Gläubigers ­ sein Bewenden
haben. Der Schuldner hat ja auch alle Veranlassung, eine übersetzte
Lohnpfändung anzufechten; verringert sich doch im selben Verhältnis wie der
unpfändbare Betrag insgesamt auch sein Anteil daran gleich wie der Anteil
jedes von ihm zu unterstützenden Familiengenossen.
Die Ehefrau des Schuldners konnte demnach nur als dessen Stellvertreterin oder
Geschäftsführerin Beschwerde führen. Erhoben sich Zweifel am Willen des
Schuldners, der Beschwerdeführung zuzustimmen, so war eine Vollmacht oder
Genehmigung von seiner Seite nachzuverlangen. Das erübrigte sich jedoch, da
die Beschwerdeführung offenkundig auch in seinem Interesse lag und angesichts
der ersten, von ihm persönlich eingereichten Beschwerde ohne Zweifel von ihm
gebilligt wurde. Demzufolge kann auch auf den vorliegenden Rekurs an das
Bundesgericht ohne weiteres eingetreten werden.
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