S. 145 / Nr. 32 Einleitung zum ZGB (d)

BGE 66 II 145

32. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. Oktober 1940 i. S. A.
Schwab u. Kons. gegen Bürgi.


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Regeste:
Beweislastverteilung, Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB. Die Vorschrift ist nach Treu und Glauben
gemäss Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB zu handhaben. Obliegt einer Partei der regelmässig
schwierige Beweis für das Nichtvorhandensein einer Tatsache, so hat daher die
andere Partei durch Gegenbeweis zur Abklärung des Sachverhaltes beizutragen.
Répartition du fardeau de la preuve, art. 8 CC. Cette disposition s'applique
selon les règles de la bonne foi, conformément à l'art. 2 CC. Lorsque l'une
des parties doit prouver l'inexistence d'un fait, ce qui est souvent
difficile, l'autre doit prendre une part active à la procédure probatoire en
rapportant elle-même la preuve de ce fait.
Ripartizione dell'onere della prova, art. 8 CC. Questo disposto si applica
secondo la buona fede, conformemente all'art. 2 CC. Allorchè ad una delle
parti incombe la prova talora assai difficile dell'inesistenza di un fatto, la
controparte deve contribuire a chiarire il fattispecie fornendo la prova del
contrario.

A. - Im Jahre 1938 schickten sich die drei Kläger Schwab an, das
landwirtschaftliche Heimwesen «Furtmühle» in Stammheim um Fr. 144000.-
käuflich zu erwerben. Sie übergaben zu diesem Zwecke dem Beklagten, der ihnen
seine Dienste als Vermittler zur Verfügung gestellt hatte u.a. drei
Depositenhefte. Der Beklagte hob daraus insgesamt Fr. 9000.- ab.
Am 7. Oktober 1938 fand die Verschreibung des Liegenschaftskaufes im Bureau
des Notars statt. Die Kläger hatten eine Kaufpreisrestanz von Fr. 3708.70 bar
zu bezahlen. Der Beklagte behauptet, zu diesem Zwecke habe er von den
abgehobenen Fr. 9000.- einen Betrag von Fr. 4000.- auf den Tisch gelegt.
Die Kläger bestreiten das und behaupten die Anzahlung von rund Fr. 4000 sei
von Cäsar Schwab aus eigenen Mitteln geleistet worden.

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B. - Die erste kantonale Instanz, das Bezirksgericht Zürich, hat die Klage am
28. Juni 1939 gutgeheissen und den Beklagten demgemäss zur Rückerstattung des
umstrittenen Betrages nebst Zins verurteilt. Die Begründung ging dahin, der
Beklagte habe nicht beweisen können, dass er die Fr. 4000.- für die Kläger
verwendet habe.
Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Appellation des Beklagten am 11.
Mai 1940 die Klage abgewiesen, weil nach seinem Dafürhalten dem Beklagten
wenigstens ein indirekter Beweis für die von ihm behauptete Darstellung
gelungen sei. Als Indiz wird dabei u.a. der Umstand verwendet, dass die
klägerische Behauptung, es hätten dem Cäsar Schwab am 5. Oktober 1938 die
Mittel für die Anzahlung der Fr. 4000 zur Verfügung gestanden, nicht habe
belegt werden können.
C. - Gegen dieses Urteil haben die Kläger die Berufung an das Bundesgericht
erklärt. Die Berufung stützt sich auf eine angebliche Verletzung des Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.

ZGB.
Der Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Unzweifelhaft hat dem Grundsatze nach der Beklagte zu beweisen, dass die
Fr. 4000 für die Kläger verwendet worden sind. Diesen Grundsatz hat die
Vorinstanz aber nicht verletzt.
Nachdem die Vorinstanz nämlich in Übereinstimmung mit dem Bezirksgericht das
Fehlen eines direkten Beweises festgestellt hat, geht sie dazu über zu prüfen,
ob der Beklagte seiner Beweispflicht allenfalls vermittels eines
Indizienbeweises Genüge zu leisten vermöge. In dieser Beziehung führt sie
zunächst drei zu seinen Gunsten sprechende Indizien an und stellt fest, dass
damit schon der Anfang eines Beweises geleistet sei. Dann fährt sie wörtlich
fort:
«Angesichts dieser gegen die Sachdarstellung der Kläger sprechenden Indizien
erscheint es angezeigt, eine Beweiserhebung darüber anzuordnen, ob Cäsar

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Schwab am 5. Oktober 1938 in der Lage gewesen sei, die für die Anzahlung
nötigen Fr. 3708.- der Kasse zu entnehmen. Die Kläger wurden deshalb
angehalten, das von Fr. Frieda Schwab ... geführte 'Kassenbuch', und als sich
dasselbe nur als ein Verzeichnis der Ausgaben herausstellte, eine Aufstellung
ihrer Einnahmen während der letzten zirka 5 Monate vor dem Kauf der
'Furtmühle' einzureichen.»
Und das Ergebnis der bezüglichen Beweiserhebungen fasst die Vorinstanz dann in
den Satz zusammen:
«Nach dem Gesagten ist der dem Beklagten obliegende Beweis dafür, dass Cäsar
Schwab der Kasse den für die Anzahlung der 'Furtmühle' nötigen Betrag nicht
entnehmen konnte, als geleistet zu betrachten, da den Klägern der Gegenbeweis
dafür, dass die in dem entscheidenden Zeitraum erzielten Einnahmen gegenüber
den festgestellten Ausgaben für das Vorhandensein einer Barschaft in der Höhe
der Kaufrestzahlung hinreichten, nicht gelang.»
Darin erblicken die Kläger eine mit Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB unvereinbare Umkehrung der
Beweislast; allein zu Unrecht.
Auch die Norm des Art. 8
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ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB, wonach derjenige, der eine Tatsache behauptet,
sie zu beweisen hat, muss gemäss Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB nach Treu und Glauben im Verkehr
gehandhabt werden. Theorie und Praxis haben deshalb längst angenommen, dass
dort, wo einer Partei nach Art. 8
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ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB der - regelmässig äusserst schwierige,
wenn nicht unmögliche - Beweis des Nichtvorhandensein einer Tatsache obliegt,
die Gegenpartei nach Treu und Glauben gehalten ist, ihrerseits durch
Gegenbeweis zur Abklärung der Verhältnisse beizutragen (vgl. BGE 40 II 630; 65
III 137
; EGGER, Komm., Nr. 14 zu Art. 8; GAUTSCHI, Beweislast und
Beweiswürdigung, S. 102; KUHN, Die Beweislast, S. 56). Damit steht es dann
selbstverständlich auch im Einklang, wenn das gänzliche Misslingen dieses

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Gegenbeweises als Indiz für die Richtigkeit der Darstellung der grundsätzlich
beweispflichtigen Partei gewertet wird, die eine negative Tatsache hätte
beweisen sollen. Auch im vorliegenden Falle war es daher durchaus angemessen,
wenn den Klägern zugemutet wurde, Anhaltspunkte inbezug auf die Herkunft des
Geldes zu beschaffen, mit dem Cäsar Schwab die Anzahlung von rund Fr. 4000
gemacht haben will.
Von einer Verletzung des Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB kann daher nicht die Rede sein.
(2. u. 3....)
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Zürich vom 11. Mai 1940 bestätigt.