S. 28 / Nr. 9 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Zivilabteilungen). (d)

BGE 65 III 28

9. Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Februar 1939 i. S. Bell gegen
Balsiger und Kottmann.

Regeste:
Kollokationsklage im Kornkurs (Art. 250
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 250 - 1 Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
1    Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
2    Will er die Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang bestreiten, so muss er die Klage gegen den Gläubiger richten. Heisst der Richter die Klage gut, so dient der Betrag, um den der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird, zur Befriedigung des Klägers bis zur vollen Deckung seiner Forderung einschliesslich der Prozesskosten. Ein Überschuss wird nach dem berichtigten Kollokationsplan verteilt.
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SchKG) auf Zulassung einer im
Kollokationsplan weggewiesenen oder auf Wegweisung einer im Kollokationsplan
zugelassenen Forderung:

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- Gegenstand des Urteils ist nicht der Bestand der Forderung, sondern bloss
die Teilnahme am Konkurserlös (Art. 261
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 261 - Nach Eingang des Erlöses der ganzen Konkursmasse und nachdem der Kollokationsplan in Rechtskraft erwachsen ist, stellt die Konkursverwaltung die Verteilungsliste und die Schlussrechnung auf.
SchKG); das Kollokationsurteil schafft
nicht Rechtskraft über das Konkursverfahren hinaus, zwischen Gläubiger und
Schuldner.
- Demgemäss wird der Streitwert (wenigstens für das bundesgerichtliche
Verfahren, Art. 59
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 261 - Nach Eingang des Erlöses der ganzen Konkursmasse und nachdem der Kollokationsplan in Rechtskraft erwachsen ist, stellt die Konkursverwaltung die Verteilungsliste und die Schlussrechnung auf.
OG) nicht durch den Forderungsbetrag, sondern durch die
darauf höchstens entfallende Konkursdividende bestimmt (Änderung der
Rechtsprechung, mit Zustimmung der andern Abteilungen des Bundesgerichtes).
Demande en modification de l'état de collocation (art. 250 LP) tendante à
faire admettre ou écarter une créance:
- Le jugement ne porte pas sur l'existence même de la créance, mais seulement
sur le droit à une part dans la distribution des deniers (art. 261 LP); il n'a
d'effets que dans la procédure de faillite et ne touche point aux rapports du
créancier et du débiteur entre eux.
- La valeur litigieuse (du moins pour le Tribunal fédéral, art. 59 OJ) n'est
pas égale au montant de la créance, mais à celui du dividende maximum afférent
à celle-ci (changement de jurisprudence d'accord avec les autres chambres du
Tribunal fédéral).
Azione tendente ad impugnare la graduatoria (art. 250 LEF) per far ammettere o
stralciare un credito:
- La sentenza non statuisce sull'esistenza stessa del credito, ma soltanto sul
diritto ad una parte nella ripartizione della somma ricavata (art. 261 LEF);
esplica effetto soltanto nella procedura fallimentare e non tocca i rapporti
tra creditore e debitore.
- Il valore litigioso (almeno pel Tribunale federale, art. 59 OGF) non è
eguale all'importo del credito, ma a quello del dividendo massimo spettante a
questo credito. (Cambiamento di giurisprudenza d'accordo con le altre sezioni
del Tribunale foderale).

Im Konkurs über die ausgeschlagene Verlassenschaft des Dr. Kottmann in Kriens
wurde Dr. Bell mit einer Schadenersatzforderung von Fr. 10000.- im
Kollokationsplane zugelassen. Zwei andere Konkursgläubiger erhoben gegen ihn
gemäss Art. 250
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 250 - 1 Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
1    Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
2    Will er die Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang bestreiten, so muss er die Klage gegen den Gläubiger richten. Heisst der Richter die Klage gut, so dient der Betrag, um den der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird, zur Befriedigung des Klägers bis zur vollen Deckung seiner Forderung einschliesslich der Prozesskosten. Ein Überschuss wird nach dem berichtigten Kollokationsplan verteilt.
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SchKG Klage auf Wegweisung dieser Forderung. Die kantonalen
Gerichte, das Obergericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 21. Dezember 1938,
haben diesem Antrag entsprochen. Der Beklagte legt dagegen Berufung an das
Bundesgericht ein mit dem Begehren um Rückweisung der Sache und (eventuell)
Abweisung der Klage. Nach einer Bescheinigung des Konkursamtes Kriens-Malters
kommt den Gläubigern 5. Klasse

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laut einer bereits aufgestellten Verteilungsliste nur eine Konkursdividende
von nahezu 17% zu.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Der für die Berufung an das Bundesgericht erforderliche Streitwert von Fr.
4000.- ist im vorliegenden Fall erreicht, wenn auf den Betrag der streitigen
Forderung, nicht aber, wenn auf die hiefür zu erwartende Konkursdividende
abgestellt wird. Die bisherige Rechtsprechung hat den Streitwert in
Kollokationsprozessen im Konkurs, wenn die Anfechtung Bestand oder Höhe einer
Forderung betraf, nach dem umstrittenen Forderungsbetrage bemessen, ohne
Rücksicht auf die zu erwartende Dividende: einmal, weil diese bei
Prozesseinleitung gewöhnlich noch nicht feststehe (BGE 26 II 193), und sodann,
weil es im Kollokationsprozess, wenn nicht wirtschaftlich, so doch rechtlich
um den Bestand der Forderung gehe (BGE 49 III 196). Mit dem ersten Argument
ist gesagt, der Forderungsbetrag selbst sei, bei Prozessbeginn wenigstens, der
einzige bestimmte Anhaltspunkt für den Streitwert. Das zweite Argument will
diese Art der Streitwertbestimmung auch grundsätzlich als dem Gegenstand des
Kollokationsstreites entsprechend rechtfertigen. Diese Betrachtungsweise hält
jedoch einer neuen Prüfung nicht stand.
1.- Zweck des Kollokationsverfahrens im Konkurs (Art. 244
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 244 - Nach Ablauf der Eingabefrist prüft die Konkursverwaltung die eingegebenen Forderungen und macht die zu ihrer Erwahrung nötigen Erhebungen. Sie holt über jede Konkurseingabe die Erklärung des Gemeinschuldners ein.
-251
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 251 - 1 Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
1    Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
2    Der Gläubiger hat sämtliche durch die Verspätung verursachten Kosten zu tragen und kann zu einem entsprechenden Vorschusse angehalten werden.
3    Auf Abschlagsverteilungen, welche vor seiner Anmeldung stattgefunden haben, hat derselbe keinen Anspruch.
4    Hält die Konkursverwaltung eine verspätete Konkurseingabe für begründet, so ändert sie den Kollokationsplan ab und macht die Abänderung öffentlich bekannt.
5    Der Artikel 250 ist anwendbar.
SchKG) ist die
Feststellung der Passivmasse, d. h. der Forderungen, die am Konkursergebnis
teilzunehmen haben, nach Bestand, Höhe, Rang und allfälligen Vorzugsrechten an
Vermögen des Schuldners. Der rechtskräftige Kollokationsplan bildet die
Grundlage der Verteilung (Art. 261
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 261 - Nach Eingang des Erlöses der ganzen Konkursmasse und nachdem der Kollokationsplan in Rechtskraft erwachsen ist, stellt die Konkursverwaltung die Verteilungsliste und die Schlussrechnung auf.
SchKG). Nach ihm bestimmt sich, in welchem
Verhältnis sich die Konkursgläubiger in den Erlös des Konkursvermögens samt
Erträgnissen und Prozessgewinnen (aus Eigentums-, Anfechtungs- und andern
Prozessen) zu teilen haben. Dabei tritt in Rechtskraft entweder die im Plan
enthaltene Verfügung der Konkursverwaltung oder, wenn eine Verfügung mit
Kollokationsklage

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angefochten wird, die darüber ergehende gerichtliche Entscheidung. Der
Kollokationsprozess dient ausschliesslich der Bereinigung des
Kollokationsplanes und hat so wenig wie dieser irgendwelche Rechtskraftwirkung
über das Konkursverfahren hinaus. Das Kollokationsverfahren mit Einschluss von
Kollokationsprozessen hat seinen Zweck mit der Durchführung der
Konkursliquidation erfüllt. Das Schuldverhältnis als solches, zwischen
Gläubiger und Schuldner, wird dadurch nicht rechtskräftig festgelegt. Das kann
nur in einem Prozesse des Gläubigers gegen den Schuldner selbst geschehen,
auch nach dem Konkurse noch, hinsichtlich der allfälligen Verlustforderung.
Demnach kann im Kollokationsprozess der Bestand einer Forderung wohl
Gegenstand gerichtlicher Prüfung, nicht aber Gegenstand rechtskräftiger
Beurteilung sein. Vielmehr ist Gegenstand des Kollokationsurteils nur die
Feststellung, inwieweit die streitigen Gläubigeransprüche bei der Liquidation
der Aktivmasse zu berücksichtigen seien. Handelt es sich also nur um die
Berichtigung der durch den Kollokationsplan auszuweisenden Teilnahmerechte, so
erschöpft sich auch der Streitwert solcher Prozesse in dem Betrag, um den sich
das Konkursbetreffnis für die betreffende Forderung je nach dem Ausgang
verändern kann.
2.- Das läset sich errechnen durch Gegenüberstellung der Aktiv- und der
Passivmasse, mit Beachtung der Rang- und Pfandvorrechte und insbesondere auch
der mutmasslichen Konkurskosten. Die Möglichkeit, dass nachträglich neues
Konkursvermögen zum Vorschein komme, kann füglich ausser acht gelassen werden.
Hier ist daher bei der Streitwertbestimmung nach Art. 59 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 261 - Nach Eingang des Erlöses der ganzen Konkursmasse und nachdem der Kollokationsplan in Rechtskraft erwachsen ist, stellt die Konkursverwaltung die Verteilungsliste und die Schlussrechnung auf.
OG auf die
Verteilungsliste abzustellen, wonach auf die streitige Forderung höchstens ein
Betreffnis von Fr. 1700.- entfällt, das sich übrigens bei Zulassung dieser vom
Konkursamt wohl nicht in Rechnung gestellten Forderung noch verringern müsste.
Die Verlustforderung spielt nach dem Gesagten keine Rolle; hier um so weniger,
als ein Verlassenschaftskonkurs

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vorliegt, nach dessen Abschluss der Konkursschuldner nicht mehr belangt werden
kann. Die Berufung des Beklagten erweist sich damit als unzulässig. Somit hat
es beim Urteil des Obergerichtes sein Bewenden, auch wenn bei richtiger
Streitwertberechnung bereits in den kantonalen Instanzen allenfalls ein
anderes Verfahren hätte Platz greifen müssen.
3.- Wo die Zuständigkeit der kantonalen Gerichte nach dem anwendbaren
Prozessrecht vom Streitwert abhängig ist und dieser in gleicher Weise
berechnet wird, wie es hier für die bundesgerichtliche Kompetenz geschieht,
sollten den Klägern von vornherein Angaben über die massgebende
Konkursdividende zur Verfügung stehen. Daher wird unerlässlich sein, die
Konkursämter (durch Ergänzung der Konkursverordnung) anzuweisen, jeweils im
aufzulegenden Kollokationsplane auf Grund der Schätzung der Aktivmasse und auf
Grund der mutmasslichen Kosten und der im Plane zugelassenen
Gläubigeransprüche die zu erwartende Höchstdividende, allfällig auch
privilegierter Klassen, anzugeben, ebenso bei Auflegung eines Nachtrages
gemäss Art. 251
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 251 - 1 Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
1    Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
2    Der Gläubiger hat sämtliche durch die Verspätung verursachten Kosten zu tragen und kann zu einem entsprechenden Vorschusse angehalten werden.
3    Auf Abschlagsverteilungen, welche vor seiner Anmeldung stattgefunden haben, hat derselbe keinen Anspruch.
4    Hält die Konkursverwaltung eine verspätete Konkurseingabe für begründet, so ändert sie den Kollokationsplan ab und macht die Abänderung öffentlich bekannt.
5    Der Artikel 250 ist anwendbar.
SchKG die Höchstdividenden, die nach der nun gegebenen
Sachlage zu erwarten sind. Darauf wird sich dann jeder Kollokationskläger bei
Einleitung des Prozesses verlassen können, indem sich darnach die
(erstinstanzliche) Zuständigkeit und das einzuschlagende Verfahren zu richten
hat. Ob eine Revision dieser Grundlage des Streitwertes im weiteren Verlauf
des Prozesses, namentlich bei Prüfung der Zulässigkeit einer Weiterziehung,
vorzubehalten sei, mag hier offen bleiben.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.