S. 116 / Nr. 34 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 63 III 116

34. Entscheid vom 12. November 1937 i. S. Eidelberger-Zitt.

Regeste:
Dem durch einen Dritten (Armenbehörde, Zessionar) geltend gemachten
Verwandtenunterstützungsanspruch (Art. 329 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 329 - 1 Der Anspruch auf Unterstützung ist gegen die Pflichtigen in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung geltend zu machen und geht auf die Leistung, die zum Lebensunterhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen angemessen ist.
1    Der Anspruch auf Unterstützung ist gegen die Pflichtigen in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung geltend zu machen und geht auf die Leistung, die zum Lebensunterhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen angemessen ist.
1bis    Kein Anspruch auf Unterstützung kann geltend gemacht werden, wenn die Notlage auf einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Betreuung eigener Kinder beruht.464
2    Erscheint die Heranziehung eines Pflichtigen wegen besonderer Umstände als unbillig, so kann das Gericht die Unterstützungspflicht ermässigen oder aufheben.465
3    Die Bestimmungen über die Unterhaltsklage des Kindes und über den Übergang seines Unterhaltsanspruches auf das Gemeinwesen finden entsprechende Anwendung.466
ZGB) kann der Pflichtige das
Existenzminimum ohne Einschränkung entgegenhalten (Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG).
Le débiteur de la dette alimentaire visée à l'art. 329 al. 3 CC a le droit
d'opposer le bénéfice de compétence (art. 93 LP) à la demande d'aliments
formée par un tiers (autorité d'assistance, cessionnaire).
L'obbligato all'assistenza, centro il quale un terzo (autorità di assistenza,
cessionario) promuove esecuzione per una pretesa di cui all'art. 329 cpv. 3
CC, ha il diritto di opporre l'eccezione dedotta dall'art. 93 LEF (minimo
indispensabile al debitore e alla sua famiglia).

A. - Laut Beschluss des Regierungsrates des Kantons Baselstadt vom 11.
September 1934 ist der Rekurrent gehalten, der Allgemeinen Armenpflege an die
Unterstützungsaufwendungen für seine Mutter monatliche Beiträge von Fr. 30.-
zu leisten, sooft und solange er in Arbeit steht. In einer von der Armenpflege
hiefür gegen ihn gerichteten Betreibung hat die Aufsichtsbehörde eine
Lohnpfändung nach den für die privilegierten Unterhaltsbeitragsforderungen
üblichen Grundsätzen - Nichtrespektierung des Existenzminimums - zulässig
erklärt. In der Begründung führt sie aus, es könne dahingestellt bleiben, ob
das Privileg in allen Fällen der Abtretung der Unterhaltsforderung auf den
Zessionar übergehe, ob z.B. auch dann, wenn er sich die Unterhaltsforderung
für

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ein geringes Entgelt abtreten liess oder sie an Zahlungsstatt erhielt; der
Übergang rechtfertige sich jedenfalls dann, wenn der Zessionar die
Unterstützung auf Grund einer öffentlichrechtlichen Pflicht und nicht etwa
freiwillig geleistet habe und die Forderung des Unterstützten von Gesetzes
wegen auf ihn übergehe. Sei es einem Schuldner zuzumuten, ein Familienglied
auch auf Kosten seines Existenzminimums zu unterstützen, so könne es keinen
Unterschied begründen, dass die Forderung zu Inkassozwecken an die öffentliche
Verwaltung abgetreten worden sei. Diese müsse dem Bedürftigen die
Unterstützung in der Regel ohne Verzug auszahlen; wollte man ihr für den
Rückgriff das Privileg nicht gewähren, so käme dies auf eine Begünstigung der
pflichtvergessenen Schuldner gegenüber den pflichtbewussten heraus, indem die
ersteren praktisch ihre Verpflichtung durch blosse Nichterfüllung auf den
Staat abwälzen könnten, was untragbar und unbillig wäre. Die Armenpflege müsse
daher das Privileg im gleichen Umfange wie die von ihr unterstützte Mutter des
Schuldners besitzen.
B. - Diesen Entscheid zieht der Schuldner ans Bundesgericht weiter mit dem
Antrag auf Nichtzulassung der Lohnpfändung.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Dass die gemäss Art. 328 f
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 328 - 1 Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden.
1    Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden.
2    Die Unterhaltspflicht der Eltern und des Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners bleibt vorbehalten.462
ZGB unterstützungsberechtigten Blutsverwandten auf-
und absteigender Linie zur Familie des Unterstützungspflichtigen im Sinne der
Rechtsprechung zu Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG zu rechnen sind und daher ihrer Betreibung für
solche Unterhaltsbeiträge der Pflichtige das Existenzminimum nicht
unbeschränkt entgegenhalten kann, wurde bereits in BGE 55 III 155 f
festgestellt, wo ausgehend von dieser weiten Umschreibung der Familie die
Einbeziehung auch der geschiedenen Frau begründet wird (vgl. auch BGE 54 III
316
, 51 III 228 E. 1).

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Dagegen kann der Vorinstanz darin nicht beigepflichtet werden, dass die
öffentliche Armenpflege für ihre Regressforderung auf den Rekurrenten das
Privileg der Nichteinwendbarkeit des Existenzminimums ebenfalls geniesse.
Diesem Privileg liegt der Gedanke zu Grunde, dass der Schuldner seinen
Zwangsbedarf aus seinem Lohn nicht in einem höheren Masse soll decken können
als das ebenfalls auf diesen angewiesene unterstützungsberechtigte
Familienglied den seinigen. Das Opfer einer Lohnpfändung unter das
Existenzminimum wird dem Schuldner deshalb und soweit zugemutet, als den
Unterstützungsberechtigten sonst ein noch grösserer Ausfall auf seiner
Existenzgrundlage träfe. Diese Relation trifft jedoch nur im Verhältnis
zwischen dem Schuldner und dem Unterhaltsberechtigten selber, nicht zwischen
Schuldner und öffentlicher Armenpflege zu. Es hätte keinen Sinn, dass diese
beim Schuldner mit der einen Hand auf Kosten des Zwangsbedarfs seiner engeren
Familie regressweise eine Lohnquote sollte wegnehmen können, um ihm mit der
andern einen entsprechenden Betrag als öffentliche Unterstützung wieder
zuhalten zu müssen. Das Privileg des nichteinwendbaren Existenzminimums steht
nur dem persönlich betreibenden Unterhaltsberechtigten zu; es haftet als
privilegium personae am Berechtigten, nicht an der Forderung und kann nicht
vom dritten Regressberechtigten bezw. Zessionar geltend gemacht werden, handle
es sich nun um vertraglichen oder gesetzlichen Forderungsübergang. Dass die
Armenpflege die Unterstützung auf Grund einer öffentlichrechtlichen Pflicht
und nicht freiwillig geleistet hat, bildet, entgegen der Annahme der
Vorinstanz, kein Argument für den Übergang des Privilegs auf die
Regressforderung. Was die öffentliche Armenpflege erfüllt hat, ist eben nicht
die privatrechtliche Pflicht des Schuldners, sondern ihre eigene, davon
unabhängige öffentlichrechtliche Pflicht, die besteht, ob ein privater
Unterhaltsschuldner vorhanden sei oder nicht. Gegen die von der Vorinstanz
seitens

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pflichtvergessener Schuldner befürchtete Abwälzung der Unterhaltspflicht auf
den Staat, die ja überhaupt nur für die unter das Existenzminimum des
Schuldners gehenden Beträge in Frage kommt, kann sich die Armenpflege dadurch
weitgehend schützen, dass sie, sobald sie mit Unterstützung eingreifen muss,
sofort darauf dringt, dass die unterstützungsberechtigte Person selber gegen
den Pflichtigen vorgehe. Übrigens werden die zufolge der Nichtzubilligung des
Pfändungsprivilegs tatsächlich auf der Armenpflege sitzen bleibenden Beträge
nur zum Teil wirklich Mehrausgaben darstellen, da anzunehmen ist, dass jene
den unter das Existenzminimum ausgepfändeten Lohnbezüger seinerseits über kurz
oder lang hätte unterstützen müssen.
Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer:
1.- Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und
festgestellt, dass der Rekurrent der vorliegenden Betreibung das
Existenzminimum gemäss Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG ohne Einschränkung entgegenhalten kann.