S. 313 / Nr. 71 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 54 III 313

71. Entscheid vom 16. November 1928 i.S. Sfaellos.


Seite: 313
Regeste:
Lohnpfändung. Berechnung des Existenzminimums. SchKG Art. 93.
Massgebend sind die Verhältnisse. zur Zeit des Pfändungsvollzuges (Erw. 1).
Das Existenzminimum berechnet sich nach dem gesamten Einkommen, über das der
Schuldner und die mit ihm im gleichen Haushalte lebenden Familienglieder
verfügen (Erw. 2).
Zur Familie eines Schuldners im Sinne von Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
SchKG gehören auch solche
Personen, denen gegenüber der Schuldner bloss eine in moralische
Unterstützungspflicht besitzt, sofern diese im gleichen Haushalte mit dem,
Schuldner wohnen. Das ist der Fall bei einer ledigen, infolge Krankheit
arbeitsunfähigen mit dem Schuldner zusammenwohnenden Schwester des Schuldners;
sodann (aber nur auf beschränkte Dauer) bei der infolge eines finanziellen
Zusammenbruches obdachlos; gewordenen Familie einer verheirateten Schwester
des Schuldners, wenn letzterer diese vorübergehend bei sich aufgenommen, hat
(Erw., 1 und 3). - Die Unterstützungspflicht anderer Verwandter diesen
Personen gegenüber ist nur dann zu berücksichtigen, wenn diese tatsächlich
Leistungen vollziehen; doch kann der Betreibungsgläubiger eventuell eine
Pfändung des bezüglichen diesen andern Verwandten gegenüber bestehenden
Regressanspruches des: Betreibungsschuldners verlangen (Erw. 4).
Saisie de salaire. - Calcul du minimum d'existence. - Art. 93 LP.
Pour fixer le minimum d'existence, il faut se baser sur l'état de fait au
moment de l'exécution de la saisie (consid. 1).
Le minimum d'existence doit se calculer d'après l'ensemble des revenus dont
jouissent le débiteur et les membres de sa famille faisant ménage commun avec
lui (consid. 2).
Il suffit que le débiteur ait un devoir moral d'entretien à l'égard de
personnes faisant ménage commun avec lui pour que celles-ci doivent être
considérées comme des membres de sa famille au sens de l'art. 93 LP. - Tel est
le cas d'une soeur célibataire du débiteur vivant avec celui-ci et incapable
de travailler pour cause de maladie. - Tel est aussi le cas, - mais seulement
pendant une période limitée, - de la famille d'une soeur mariée du débiteur,
devenue sans abri par suite de déconfiture financière et que le débiteur a
temporairement recueillie chez lui (consid. 1 et 3).- On

Seite: 314
ne doit tenir compte des obligations alimentaires d'autres parents envers ces
personnes que dans la mesure où ces dernières ont effectivement reçu des
aliments. Toutefois, le créancier poursuivant peut, le cas échéant, requérir
la saisie du droit de recours que le débiteur poursuivi possède contre ces
autres parents (consid. 4).
Pignoramento di salario: Computo del minimo inoppignorabile. - Art. 93 L.E.F.
Per determinare il minimo inoppignorabile e determinante lo stato di fatto al
momento del pignoramento (consid. 1). Questo minimo è da computarsi
sull'insieme dei redditi di cui fruiscono il debitore ed i membri della
famiglia che con lui convivono (consid. 2).
Basta che al debitore spetti un obbligo anche unicamente morale al
sostentamento delle persone che con lui convivono perche debbano essere
considerate come membri della di lui famiglia ai sensi dell'art. 93 L.E.F.
Tale il caso della sorella nubile del debitore con lui convivente ed incapace
al lavoro.
Tale pure (ma solamente per un lasso di tempo limitato) l'ipotesi della
famiglia di una sorella conjugata trovantesi senza rissorse in seguito a
dissesto e che il debitore ha ricoverato temporaneamente (consid. 1 e 3).
Si terra conto degli obblighi alimentari di altri parenti verso queste persone
solo nella misura che questo ricevono effettivamente dei sussidi. - Il
creditore potrà chiedere il pignoramento del diritto di regresso che potrebbe
spettare al debitore contro gli altri obbligati agli alimenti (consid. 4).

A. - In der Gruppenbetreibung Nr. 82 des Betreibungsamtes von Biel wurden der
Schuldnerin, Elsa Küpfer, Lehrerin in Biel, am 4. August 1928 von ihrem (nach
Abzug der Beiträge an die Pensionskasse) 480 Fr. betragenden Monatslohn 280
Fr. monatlich gepfändet. Diesen Betrag reduzierte die obere kantonale
Aufsichtsbehörde mit Urteil vom 1. November 1928 - den Parteien zugestellt am
2. November 1928 - auf 30 Fr., weil die Schuldnerin neben ihrem eigenen
Lebensunterhalt auch für denjenigen ihrer 63-jährigen Mutter, einer ledigen,
arbeitsunfähigen Schwester, sowie einer verheirateten Schwester samt deren
Ehemann und einem Kinde aufzukommen habe.
B. - Hiegegen hat der Gläubiger G. Sfaellos,

Seite: 315
Uhrenfabrikant in Biel, am 12. November 1928 den Rekurs an das Bundesgericht
erklärt, indem er die Herabsetzung des von der Vorinstanz der Schuldnerin
zuerkannten Existenzminimums verlangte.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.- Nach Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
SchKG können Gehalte und Diensteinkommen nur soweit gepfändet
werden, als sie nicht nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten dem Schuldner
und seiner Familie unumgänglich notwendig sind. Der Rekurrent macht nun
geltend, dass die verheiratete Schwester der Schuldnerin, Frau
Bossinger-Küpfer, sowie deren Ehemann und Kind von der Vorinstanz zu Unrecht
als zur Familie der Schuldnerin gehörig erachtet worden seien, da sich die
gesetzliche Unterhaltspflicht der Schuldnerin nicht auf diese Personen
erstrecke. Letzteres ist zweifellos richtig; denn gemäss Art. 329 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 329 - 1 Der Anspruch auf Unterstützung ist gegen die Pflichtigen in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung geltend zu machen und geht auf die Leistung, die zum Lebensunterhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen angemessen ist.
1    Der Anspruch auf Unterstützung ist gegen die Pflichtigen in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung geltend zu machen und geht auf die Leistung, die zum Lebensunterhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen angemessen ist.
1bis    Kein Anspruch auf Unterstützung kann geltend gemacht werden, wenn die Notlage auf einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Betreuung eigener Kinder beruht.464
2    Erscheint die Heranziehung eines Pflichtigen wegen besonderer Umstände als unbillig, so kann das Gericht die Unterstützungspflicht ermässigen oder aufheben.465
3    Die Bestimmungen über die Unterhaltsklage des Kindes und über den Übergang seines Unterhaltsanspruches auf das Gemeinwesen finden entsprechende Anwendung.466
ZGB
können Geschwister zur Unterstützung nur dann herangezogen werden, wenn sie
sich in günstigen Verhältnissen befinden, und gegen Verschwägerte besteht
überhaupt keine Unterstützungspflicht. Von günstigen Verhältnissen kann aber
bei einer überschuldeten Schuldnerin, deren Lohn auf Monate hinaus gepfändet
wird, nicht die Rede sein. Das schliesst jedoch nicht aus, dass die Familie
der Schwester der Schuldnerin dennoch zu deren Familie im Sinne von Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.

SchKG zu zählen sei; denn zur Familie. im genannten Sinne gehören nicht nur
Personen, zu deren Unterhalt der Schuldner von Gesetzes wegen verpflichtet
ist, es genügt auch eine bloss moralische Unterstützungspflicht, sofern die
betreffende bedürftige Person im gleichen Haushalt mit dem Schuldner lebt
(vgl. BGE 51 III S. 228 Erw. 2; 54 III S. 237). Eine solche ist aber gegeben,
wenn - wie dies hier der Fall war - ein Schuldner die Familie eines nahen
Verwandten, die infolge eines finanziellen Zusammenbruches obdachlos geworden
ist, vorübergehend bei sich aufgenommen hat. Nun

Seite: 316
behauptet aber der Rekurrent, diese Aufnahme habe erst im Laufe des Monates
August, d.h. erst nach Vollzug der streitigen Lohnpfändung, stattgefunden. Das
ist von der Vorinstanz noch abzuklären; denn wenn diese Behauptung zutreffen
sollte, so hätten die Unterhaltskosten für diese Familie bei der Festsetzung
des hier im Streite liegenden Existenzminimums - das sich nach den
Verhältnissen, wie sie zur Zeit des Pfändungsvollzugs bestanden, beurteilt -
nicht berücksichtigt werden dürfen, da nicht im Haushalte des Schuldners
wohnende Personen nur dann zu dessen Familie im Sinne des Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
SchKG zu
zählen sind, wenn sie - was hier nicht zutraf - einen gesetzlichen
Unterstützungsanspruch besitzen (vgl. auch BGE 51 III S. 228 Erw. 1). Damit
will allerdings nicht gesagt werden, dass wenn sich die Behauptung des
Rekurrenten bewahrheiten sollte, die Schuldnerin nicht berechtigt wäre, die
ihr durch die nachträgliche Aufnahme der Familie ihrer Schwester entstandenen
Mehrlasten ihren Betreibungsgläubigern gegenüber geltend zu machen. Das könnte
aber nur dadurch geschehen, dass die Schuldnerin ein Begehren um neue
Festsetzung des Existenzminimums stellt wegen nachträglich eingetretener
Änderungen der Unterstützungsverhältnisse. Dabei mag auch noch darauf
hingewiesen werden, dass die Berücksichtigung. dieses Verhältnisses nur für
eine relativ beschränkte Dauer in Frage kommen kann, da Bossinger nicht
arbeitsunfähig ist und daher eine moralische Unterstützungspflicht der
Schuldnerin ihm und seiner Familie gegenüber nur während derjenigen Zeit
besteht, die dieser bei Anstrengung aller Kräfte benötigt, um sich eine neue
für ihn und seine Familie ausreichende Existenz zu schaffen.
2.- Die Rückweisung dieser Angelegenheit an die Vorinstanz erscheint aber auch
noch aus einem weiteren Grunde notwendig. Der Rekurrent behauptet, dass die
Mutter der Schuldnerin, die von der Vorinstanz als unterstützungsberechtigtes
Familienglied der

Seite: 317
Schuldnerin erachtet worden ist, Vermögen besitze; sie habe im Frühjahr 1928
von einer Tante in Le Locle 30000 Fr. geerbt; auch ergebe sich aus den Akten,
dass ihr Schwiegersohn ihr eine Kaufrestanz abgetreten habe. Sollten diese
Behauptungen zutreffen, dann hätte dies bei der Festsetzung des
Existenzminimums der Schuldnerin berücksichtigt werden müssen, da sich dieses
nach dem gesamten Einkommen berechnet, über das die Schuldnerin und die mit
ihr im gleichen Haushalte lebenden Familienglieder verfügen. Es ist aus den
Akten nirgends ersichtlich, dass diese Verhältnisse vom Betreibungsamt bezw.
von den Vorinstanzen abgeklärt worden wären. Das ist somit noch nachzuholen.
3.- Der Rekurrent macht ferner geltend, die mit der Schuldnerin im gleichen
Haushalte lebende ledige Schwester, Edith Küpfer, die die Vorinstanz ebenfalls
als unterstützungsberechtigt erachtet hat, bekleide seit Jahren eine gute
Stelle als Bureauangestellte. Wenn diese wirklich zur Zeit arbeitsunfähig sein
sollte, so könnte es sich jedenfalls nur um einen vorübergehenden Zustand
handeln. Diese Einrede ist nicht stichhaltig. Die Vorinstanz hat in für das
Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt, dass Edith Küpfer so nervös
sei, dass sie zur Zeit nicht arbeiten könne. Dass unter diesen Umständen im
Hinblick darauf, dass diese Schwester mit der Schuldnerin zusammenlebe, eine
moralische Unterstützungspflicht der letztern besteht, ist nicht zu
bezweifeln. Die Dauer dieser Arbeitsunfähigkeit ist aber heute noch nicht
feststellbar, sodass die Möglichkeit einer späteren Wiederaufnahme der Arbeit
von der Vorinstanz mit Recht nicht zum voraus berücksichtigt worden ist.
Natürlich wird aber der Rekurrent berechtigt sein, falls Edith Küpfer während
der Dauer der vorliegenden Lohnpfändung wieder erwerbsfähig werden sollte,
wegen Änderung der Einkommensverhältnisse der schuldnerischen Familie eine
Neuberechnung des Existenzminimums der Schuldnerin anzubegehren.

Seite: 318
4.- Endlich behauptet der Rekurrent, die Unterstützungspflicht der Schuldnerin
den vorgenannten Verwandten gegenüber entfalle auch deshalb, weil die
Schuldnerin noch eine weitere Schwester, Frau Martha Helbling-Küpfer, besitze,
die in guten finanziellen Verhältnissen lebe und daher angesichts der prekären
Lage der Schuldnerin verpflichtet wäre, allein für den Unterhalt ihrer
bedürftigen Verwandten aufzukommen; zum mindesten wäre diese gehalten, die
Hälfte der fraglichen Unterhaltskosten zu tragen. Diese Auffassung mag, wenn
die Behauptung stimmt, an sich richtig sein; doch vermöchte dies die Bemessung
des Existenzminimums der Schuldnerin nur dann zu beeinflussen, wenn - worüber
die Vorinstanz ebenfalls noch Erhebungen anzustellen hat - feststünde, dass
Frau Helbling tatsächlich derartige Beiträge leistet. Der blosse Umstand, dass
sie hiezu verpflichtet wäre, vermöchte eine Schmälerung des
Unpfändbarkeitsanspruches der Schuldnerin nicht zu begründen; denn das könnte
unter Umständen dazu fahren, dass, wenn sich Frau Helbling nicht sofort zur
Leistung solcher Beiträge herbeiliesse, die Schuldnerin und ihre Familie bis
zu einer allfälligen richterlichen Zusprache einer gegen Frau Helbling geltend
gemachten Unterstützungsforderung ihrer notwendigsten Existenzmittel beraubt
wären. Das widerspräche aber dem Sinn und Geist des Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
SchKG, der dem
Schuldner und seiner Familie das Existenzminimum unter allen Umständen sichern
will. Dagegen dürfte in einem solchen Falle der betreffende
Betreibungsgläubiger berechtigt sein, eine Pfändung des Regressanspruches zu
verlangen, der allenfalls einem derartigen Betreibungsschuldner gegen solche
andere unterstützungspflichtige Verwandte, die bisher keine Beiträge geleistet
haben, zusteht. Ob vorliegend die tatsächlichen und rechtlichen
Voraussetzungen für einen derartigen Regressanspruch gegeben wären, ist aber
nicht durch die Aufsichtsbehörden sondern durch den Richter zu entscheiden.

Seite: 319
Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird dahin teilweise begründet erklärt, dass die Angelegenheit zur
neuen Beurteilung im Sinne der Motive an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 54 III 313
Datum : 01. Januar 1927
Publiziert : 16. November 1928
Quelle : Bundesgericht
Status : 54 III 313
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Lohnpfändung. Berechnung des Existenzminimums. SchKG Art. 93.Massgebend sind die Verhältnisse. zur...


Gesetzesregister
SchKG: 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
ZGB: 329
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 329 - 1 Der Anspruch auf Unterstützung ist gegen die Pflichtigen in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung geltend zu machen und geht auf die Leistung, die zum Lebensunterhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen angemessen ist.
1    Der Anspruch auf Unterstützung ist gegen die Pflichtigen in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung geltend zu machen und geht auf die Leistung, die zum Lebensunterhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen angemessen ist.
1bis    Kein Anspruch auf Unterstützung kann geltend gemacht werden, wenn die Notlage auf einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Betreuung eigener Kinder beruht.464
2    Erscheint die Heranziehung eines Pflichtigen wegen besonderer Umstände als unbillig, so kann das Gericht die Unterstützungspflicht ermässigen oder aufheben.465
3    Die Bestimmungen über die Unterhaltsklage des Kindes und über den Übergang seines Unterhaltsanspruches auf das Gemeinwesen finden entsprechende Anwendung.466
BGE Register
51-III-226 • 54-III-313
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
familie • schuldner • vorinstanz • existenzminimum • haushalt • dauer • monat • biel • unterhaltskosten • bundesgericht • betreibungsamt • weiler • richtigkeit • mutter • wille • entscheid • unterstützungspflicht • unterhaltspflicht • lohn • geschwister
... Alle anzeigen