S. 161 / Nr. 49 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 62 III 161

49. Entscheid vom 7. Dezember 1936 i. S. Haldemann.


Seite: 161
Regeste:
Art. 92 Ziff. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG. Für die Frage, ob ein Betrieb ein Unternehmen sei oder
nicht, macht es keinen Unterschied aus, ob die unter Eigentumsvorbehalt
gekauften Maschinen in grösserem oder geringerem Umfange abbezahlt sind.
Art. 92, no 3, LP. Pour décider s'il s'agit de l'exploitation d'une
entreprise, il est indifférent que les machines achetées avec réserve de
propriété soient payées dans une mesure plus ou moins grande.
Art. 92, cifra 3 LEF. Il quesito se si sia in presenza dell'esercizio di
un'impresa dev'essere risolto senza tener conto dell'importanza più o meno
considerevole dei pagamenti rateali fatti sul prezzo delle macchine gravate di
un patto di riserva della proprietà.

A. - Der Rekurrent betreibt mit einem Saurer-Lastwagen nebst Anhänger, die er
für Fr. 20000.- bezw. 3600.- unter Eigentumsvorbehalt gekauft hatte und woran
er heute mit Zins noch Fr. 15000.- bezw. 3000.- schuldet, das
Autotransportgeschäft. Im August 1935 wurde ihm die Fahrbewilligung für 2 1/2
Jahre entzogen; seither führt sein Bruder den Wagen, der Schuldner betätigt
sich als Beimann. Auf Beschwerde einer Gruppengläubigerin hat die
Aufsichtsbehörde den zuerst vom Betreibungsamt als Kompetenzstück
freigegebenen Wagen pfändbar erklärt. Sie führt aus, wenn auch nach der Praxis
zu Art. 92 Ziff. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG die notwendige Verwendung relativ teurer Maschinen
einen Betrieb noch nicht zu einem kapitalistischen mache, so könne doch der
Wert der Maschinen nicht ausser Betracht bleiben. Im vorliegenden Falle, wo
der Wagen vom Experten auf Fr. 18-20000.- Verkehrswert und Fr. 14000.-
Gantwert geschätzt sei, sei die Grenze sicher überschritten. Daran ändere
nichts, dass der Schuldner erst Fr. 5600.- abbezahlt habe; sonst käme man zu
dem Ergebnis, dass der Schuldner durch vertragsgemässe Leistung der
Abzahlungen seinen Kompetenzschutz selber untergraben würde.
B. - Diesen Entscheid zieht der Schuldner an das Bundesgericht weiter mit dem
Antrag auf Freigabe des

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Wagens. Er bestreitet die vorinstanzliche Schätzung; der Verkaufswert sei ca.
Fr. 13000.-. Die geleisteten Abzahlungen habe er aus dem Verdienst heraus
aufgebracht, nicht aus Kapital. Der Wagen sei bereits heute um 55% entwertet
und werde in 3 Jahren gebrauchsunfähig sein. Ohne einen Wagen gebe es keinen
Autotransportbetrieb; von diesem allein lebe er mit Familie.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Für die Frage, ob ein Betrieb ein Unternehmen sei oder nicht, kann es nicht
darauf ankommen, ob die unter Eigentumsvorbehalt gekauften Maschinen in
grösserem oder geringerem Umfange abbezahlt sind. Es muss auf den absoluten,
nicht auf den vom Schuldner effektiv daran bezahlten Betrag abgestellt werden.
Für den kapitalistischen Charakter eines Unternehmens macht es keinen
Unterschied aus, ob der Unternehmer die Maschinen aus eigenem Kapital bezahlen
konnte oder ob er sie auf Kredit nahm, denn in diesem Falle muss er das
kreditierte Kapital verzinsen; der Kapitalaufwand für das Unternehmen ist
gleich gross. Demnach kann auch die Natur der Berufsausübung nicht eine andere
werden, je nachdem noch mehr oder weniger grosse Schulden ausstehen und mit
dem Pfändungsgegenstand durch Eigentumsvorbehalt gesichert sind. Die
Durchführung dieser Unterscheidung würde auch praktisch zu unabsehbaren
Schwierigkeiten und unhaltbaren Konsequenzen führen, wie die Vorinstanz
zutreffend ausführt.
Die Schätzung des Wagens war als Frage der Angemessenheit Sache der Vorinstanz
und kann daher vom Bundesgericht nicht überprüft werden (BGE 51 III 115).
Gegenüber dem Wert von Fr. 18-20000.-, den der Wagenzug darstellt, spielt die
persönliche Tätigkeit des Rekurrenten aber die untergeordnete Rolle, sodass
mit der Vorinstanz hier von einer Unternehmung gesprochen werden muss.

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Übrigens kommt noch hinzu, dass der Rekurrrent den Beruf nicht allein, sondern
mit einer Hilfsperson ausübt, und zwar nicht nur jetzt, wo ihm die
Fahrbewilligung entzogen ist, sondern auch früher, als er seinen Bruder als
Beimann beschäftigte. Es handelt sich somit um eine Unternehmung, die sowohl
ein namhaftes Kapital als fremde Hilfskräfte beansprucht. Unter diesen
Umständen kann der Kompetenzanspruch nicht geschützt werden.
Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.