S. 257 / Nr. 51 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 62 I 257

51. Auszug aus dem Urteil vom 17. Dezember 1936 i. S. Schweizerischer
Bankverein gegen eidg. Steuerverwaltung.


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Regeste:
Umsatzstempel. - 1. Die Hingabe von Fundingtiteln zur Einlösung verfallener
oder fällig werdender Coupons von Anleihensobligationen ist eine entgeltliche
Eigentumsübertragung an Wertpapieren im Sinne von Art. 33
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 33 - 1 Wer mit dem Vollzug dieses Gesetzes betraut ist oder dazu beigezogen wird, hat gegenüber andern Amtsstellen und Privaten über die in Ausübung seines Amtes gemachten Wahrnehmungen Stillschweigen zu bewahren und den Einblick in amtliche Akten zu verweigern.
1    Wer mit dem Vollzug dieses Gesetzes betraut ist oder dazu beigezogen wird, hat gegenüber andern Amtsstellen und Privaten über die in Ausübung seines Amtes gemachten Wahrnehmungen Stillschweigen zu bewahren und den Einblick in amtliche Akten zu verweigern.
2    Keine Geheimhaltungspflicht besteht:
a  bei Leistung von Amtshilfe nach Artikel 32 Absatz 1 und bei Erfüllung einer Pflicht zur Anzeige strafbarer Handlungen;
b  gegenüber Organen der Rechtspflege und der Verwaltung, die vom Bundesrat allgemein oder vom Eidgenössischen Finanzdepartement128 im Einzelfalle zur Einholung amtlicher Auskünfte bei den mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Behörden ermächtigt worden sind.
, Abs. 1 StG.
2. Die Couponabgabe auf den Coupons der Anleihensobligationen schliesst die
Umsatzabgabe auf den Fundingtiteln nicht aus.
2. Das Entgelt, die Gegenleistung des Empfängers der Fundingtitel, ist in der
Überlassung des Obligationenkapitals zu erblicken, nicht in der Rückgabe der
Coupons an den Obligationenschuldner.
3. Art. 34
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 34 Anmeldung als Abgabepflichtiger; Selbstveranlagung - 1 Wer auf Grund dieses Gesetzes abgabepflichtig wird, hat sich unaufgefordert bei der ESTV anzumelden.
1    Wer auf Grund dieses Gesetzes abgabepflichtig wird, hat sich unaufgefordert bei der ESTV anzumelden.
2    Der Abgabepflichtige hat der ESTV bei Fälligkeit der Abgabe (Art. 11, 20, 26) unaufgefordert die vorgeschriebene Abrechnung mit den Belegen einzureichen und gleichzeitig die Abgabe zu entrichten.
3    ...129
, Abs. 1 StG. hat nicht die Bedeutung, dass als Entgelt nur eine
Gegenleistung in Geld in Betracht komme.

A. - Das Königreich Jugoslawien und die jugoslawische Staatshypothekenbank,
die der vertraglichen Zinspflicht für die 7% internationale
Stabilisierungs-Goldanleihe von 1931 und für die 7% Pfandbriefanleihen von
1924 und 1927 nicht zu genügen vermochten, haben im Jahre 1933 den Gläubigern,
welche sich nicht mit der Einlösung der Coupons in Belgrad und zum
Dinarnennwert begnügten, den Umtausch der in den Jahren 1932 bis 1935, bezw.
1933 bis 1936, verfallenen oder fällig werdenden Coupons gegen
Fundingobligationen in französischer Währung offeriert.
Der Schweizerische Bankverein hat diese Offerte in der Schweiz in der Weise
bekanntgegeben, dass er Zirkulare an die Personen versandte, welche Partialen
der Anleihen von 1924, 1927 oder 1931 bei ihm deponiert oder Coupons von
Obligationen dieser Anleihen bei ihm zur Einlösung eingereicht hatten. -Für
die in den schweizerischen Verkehr gebrachten Fundingobligationen hat der
Bankverein, im Jahre 1934, anlässlich der Kotierung, die Couponabgabe
entrichtet. Eine Emissionsabgabe wurde, gestützt auf eine Auskunft der
eidgenössischen Steuerverwaltung vom 7. März 1934, nicht bezahlt; es wurde
angenommen, die Bekanntgabe der Offerte der ausländischen Anleihensschuldner
durch den Bankverein habe nicht den Charakter

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eines öffentlichen Angebotes an einen grössern Personenkreis im Sinne von Art.
30
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 30 - 1 Die Abgabeforderung verjährt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist (Art. 7, 15, 23).
1    Die Abgabeforderung verjährt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist (Art. 7, 15, 23).
2    Die Verjährung beginnt nicht oder steht still, solange die Abgabeforderung sichergestellt oder gestundet ist oder keiner der Zahlungspflichtigen im Inland Wohnsitz hat.
3    Die Verjährung wird unterbrochen durch jede Anerkennung der Abgabeforderung von Seiten eines Zahlungspflichtigen sowie durch jede auf Geltendmachung des Abgabeanspruches gerichtete Amtshandlung, die einem Zahlungspflichtigen zur Kenntnis gebracht wird; mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem.
4    Stillstand und Unterbrechung wirken gegenüber allen Zahlungspflichtigen.
, Abs. 1 StG.
B. - Im Jahre 1936 wurde bei einer Kontrolle der Registerführung festgestellt,
dass auf den jugoslawischen Fundingobligationen, deren Umtausch gegen Coupons
der Bankverein vermittelt hatte, eine Umsatzabgabe nicht entrichtet worden
war. Der Bankverein wurde durch Entscheid der eidgenössischen Steuerverwaltung
vom 31. Juli 1936 verhalten, die Umsatzabgabe zu entrichten. Die
eidgenössische Steuerverwaltung hat eine Einsprache gegen diese Besteuerung am
26. September 1936 abgewiesen.
Hiegegen richtet der Bankverein eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er
beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und von der Erhebung einer
Umsatzabgabe auf den Fundingobligationen der 3 erwähnten Anleihen abzusehen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Es fragt sich, ob der Tatbestand des Art. 33 I StG gegeben sei, bei dessen
Vorliegen die Umsatzabgabe auf Wertpapieren geschuldet ist. Eine
Eigentumsübertragung auf den jugoslawischen Fundingtiteln an die Inhaber der
Anleihenstitel liegt vor; das Geschäft wurde durch die Rekurrentin, die u. a.
den Effektenhandel betreibt, vermittelt. Streitig ist dagegen, ob das
Erfordernis der Entgeltlichkeit erfüllt sei.
Die Anleihensobligationen, um die es sich handelt, sind Inhaberobligationen
mit Zinsscheinen, die ebenfalls den Charakter von Inhaberpapieren haben. Löst
der Schuldner den fälligen Coupon durch Zahlung des Zinses ein, BO erfüllt er
eine vertragliche Pflicht. Der Coupon ist zurückzugeben, weil beim
Inhaberpapier der Schuldner nur gegen Aushändigung der Urkunde zu leisten
verpflichtet ist (Art. 848
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 848 - Ist die Zugehörigkeit zu einer Genossenschaft mit einer Beamtung oder Anstellung verknüpft oder die Folge eines Vertragsverhältnisses, wie bei einer Versicherungsgenossenschaft, so fällt die Mitgliedschaft, sofern die Statuten es nicht anders ordnen, mit dem Aufhören der Beamtung oder Anstellung oder des Vertrages dahin.
OR). Der Coupon ist aber nicht Entgelt,
Gegenleistung, für die Zinszahlung oder umgekehrt, was sich auch darin zeigt,
dass der eingelöste Coupon in den Händen

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des Schuldners keinen Wert mehr darstellt und entkräftet oder zerstört wird
(VSA 2 337). Die Gegenleistung des Gläubigers für die Zinszahlung liegt
anderswo, nämlich darin, dass das Kapital der Obligation dem Schuldner während
der Dauer der Zinsperiode überlassen war.
Die Fundingobligationen werden den Anleihensgläubigern statt des Zinses
gegeben. Entweder hat man es mit einer Hingabe an Zahlungsstatt, also einem
blossen Surrogat der Zinszahlung, zu tun, oder aber mit einer Vereinbarung
zwischen Schuldner und Gläubiger, wodurch für drei Jahre der Inhalt der
Zinsforderung abgeändert wird. Dagegen kann nach der ganzen Sachlage nicht von
einem Kaufvertrag die Rede sein, bei dem der Gläubiger den Kaufpreis, das
Entgelt, für die Titel durch Verrechnung mit der Zinsforderung leisten würde.
Bei der Annahme einer Leistung an Zahlungsstatt oder einer Vertragsänderung im
angegebenen Sinn, ist die Hingabe der Fundingtitel lediglich eine besondere
Form, in der der Schuldner seine Zinszahlungspflicht erfüllt und den Coupon
einlöst. Die Gegenleistung des Gläubigers liegt hier, sowenig wie bei der
normalen Zinszahlung, in der Preisgabe der Zinsforderung oder der Aushändigung
des Coupons, sondern in der Überlassung des Kapitals während der Zinsperiode.
Auch bei dieser rechtlichen Betrachtung ist aber die Übertragung der
Fundingbonds nicht unentgeltlich. Wenn Art. 33 für die Umsatzabgabe verlangt,
dass das Rechtsgeschäft gegen «Entgelt» stattfinde, so ist der Gegensatz «ohne
Entgelt, unentgeltlich», und das Requisit der Entgeltlichkeit fehlt daher nur
bei einer Eigentumsübertragung an Wertpapieren, die den Charakter einer
Liberalität hat (VSA 6 197). Das Entgelt besteht im vorliegenden Fall freilich
nicht in einem Geldbetrag, sondern, wie erwähnt, in einer anderweitigen
Leistung, der Überlassung des geliehenen Kapitals jeweilen während der
Zinsperiode. Doch hat Art. 34, der bestimmt, dass der Abgabesatz vom Entgelt
zu berechnen ist, nicht die Bedeutung, dass nur eine Gegenleistung in Geld als
Entgelt in Betracht komme.

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Ist der Entgelt nicht in Geld ausgedrückt, so ist der Geldwert der Leistung zu
schätzen (AMSTUTZ und WYSS. Kommentar zum StG, Art. 34 II, und die dort
zitierten Entscheide). Im allgemeinen wird der Wert der Gegenleistung
demjenigen des übertragenen Titels entsprechen.
2.- Nach diesen Ausführungen ist hier der Tatbestand der Umsatzabgabe nach
Art. 33 I gegeben, auch was das Erfordernis der Entgeltlichkeit des Geschäftes
anlangt. Dass eine der Ausnahmen von Art. 33 III vorliege, wird nicht geltend
gemacht. Die eidgenössische Steuerverwaltung hat seinerzeit im Einverständnis
mit der Rekurrentin das Vorliegen einer Emission der Fundingbonds in der
Schweiz (wodurch die Emissionsabgabe nach Art. 30 begründet gewesen wäre)
verneint und das Bundesgericht hat keine Veranlassung, heute einen
abweichenden Standpunkt einzunehmen, nachdem tatsächlich die Emissionsabgabe
auf den Titeln nicht erhoben worden ist.
Nach der gesetzlichen Ordnung ist daher die Abgabe geschuldet. Die Gründe, die
der Rekurs hiegegen anführt, sind nicht geeignet, eine andere Lösung zu
rechtfertigen. Massgebend für die Abgabepflicht ist der klare Rechtssatz.
Gegen eine Anwendung des unzweideutigen Rechtssatzes kann man nicht die ratio
oder die Tendenzen des Gesetzes anrufen, zumal nicht in einer Materie, wie
derjenigen der Verkehrssteuern, in der auf formale Vorgänge abgestellt wird.
Es genügt, in dieser Beziehung auf die die eidgenössische Stempelabgaben
betreffenden Bemerkungen zu verweisen, die das Bundesgericht in BGE 61 I 289
gemacht hat. Auch die Couponabgabe auf den Coupons der Anleihensobligationen
schliesst die Umsatzabgabe auf den Fundingsbonds nicht aus, sobald die
gesetzlichen Voraussetzungen beider Abgaben vorliegen. Richtig ist gewiss,
dass die steuerliche Erfassung einer Transaktion, die dem Gläubiger als
Zinssurrogat tatsächlich aufgenötigt wird und für ihn ein erhebliches Opfer
bedeutet, nicht befriedigt. Doch ist immerhin zu beachten, dass die
Umsatzabgabe

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des Art. 33 dem Betrage nach eine sehr bescheidene Abgabe ist (Art. 34), die
für den Gläubiger kaum eine fühlbare Belastung darstellt...
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.