S. 285 / Nr. 42 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 61 I 285

42. Urteil vom 16. Juli 1935 i. S. Schweizerische
Rückversicherungs-Gesellschaft und Prudantia, A.-G. für Rück- und
Mitversicherung, in Liq. gegen eidg. Steuerverwaltung.


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Regeste:
Eidg. Stempelabgaben
1. Die Steuerbarkeit einer Urkunde oder eines Rechtsvorgangs wird bestimmt
durch den Rechtssatz, der die Besteuerung anordnet. Ob auch das
gesetzgeberische Motiv, das jenem Rechtssatz zugrunde liegt, im einzelnen
Falle zutrifft, ist unerheblich.
1. Die Emissionsabgabe auf Aktien verfällt bei Eintragung der Gründung einer
Aktiengesellschaft oder der Erhöhung des Aktienkapitals einer bestehenden
Aktiengesellschaft im Handelsregister.
Sie wird berechnet auf dem Betrage, zu dem die Titel vom ersten Erwerber
übernommen werden, also nach dem Werte der Gegenleistung, wenn diese in
Sachwerten (z. B. Aktien) besteht.
3. Bei Auflösung einer Aktiengesellschaft verfällt eine Couponabgabe auf dem
Liquidationsüberschuss, d. h. dem Betrage, um den das Ergebnis der Liquidation
das einbezahlte Aktienkapital übersteigt.
2. Emissions- und Couponabgabe bei Fusion zweier Aktiengesellschaften: Wird
die Fussion durchgeführt in der Form eines Austausches von neuen Aktien der
aufnehmenden gegen sämtliche Aktien der aufgehenden Gesellschaft, so wird
berechnet:
a) Die Emissionsabgabe für die Erhöhung des Aktienkapitals der übernehmenden
Gesellschaft auf dem Kurswert der zufolge Fusion entgegengenommenen Aktien der
aufgehenden Gesellschaft.
b) Die Couponabgabe bei Auflösung der aufgehenden Gesellschaft auf dem
Kurswert der ihren Aktionären zukommenden Aktien der aufnehmenden
Gesellschaft, soweit dieser Wert das einbezahlte Aktienkapital der aufgehenden
Gesellschaft übersteigt.

A. - Die Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft (SRG), mit einem
Grundkapital von nom. 50000000 Franken eingeteilt in 50000 mit 400 Fr.
einbezahlte Namenaktien von 1000 Fr. Nennwert, und die Prudentia, A.-G. für
Rück- und Mitversicherungen (Prudentia), mit einem Grundkapital von nom
12000000 Fr., eingeteilt in 8000 mit 500 Fr. einbezahlte Namenaktien von 1500
Fr. Nennwert, haben am 21. August 1934 miteinander folgenden Vertrag
abgeschlossen:

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1. Die SRG und die Prudentia vereinbaren, dass die Prudentia in der SRG
aufgehen soll.
Mit der Genehmigung des Fusions-Vertrages durch die Generalversammlungen der
beiden Gesellschaften tritt die Prudentia in Liquidation und bestellt ihren
Verwaltungsrat als Liquidations-Kommission mit der Vollmacht, nach erfolgter
gänzlicher Liquidationsabwicklung die Auflösung der Gesellschaft beim
Handelsregister anzumelden.
Durch die Fusion übernimmt die SRG das gesamte Vermögen der Prudentia mit
sämtlichen Aktiven und Passiven auf Grund der diesem Vertrag angehefteten
Bilanz der Prudentia per 31. Dezember 1933. Auch alle anderweitigen aus der
Bilanz nicht ersichtlichen Rechte und Verpflichtungen der Prudentia,
namentlich die aus den Rückversicherungs- und Retrozessions-Verträgen der
Prudentia erwachsenden Rechte und Verpflichtungen, gehen vom 1. Januar 1934 an
auf die SRG über die seit 1. Januar 1934 von der Prudentia abgeschlossenen
Geschäfte gehen somit auf Rechnung der SRG.
2. Die SRG erhöht ihr Grundkapital von 50 auf 58 Millionen Franken durch
Ausgabe von 8000 neuen auf Namen lautende Aktien im Nominalbetrag von je 1000
Fr., wovon 400 Fr. einbezahlt, versehen mit Dividendencoupons für das Jahr
1934 u. ff.
Die SRG übergibt der Liquidations-Kommission der Prudentia zu Handen ihrer
Aktionäre als Entgelt für die Vermögens- und Geschäfts-Übertragung die 8000
neuen Aktien der SRG. Die Liquidations-Kommission der Prudentia nimmt den
Umtausch dieser 8000 neuen Aktien gegen die 8000 Prudentia-Aktien in der Weise
vor, dass sie dem Aktionär für jede auf seinen Namen eingetragene
Prudentia-Aktie eine auf seinen Namen lautende neue Aktie der SRG aushändigt
gegen Rückgabe der Prudentia-Aktie und Ausstellung einer Obligation für den
nicht einbezahlten Teil der SRG-Aktie. Die Obligationen für den nicht
einbezahlten Teil der

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Prudentia-Aktien werden den Aktionären zurückgegeben und die Prudentia-Aktien
vernichtet.
3. Die Hingabe der neuen 8000 Aktien der SRG an die Liquidationskommission der
Prudentia und der Umtausch erfolgen, nachdem die Generalversammlung der
fusionierenden Gesellschaften den Fusionsvertrag genehmigt und die Beschlüsse
im Handelsregister eingetragen worden sind.
4. Der vorliegende Vertrag tritt in Kraft mit der im Handelsregister erfolgten
Eintragung der die Fusion genehmigenden Generalversammlungsbeschlüsse der
beiden Gesellschaften.
Die dem Vertrage beigeheftete Bilanz der Prudentia per 31. Dezember 1933 weist
an Aktiven den Betrag von 123329845 Fr. 78 Cts. (worunter 8000000 Fr.
«Obligationen der Aktionäre») und an Verbindlichkeiten 102076739 Fr. 75 Cts.
aus.
Am 21. August 1935 ist der Fusionsvertrag von den Generalversammlungen der
beiden Gesellschaften beschlossen worden. Die Prudentia trat in Liquidation,
die SRG erhöhte ihr Aktienkapital von 50 auf 58 Millionen Franken Nennwert
nach Massgabe des Fusionsvertrages.
Am 18. Dezember 1934 (SHAB, Nr. 306 vom 31. Dezember 1934, S. 3633 und 3634)
haben beide Gesellschaften die Beschlüsse vom 21. August 1934 im
Handelsregister eintragen lassen...
B. - Die eidgenössische Steuerverwaltung fordert:
1. Von der SRG eine Emissionsabgabe nach Art. 17 ff
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 17 Regel - 1 Abgabepflichtig ist der Effektenhändler.
1    Abgabepflichtig ist der Effektenhändler.
2    Er schuldet eine halbe Abgabe:
a  wenn er vermittelt: für jede Vertragspartei, die sich weder als registrierter Effektenhändler noch als von der Abgabe befreiter Anleger ausweist;
b  wenn er Vertragspartei ist: für sich selbst und die Gegenpartei, die sich weder als registrierter Effektenhändler noch als von der Abgabe befreiter Anleger ausweist.103
3    Der Effektenhändler gilt als Vermittler, wenn er
a  mit seinem Auftraggeber zu den Originalbedingungen des mit der Gegenpartei abgeschlossenen Geschäftes abrechnet;
b  lediglich Gelegenheit zum Geschäftsabschluss nachweist;
c  die Urkunden am Tage ihres Erwerbs weiterveräussert.
4    ...104
. StG von 352000 Fr.,
nämlich
1,8% von 2140 Fr. (Übernahmewert der
SRG-Aktie) ... Fr. 38.32
0.9% vom nicht einbezahlten Teil des
Nennwertes (600 Fr.) ... » 5.40
Aufrundung gemäss Art. 32
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 32 - 1 Die Steuerbehörden der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden und die ESTV124 unterstützen sich gegenseitig in der Erfüllung ihrer Aufgabe; sie haben sich kostenlos die zweckdienlichen Meldungen zu erstatten, die benötigten Auskünfte zu erteilen und in amtliche Akten Einsicht zu gewähren.
1    Die Steuerbehörden der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden und die ESTV124 unterstützen sich gegenseitig in der Erfüllung ihrer Aufgabe; sie haben sich kostenlos die zweckdienlichen Meldungen zu erstatten, die benötigten Auskünfte zu erteilen und in amtliche Akten Einsicht zu gewähren.
2    Die Verwaltungsbehörden des Bundes und die andern als die in Absatz 1 genannten Behörden der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden sind gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung auskunftspflichtig, sofern die verlangten Auskünfte für die Durchführung dieses Gesetzes von Bedeutung sein können. Eine Auskunft darf nur verweigert werden, soweit ihr wesentliche öffentliche Interessen, insbesondere die innere oder äussere Sicherheit des Bundes oder der Kantone entgegenstehen, oder die Auskunft die angegangene Behörde in der Durchführung ihrer Aufgabe wesentlich beeinträchtigen würde. Das Post-, Telefon- und Telegrafengeheimnis ist zu wahren.
3    Anstände über die Auskunftspflicht von Verwaltungsbehörden des Bundes entscheidet der Bundesrat, Anstände über die Auskunftspflicht von Behörden der
4    Die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen sind im Rahmen dieser Aufgaben gleich den Behörden zur Auskunft verpflichtet; Absatz 3 findet sinngemässe Anwendung.
, Abs. 5 StG . » 0.08
zusammen Fr. 44.--
pro Aktie.

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Es wurde angenommen, dass der massgebende Übernahmewert (Art. 23
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 23 - Die Abgabeforderung entsteht mit der Zahlung der Prämie.
, Abs. 2 StG)
dem Wert des übergehenden Unternehmens (Prudentia) entspreche und dieser Wert
im Kurs der Aktien der aufgehenden Gesellschaft seinen Ausdruck finde.
(Notierter Geldkurs der Prudentia-Aktie am 18. Dezember 1934 3100 Fr.,
abzüglich 1000 Fr. non-versé = 2100 Fr.; Geldkurs der SRG-Aktie am 18.
Dezember 1934 2740 Fr., abzüglich 600 Fr. non-versé = 2140 Fr.).
2. Von der Prudentia eine Couponabgabe gemäss Art. 5, Abs. 2 CG von 393600
Fr., nämlich 3% von 1640 Fr. = 49 Fr. 20 Cts. pro Titel. Die Verteilung von
8000 SRG-Aktien an die Aktionäre der Prudentia wurde als geldwerte Leistung im
Sinne der erwähnten Bestimmung angesehen. Deren Wert wurde bestimmt nach dem
Börsenkurs der SRG-Aktie abzüglich den auf die Prudentia-Aktie einbezahlten
Grundkapitalanteil (2140 - 500 Fr.).
Die eidgenössische Steuerverwaltung hat diese Abgabeforderungen in ihrem
Einspracheentscheid vom 21. März 1935 mit eingehender Begründung bestätigt.
C. - Beide Gesellschaften haben mit einer gemeinsamen, rechtzeitig
eingereichten Beschwerde die Aufhebung des Einspracheentscheides beantragt. Es
sei zu erkennen:
1. dass die SRG zur Entrichtung einer Emissionsabgabe nicht verpflichtet sei,
eventuell nur eine Abgabe von 14 Fr. 40 Cts. per Titel, im ganzen 115200 Fr.,
subeventuell 23 Fr. 40 Cts. per Titel, im ganzen 187200 Fr. zu bezahlen habe;
2. dass die Prudentia zur Entrichtung einer Couponabgabe nicht verpflichtet
sei...
D. - Die eidgenössische Steuerverwaltung hat Abweisung der Beschwerde
beantragt...
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Emissionsabgabe.
a) Die Beschwerdeführerinnen anerkennen ausdrücklich, dass bei der SRG der
formale Tatbestand einer

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Erhöhung des Aktienkapitals (Art. 18
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 18 Emissionsgeschäfte - 1 Der Effektenhändler gilt als Vertragspartei, wenn er die Urkunden bei ihrer Emission fest übernimmt.
1    Der Effektenhändler gilt als Vertragspartei, wenn er die Urkunden bei ihrer Emission fest übernimmt.
2    Übernimmt der Effektenhändler die Urkunden als Unterbeteiligter von einem andern Effektenhändler und gibt er sie während der Emission weiter, so ist er von dem auf ihn entfallenden Teil der Abgaben ausgenommen.
3    Der Effektenhändler gilt ferner als Vertragspartei, wenn er Ausweise über Unterbeteiligungen an Darlehensforderungen ausgibt.109
, Abs. 1 StG) erfüllt sei. Sie glauben
aber, ihr Fall, der durchaus eigenartig sei, rechtfertige eine
Ausnahmebehandlung, dies besonders im Hinblick auf den Sinn des Gesetzes, wie
er sich aus den Materialien dazu ergebe. Die Auffassung ist aber
offensichtlich unhaltbar.
Die Stempelabgaben sind Verkehrssteuern, bei denen Abgabepflicht und
Abgabeverfall an bestimmte, im Gesetze bezeichnete Vorgänge des Rechtsverkehrs
anknüpfen. Der Gedanke des Gesetzgebers ist allerdings, dass diesen
Verkehrsvorgängen aller Regel nach wirtschaftliche Tatbestände zugrunde
liegen, die einen Eingriff des Fiskus erlauben und rechtfertigen. Anlass und
Grund der Besteuerung, Steuerobjekt, ist aber nicht der wirtschaftliche
Tatbestand, sondern der vom Gesetz bezeichnete Verkehrsakt. Wenn die
Beschwerdeführerinnen, die das Vorliegen des gesetzlichen Tatbestandes
anerkennen, trotzdem einen Anspruch auf eine Ausnahmebehandlung aus den
Gesetzesmaterialien abzuleiten versuchen, so verkennen sie die Bedeutung von
Rechtssatz und gesetzgeberischem Motiv. Für die Besteuerung massgebend kann
nur der Rechtssatz sein und dieser stellt bei den Stempelabgaben auf formale
Tatbestände ab. Eine ausdehnende oder einschränkende Anwendung des Gesetzes
mit Rücksicht auf die ratio legis ist hier nur in beschränktem Masse zulässig;
sie kommt nicht in Frage, wo der Tatbestand im Gesetz bestimmt umschrieben
ist. Sie mag berechtigt sein, wo es sich um unklare Tatbestände handelt oder
um Umschreibungen, die zu widerspruchsvollen Ergebnissen zu führen scheinen
und aus diesem Grunde der Auslegung durch den Richter bedürfen, was aber
beides bei Art. 18
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 18 Emissionsgeschäfte - 1 Der Effektenhändler gilt als Vertragspartei, wenn er die Urkunden bei ihrer Emission fest übernimmt.
1    Der Effektenhändler gilt als Vertragspartei, wenn er die Urkunden bei ihrer Emission fest übernimmt.
2    Übernimmt der Effektenhändler die Urkunden als Unterbeteiligter von einem andern Effektenhändler und gibt er sie während der Emission weiter, so ist er von dem auf ihn entfallenden Teil der Abgaben ausgenommen.
3    Der Effektenhändler gilt ferner als Vertragspartei, wenn er Ausweise über Unterbeteiligungen an Darlehensforderungen ausgibt.109
, Abs. 1 StG nicht der Fall ist. Danach ist massgebender
Verkehrsvorgang die Eintragung der Gründung einer Aktiengesellschaft oder der
Erhöhung des Aktienkapitals im Handelsregister. Eine Kapitalerhöhung hat bei
der SRG stattgefunden und ist im Handelsregister eingetragen worden. Die
Abgabepflicht ist damit gegeben und eine Erörterung darüber, ob auch die

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ratio legis zutreffe, nach dem Gesagten nicht erforderlich. Es mag aber
immerhin darauf hingewiesen werden, dass sich die Beschwerdeführerinnen
täuschen, wenn sie glauben ihr Fall sei im Hinblick auf das gesetzgeberische
Motiv, das zur Rechtfertigung der eidgenössischen Emissionsabgabe angerufen
wurde, eine Besonderheit. Denn jedenfalls ist das gegeben, was unter «Bildung
neuen Kollektivkapitals», «Erhöhung der Geschäftskapazität» und ähnlichem
verstanden wird. Die SRG hat ihr statutarisches Grundkapital vermehrt, ihr
eigenes Geschäft damit erweitert, um Risiken übernehmen zu können, die sie
bisher einer andern Unternehmung überlassen hatte. Ausführungen über
«Mehrwerterwerb» und ähnliches sodann weisen auf eine Betrachtungsweise vom
Standpunkt desjenigen hin, der die Mittel zur Verfügung stellt, des Aktionärs,
der die neuen Kapitaltitel erwirbt, der neue Anlagemöglichkeiten ausnützt, die
ihm Gewinn bringen oder auf bisherigen Anlagen drohende Verluste abwenden
sollen. Gerade hierum hat es sich aber bei der Verschmelzung der beiden
Gesellschaften gehandelt, um eine Anpassung an die durch den Rückgang des
Versicherungsgeschäftes, durch den Verfall der Wechselkurse verschiedener
Länder und auch durch Änderung der Steuergesetzgebung in den Vereinigten
Staaten von Amerika geschaffene Lage. - Unzutreffend ist auch die Behauptung
der Beschwerdeführerin, es sei trotz der Verschmelzung alles beim alten
geblieben; denn es wurde eine Hilfsgesellschaft der SRG, deren sich die SRG
aus durchaus realen geschäftlichen Rücksichten bedient hatte, aufgelöst, weil
die Lage des Geschäftes dies erforderte oder wenigstens als wünschbar
erscheinen liess, nämlich aus dem Bestreben, die Muttergesellschaft zu stärken
und einer Besteuerung auszuweichen, die man ohne diese Änderung hätte
gewärtigen müssen. Es wäre deshalb auch sachlich unrichtig, den Fall der
Beschwerdeführerin inbezug auf die Emissionsabgabe als einen besonderen, einer
ausnahmsweisen Behandlung bedürftigen anzusehen.

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b) Unhaltbar sind sodann die Einwendungen gegen die Abgabeberechnung.
Massgebend ist nach Art. 23
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 23 - Die Abgabeforderung entsteht mit der Zahlung der Prämie.
, Abs. 2 StG der Betrag, zu dem die Titel von den
ersten Erwerbern übernommen werden. Übernommen wurden die SRG-Aktien gegen
Prudentia-Aktien, sodass nur deren Wert für die Abgabeberechnung in Frage
kommen kann. Dieser Wert entsprach, da nach den eigenen Erklärungen der
Beschwerdeführerinnen Prudentia-Aktien und SRG-Aktien gleich viel wert waren,
dem Kurswert der SRG-Aktien abzüglich non-versé. Dafür dass der Kurswert der
Aktien damals durch unsachliche, spekulative Einflüsse künstlich überhöht
gewesen wäre und deshalb nicht als Ausdruck des wirklichen Sachwertes in Frage
kommen könnte, liegt nichts vor. Die Ausführungen der Beschwerdeführerinnen
über die Kursgestaltung im allgemeinen beweisen in dieser Beziehung nichts. Im
übrigen ist die arithmetische Berechnung der Verwaltung auf dieser Grundlage
nicht angefochten werden.
Nicht in Frage kommen kann, nach der Vorschrift des Gesetzes, der Nennwert
oder der auf die Prudentia-Aktie einbezahlte Betrag, aber auch nicht eine
Berechnung, die nicht auf die wirklichen Verhältnisse abstellt, sondern auf
Möglichkeiten, die auf der Voraussetzung einer tatsächlich nicht
vorgenommenen, vorgängigen Entwertung des Geschäftsbetriebes der Prudentia
beruhen. Die beiden Eventualanträge der Beschwerde sind unvereinbar mit der
Ordnung des Gesetzes.
2. Couponabgabe.
a) Nach Art. 5, Abs. 2 CG unterliegen der Stempelabgabe auf Coupons Urkunden
über solche geldwerte Leistungen der Aktiengesellschaft an die Inhaber
gesellschaftlicher Beteiligungsrechte, die sich nicht als Rückzahlung der im
Zeitpunkt der Leistung bestehenden dividendenberechtigten Anteile am
einbezahlten Grund- und Stammkapital darstellen. Hiebei werden
Liquidationsüberschüsse als Beispiel aufgeführt.
Die A.-G. Prudentia hat sich aufgelöst, nachdem sie

Seite: 292
ihr Vermögen zwar nicht versilbert, aber durch Übertragung an eine andere, die
ihr nahe stehende Rückversicherungsgesellschaft verwertet hatte. Das Ergebnis
dieser Verwertung, bestehend in 8000, mit 400 Fr. einbezahlten Aktien im
Nominalwert von 1000 Fr. der übernehmenden Gesellschaft, wurde unter die
Aktionäre nach Massgabe ihrer Beteiligung verteilt, dies gemäss Beschluss der
Generalversammlung der Prudentia vom 21. August 1934, durch den der
Fusionsvertrag genehmigt und die Auflösung beschlossen worden war. Die
Prudentia hat somit gegen Auslieferung ihres Vermögens mit Aktiven und
Passiven (Liquidation) ihren Aktionären eine geldwerte Leistung (die
SRG-Aktie) verschafft. Die Leistung erfolgte auf Grund der Beteiligung, nach
Massgabe und gegen Ablieferung der Prudentia-Aktie, als der Urkunde über die
Anteilsberechtigung. Diese Leistung der Prudentia an ihre Aktionäre unterliegt
nach Art. 5, Abs. 2 CG der Stempelabgabe auf Coupons, soweit sie einen
Liquidationsüberschuss, nämlich nicht eine Rückzahlung des
dividendenberechtigten Anteils am Grundkapital bedeutet. Daraus folgt ohne
weiteres die Richtigkeit der angeordneten Besteuerung sowohl im Grundsatz als
auch im Mass.
Die Einwendungen, die die Beschwerdeführerinnen gegen die Besteuerung erheben,
beruhen auf unklaren Vorstellungen über die Bedeutung und Tragweite der
Gesetzesvorschrift.
Wenn sie sich zunächst darauf berufen, dass aus einzelnen Ausführungen in den
Materialien zum Gesetz und aus der Gesetzesvorschrift selbst zu entnehmen sei,
Gegenstand der Couponabgabe sei der «Wertpapierertrag», «Gewinnverteilung»,
«Einkommen», es handle sich um eine «Kapitalertragssteuer», so bedarf es
lediglich der Verständigung darüber, was unter diesen Ausdrücken verstanden
werden soll. Gewinn ist der Liquidationsüberschuss im Verhältnis von
Aktiengesellschaft und Aktionär, auf das es bei der Couponabgabe allein
ankommt. Er ist Gewinn, insofern er einen Überschuss über die vom

Seite: 293
Gesellschafter geleistete Einzahlung auf das statutarische Kapitel darstellt.
Wenn demnach die Prudentia-Aktionäre bei der Auflösung ihrer Gesellschaft eine
Leistung erhalten, deren Wert das einbezahlte Aktienkapital übersteigt, so
haben sie im Sinne des CG einen Gewinn gemacht, Einkommen erzielt. Sie haben
mehr aus ihrem Anteil an der Gesellschaft bezogen, als sie oder ihre
Rechtsvorgänger darauf einbezahlt haben. Das Einkommen braucht nicht eine
Bargeldeinnahme zu sein. Das Gesetz spricht von geldwerten Leistungen und
erfasst damit ausdrücklich auch Sachwertleistungen. Eine andere Regelung
liesse sich auch kaum rechtfertigen.
Davon, dass diese Gewinne für den Aktionär einen Mehrwert über seinen
bisherigen Besitz darstellen sollen, ist, wie im Einspracheentscheid
zutreffend ausgeführt wurde, nicht die Rede. Der Aktionär kann ja aus der
Gesellschaft überhaupt keinen Wert beziehen, an dem er nicht schon bisher als
Gesellschafter wirtschaftlich Anteil hatte. Gewinn ist die Leistung nur
insofern, als die betreffenden Werte nunmehr aus dem Vermögen der Gesellschaft
ausscheiden, dem Aktionär zur Verfügung gestellt werden. Unerheblich ist, ob
die zur Verteilung bestimmten Werte den Aktiven des Gesellschaftsvermögens
unmittelbar entnommen werden können, oder zum Zwecke der Verteilung zunächst
erworben werden gegen Hingabe (Versilberung oder Abtausch) eines Teiles oder,
wie hier, des ganzen Vermögens. Der für die Erhebung der Couponabgabe
massgebende Verkehrsvorgang ist in allen Fällen die Verteilung an die
Aktionäre. Diese beruhte auf einem Beschluss der Generalversammlung der
Prudentia, an den die Aktionäre gebunden waren, da er unangefochten geblieben
war. Einer weiteren Willenserklärung der Aktionäre brauchte es nicht. Der
Rechtsvorgang ist in dieser Beziehung nicht verschieden von andern, der
Couponabgabe unterliegenden Gewinnverteilungen. Es handelt sich auch nicht,
wie die Beschwerdeführerinnen behaupten, entgegen andern
couponabgabepflichtigen

Seite: 294
Tatbeständen, um gegenseitige Leistungen. Dass die Ausstellung einer
Obligation für das non-versé der neuen SRG-Aktien nicht als Gegenleistung für
die Hingabe dieser Aktien in Frage kommen kann, bedarf kaum der Begründung;
sie ist ja keine Verpflichtung gegenüber der Prudentia, sondern gegenüber der
SRG und zwar eine Verpflichtung, welche mit der empfangenen Sachleistung als
Belastung verbunden war. Die Prudentia-Aktien werden eingezogen, weil mit der
Verteilung des Liquidationsergebnisses der Untergang aller Ansprüche aus der
Aktie verbunden ist, die Aktien somit erledigt sind. Eine Gegenleistung
bedeutet ihre Aushändigung an die Liquidationskommission nicht. Diese Aktie
ist sodann, wie oben festgestellt wurde, die in Art. 5, Abs. 2 CG erwähnte
Bezugsurkunde. Die Behauptung der Beschwerde, es fehle an einer Bezugsurkunde,
ist unzutreffend.
Der wahre Inhalt des Geschäftes ist darin zu erblicken, dass die Prudentia
fusionierte, dass mit dieser Fusion die Liquidation verbunden war und dass die
Aktionäre der Prudentia als Liquidationsergebnis der Prudentia von dieser
Sachwerte in Form von SRG-Aktien erhielten. Ob der nämliche wirtschaftliche
Erfolg auch auf anderem Wege hätte erreicht werden können und ob sich die
Frage der Couponsteuerpflicht oder die Abgabeberechnung in diesem Falle anders
gestaltet hätten, ist nicht zu erörtern.
b) Unbegründet sind auch die Ausführungen über die Abgabeberechnung. Sie gehen
über die Vorschrift des Gesetzes, wonach geldwerte Leistungen der Abgabe
unterliegen, soweit sie ihrem Werte nach nicht Rückerstattung des einbezahlten
Aktienkapitals darstellen, also das einbezahlte Grundkapital übersteigen,
einfach hinweg. Ist die der Couponabgabe unterliegende geldwerte Leistung ein
kursfähiges Wertpapier, so dient der Börsenkurs als Massstab für die
Couponabgabe. Es ist also richtig, dass der Abgabeberechnung der Wert der
Sachleistung, der SRG-Aktie zugrunde gelegt wurde und davon der auf die
Prudentia-Aktie einbezahlte Betrag nach Vorschrift des

Seite: 295
Gesetzes abgezogen wurde. Ein Widerspruch zu der Berechnung der
Emissionsabgabe ergibt sich dabei nicht, da es sich um die Beurteilung
verschiedener Tatbestände handelt, im einen Falle um die Verteilung des
Liquidationsergebnisses der Prudentia an die Prudentia-Aktionäre, im andern
Falle um die Ausgabe neuer SRG-Aktien gegen Übertragung des Gesamtvermögens
der Prudentia mit Aktiven und Passiven an die SRG. Die Abgabeberechnung ist im
übrigen, abgesehen von den grundsätzlichen Einwendungen, deren Unbegründetheit
dargelegt wurde, im einzelnen nicht bemängelt worden.
Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerden werden abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 61 I 285
Datum : 01. Januar 1935
Publiziert : 16. Juli 1935
Quelle : Bundesgericht
Status : 61 I 285
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Eidg. Stempelabgaben1. Die Steuerbarkeit einer Urkunde oder eines Rechtsvorgangs wird bestimmt...


Gesetzesregister
StG: 17 
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 17 Regel - 1 Abgabepflichtig ist der Effektenhändler.
1    Abgabepflichtig ist der Effektenhändler.
2    Er schuldet eine halbe Abgabe:
a  wenn er vermittelt: für jede Vertragspartei, die sich weder als registrierter Effektenhändler noch als von der Abgabe befreiter Anleger ausweist;
b  wenn er Vertragspartei ist: für sich selbst und die Gegenpartei, die sich weder als registrierter Effektenhändler noch als von der Abgabe befreiter Anleger ausweist.103
3    Der Effektenhändler gilt als Vermittler, wenn er
a  mit seinem Auftraggeber zu den Originalbedingungen des mit der Gegenpartei abgeschlossenen Geschäftes abrechnet;
b  lediglich Gelegenheit zum Geschäftsabschluss nachweist;
c  die Urkunden am Tage ihres Erwerbs weiterveräussert.
4    ...104
18 
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 18 Emissionsgeschäfte - 1 Der Effektenhändler gilt als Vertragspartei, wenn er die Urkunden bei ihrer Emission fest übernimmt.
1    Der Effektenhändler gilt als Vertragspartei, wenn er die Urkunden bei ihrer Emission fest übernimmt.
2    Übernimmt der Effektenhändler die Urkunden als Unterbeteiligter von einem andern Effektenhändler und gibt er sie während der Emission weiter, so ist er von dem auf ihn entfallenden Teil der Abgaben ausgenommen.
3    Der Effektenhändler gilt ferner als Vertragspartei, wenn er Ausweise über Unterbeteiligungen an Darlehensforderungen ausgibt.109
23 
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 23 - Die Abgabeforderung entsteht mit der Zahlung der Prämie.
32
SR 641.10 Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG)
StG Art. 32 - 1 Die Steuerbehörden der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden und die ESTV124 unterstützen sich gegenseitig in der Erfüllung ihrer Aufgabe; sie haben sich kostenlos die zweckdienlichen Meldungen zu erstatten, die benötigten Auskünfte zu erteilen und in amtliche Akten Einsicht zu gewähren.
1    Die Steuerbehörden der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden und die ESTV124 unterstützen sich gegenseitig in der Erfüllung ihrer Aufgabe; sie haben sich kostenlos die zweckdienlichen Meldungen zu erstatten, die benötigten Auskünfte zu erteilen und in amtliche Akten Einsicht zu gewähren.
2    Die Verwaltungsbehörden des Bundes und die andern als die in Absatz 1 genannten Behörden der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden sind gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung auskunftspflichtig, sofern die verlangten Auskünfte für die Durchführung dieses Gesetzes von Bedeutung sein können. Eine Auskunft darf nur verweigert werden, soweit ihr wesentliche öffentliche Interessen, insbesondere die innere oder äussere Sicherheit des Bundes oder der Kantone entgegenstehen, oder die Auskunft die angegangene Behörde in der Durchführung ihrer Aufgabe wesentlich beeinträchtigen würde. Das Post-, Telefon- und Telegrafengeheimnis ist zu wahren.
3    Anstände über die Auskunftspflicht von Verwaltungsbehörden des Bundes entscheidet der Bundesrat, Anstände über die Auskunftspflicht von Behörden der
4    Die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen sind im Rahmen dieser Aufgaben gleich den Behörden zur Auskunft verpflichtet; Absatz 3 findet sinngemässe Anwendung.
BGE Register
61-I-285
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
srg • wert • couponabgabe • aktienkapital • aktiengesellschaft • frage • geldwerte leistung • stempelabgabe • kurswert • gegenleistung • einspracheentscheid • einwendung • richtigkeit • nominalwert • aufhebung • unternehmung • mass • weiler • coupon • bundesgericht
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