S. 361 / Nr. 81 Prozessrecht (d)

BGE 61 II 361

81. Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Dezember 1935 i. S. Hufschmid gegen
Bürke.

Regeste:
Revision eines bundesgerichtlichen Zivilurteils.
Blutgruppenbestimmung ist kein zur Revision eines Vaterschaftsurteils
taugliches Beweismittel im Sinne von Art. 192 Ziff. 2 BZP. Worin besteht
dieser Revisionsgrund?
Wie verhält sich Art. 193 zu Art. 194 BZP?

Der durch Urteil des Bundesgerichts vom 16. September 1926 zu
Vaterschaftsleistungen verpflichtete Gesuchsteller verlangt mit Eingabe vom
3./4. Dezember 1935 die Aufhebung jenes Urteils wegen Vorliegens eines
Revisionsgrundes und die Abweisung der Vaterschaftsklage. Er beruft sich auf
den in Art. 192 Ziff. 2 BZP vorgesehenen Revisionsgrund («wenn der Impetrant
entschiedene Beweismittel auffindet, deren Beibringung ihm in frühern
Verfahren unmöglich gewesen war») und nennt als Beweismittel die Vornahme
einer Blutuntersuchung zur Feststellung erheblicher Zweifel an seiner
Vaterschaft. Diese Massnahme sei als aufgefundenes Beweismittel im Sinne der
erwähnten Bestimmung anzusehen, weil sie erst von der neuesten Rechtsprechung
des Bundesgerichts als Beweismittel anerkannt werde. Davon habe der
Revisionskläger durch einen Zeitungsbericht vom 7. September 1935 erfahren,
die Frist von drei Monaten zur Einreichung des Revisionsgesuches gemäss Art.
193 BZP sei somit gewahrt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Revision eines bundesgerichtlichen Zivilurteils kann in den in Art. 192
Ziff. 1 und 2 BZP vorgesehenen Fällen nach Vorschrift von Art. 194 ebenda nur
binnen fünf Jahren

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seit der Ausfällung des Urteils verlangt werden. Diese Frist war bei der
Einreichung des vorliegenden Gesuches längst abgelaufen. Das Gesuch ist daher
nicht mehr zulässig. Die Frist des Art. 193 stünde dem Revisionskläger nur
dann zur Verfügung, wenn sie innerhalb jener andern Frist läge, die eben das
Recht, den in Frage stehenden Revisionsgrund anzurufen, ohne Rücksicht auf den
Zeitpunkt des «Auffindens» begrenzt.
Im übrigen wäre das Gesuch auch deshalb uneinlässlich abzulehnen, weil der als
Revisionsgrund vorgebrachte Sachverhalt den Tatbestand der angerufenen
Revisionsbestimmung von Art. 192 Ziff. 2 BZP nicht erfüllt. Was mit der
anbegehrten Blutuntersuchung bewiesen werden will, nämlich eine die
Vaterschaft des Gesuchstellers ausschliessende Blutgruppenzugehörigkeit, war
im Vaterschaftsstreit nicht als Tatsache behauptet worden; für die Revision
kommen aber nur Beweismittel zur Erwahrung von Tatsachen in Frage, die im
früheren Rechtsstreit bereits vorgebracht worden waren; es können nicht auch
neue Tateschen als solche neuen Beweismitteln gleichgeachtet werden (BGE 31 II
806
f., 39 II 441 f.). Dass sich die Anschauungen über den Beweiswert einer
Blutgruppenbestimmung geändert haben, stellt keinen Revisionsgrund dar. Art.
192 Ziff. 2 BZP will einer durch rechtskräftiges Urteil beschwerten Partei
nicht die Vorteile einer Änderung der Rechtsprechung zugute kommen lassen,
sondern nur die nachträgliche Geltendmachung von Beweismitteln ermöglichen,
die im früheren Rechtsstreit bereits als solche anerkannt waren und bloss
deshalb nicht angerufen oder zur Geltung gebracht werden konnten, weil man um
ihr Vorhandensein nicht wusste oder sie nicht beizubringen vermochte.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf das Revisionsbegehren wird nicht eingetreten.