S. 189 / Nr. 47 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 56 III 189

47. Entscheid vom 29. Oktober 1930 i. S. Ofenfabrik Sursee.

Regeste:
Eine Aktiengesellschaft, über die das Konkursverfahren eröffnet, mangels (zur
Kostendeckung genügender) Aktiven eingestellt und hernach mangels
Sicherheitsleistung geschlossen worden ist, kann nicht mehr betrieben werden.
Ne peut plus être poursuivie la société anonyme déclarée en faillite, dont la
liquidation a été suspendue pour cause d'insuffisance des biens (pour couvrir
les frais), puis clôturée faute de sûretés.
Non può essere escussa la società anonima dichiarata in fallimento, la cui
liquidazione fu sospesa per insufficienza di beni (per coprire le spese), poi
chiusa per mancanza di garanzie.


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Am 24. Juni 1930 wurde über die Aktiengesellschaft Ryllo der Konkurs eröffnet.
Da laut dem Konkursinventar an Aktiven nur Fahrnisgegenstände und Guthaben im
Schätzungswerte von 1034 Fr. 20 Cts. bezw. 100 Fr. vorhanden waren und an
ersteren das Retentionsrecht für Mietzins im Betrage von 3300 Fr. beansprucht
wurde, verfügte der Konkursrichter am 26. Juni die Einstellung des
Konkursverfahrens. Die öffentliche Bekanntmachung der Einstellung mit der
Anzeige, dass, falls nicht binnen zehn Tagen ein Gläubiger die Durchführung
des Konkursverfahrens begehre und für die Kosten hinreichende Sicherheit
leiste, das Verfahren geschlossen werde, blieb erfolglos.
Auf Begehren der Rekurrentin stellte das Betreibungsamt Bern-Land der Ryllo
A.-G. am 12. August einen Zahlungsbefehl (Nr. 30747) und, nach Unterbleiben
des Rechtsvorschlages, am 6. September die Pfändungsankündigung zu.
Am 15. September führte «der frühere Geschäftsführer der Ryllo A.-G.»
Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung der Pfändungsankündigung, den er damit
begründete, dass zufolge Löschung im Handelsregister die Aktiengesellschaft
Ryllo nicht mehr als Rechtssubjekt bestehe.
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 26. September 1930 die Beschwerde
zugesprochen und die Betreibung Nr. 30747 als nichtig aufgehoben.
Diesen Entscheid hat die Rekurrentin an das Bundesgericht weitergezogen mit
dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde und Anordnung des Pfändungsvollzuges.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Schon in BGE 53 III S. 187 ist ausgesprochen worden, dass eine
Aktiengesellschaft, über die das Konkursverfahren eröffnet, mangels Aktiven
eingestellt und hernach mangels Sicherheitsleistung für die Verfahrenskosten
geschlossen worden ist, nicht als Rechtssubjekt weiter

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besteht und daher auch nicht der Zwangsvollstreckung durch Pfändung
unterliegt. Hieran ist festzuhalten, und zwar namentlich auch in dem hier
zutreffenden, damals bereits ins Auge gefassten Falle, dass etwelche Aktiven
vorhanden sind, die aber voraussichtlich nicht einmal zur Deckung der Kosten
des summarischen Konkursverfahrens hinreichen, sei es nicht verpfändete
Aktiven, sei es dass unversicherte Gläubiger das Bestehen von behaupteten
Pfandrechten bestreiten wollen. Wie bereits damals ausgeführt und vom Gesetz
eindeutig bestimmt worden ist (SchKG Art. 230: «das Verfahren geschlossen
werde»), zieht die Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven beim
Ausbleiben der Sicherheitsleistung für die Verfahrenskosten nicht den
Widerruf, sondern vielmehr den Schluss des Konkursverfahrens nach sich. Somit
bleibt es bei der gemäss Art. 176
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 176 - 1 Das Gericht teilt dem Betreibungs-, dem Konkurs-, dem Handelsregister- und dem Grundbuchamt unverzüglich mit:
1    Das Gericht teilt dem Betreibungs-, dem Konkurs-, dem Handelsregister- und dem Grundbuchamt unverzüglich mit:
1  die Konkurseröffnung;
2  den Widerruf des Konkurses;
3  den Schluss des Konkurses;
4  Verfügungen, in denen es einem Rechtsmittel aufschiebende Wirkung erteilt;
5  vorsorgliche Anordnungen.
2    Der Konkurs ist spätestens zwei Tage nach Eröffnung im Grundbuch anzumerken.346
SchKG und 28 der Handelsregisterverordnung
im Anschluss an das Konkurserkenntnis vorgenommenen Löschung der
Aktiengesellschaft im Handelsregister. Die infolge Konkurses im
Handelsregister gelöschte Aktiengesellschaft aber wird nur noch insofern und
für solange aufrechterhalten, als es zur Abwickelung der Liquidation ihres
Vermögens auf dem Wege des Konkursverfahrens notwendig ist. Sowohl für als
gegen sie kann nun nurmehr in der Weise vorgegangen werden, wie es die
Bestimmungen über das ordentliche oder das summarische Konkursverfahren - mit
Einschluss des Art. 269
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 269 - 1 Werden nach Schluss des Konkursverfahrens Vermögensstücke entdeckt, welche zur Masse gehörten, aber nicht zu derselben gezogen wurden, so nimmt das Konkursamt dieselben in Besitz und besorgt ohne weitere Förmlichkeit die Verwertung und die Verteilung des Erlöses an die zu Verlust gekommenen Gläubiger nach deren Rangordnung.
1    Werden nach Schluss des Konkursverfahrens Vermögensstücke entdeckt, welche zur Masse gehörten, aber nicht zu derselben gezogen wurden, so nimmt das Konkursamt dieselben in Besitz und besorgt ohne weitere Förmlichkeit die Verwertung und die Verteilung des Erlöses an die zu Verlust gekommenen Gläubiger nach deren Rangordnung.
2    Auf gleiche Weise verfährt das Konkursamt mit hinterlegten Beträgen, die frei werden oder nach zehn Jahren nicht bezogen worden sind.467
3    Handelt es sich um einen zweifelhaften Rechtsanspruch, so bringt das Konkursamt den Fall durch öffentliche Bekanntmachung oder briefliche Mitteilung zur Kenntnis der Konkursgläubiger, und es finden die Bestimmungen des Artikels 260 entsprechende Anwendung.
SchKG über nachträglich entdeckte Vermögensstücke -
oder über die Verwertung verpfändeter Grundstücke und analog anderer
verpfändeter oder retinierter Vermögensstücke (vgl. BGE 53 III S. 191)
zugunsten der Pfandgläubiger nach erfolgter Einstellung des Konkursverfahrens
mangels Aktiven (Art. 134 der Verordnung über die Zwangsverwertung von
Grundstücken) vorsehen. Gerade die letztere Vorschrift hat nur deshalb
aufgestellt werden können und müssen, weil die infolge Konkurses im
Handelsregister gelöschte Aktiengesellschaft nur noch zu Konkurszwecken
weiterbesteht

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und nach Schluss des Konkursverfahrens als Rechtssubjekt gänzlich verschwindet
und somit überhaupt nicht mehr betrieben werden kann, von den Pfandgläubigern
ebensowenig wie von den gewöhnlichen Gläubigern; denn andernfalls hätte es
dieser Vorschrift nicht bedurft, die eine Ausnahme von der Einstellung des
Konkursverfahrens vorsieht (vgl. BGE 56 III S. 120). Dass die Rekurrentin
demgegenüber ihre Pfändungsbetreibung nicht auf Art. 40
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 40 - 1 Die Personen, welche im Handelsregister eingetragen waren, unterliegen, nachdem die Streichung durch das Schweizerische Handelsamtsblatt bekanntgemacht worden ist, noch während sechs Monaten der Konkursbetreibung.
1    Die Personen, welche im Handelsregister eingetragen waren, unterliegen, nachdem die Streichung durch das Schweizerische Handelsamtsblatt bekanntgemacht worden ist, noch während sechs Monaten der Konkursbetreibung.
2    Stellt der Gläubiger vor Ablauf dieser Frist das Fortsetzungsbegehren oder verlangt er den Erlass eines Zahlungsbefehls für die Wechselbetreibung, so wird die Betreibung auf dem Weg des Konkurses fortgesetzt.72
SchKG stützen kann,
wonach die Personen, welche im Handelsregister eingetragen waren, noch während
sechs Monaten, nachdem die Streichung durch das Handelsamtsblatt bekannt
gemacht worden ist, der Konkursbetreibung unterliegen, versteht sich von
selbst (vgl. BGE 53 III S. 190). Sodann ist unerfindlich, an wen nach
erfolgter Löschung einer Aktiengesellschaft die für sie bestimmten
Betreibungsurkunden wirksam zugestellt werden könnten. Aus allem folgt, dass,
wenn das Konkursverfahren eingestellt wird, weil die nicht pfandbelasteten
Vermögensstücke einer Aktiengesellschaft voraussichtlich zur Deckung der
Kosten des summarischen Konkursverfahrens nicht hinreichen und sich kein
Gläubiger findet, der dafür Sicherheit leistet, jenes Vermögen der
Zwangsvollstreckung entzogen bleibt und gemäss Art, 57 ZGB dem Gemeinwesen,
anheimfällt. Entsprechendes gilt für Vermögensstücke, bezüglich welcher ein
Gläubiger sich Pfandrechte anmasst, ohne die Durchführung der Liquidation zu
verlangen, aber auch wenn er die Durchführung der Liquidation verlangt, jedoch
das behauptete Pfandrecht nicht anerkannt werden sollte (es wäre denn, dass
hierin je nach den Umständen die Entdeckung von Masse-Vermögensstücken nach
Schluss des Konkursverfahrens im Sinne des Art. 269
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 269 - 1 Werden nach Schluss des Konkursverfahrens Vermögensstücke entdeckt, welche zur Masse gehörten, aber nicht zu derselben gezogen wurden, so nimmt das Konkursamt dieselben in Besitz und besorgt ohne weitere Förmlichkeit die Verwertung und die Verteilung des Erlöses an die zu Verlust gekommenen Gläubiger nach deren Rangordnung.
1    Werden nach Schluss des Konkursverfahrens Vermögensstücke entdeckt, welche zur Masse gehörten, aber nicht zu derselben gezogen wurden, so nimmt das Konkursamt dieselben in Besitz und besorgt ohne weitere Förmlichkeit die Verwertung und die Verteilung des Erlöses an die zu Verlust gekommenen Gläubiger nach deren Rangordnung.
2    Auf gleiche Weise verfährt das Konkursamt mit hinterlegten Beträgen, die frei werden oder nach zehn Jahren nicht bezogen worden sind.467
3    Handelt es sich um einen zweifelhaften Rechtsanspruch, so bringt das Konkursamt den Fall durch öffentliche Bekanntmachung oder briefliche Mitteilung zur Kenntnis der Konkursgläubiger, und es finden die Bestimmungen des Artikels 260 entsprechende Anwendung.
SchKG gesehen werden
könnte, wofür aber hier nichts vorliegt). Im einen wie im anderen Fall ist es
den übrigen Gläubigern versagt, für ihre Forderungen Zwangsvollstreckung zu
beanspruchen, sei es in das unbestritten pfandfreie Vermögen der
schuldnerischen Aktiengesellschaft, sei es in solche

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Vermögensstücke, an welchen Pfand- oder Retentionsrechte Dritter geltend
gemacht werden, die sie bestreiten möchten. Ihnen hiefür die
Pfändungsbetreibung zur Verfügung zu stellen, erweist sich nicht nur als
rechtlich unmöglich, sondern wird auch nicht von der Billigkeit verlangt,
nachdem sie keinen Gebrauch gemacht haben von dem ihnen zu Gebote stehenden
Rechtsbehelf, für die Kosten des summarischen Konkursverfahrens Sicherheit zu
leisten, in welchem sie das beanspruchte Pfand- oder Retentionsrecht hätten
bestreiten können. Wenn die Rekurrentin nun einen Nachteil erleidet, weil sie
die hiefür gesetzte Frist verstreichen liess, ohne sich um die
Rechtsgrundlagen des behaupteten Retentionsrechtes zu kümmern, so hat sie sich
dies selbst zuzuschreiben.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: Der Rekurs wird
abgewiesen.