S. 15 / Nr. 5 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 54 III 15

5. Entscheid vom 7. Februar 1928 i.S. Spar- und Leihkasse in Bern und
Konsorten.


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Regeste:
Gegen die Aufnahme von Gegenständen in das Konkursinventar können Dritte nicht
Beschwerde führen (Erw. 2).
Kommt in Frage, dass das Pfandrecht der Grundpfandgläubiger an der
Grundstückszugehör auf eine Sache sich erstrecke, welche einem Dritten gehör
t, so darf die Konkursverwaltung die Sache nicht an den Eigentümer
herausgeben, bezw. erst nach rechtskräftiger Verneinung des Pfandrechtes im
Kollokationsverfahren (Erw. 3).
Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken, Art. 41 Abs. 2, 57, 130
entgegen Konkursverordnung Art. 53).
Les tiers n'ont pas qualité pour porter plainte contre l'inscription de tel ou
tel objet dans l'inventaire de la faillite (consid. 2).
Lorsque la question se pose de savoir si le droit de gage immobilier grevant
les accessoires d'un immeuble porte sur un objet appartenant à un tiers,
l'administration de la faillite n'a pas le droit de remettre ledit objet au
propriétaire, ou du moins pas avant que le droit de gage n'ait été
définitivement déclaré nul dans la procédure de collocation (consid. 3).
Ord. réalis. forcée imm. art. 41 al. 2, 57 et 130; contra ord. administr. off.
de f. art. 53.
Un terzo non ha qualità per lagnarsi dell'iscrizione di un bene
nell'inventario del fallimento (consid. 2).
Ove sia litigioso, se il diritto di pegno immobiliare sugli accessori porti
sopra un oggetto spettante ad un terzo, l'ufficio non può consegnare
quell'oggetto al terzo rivendicante prima che il diritto di pegno sia
detinitivamente dichiarato inesistente nel procedimento di collocazione
(consid. 3).
Regolamento sulla realizzazione forzata dei fondi art. 41, cap. 2, 57, 130,
contrariamente al regolamento sull'amministrazione dei fallimenti, art. 53.

A. - Die Maschinenfabrik Winkler, Fallert & Cie A.-G. lieferte laut Vertrag
vom 23. März 1926 der Verlagsanstalt W. Trösch in Olten eine Setzmaschine zum
Preise von 23240 Fr. unter Eigentumsvorbehalt, welcher

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am 7. April 1926 registriert wurde. Am 17./20. April 1926 liess Trösch die
Setzmaschine im Grundbuch als Zugehör seiner Liegenschaft anmerken. Zwei Tage
später bestellte er ein neues Grundpfandrecht im Nachgang zu den sechs bereits
bestehenden. Am 17. Mai 1926 schrieb Trösch einen Zusatz in das bezügliche
Grundbuchbeleg, wonach auf der Setzmaschine ein eingetragener
Eigentumsvorbehalt bestehe, jedoch ohne Anmeldung einer entsprechenden
Änderung der Anmerkung. In der Folge wurden weitere Grundpfandrechte auf die
Liegenschaft gelegt, wobei in den Pfandtiteln oder Pfandverschreibungen die
Setzmaschine jeweilen ohne Vorbehalt als Zugehör aufgeführt wurde.
Am 10. Dezember 1926 trat die Winkler, Fallert & Cie A.-G. Forderung und
Eigentum laut dem Vertrag vom 23. März 1926 an die Spar- und Leihkasse in Bern
und die Schweizerische Volksbank ab.
Im Jahre 1927 geriet Trösch in Konkurs. Die Spar- und Leihkasse in Bern machte
für sich, die Schweizerische Volksbank und die Winkler, Fallert & Cie A.-G.
folgende «Eingabe... in den Konkurs des Walter Trösch..., Schuldner
nachstehender Forderung:... Total der Ansprache... 24988 Fr. 30 Cts., für
welche unter Verwahrung aller Rechte gesetzliche Anweisung verlangt wird...
Der Konkursverwalter wird benachrichtigt, dass die Spar- und Leihkasse in Bern
für sich und die Schweizerische Volksbank in Bern die... Setzmaschine...
zurücknimmt... Alle Ansprüche, die sich aus der Rückgabe der Maschine...
infolge erlittenen Minderwertes u.s.w. ergeben mögen, werden ausdrücklich
verwahrt.»
Am 22. November 1927 teilte der Konkursverwalter der Spar- und Leihkasse in
Bern mit, «dass nach Art. 244 EG zum ZGB die Maschine Bestandteil der
Liegenschaft geworden ist. Der Eigentumsvorbehalt wird daher unwirksam. Ihre
Forderung wird in die V. Klasse verwiesen werden. Der Teilkollokationsplan
liegt ab

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19. November 1927 beim Konkursamt Olten-Gösgen zur Einsicht auf.»
Hierauf führten die Spar- und Leihkasse in Bern, die Schweizerische Volksbank
und die Winkler, Fallert & Cie A.-G. Beschwerde mit den Anträgen:
die Konkursverwaltung sei anzuweisen, die Setzmaschine aus dem Konkursinventar
auszuscheiden und als Eigentum der beiden Banken zu deren Verfügung zu halten,
eventuell sei diesen eine zehntägige Frist zu setzen zur Geltendmachung des
Vindikationsanspruches im Sinne von Art. 242
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 242 - 1 Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
1    Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
2    Hält die Konkursverwaltung den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er beim Richter am Konkursort Klage einreichen kann. Hält er diese Frist nicht ein, so ist der Anspruch verwirkt.
3    Beansprucht die Masse bewegliche Sachen, die sich im Gewahrsam oder Mitgewahrsam eines Dritten befinden, oder Grundstücke, die im Grundbuch auf den Namen eines Dritten eingetragen sind, als Eigentum des Schuldners, so muss sie gegen den Dritten klagen.
SchKG.
Die Konkursverwaltung bemerkte in der Beschwerdebeantwortung u.a.: Die
Setzmaschine sei gemäss § 245 Ziff. 3 des EG zum ZGB und zufolge der Anmerkung
im Grundbuch Zugehör der Liegenschaft des Gemeinschuldners geworden. Nicht die
Konkursmasse als solche mache Rechte an der Maschine geltend, sondern die
gutgläubigen Grundpfandgläubiger. Diese geben die Zustimmung zur Herausgabe
der Maschine nicht. Zwar könne der Eigentumsvorbehalt nicht bestritten werden
und werde er auch nicht bestritten. Allein es handle sich nicht um einen
Streit um das Eigentumsrecht, sondern ausschliesslich um die Frage, ob dieses
Eigentum mit einem beschränkten dinglichen Rechte belastet sei. Ein solcher
Streit sei aber im Kollokationsverfahren auszutragen, und daher habe die
Konkursverwaltung im Teilkollokationsplan zu der Frage Stellung nehmen und den
Eigentümer auffordern müssen, diese fremden Rechte im Kollokationsstreite
(beschleunigtes Verfahren) zu bekämpfen, der im Gegensatz zum
Vindikationsstreit (ordentliches Verfahren) rasche Abklärung bringe, wodurch
die Konkursverwaltung in Stand gesetzt werde, die Liegenschaft mit der Zugehör
bald zu verkaufen.
B. - Durch Entscheid vom 31. Dezember 1927 ist die Aufsichtsbehörde des
Kantons Solothurn auf die Beschwerde der Winkler, Fallert & Cie A.-G. mangels

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Legitimation und auf den Hauptantrag der Beschwerde, als eine
materiellrechtliche Frage betreffend, überhaupt nicht eingetreten; dagegen hat
sie den eventuellen Beschwerdeantrag zugesprochen.
C. - Diesen Entscheid haben die Beschwerdeführer an des Bundesgericht
weitergezogen, unter Erneuerung ihrer Anträge.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.- Der eventuelle Beschwerdeantrag ist trotz der Wiederholung in der
Rekursschrift nicht mehr streitig, nachdem er von der Vorinstanz zugesprochen
wurde und die Konkursverwaltung diesen Entscheid hingenommen hat. Letzterer
würde freilich als gegenstandslos dahinfallen, wenn sich der Hauptantrag als
begründet erweisen sollte... (Beschwerdelegitimation).
2.- Insoweit der Rekursantrag auf Streichung der Setzmaschine im
Konkursinventar abzielt, erweist er sich ohne weiteres als unbegründet
angesichts der ständigen Rechtsprechung, welche in der Inventaraufnahme die
rein interne Konkursverwaltungshandlung der Aufzeichnung derjenigen
Vermögensstücke sieht, die nach der Auffassung des Konkursamtes bezw. der
Konkursverwaltung zur Konkursmasse gehören, ihr also jegliche für Dritte
nachteilige Rechtswirkung abspricht, und daher Dritte nicht zur
Beschwerdeführung gegen das Konkursinventar zulässt (vgl. z. B. neuerdings
wieder BGE 53 III S. 90 und Entscheid vom 3. Februar 1928 i.S. Hufschmied).
3.- Im übrigen folgt die Begründetheit des Rekursantrages entgegen der
Auflassung der Rekurrenten nicht ohne weiteres daraus, dass die Rekurrenten
die Setzmaschine als Eigentum angesprochen haben und dass die
Konkursverwaltung in ihrer Beschwerdebeantwortung das Eigentum der Rekurrenten
anerkannt hat. Für den Fall, dass Gegenstände vindiziert und daran zugleich

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von einem Konkursgläubiger Pfandrechte geltend gemacht werden, und dass der
Eigentumsanspruch im Konkurs anerkannt wird, ist in Art. 53 der
Konkursverordnung freilich die Regel aufgestellt worden, dass ein allfälliger
Streit zwischen dem Vindikanten und dem Pfandansprecher nicht im
Konkursverfahren auszutragen sei. Allein diese Regel ist nicht anwendbar, wenn
das Pfandrecht daraus hergeleitet wird, dass der vindizierte Gegenstand
Zugehör einer Liegenschaft des Gemeinschuldners geworden sei und dass sich
Grundpfandrechte gestützt auf den guten Glauben der Grundpfandgläubiger darauf
erstrecken. Vielmehr greift in einem solchen Falle die Vorschrift der
Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken (Art. 41 Abs. 2, 57,
130) Platz, dass die Zugehör zusammen mit der Liegenschaft von der
Konkursverwaltung zu versteigern sei. Infolgedessen darf die Konkursverwaltung
derartige Gegenstände nicht an den Vindikanten herausgeben, selbst wenn sie
dessen Eigentum anerkennt, bezw. erst dann, wenn die Ausdehnung des
Grundpfandrechtes auf sie im Kollokationsverfahren rechtskräftig verneint
worden sein würde. Damit ist auch gesagt, dass entgegen der Auffassung der
Vorinstanz das - mit Sicherheit vorauszusehende - Obsiegen der Rekurrenten im
Eigentumsprozess mit der Konkursmasse, welchen sie gemäss dem rechtskräftig
gewordenen Entscheid der Vorinstanz über ihr Eventualbegehren anzustrengen
haben werden, die Konkursverwaltung noch nicht wird veranlassen dürfen, dem
Begehren um Herausgabe der Setzmaschine zu entsprechen.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.