86 Schuldbetreibnngsund Kankursrecht (Zivilabteilungen). N° 22.

kammer BGE 42 III S. 466 /7, 49 III S. 60 eine anderweitige Auffassung,
übrigens nur ganz beiläufig, ge. äussert worden sein sollte, könnte ihr
nicht zugestimmt werden. Es erscheint denn auch nur folgerichtig, dass das
Vorzugsrecht der Pfandgläubiger durch den Nachlassvertrag mit Abtretung
des Aktivvermögens an die Gläubiger ebensowenig soll angetastet werden
dürfen wie durch den gewöhnlichen Nachlassvertrag, zumal da das ihnen
im Umfange des mutmasslichen Pfandausialles eingeräumte Mitsprachrecht
in keiner Weise dem Umstande Rechnung trägt, dass ihre Einbusse viel
empfindlicher wäre als diejenige, Welche den unversicherten Gläubigern
zugemutet wird. Zu Unrecht hat also das Grundbuchamt Davos die Anmeldung
des einen Mitgliedes der Liquidationskommission, obwohl es von den
übrigen offenbar ermächtigt worden war, entgegengenommen und ihr auch
insofern Folge gegeben, als sie die Löschung der Grundpfandverschreibung
der Klägerin zum Gegenstand hatte. Materiell liess sich diese Löschung
nicht rechtfertigen, Weil das Grundpfandrecht ,der Klägerin durch die
Versteigerung und den Zuschlag nicht angetastet wurde, ungeachtet des
ungenügenden Steigerungspreises. Da nach dem in Erw. 4 Ausgeführten
die Wiedereintragung der Grundpfandverschreibung nicht mehr möglich
ist, nachdem die Bündnerische Kreditgenossenschaft das Chalet Waldy an
einen Dritten weiterverkauft hat, von dem nicht behauptet werden ist,
er habe sich nicht in gutem Glauben darauf verlassen, dass weitere
Lasten, insbesondere Hypotheken, als die gegenwärtig eingetragenen,
nicht bestehen, ist die Klägerin durch die Löschung ohne Rechtsgrund
um ihre Grundpfandsicherung gekommen. Dass ihr hieraus Schaden erwuchs,
lässt sich nicht bestreiten, nachdem durch den Weiterverkauf des Chalets
Waldy um 30,000 Fr, dargetan ist, dass das Pfandgrundstück ungeachtet
des ungünstigen Steigerungsergebnisses auch noch für die Pfandforderung
der Klägerin in vollem

Schuldbetreibungs und Konkursrecht (Zivilahteiiungen). N° 23. 87

Umfange Deckung zu bieten vermochte bezw. vermag. Für diesen Schaden
haftet nach Art. 955
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 955 - 1 Die Kantone sind für allen Schaden verantwortlich, der aus der Führung des Grundbuches entsteht.
1    Die Kantone sind für allen Schaden verantwortlich, der aus der Führung des Grundbuches entsteht.
2    Sie haben Rückgriff auf die Beamten und Angestellten der Grundbuchverwaltung sowie die Organe der unmittelbaren Aufsicht, denen ein Verschulden zur Last fällt.
3    Sie können von den Beamten und Angestellten Sicherstellung verlangen.
ZGB der Kanton Graubünden, gleichgültig ob es dem
Grundbuchiührer zum Verschulden angerechnet werden könne oder nicht,
dass er die Liquidationskommission als zur Löschungsbewilligung zuständig
erachtete. Auch kann die Schadenersatzpilicht des Kantons nicht etwa
unter dem Gesichtspunkt aufgehoben oder auch nur herabgesetzt werden,
dass die Klägerin verpflichtet gewesen Wäre, durch Beschwerdeführung
gegen die ungerechtfertigte Löschung den durch diese herbeigeführten
Schaden nachträglich wieder zu beseitigen zu versuchen. Ebensowenig vermag
der Beklagte aus dem Stillschweigen der Klägerin auf die Zustellung des
Rechnungsauszuges über die Pfandausfallforderung etwas herzuleiten. Denn
ebensowenig wie die Konkursverwaltung können die Liquidatoren des
infolge Nachlassvertrages an die Gläubiger abgetretenen Vermögens den
Gläubigern andere Verwirkungsfristen ansetzen als die vom Gesetze und der
Konkursverordnung vorgesehenen, und auch das Gebot des Handelns nach Treu
und Glauben erheischte eine Antwort der Klägerin auf das Schreiben vom
6. Mai 1925 nicht, nachdem diese ihren Widerspruch schon längst bekannt
gegeben hatte.

23. Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Mai1927 i. S. Konkursmasse
Spillmann & Sickert gegen Wespi.

Sicherstellung der Vollziehung des N a c hl a s s V e r t r a g e
s. Im nachfolgenden Konkurse können die gesicherten Gläubiger nicht
Aussonderung der hinterlegten Wertschriften bezw. des an deren Stelle
getretenen Geldes verlangen.

A. Am 25. November 1919 bestätigte der Vizepräsident des Amtsgerichts
Luzern Stadt als Nachlass--

behörde den von der Kollektivgesellschaft Spillmann & Sickert mit ihren
Gläubigern abgeschlossenen Nachlass-

88 Schuldbetreibungs und Konkursreebt (Zivilabteilungen). N° 23.

vertrag, laut welchem diese ihre Forderungen bis Ende 1922 zinslos
stundeten und auf Sicherstellung verzichteten. Um die Bestätigung zu
erwirken, hatten Spill' mann & Sickert jedoch vorerst die Forderungen
der Gläubiger, welche keine Eingabe gemacht oder dem Nachlassvertrag
nicht zugestimmt hatten, im Betrage von insgesamt 12,021 Fr. 23
Cts. sicherstellen müssen, was durch Hinterlegung von 24 Stammaktien
und 2 Prioritätsaktien der Kohlenzentrale und 5241 Fr. 26 Cts. Bargeld
beim Amtsgerichtsvizepräsidenten geschehen war. Unter den Gläubigern,
welche dem Nachlassvertrag nicht zugestimmt hatten, befand sich Cesare
Adami mit einer Forderung von 5314 Fr. 50 Cts.

Indessen wurde schon vor Ablauf der Stundung, nämlich am 10. November
1921, der Konkurs über Spillmann & Sickert eröffnet. Die Konkursverwaltung
stellte das Depot beim Amtsgerichtsvizepräsidenten von Luzern-Stadt
mit der Schätzungssumme von 21,000 Fr. in das Konkursinventar
ein. Adami meldete eine Forderung von 6167 Fr. 98 Cts. an und wurde
damit in der fünften Klasse zugelassen. Am 24. Juni 1925 lieferte der
Amtsgerichtsvizepräsident den bei ihm hinterlegten, inzwischen durch
Rückzahlung der Aktien über pari auf 23,610 Fr. 09 Cts. angewachsenen
Barbetrag auf Verlangen der Konkursverwaltung an diese ab.

Im Oktober 1925 trat Adami seine Forderung an den Kläger Wespi ab. Dieser
verlangte am 20. Oktober 1925 vom Amtsgerichtsvizepräsidenten Bezahlung
von 5314 Fr. 50 Cts. nebst Depotzins aus dem bei Ihnen liegenden
Guthaben, indem er auf dasselbe das Eigentumsrecht bezw. das E r s t i
g k e i t s r e c h t geltend machte bis zur D ckung seiner Forderung.
Gleichen Tages ersuchte Wespi die Konkursverwaltung um ihre Zustimmung
zur Aushändigung des zu seinen Gunsten hinterlegten Betrages von 5314
Fr. 50 Cts. nebst Depotzins seit Verfall des Depositums (31. Dezember
1922), eventuell stellte er das Begehren um Aus--

Schuldhetreibungsund Konkursrecht (Zivilabteilungen). N° 23. 89

sonderung dieses Betrages nebst Depotzins aus den Konkursaktiven, mit
der Begründung, dass er auf diesen Betrag das Eigentumsrecht bezw. das
E r s t i gk e i t s r e c h t geltend mache , und mit dem Beifiigen,
dass er auf die Rechte aus der Kollokation der Forderungsanmeldung von
6167 Fr. 98 Cts. bezw. auf eine Befriedigung der Forderung im Konkurs
insoweit und insofern verzichte, als ich aus den im Nachlassvertrag
geleisteten Sicherheiten Deckung erhalte . Dabei schloss er unter
Hinweis darauf, dass er dieses Recht nötigenfalls auf dem Prozesswege
ei uklagen werde mit dem Gesuch, auf Grund des Art. 242
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 242 - 1 Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
1    Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
2    Hält die Konkursverwaltung den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er beim Richter am Konkursort Klage einreichen kann. Hält er diese Frist nicht ein, so ist der Anspruch verwirkt.
3    Beansprucht die Masse bewegliche Sachen, die sich im Gewahrsam oder Mitgewahrsam eines Dritten befinden, oder Grundstücke, die im Grundbuch auf den Namen eines Dritten eingetragen sind, als Eigentum des Schuldners, so muss sie gegen den Dritten klagen.
SchKG Ihre
Verfügung zu erlassen, d. h. meinen Anspruch entweder anzuerkennen oder
abzuweisen, in welchem Falle Sie mir eine Klagen-ist anzusetzen haben.
Während der Amtsgerichtsvizepräsident auf das an ihn gerichtete Gesuch
nicht eintrat, wies die Konkursverwaltung am 20. November 1925 die ihr
unterbreitete Eingabe ab, weil unbegründet, ungesetzlich und" zudem
verspätet, und bestimmte sie eine Frist zur gerichtlichen Einklagung der
weggewiesenen Ansprüche : zehn Tage... Im Falle der Nichteinklagung innert
genannter Frist wird Verzicht auf die in der Eingabe vom 20. Oktober
1925 enthaltenen sämtlichen Begehren angenommen. Art. 242
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 242 - 1 Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
1    Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
2    Hält die Konkursverwaltung den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er beim Richter am Konkursort Klage einreichen kann. Hält er diese Frist nicht ein, so ist der Anspruch verwirkt.
3    Beansprucht die Masse bewegliche Sachen, die sich im Gewahrsam oder Mitgewahrsam eines Dritten befinden, oder Grundstücke, die im Grundbuch auf den Namen eines Dritten eingetragen sind, als Eigentum des Schuldners, so muss sie gegen den Dritten klagen.
SchKG.
Hierauf hob Wespi am 24. November gegen die Konkursmasse Spillmann &
Sickert die vorliegende Klage an mit dem Antrag, die Beklagte habe
ihm aus dem ihr vom Amtsgerichtsvizepräsidenten von Luzern am 24. Juni
1925 ausgehändigten Depositum einen Betrag von 5314 Fr. 50 Cts. nebst
Depotzins seit dem 31. Dezember 1922 auszubezahlen.

B. Durch Urteil vom 14. Oktober 1926 hat das Obergericht des Kantons
Luzern die Klage zugesprochen.

C. Gegen dieses am 20. Januar 1927 zugestellte Urteil hat die Beklagte
am 5. F bruar die Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag
auf Abweisung der Klage.

90 Schuldbetreibungs und Konkursrecht (Zivilabteilungen). N° 23.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

Das Verhalten des Klägers vor Anhebung der vorliegenden Klage,
insbesondere sein eigenes eventuelles Gesuch um Ansetzung der in
Art. 242
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 242 - 1 Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
1    Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
2    Hält die Konkursverwaltung den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er beim Richter am Konkursort Klage einreichen kann. Hält er diese Frist nicht ein, so ist der Anspruch verwirkt.
3    Beansprucht die Masse bewegliche Sachen, die sich im Gewahrsam oder Mitgewahrsam eines Dritten befinden, oder Grundstücke, die im Grundbuch auf den Namen eines Dritten eingetragen sind, als Eigentum des Schuldners, so muss sie gegen den Dritten klagen.
SchKG vorgesehenen Klagefrist, lässt keinem Zweifel darüber
Raum, dass der Kläger mit seiner Klage auf Aussenderung der seinerzeit
von Spillmann & Sickert zur Sicherstellung der Vollziehung ihres
Nachlassvertrages hinterlegten Vermögenswerte bezw. deren Surrogates
aus der Kon-kursmasse Spillmann & Sickert abzielt, mindestens in
dem Umfange, als die Hinterlegung zur Sicherstellung der Vollziehung
des Nachlassvertrages gegenüber seinem Rechtsvorgänger stattgefunden
hat. Entgegen der Einwendung der Beklagten kann diese Aussonderungsklage
nicht etwa deswegen als verspätet zurückgewiesen werden, weil sie
erst Jahre nach der Einstellung der hinterlegten Vermögenswerte
in das Konkursinventar ausgespielt wird; denn der Feststellung der
Konkursmasse durch die Inventaraufnahme kann keine rechtliche Wirkung
gegenüber Dritten beigemessen werden, wie sich aus dem Wesen dieser
Operation ergibt und von der Oberaufsichtsbehörde für Schuldbetreibung
und Konkurs ständig ausgesprochen worden ist. Ebensowenig steht von
vorneherein der Umstand dem Aussonderungsbegehren entgegen, dass es Geld
betrifft, welches infolge der Vermischung mit dem übrigen Bat-vermögen
der Konkursmasse den gleichen Eigentumsverhältnissen unterworfen ist
wie dieses; so könnte 2. B. die Aussonderung von Geld verlangt werden,
wenn der Konkursverwalter Gegenstände verkauft oder Guthaben eingezogen
hat, die nicht zur Konkursmasse gehören, oder im Falle antizipierter
bedingter Zahlung einer bestrittenen Schuld seitens des nachmaligen
Gemeinschuldners durch Hinterlegung einer Geldsumme, sofern diese zu
Unrecht an den Konkursverwalter (zurück)erstattet worden ist (vgl. BGE
42 III S. 360 ff.). Um eine derartige antizipierte bedingte

Schuldbetreibungs und Konkursrecht (Zivilabteilungen). N° 23. 91

Zahlung handelt es sich indessen vorliegend nicht, weil Gegenstand der
Hinterlegung ja zur Hauptsache nicht Geld, sondern Aktientitel gebildet
hatten, ganz abgesehen davon, dass die Hinterlegung zur Sicherstellung
und nicht zu späterer direkter Befriedigung der betreffenden Gläubiger
vorgenommen wurde, wie dies freilich bei der Hinterlegung von Geld auf
Recht hin zutrifft. In der Tat hat denn auch der Kläger eigentlich nie
ernstlich den Standpunkt verfochten, er sei Eigentümer, bezw. zusammen
mit den übrigen Gläubigern, zu deren Gunsten die Sicherstellung erfolgte,
Miteigentümer der hinterlegten Aktientitel geworden. Blieben aber
Spillmann & Sickert Eigentümer der von ihnen hinterlegten Aktientitel,
was deren Aussonderung entgegenstand, so ist nicht einzusehen, wieso
die Aussonderung des Geldes beansprucht werden könnte, welches infolge
Rückzahlung der Aktien an deren Stelle getreten ist.

Insofern der Kläger ein anderes dingliches Recht als das Eigentum an den
hinterlegten Vermögenswerten sollte in Anspruch nehmen wollen, so würde
es sich um eine dingliche Belastung von zur Konkursmasse gehörenden
Vermögenswerten handeln. Wie immer dieses Recht geartet sein möchte,
so könnte es keinesfalls durch Aussonderungsklage, sondern nur durch
Kollokationsklage geltend gemacht werden, nachdem darüber zunächst eine
Verfügung der Konkursverwaltung im Kollokationsplan durch Konkurseingabe
veranlasst worden wäre. Die vorliegende Klage ist daher nicht geeignet,
eine gerichtliche Entscheidung darüber herbeizuführen, ob der Kläger
bezw. sein Rechtsvorgänger durch die zu seiner Sicherstellung erfolgte
Hinterlegung der Aktientitel und der ihnen beigefügten Geldsumme ein
Pfandrecht erworben habe, sei es auf Grund eines (für Inhaberaktien und
Geld formlosen) Pfandvertrages, bei dessen Abschluss die Nachlassbehörde
die zu sichernden Gläubiger zu vertreten verpflichtet gewesen wäre
(vgl. BGE 51 III S. 240 ff. Erw. 1), sei es von Gesetzes wegen mit
der Hinter-

92 Schuldbetreibungs und Konkursrccht (Zivilabteilungen). N° 23.

legu ng als solcher (vgl. § 233 des deutschen BGB). Ferner kann auch
dahingestellt bleiben, ob der Kläger ein solches Pfandrecht nachträglich
noch anmelden und gegebenenfalls durch Kollokationsklage durchsetzen
könnte, nachdem sein Rechtsvorgänger die Forderung, zu deren Sicherung
das Pfandrecht dienen sollte, seinerzeit als unversicherte angemeldet
und deren Zulassung in der fünften Klasse hat in Rechtskraft erwachsen
lassen. Indessen scheint der Kläger überhaupt kein dingliches Recht an
den hinterlegten Vermögenswerten in Anspruch nehmen zu wollen, sondern
zu glauben, zur Begründung seiner Aussenderungsklage reiche die in dem
vorgelegten Gutachten des Professors BLUMENSTEIN dar-gelegte Auffassung
aus, dass, gleichwie dem Nachlassschuldner durch die Hinterlegung bis
zur Erfüllung des Nachlassvertrages gegenüber den durch die Hinterlegung
gesicherten Gläubiger-n die Verfügung über die hinterlegten Vermögenswerte
entzogen worden sei, auch der Konkursverwaltung solange kein Recht
zur Verfügung über diese Werte zustehe. Allein wenn sich die Wirkung
der Hinterlegung in einer derartigen Verfügungsbeschränkung, verbunden
mit der obligatorischen Verpflichtu ng der Hinterlegungsstelle, die
hinterlegten Vermögenswerte dem Hinterleger solange nicht zurückzugeben,
erschöpfen würde, so wäre nicht erfindlich, wieso die sichergestellten
Gläubiger gegebenenfalls einer von anderen Gläubigern verlangten Pfändung
der hinterlegten Vermögenswerte sollten entgegentreten können. Vermöchten
sie aber die Pfändung der hinterlegten Vermögenswerte zugunsten anderer
Gläubiger nicht zu hindern, sondern höchstens sich ihr anzuschliessen,
so auch nicht die Verwertung im Konkurse zugunsten der Gläubiger im
allgemeinen. Hievon abgesehen ist die Konkursmasse ja nicht eigentlich
Rechtsnachfolgerin des Gemeinschuldners, für die alle diesem auferlegten
Verfügungsbeschränkungen ebenfalls ohne weiteres gelten würden, sondern
kraft des das ganze Vermögen des Ge-Schuldbetreibungs und Konkursrecht
(Zivilabteilungen). N° 23. 93

meinschuldners mit Ausnahme der Kompetenzstücke umfassenden
Beschlagrechtes hat die Konkursverwaltung all dieses Vermögen in Besitz
zu nehmen und zu verwerten, zwecks Verteilung des Erlöses unter die
Konkursgläubiger, ungeachtet allfälliger dem Gemeinschuldner persönlich
auferlegter Verfügungsbeschränkungen. Zieht die Konkursverwaltung die
hinterlegten Vermögenswerte zur Masse, so könnte auch nicht etwa gesagt
werden, sie trete dadurch in die Verpflichtung der Hinterlegungsstelle
ein, weil ja namentlich Art. 198
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 198 - Vermögensstücke, an denen Pfandrechte haften, werden, unter Vorbehalt des den Pfandgläubigern gesicherten Vorzugsrechtes, zur Konkursmasse gezogen.
SchKG nicht zuträfe. Übrigens wäre
es sehr eigenartig, wenn den durch die Hinterlegung sichergestellten
Gläubiger}! aus dem Konkurs des Hinterlegers der Vorteil erwachsen
Würde, dass sie ihre auf blosser Verfügungsbeschränkung, verbunden mit
der obligatorischen Verpflichtung der Hinterlegungsstelle, beruhende
Sicherstellung den übrigen Gläubigern entgegenhalten könnten, während es
nach dem Ausgeführten bei der Pfändung der hinterlegten Vermögenswerte
ausgeschlossen wäre. Aber selbst bei Annahme einer derartigen Subrogation
bestünde die Verpflichtung der Konkursverwaltung gleich derjenigen
der Hinterlegungsstelle nur in der Aufbewahrung der hinterlegten
Vermögenswerte und nicht in der Bezahlung der dadurch sichergestellten
Forderungen. Hat jedoch die Konkursverwaltung kein genügendes Interesse
an der Admassierung der hinterlegten Vermögenswerte, z. B. weil diese zur
Deckung der sicher-gestellten Forderungen doch nicht ausreichen würden,
so ist bei der von BLUMENSTELN verfochtenen Konstruktion der Hinterlegung
zur Sicherstellung der Vollziehung des Nachlassvertrages das Schicksal
der hinterlegten Vermögenswerte ein durchaus unabgeklärtes, indem sich
fragt, ob nun die sichergestellten Gläubiger Betreibung anheben können,
allfällig gegen wen und auf welche Art (auf Pfandverwertung oder auf
Pfändung, an welch letztere sich andere Gläubiger anfällig anschliessen
könnten). Sollte indessen die obligatorische Verpflichtung der Hinter-

AS 53 III 1927 7

94 Schuldbetreibungs und Konkursrecht (Zivilabteilungen). N° 23.

legungsstelle so weit gehen, dass sie die hinterlegten Vermögenswerte
nicht nur nicht an den Hinterleger, sondern auch nicht an dessen
Konkursmasse herausgeben dürfte, so wäre nur für die auch von BLUMENSTEIN
ins Auge gefasste Verantwortlichkeitsklage gegen die Hinterlegungsstelle
Raum, keinesfalls aber für die vorliegende Aussonderungsklage gegen die
Konkursmasse der Hinterleger.

somit erweist sieh das Urteil der Vorinstanz als unhaltbar, ohne dass
ihre Urteilsgründe nachgeprüft werden müssten.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung Wird begründet erklärt, das Urteil des Obergeriehts des
Kantons Luzern vom 14. Oktober 1926 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

OFDAG Offset-, Formularund Fotodruck AG 3000 BemSchuldhelreihungsund
Konkursrecht. Poursuile el faillite.

__.3...

ENTSCHEIDUN GEN DER Schuldbetreibungs und KONKURSKAMMER

ARRÉTS DE LA CHAMBRE DES POURSUITES ET DES FAILLITES

24. Entscheid. vom 27. Juni 1927 i. S. von Stocker.

Verordnung des Bundesgerichtes vom 10. Mai 1910 betreffend die Pfändung,
Arrestierung und Verwertung von Versicherungsansprüchen nach dem
Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag vom 2. April 1908, Art. 4:

Sofern der Widerruflieh begünstigte Ehegatte oder Nachkomme vorverstorhen
ist was festzustellen dem Betreibungsamt obliegt , so ist von der
Fristansetzung an den Gläubiger abzusehen und der Versieherungsanspruch
ohne weiteres zu pfànden.

A. In den Betreibungen des Rekurrenten und eines weiteren
Gruppengläubigers gegen H. Egloff in Bern pfändete das dortige
Betreibungsamt am 31. März 1927 zwei Lebensversicherungsansprüche,
nämlich:

laut Polize Nr. 35,965 der Suisse vom 13. Oktober 1920 für 10,000 Fr.,
zahlbar im Erlebensfall (wann ?) an den Versicherten selbst, im Todesfall
an seine Ehefrau, beim Fehlen derselben an seine Kinder,

laut Polize Nr. 48,432 der Genevoise vom 18. Dezember 1922 für 10,000 Fr.,
zahlbar am 18. Dezember 1947 an den Versicherten selbst, wenn er diesen
Termin überlebt, wenn nicht, sofort nach seinem Ableben, anseine Ehefrau.

Am 26. April 1927 wurde auf Verlangen des Rekurrenten noch der Erbanspruch
des Schuldners an die Hinterlassensehaft seiner Verstorbenen Ehefrau
gepfän--

AS 53 III 1927 . _ .8
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 53 III 87
Datum : 18. Mai 1927
Publiziert : 31. Dezember 1927
Quelle : Bundesgericht
Status : 53 III 87
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : 86 Schuldbetreibnngsund Kankursrecht (Zivilabteilungen). N° 22. kammer BGE 42 III


Gesetzesregister
SchKG: 198 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 198 - Vermögensstücke, an denen Pfandrechte haften, werden, unter Vorbehalt des den Pfandgläubigern gesicherten Vorzugsrechtes, zur Konkursmasse gezogen.
242
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 242 - 1 Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
1    Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
2    Hält die Konkursverwaltung den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er beim Richter am Konkursort Klage einreichen kann. Hält er diese Frist nicht ein, so ist der Anspruch verwirkt.
3    Beansprucht die Masse bewegliche Sachen, die sich im Gewahrsam oder Mitgewahrsam eines Dritten befinden, oder Grundstücke, die im Grundbuch auf den Namen eines Dritten eingetragen sind, als Eigentum des Schuldners, so muss sie gegen den Dritten klagen.
ZGB: 955
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 955 - 1 Die Kantone sind für allen Schaden verantwortlich, der aus der Führung des Grundbuches entsteht.
1    Die Kantone sind für allen Schaden verantwortlich, der aus der Führung des Grundbuches entsteht.
2    Sie haben Rückgriff auf die Beamten und Angestellten der Grundbuchverwaltung sowie die Organe der unmittelbaren Aufsicht, denen ein Verschulden zur Last fällt.
3    Sie können von den Beamten und Angestellten Sicherstellung verlangen.
BGE Register
42-III-455 • 51-III-237
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
konkursverwaltung • konkursmasse • geld • schuldbetreibungs- und konkursrecht • weiler • beklagter • bundesgericht • schaden • deckung • aussonderungsklage • grundpfandverschreibung • bewilligung oder genehmigung • frist • stelle • kollokationsklage • erwachsener • betreibungsamt • tag • entscheid • gesuch an eine behörde
... Alle anzeigen