{32 Prozessrecht. N° 13.

träger], die elterliche Gewalt über das Kind sei ihr zu übertragen
und der Beklagte sei zu verpflichten, ihr bis zu dessen vollendetem
18. Altersjahr monatlich 250 Fr. zu leisten.

Der Beklagte hat die Anschlussherufung erklärt mit dem Antrag auf
Abweisung der Scheidungsklage; er hat beigefügt : Die Anschlussberufung
ist lediglich eine bedingte. Der Beklagte kann sich mit dem
ehergerichtlichen Urteil einverstanden erklären. Er kann aber nicht
riskieren, dass das Bundesgericht eventuell in Folge der Unterlassung der
Anschlussberufung den Standpunkt einnimmt, es sei, wenn die Scheidung
ausgesprochen werden müsse, das Kind der Mutter zuzuteilen. In diesem
Fall muss er daran festhalten, dass die Klägerin gar nichtberechtigt ist,
die Scheidung zu verlangen. Die Anschlussberufung fällt also dahin, wenn
das Bundesgericht eine Änderung des Scheidungsurteils des Obergerichts
Zürich in Folge-der Berufung der Klägerin nicht für notwendig hält.

Das Bundesgericht ist auf die Anschlussberufung nicht eingetreten aus
folgenden

Erwägungen :

Die Gestaltung der Elternrechte ist eine Nebenfolge der Scheidung;
dementsprechend setzt die Entscheidung über die Anträge betreffend
die Zuteilung Von Kindern an den einen oder andern' Elternteil im
Scheidungsprozess voraus, dass die Scheidung oder doch mindestens die
Trennung ausgesprochen werde, bezw. es werden jene Anträge gegenstandslos,
wenn die Scheidungsklage abgewiesen wird. Dieses Verhältnis der
Unterordnung der die Gestaltung der Elternrechte betreffenden Anträge
unter die die Scheidung betreffenden Anträge verbietet, dass der Ehegatte,
weicher vor der letzten kantonalen Instanz mit seinem Antrag auf Abweisung
der Scheidungsklage des andern Ehegatten unterliegt, dagegen mit seinem
Eventualantrag auf Zuteilung desProzessrecht. N° 14. J;; Kindes an
ihn selbst obsiegt, sich der Berufung des andern Ehegatten gegen den
letzteren Teil des Urteils anschliesst (oder auch selbständig die Berufung
erklärt} mit dem Antrag, es sei im Falle, dass der andere Ehegatte mit
seiner auf Zuteilung des Kindes an ihn abzielenden Berufung durchdringe
(bezw. durchdringen wurde), dessen Scheidungsklage abzuweisen, dagegen
nicht im Falle der Abweisung jener Berufung. Würde ein solcher Antrag
zugelassen, so müsste das Bundesgericht zunächst einfach die Entscheidung
der Vorinstanz über die Kinderzuteilung nachprüfen, wie wenn deren
Scheidungsurteil in der Hauptsache bereits rechtskräftig wäre, dann aber,
wenn es jener Entscheidung nicht zustimmen könnte, das Scheidungsurteil
auch im Hauptpunkt nachprüfen, mit der Folge, dass die in der Frage der
Kinderzuteiiung gewonnene Lösung jegliche Bedeutung verlöre, sofern das
Gericht nun auch im Hauptpunkt zu einem andern Ergebnis gelangen würde als
die Vorinstanz. Der Rechtsprechung eine derartige Funktion zu überbinden
kann den Parteien nicht zugestanden werden. Danach erweist sich die
Bedingung, an welche der Beklagte seine Anschlussberufung geknüpft hat,
als unzulässig, und damit auch die Anschlussberufung selbst, da nicht
anzunehmen ist, sie wäre ohne jene Bedingung auch eingelegt worden.

14. Urteil der II. Zivila'nteilung vom 17. März 1926 i. S. Perrot
gegen Hofer.

Voraussetzungen der Zulässigkeit und Wirk-

s amk eit d e r B erufung, insbesondere bei der gewöhnlichen V a t e
r s c h a f t s kl a g e. Diese ist ein vermögensrechtlicher Anspruch
(Art. 59 OG). Für die Streitwertberechnung sind massgebend nur die
Bechtsbegehren, wie sie vor der letzten kantonalen Instanz noch streitig
waren. Die Kapitalisierung der Unterhaltsbeiträge erfolgt nach den
Barwerttafeln von Piccard. Erreicht der Streitwert _ nicht 8000 Fr.,
so ist die Berufung schriftlich zu begründen

94 Prozessrecht. N° 14.

(Art. 67 Abs. 4 OG); hiefür genügen blosse Aktenwidrigkeitsriigen oder
Hinweise auf die Vorbringen im kantonalen Verfahren nicht.

Mit der vorliegenden Klage haben die Klägerinnen folgende Rechtsbegehren
gestellt:

u l. Der Beklagte ist der Vater des von Frida Hofer am 19. Dezember 1924
aussereheljeh geborenen Kindes Therese Hofer.

2. Der Beklagte hat an die Mutter Frida Hofer zu bezahlen für Kosten der
Entbindung, des Unterhalts um die Zeit der Geburt und sonstige Auslagen
insgesamt 530 Fr.

3. Der Beklagte hat an das Kind Therese Hofer... bis zum zurückgelegten
18. Altersjahr des Kindes ein monatliches Unterhaltsgeld von 50 Fr. zu
bezahlen, zahlbar zum voraus in vierteljährlichen Raten von je 150 Fr.

Das Amtsgericht Solothurn-Lebern hat erkannt:

]. Der Beklagte ist als Vater des von der Erstklägerin am 19. Dezember
1924 ausserehelich geborenen Kindes erklärt.

2. Als solcher hat er zu bezahlen :

a) der Kindsmutter... insgesamt einen Betrag von 300 Fr.;

ò) dem Kinde einen Unterhaltsbeitrag von monatlich 40 Fr., monatlich
vorauszahlbar bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr. '

Gegen das Urteil des Amtsgerichts appellierte nur der Beklagte.

Durch Urteil vom 24. September 1925 hat das Obergericht des Kantons
Solothurn den Unterhaltsund Erziehungsbeitrag auf monatlich 30
Fr. herabgesetzt, im übrigen die Appellation abgewiesen.

Gegen dieses am 23. Februar 1926 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit
Eingabe vom 1. März 1926 die Berufung an das Bundesgericht eingelegt,
mit dem Antrag auf Abweisung der Klage, und dabei im Anschluss an die
Berufungsanträge vorgebracht: EsProzessrecht. N° 14. 95

handelt sich um eine Streitsache, deren Natur eine vermögensrechtliche
schätzung nicht zulässt (Art. 71 Abs. 3 0G). Würden im übrigen die
vor II. Instanz geforderten Alimente kapitalisiert, würde damit eine
Streitsumme von 8640 Fr. erreicht... Der Berufungsf kläger sieht
sich veranlasst, vorgängig der Begründung seiner Berufung auf einige
Aktenwidrigkeiten hinzuweisen, welche dem obergerichtliehen Urteil
unterlaufen sind. Die Vertretung des Beklagten legte das Hauptgewicht
ihres Abweisungsschlusses darauf, dass eine Tochter, welche... einen
unzüchtigen Lebenswandel gemäss 315 ZGB führe. Sie bewies dies durch
die Zeugnisse Pittet und Frau und Fahrni. Das Ohergericht hat durch
aktenwidrige Feststellungen diesen zwingenden Schluss sabotiert. (Folgen
Ausführungen über die getroffenen Feststellungen unter Gegenüberstellung
des (positiven und negativen) Beweisergebnisses). Sind diese
Aktenwidrigkeiten einmal festgestellt, lassen sie das ganze Verhältnis
in einem anderen Lichte erscheinen. Die Beurteilung durch die Vorinstanz
erweist sich dann als unrichtig und verfehlt. Berufungs-kläger beruft
sich zur Begründung seiner Berufung ausser auf obige Aktenwidrigkeiten
auf die Akten und Beweismittel des Prozesses, auf die Rechtsgründe des
zweitinstanzlichen Urteils, soweit sie am Protokoll verurkundet wurden,
und auf seinen mündlichen Vortrag anlässlich der bundesgerichtlichen
Hauptverbandlung. In Erwägung :

dass die nicht auf Zuspreehung mit Standesfolge gerichtete
Vaterschaftsklage vermögensrechtlicher Natur ist (BGE 39 II S. 500
ff. Erw. 3),

dass für die Streitwertberechnung im Berufungsverfahren nur die vor
der letzten kantonalen Instanz noch streitig gewesenen Rechtsbegehren
massgebend sind (Art. 59 OG),

dass vor der Vorinstanz nur noch Ersatzleistungen an die Mutter im
Betrage von insgesamt 300 Fr. und

96 Prozessrecht. N° 14.

ein monatliches Unterhaltsgeld an das Kind von 40 Fr. streitig waren,
nachdem die Klägerinnen gegen das ihre Mehrfordernngen ahweisende Urteil
der ersten Instanz nicht appelliert hatten,

dass nach der Tabelle Nr. 7 der Barwerttafeln von PICCARD der Barwert
einer bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr zahlbaren monatlich
vorschiissigen Kinderrente von 40 Fr. = 480 Fr. per Jahr für das weibliche
Geschlecht unter Zugrundelegung des Zinsfusses von 4 1/2 % 5097 Fr. 60
und von 4 % 5389 Fr. 60 beträgt,

dass somit der noch um die von der Mutter verlangte bezw. ihr von der
ersten Instanz zugesprochene Summe zu vermehrende Streitwert den Betrag
von 8000 Fr. bei weitem nicht erreicht,

dass der Beklagte daher nach der Vorschrift des Art. 67 Abs. 4 OG eine
die Berufung begründende Rechtsschrift hätte einreichen sollen,

dass nach der gemäss Art. 23 Abs. 2 OG für die erkennende Abteilung
verbindlichen Entscheidung des Gesamtgerichts BGE 51 II S. 348 ff. Erw. 2
eine sich auf Aktenwidrigkeitsrügen beschränkende Berufungseingabe
nicht als eine die Berufung begründende Rechtsschrift im Sinne dieser
Vorschrift angesehen werden kann, ss

dass auch der allgemeine Hinweis auf die Verbringen im kantonalen
Verfahren nach der durch die Entscheidung des Gesamtgerichts vom
25. November 1925 BGE 52 II S. 31 ff. bestätigten Rechtsprechung nicht
genügt (vgl. pro multis schon BGE 51 II S. 345 f.),

dass die Nichtbefolgung der angeführten Vorschrift nach ständiger
Rechtsprechung die Unwirksamkeit der Berufung zur Folge hat (vgl. pro
multis die Entscheidung des Gesamtgerichts in BGE 51 II S. 345
ff. Erw. 1),

erkennt das Bundesgericht : Auf die Berufung wird nicht
eingetreten.Prozessreeht. N° 1 3. u?

15. Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Lär1926 i. S. Binar gegen
Einer-Schmid.

Sind die schweizerischen Gerichte zur Beurteilung der N e b e nf o l g
e n d e r in der Heimat ausgesprochenen S c b e id u n g v o n in der
Schweiz wohnenden A n s l ä n d e r n

zuständig? Eine zivilrechtliche Beschwerde wegen Ver-

letzung des Bundesgesetzes über die zivilrechtlichen Verhältnisse der
Niedergelassenen und Aufenthalter kann nicht damit begründet werden, dass
ein nach auslän d is c h e m R e c h t zu entscheidender Präjudizialpunkt
unrichtig beurteilt werden sei. OG Art. 94, 57.

A. Die Parteien, tschecho-slovakische Staatsangehörige, wurden durch
Urteil des Landeszivilgerichtes Prag vom 31. Dezember 1923 geschieden
; dabei wurden die Ansprüche der Klägerin auf Unterhaltsrente und auf
die Hälfte des während der Ehe erworbenen Vermögens in ein besonderes
Prozessverkahren gewiesen. Mit den vorliegenden beim Bezirksgericht
Zürich, am Wohnort beider Parteien, angestrengten Klagen verlangt
die Klägerin monatliche Unterhaltsbeiträge von 300 Fr. und einen
Anteil an dem während der Ehe erworbenen Vermögen. Der Beklagte erhob
die Unzuständigkeitseinrede. mit der Begründung, zur Beurteilung
dieser Nebenfolgen der Scheidung sei ausschliesslich ein Gericht des
Heimatstaates der Parteien zuständig.

B. Durch Urteil vom 31. Dezember 1925 hat das Ohergericht des Kantons
Zürich die Unzuständigkeitseinrede des Beklagten verworfen.

C. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte zivilrechtliche Beschwerde
geführt mit dem Antrag, es sei festzustellen dass die schweizerischen
Gerichte zur Behandlung der von der Klägerin erhobenen Klagen auf
Alimentation und auf Feststellung des Anteils der Klägerin am Vermögen
des Beklagten uuzuständig seien, eventuell wenigstens solange, als nicht
durch letztinstanzlichen

AS 51 [I 1926 7