164 Entscheidungen

pendants aux termes desquels les sommes payées ont été tantòt vtouehees
en entier par Nistas & C ou par Veuve Grivaz et fils, tantòt réparties
entre eux suivant des proportions diverses. Il n'y avait donc pas un
engagement général valant pour toutes les créances contre Olivet frères,
mais une simple promesse dénuée de valeur juridique parce que son objet
n'était pas determine. Par conséquent, du moment que Nistas & C n'étaient
juriidiquemen't tenus ni de donner en gage, ni de remettre en paiement
la créance déléguèe le 29 décembre 1911, cette délégation consentie
moins de six mois avant la faillite tombe sous le coup de l'art. 287 à
moins que les défendeurs ne prouvent qu'ils ignoraient l'insolvabilité
du débiteur. Non seulement ils n'ont pas rapporté cette preuve, mais
au contraire il résulte de l'instruction dela cause que, à la fin de
1911 sinon auparavant déjà, Ia maison Nistas & Cie éprouvait de grandes
difficultés à payer, que les entrepreneurs qui travaillaient avec elle
ne considéraient pas sa Situation comme süre, que les déiendeurs la
pressaient instamment de lui fournir des garanties et qu'ils avaient
à tout le moins des doutes sérieux sur sa solvabilité. Ils ne peuvent
donc se mettre au bénéfice de l'exception prévue au dernier alinéa de
l'art. 287. '

Par ces motifs,

le Tribunal fédéral prononce:

Le recours est admis et l'arrét attaqué est reforme en ce sens
que les eonclusions de la demanderesse sont déelarées fondées.der
Zivilkammsiern. N° 34. 165

34. Urteil der II. Zirilabteilung vom 18. März 1915 i. S. Leihund
Sparkasse A.adorf in Liquidation, als Zessionarin der Bürgergemeinde
Aaclorf, Klägerin, gegen OSWaicl, Beklagten;

Erw. 1 und 2: Static fisci als Prozesspartei. Erw. 3: Prozessfähigkeit
der Liquidationsmasse eines Schuldners, der seinen Gläubigern sein
ganzes Vermögen zur Liquidierung überlassen hat, und dem in diesem Sinne
ein Nachlassvertrag bewilligt wurde.

A. Die Bürgergemeinde Aadorf betrieb seit 1873, zuerst unter dem
Namen Leih-, Viehleihund Sparkasse Aadorf , dann (seit 1906) unter
dem Namen Leibund Sparkasse Aadorf , eine Geidverkehrsanstalt zum
Zwecke der Gewährung von Anleihen an Handwerker, Gewerbetreibende und
Landwirte. Als Mittel zur Erreichung dieses Zwecks waren in den Statuten
von 1873 genannt:

a) das Vermögen der bisherigen Viehleihkasse,

b) das Vermögen der bisherigen Sparkasse,

c) und d) aufzunehmende Anleihen.

in den Statuten von 1906 waren dagegen als solche Mittel auigezählt:

a) die Kapitalien der Bürgergemeinde,

b) der Reserveîond,

c)-g) Anleihen, Sparkassaeinlagen u. s. w.

Als Verwaltungsorgane waren in den statuten in erster Linie genannt:

a) die Biirgergemeinde,

b) der Verwaltungsrat der Bürgergemeinde unter Beigahe von zwei
Mitgliedern,

c) der Kassaverwalter.

Über die Befugnisse des Kassaverwalters bestimmten die Statuten von 1906:

§ 22. Der Verwalter leitet den gesamten Kassaver kehr und die Buchführung
der Anstalt nach Statuten,

166 Entscheidungen

Reglement und allfälligen Beschlüssen des Verwal tungsrates, er besorgt
die nötigen Konkursgeschäfte, vertritt auch die Anstalt nach aussen und
vor den Gerichten, vorbehaltlich § 21, Abs. 1, und führt mit Ausnahme
der Obligationen die rechtsverbindliche Un terschrift allein wie folgt.
Leihund Sparkasse Aadorl'. Der Verwalter:

Endlich enthielten die Statuten unter dem Titel Garantie noch folgende
Bestimmung:

§ 20 der Statuten von 1873: Die Bürgergemeinde Aadorf erklärt sich
für jede Einlage in die Sparkasse und für jede Forderung an die Anstalt
als Selbst schuldnerin und haftet als solche: .

a) mit dem Gesamtvermögen der Anstalt, den Re servefond eingeschlossen,

b) mit dem übrigen gesamten Bfirgssergemeindever si

mögen.

§ 18 der Statuten von 1906: Die Bürgergemeinde Aadorf garantiert
den Kreditoren der Anstalt für jede Einlage und haftet für alle
Verbindlichkeiten, welche dieselbe eingegangen hat:

1. Mit dem Reservefond.

2. Mit dem gesamten Bürgergemeinde-Vermögen.

Die entsprechenden Angaben wurden jeweilen im Handelsregister
publiziert. .

B. Im Sommer 1911 stellte sich heraus, dass infolge ungetreuer
Geschäftsführung des Verwalters die Passiven der Leihkasse deren
Aktiven bedeutend überstiegen.

Am 2. September 1911 wurde ein von der Leihkasse _

mit ihren Gläubigern abgeschlossener Nachlassvertrag ge orichtlich
bestätigt, welcher 11. a. folgende Bestimmungen enthielt:

Die Leihund Sparkasse Aadorf tritt nach Geneh migung dieses
Nachlassvertrages· m Liquidation gemäss § 27 ihrer Statuten. Zum Zwecke
der Liquidation wird durch das absolute Mehr der nach Art. 300 desder
Zivilkammern. N° 34. 167

Schuldbetreibungsgesetzes stimmberechtigten Kredi toren der Leih-und
Sparkasse Aadorf ein Gläubiger ausschuss von neun Mitgliedern ernannt,
welcher bis zur vollständigen Befriedigung sämtlicher Kreditoren
ausschliesslich ermächtigt ist, über die Aktiven zu ver fügen und
dieselben zu liquidieren, und über die durch Verpfändung oder Verwertung
von Aktiven des Bür gergemeindevermögens verfügbar werdenden Mittel zu
disponieren, die Schulden der Leihund Sparkasse Aadorf festzustellen,
und das Liquidationsergebnis gleichmässig unter die Kreditnren der
Leihund spar kasse Aadorf zu verteilen. Zu diesem Zwecke sind dem
Gläubigeraussehuss durch die Leihund Sparkasse Aadori, sowie durch die
Bürgergemeinde Aadorf volle und unbeschränkte V ollmachten, insbesondere
auch zur Führung von Prozessen, zur Übertragung und Ver pfändung von
beweglichem und unbeweglichem Ver mögen, überhaupt zu Erklärungen und
Handlungen jeder Art namens der Leihund Sparkasse Aadorf und der
Bürgergemeinde Aadorf erteilt ..............

Durch die Zustimmung zu diesem Naehlassvertrage soll die
Ver-antwortliehkeitsfrage dem gewesenen Ver welter, sowie den
Verwaltungsund Kontroll-Organen gegenüber in keiner Weise präjudiziert
sein und es ist der Gläubigeraussehuss ermächtigt, diese eventuellen
Verantworilichkeitsansprüche namens der Bùrgerge meinde oder namens der
Leihund Sparkasse nötigen falls auf gerichtlichem Wege geltend zu machen.

Verwaltungsratspräsident der Leihkasse war in den letzten Jahren vor
deren Zusammenbruch der Beklagte gewesen.

Nachdem der Regierungsrat des Kantons Thurgau durch Beschluss vom
22. Juni 1912 ein Einschreiten gegen den Beklagten auf dem Verwaltungswege
verweigert hatte, weil er in sein er Stellung als Verwaltungsratspräsident
der Leihkasse keine öfientlichen Funktionen ausgeübt habe, liess die
Bürgergemeinde Aadori den

A5 M [il 1915 12

'e

168 ' Entscheidungen

Beklagten zur Vermittlung über ein Schadenersatzbegehren im Betrage von
50,000 Fr. vor den Friedensrichter laden. Nach dem Vermittlungsvorstand
erklärte sie jedoch, ihren Anspruch an die Leihkasse abzutreten.
Hierauf wurde namens der Leihund Sparkasse Aadorf in Liquidation die
vorliegende Verantwortlichkeitsklage eingereicht, mit dem Antrag auf
Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 500,000 Fr. nebst 5% Zins
seit 22. Februar 1912.

C. Durch Urteil vom 3. November 1914 hat das Obergericht des Kantons
Thurgau die Klage aus folgenden Gründen angebrachtermassen abgewiesen
: Die Leihund Sparkasse Aadorf sei keine selbständige juristische
Person, sondern lediglich ein Verwaltungszweig der Bürgergemei'nde
gewesen. .. (wird näher ausgeführt). Freilich seien auch gewisse Momente
vorhanden, die für die Annahme eines selbständigen

Rechtssubjekts sprechen würden. . . (wird ebenfalls näher
ausgeführt). Sodann wird wörtlich fortgefahren, wie folgt : -

Wenn man unter diesen und andern Erwägungen auch zu einem andern als
demoben gezogenen Schlusse kommen und die Leib-' und Sparkasse Aadorf
als irgend eine juristische Person oder irgendwelches selbständiges
Rechtssubjekt autkassen wollte, so geht das doch nicht an mit Rücksicht
auf die bundesgerichtliche Praxis. Die Stellungnahme des Obergerichts
ist bereits prä judiziert durch einen Entscheid des Bundesgerichts vom
3. Juni 1903 in Sachen Bundesbahnen gegen Regierungsrat Luzern (Band 28
I, S. 189). Die dor tige Sachund Rechtslage bildet ein durchaus zutref
fendes Analogon zu den heute der Beurteilung unter-

stehenden Verhältnissen. Damit ist auch die eingangs!

materiell begründete Entscheidung gegeben.

Da nun der Leihund Sparkasse Aadorf und damit selbstverständlich auch der
in Liquidation befindlichen Kasse eine selbständige Rechtssubjektsnatur
abge-

der Zivilkammern. N° 34. ,_ 169

sprechen werden muss, ist eine Abtretung von Rechts anSprüchen' an sie
unmöglich ; sie kann also nicht kla gend infolge Zession auftreten,
ja sie kann überhaupt nicht Prozesspartei sein ; die Klage muss so
wie sie geführt wird, nämlich durch die Leihund Sparkasse Aardori in
Liquidation abgewiesen werden.

Die Klägersohaft macht nun freilich geltend, dass der Beklagte ihrem
Eintritt in den'Prozess zugestimmt habe, indem er von der Transaktion
Kenntnis gehabt und dagegen nicht opponiert habe. Es kann dahinge
stellt bleiben, ob in dem Stillschweigen des Beklagten eine konkludente
Handlung im Sinne einer Zustimmung nach dem satze qui facet consentire
videtur zu er blicken sei oder ob er verpflichtet gewesen wäre, gegen
den Eintritt der Leihund Sparkasse in Liquidation in den Prozess zu
opponieren unter dem Hinweis, dass sie prozessuniähig sei, und sich
so einer wichtigen Verteidigungsposition zu berauben. 'Der von der
Klä gerschaft angezogene § 33 ZPO kommt hier nicht in Betracht. Die
Zustimmung betrifft nicht die Prozess fähigkeit oder Unfähigkeit und
sie ist in dieser Hin sieht gänzlich irrelevant.

Da die Klage nach dem Gesagten sowieso von der Hand gewiesen werden muss,
erübrigt sich ein weiteres Eintreten auf die Streitsache. '

D. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin rechtzeitig und in richtiger
Form die Berufung an das Bundesgericht ' ergn'ffen, mit dem Antrag auf
Gutheissung der Klage, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz.

Das Bundesgericht zieht in E rw ä gu n g : 1. Die Entscheidung der
Vorinstanz, wonach die Leihund Sparkasse Aadorf keine selbständige
juristische Person, sondern nur ein besonderer Verwaltungszweig der
Bürgergemeinde Aadori mit besonderem wirtschaftlichem Zweck war,
entzieht sich der Ueber-

170 Entscheidungen

prüfung des Bundesgerichts. Denn nach Art. 7
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 7 - Die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes6 über die Entstehung, Erfüllung und Aufhebung der Verträge finden auch Anwendung auf andere zivilrechtliche Verhältnisse.
, zusammengehalten mit Art,
1 Scth ZGB beurteilt sich die Frage, ob eine juristische Person bestehe,
nach demjenigen Rechte, das zur Zeit ihrer angeblichen Entstehung
galt. Im vorliegenden Falle könnte aber als Zeitpunkt der Entstehung
nur ein hinter dem 1. Januar 1912 zurückliegender Zeitpunkt, nämlich
entweder derjenige der Gründung der Leihkasse (1873), oder allenfalls
derjenige der Statutenrevision vom Jahre 1906 in Betracht kommen; und s
a eh l i c h anwendbar wäre nicht etwa das eidgenössische OR von 1881,
sondern ausschliesslich das k a n t o n ale Recht, da es sich weder um
eine Aktiengesellschait, noch um eine Genossenschaft, noch auch um einen
Verein, sondern höchstens um eine Stiftung oder eine andere juristische
Person im Sinne des Art. 719
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 719 - Die zur Vertretung der Gesellschaft befugten Personen haben in der Weise zu zeichnen, dass sie der Firma der Gesellschaft ihre Unterschrift beifügen.
OR hätte handeln können.

2. Ist demnach davon auszugehen, dass die Leihund Sparkasse Aadorf +,
wie die Vorinstanz verbindlich feststellt, nur ein Verwaltungszweig der
B ü rg e rg e m e i n d e war, so ergibt sich. daraus ohne weiteres,
dass eine formell namens der Leihkasse erhobene Klage als eine solche
der Bürgergemeinde zu be-handeln war. Dabei hätte bloss die Frage
aufgeworfen werden können, oh vom Standpunkte des Prozessrechts aus
verlangt werden müsse, dass (hehufs Vermeidung von AMissverständnissen)
als Klägerin ausdrücklich die Bürgergemeinde erkannt. werde. Wäre das
vorliegende kantonale Urteil in die sem Sinne motiviert, d. h. wäre
die angebrachtermassen o erfolgte Abweisung der Klage damit begründet
worden, dass die Bürger-gemeinde verpflichtet gewesen wäre, sich bei der
Einleitung der Klage ihres gewöhnlichen Namens (Bürgergemeinde Aadorf )
zu bedienen, so hätte sich die Auffassung vertreten lassen, dass es
sich dabei um einen prozessrechtlichen Entscheid handle, an welchen
das Bundesgericht gebunden sei. Indessen müsste, um diese Konsequenz zu
rechtfertigen, dochsiizum mindesten aus

der Zivilkammern. N° 34. 171

dem angefochtenen Urteil deutlich hervorgehen, dass die Vorinstanz sich
wirklich auf den Boden des kantonalen Prozessrechts stellen wollte und
von d i e ssem Standpunkte aus die Klage angehrachtermassen abweisen zu
müssen glaubte. Dies ergibt sich nun aber nicht aus der vorliegenden
Urteilsausfertigung. Vielmehr scheint danach der kantonale Richter
von der Ansicht ausgegangen zu sein, der materiellen Behandlung der
Klage stehe ein Entscheid des B u n d e s g e r i c h t 5 entgegen,
nämlich dasjenige Urteil, durch welches erstmals die juristische Natur
der Schweiz. Bundesbahnen als einer blossen Verwaltungsabteilung des
Bundes festgestellt wurde (BGE 29 I S. 194 f.). Die Vorinstanz erklärt
ausdrücklich, ihre ; Stellungnahme sei durch den angeführten Entscheid des
Bundesgerichts bereits präjudiziert , und die dortige Sachund Rechtslage
bilde ein durchaus zutreffendes Analogon zu den heute der Beurteilung
unterstehenden Rechtsverhältnissen . Damit hat sie ihre Entscheidung
dem e i d g e n 6 5 si s c h e n Rechte unterstellt. Dass aber dieses
der Behandlung einer Klage Wie der vorliegenden nicht entgegensteht,
son; dem eine freie, sinngetreue Interpretation des KlageÎ rubrums
gestattet, geht u. a. gerade aus dem von der Vorinstanz angeführten
Urteile des Bundesgerichts i. S. Bundesbahnen gegen Luzern hervor. Hier,
wie in zahlreichen andern Fällen der Erhebung einer Klage namens der SBB
oder namens irgend einer andern Verwaltungsabteilung des Bundes, eines
Kantons oder einer Gemeinde, wurde bis jetzt stets als selbstverständlich
betrachtet, dass rechtlich der Bund, der Kanton oder die betreffende
Gemeinde Partei sei, und dass die Nennung der in Betracht kommenden
Verwaltungsabteilung nur zu dem Zweke erfolge, um darauf hinzuweisen,
welche Verwaltungs o r g an e im konkreten Falle mit der Vertretung der
Fiskalinteressen betraut seien. Dass speziell auch im vorliegenden Falle
in d i e s e m Sinne geklagt worden ist, ergibt sich u. a. deutlich aus

172 ' Entscheidungen

der Bezugnahme auf die zwischen Vermittlungsvorstand und Klageeinreichung
stattgefundene Zession des streitigen Anspruchs von der Bürgergemeinde
an die Leihkasse , sowie aus der Bezeichnung der Klägerin als
Zessionarinder Bürgergemeinde. . Kann auch (wegen der Identität zwischen
Zedentin und Zessionarin ) von einer Abtretung i m R e c h t s s i n
n e hier nicht gesprochen werden, so ist durch jene Zession und durch
die Beifügung im Klagerubrum als Zessionarin der Bürgergemeinde doch zum
Ausdruck gebracht worden, dass ein an sich der Bürgergemeinde zustehender
Anspruch geltend gemacht wird, und dass die Bürgergemeinde mit dessen
Geltendmachung einverstanden ist. Es kann daher nicht gesagt werden,
dass die Klagpartei kein Rechtssubjekt repräsentiere.s--

3; Zu den bisherigen Erwägungen kommt hinzu, dass im vorliegenden
Fall namens einer N a c h l a s s m a s s e geklagt wird, und dass
mit Rücksicht auf den besondern Inhalt des in Betracht kommenden
Nachlassvertrages die Klage genau genommen als für Rechnung der G l ä
u b i g e r eingereicht zu betrachten ist. Durch den am 2. September
1911 gerichtlich genehmigten Nachlassvertrag ist die Liquidation
des gesamten Vermögens der Leihkasse und die Verfùgbarmachung des
Bürgergemeindegutes einem Gläubigerausschuss übertragen worden, mit
der ausdrücklichen Weisung, daraus in erster Linie die Gläubige r zu
befriedigen. Es besteht somit ein ähnliches Beschlagsrecht der Gläubiger
wie im Falle eines Konkurses. Gleichwie nun im Konkurse die Konkursmasse
nicht die Rechtsnachfolgerin des Gemeinschuldners ist (obwohl sie
vielfach fälschlich als solche aufgefasst wird), und gleichwie die
Konkursverwaltung richtigerweise in erster Linie als die Verlreterin
der ihr Beschlagsrecht ausübenden Gläubiger zu betrachten ist, so muss
hier die L i q ui d a t i o n s k o un mi 5 si o n ebenfalls als die
Vertreterin der G l ä ubi g e r betrachtet werden. Der Nachlass-der
Zivîlkammern. N° 34. 173

vertrag mit Vermögensabtretung (gleichviel ob eine wirkliche Abtretung
der Aktiven, oder aber einfach die Uebertragung der Liquidation an einen
Gläubigerausschuss stattgefunden hat, was praktisch keinen Unterschied
macht) muss, ebenso wie dies bereits in anderer Hinsicht geschehen ist
(BGE 110 III S. 302 ff. und Urteil ' vom 25. Februar 1915 in Sachen Iselin
gegen Leihund Sparkasse Steckborn in Liquidation, Erw. 5 *), so auch in
die s e r Beziehung dem Konkurse gleichgestellt, d.h. es muss der mit der
Liquidation betraute Gläubigerausschuss als ermächtigt betrachtet werden,
sämtliches nach den Bestimmungen des Naehlassvertrages zur Nachlassmasse
gehörende Vermögen einzuziehen, ohne dass im Prozessfalle auf die Frage
zurückgekommen werden kann, welches Rechtssubjekt vo r der Genehmigung
des Nachlassvertrages als Inhaber des nunmehr zu liquidierenden Vermögens
zu gelten hatte und in wessen Namen daher damals allfällige Prozesse
zu führen waren. Es genügt, dass der Nachlassvertrag gerichtlich
bestätigt und dadurch die Liquidationskom mission ermächtigt worden ist,
materie] für Rechnung der Gläubiger, formell namens der Nachlass oder
Liquidationsmasse , dasjenige Vermögen zu liquidieren, welches nach den
Bestimmungen des Nachlassvertrages dem Beschlagsrechte der Gläubiger
unterliegt. Die Nachlass oder Liquidationsmasse ist kraft e i d g e
n ö s s i s c h e n Rechts ebenso prozessfähig, wie die Konkursmasse,
und es kann daher 3" e n e r (entgegen BGE 31 II N° 23 **) das Auftreten
als Prozesspartei aus Gründen des kantonalen Prozessrechts ebensowenig
verwehrt werden, wie d i e s e r.

Im vorliegenden Falle steht nun ausser Frage, dass die
Liquidationskommission, von welcher die Klage eingeleitet wurde, zur
Liquidierung des gesamten Vermögens der ehemaligen Leihkasse ermächtigt
ist, und

"_; Oben, Seite 149 f. ** Sep.-Ausg. 8 N° 23.174 Entscheidungen

dass sie dabei das Recht und die Pflicht hat, auch das nicht unmittelbar
im Geschäft investiert gewesene Bürgergemeindegut, soweit erforderlich,
herbeizuziehen ; ebenso a foriiori einen Schadenersatzanspruch wie
den im vorliegenden Fall geltend gemachten, der sich gerade auf die
Geschäftsführung eines der Kassaorgane gründet. Es kann ihr deshalb, wenn
sie zu diesem Zwecke einen ProZess führen muss, nicht entgegengehalten
werden, sie hätte ausdrücklich namens der Bürgergemeinde Aadorf oder
namens der Bürgergemeinde Aadorf in Liquidation oder unter irgend einer
andern, nach mehr oder weniger formellen Gesichtspunkten zu Wählenden
Bezeichnung auftreten sollen, sondern es genügt, dass sie durch einen
gerichtlich bestätigten Nachlassvertrag mit der Vertretung. der
Gläubigerinteressen beauftragt wurde. Von diesem Gesichtspunkte aus muss
ihr insbesondere auch das Recht zuerkannt werden, gegen die Bürgergemeinde
auf Herausgabe des Bürgergutes zu klagen, gerade wie ausnahmsweise
(vergl. Jeanne, Note 1 zu Art. 197
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 197 - 1 Sämtliches pfändbare Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Konkurseröffnung gehört, bildet, gleichviel wo es sich befindet, eine einzige Masse (Konkursmasse), die zur gemeinsamen Befriedigung der Gläubiger dient.367
1    Sämtliches pfändbare Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Konkurseröffnung gehört, bildet, gleichviel wo es sich befindet, eine einzige Masse (Konkursmasse), die zur gemeinsamen Befriedigung der Gläubiger dient.367
2    Vermögen, das dem Schuldner368 vor Schluss des Konkursverfahrens anfällt, gehört gleichfalls zur Konkursmasse.
SchKG, S. 6 i. d. M.) auch eine
Konkursverwaltung gegen den Konkursiten klagend auftreten muss, falls
dieser nämlich einen Admassierungsentscheid der Konkursverwaltung oder der
Aufsichtsbehörde nicht anerkennen will. Da die Liquidationskommission,
ebenso wie die Konkursverwaltung, in erster Linie die Interessen der
Gläubiger und nicht des Gemeinschuldners vertritt, so könnte in einem
solchen Falle nicht eingewendet werden, die Klagpartei sei mit der
beklagten Partei identisch.

4. Auch vom Standpunkte einer analogen Anwendung des Konkursrechtes
aus ist also das vorliegende kantonale Urteil, durch welches einer
gerichtlich bestätigten Liquidationskommission verwehrt werden will,
eine zum quuidationsvermögen gehörende Forderung gerichtlich geltend
zu machen, mit der Begründung, dass sie kein Rechtssubjekt vertrete,
gänzlich unhalthar. Die Einrede der mangelnden Prozessfähigkeit war
im vor-der Zivilkammern. N° 34. 175

liegenden Fall ebenso abzuweisen, wie in einem analogen Fall aus
neuerer Zeit (vergl. das bereits zitierte Urteil des Bundesgerichts vom
25. Februar 1915 in Sachen Iselin gegen Leihund Sparkasse Steckbom
in Liquidation, Erw. 1*) die damals ähnlich begründete Einrede
der mangelnden Aktivlegitimation . Das angefochtene Urteil ist daher
aufzuheben und die Sache behufs materie'ler Behandlung an den kantonalen
Richter zurückzuweisen.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Berufung w rd dahin gutgeheissen, dass das Urteil des thurgauischen
Obergerichts vom 3. November 1914 aufgehoben und die Sache im Sinne der
Erwägungen an den kantonalen Richter zurückgewiesen wird.

" Oben, Seite 144 E.

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