Urteilskopf

147 I 463

35. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft gegen A. und Mitb. sowie Kantonales Untersuchungsamt St. Gallen (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_33/2020 vom 26. Mai 2021

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 464

BGE 147 I 463 S. 464

A.

A.a Im Jahr 2007 erregte das Entführungs- und Tötungsdelikt an F. grosse Medienaufmerksamkeit. Anfang 2019 führten einzelne Presseberichte sowie die Aussagen angeblicher Zeugen, wonach neben dem verstorbenen G. weitere Personen an der Tat beteiligt gewesen sein sollen, erneut zu Schlagzeilen. Die Staatsanwaltschaft des
BGE 147 I 463 S. 465

Kantons St. Gallen hielt in diesem Zusammenhang am 7. März 2019 eine Pressekonferenz ab.
A.b Bereits vorher, am 1. März 2019, hatten die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft sowie der dort für die Sendung "Rundschau" tätige Redaktor H. beim Kantonalen Untersuchungsamt St. Gallen um Einsicht in die Akten des im Zusammenhang mit dem oben genannten Delikt geführten Strafverfahrens ersucht. Sie beabsichtigten im Wesentlichen, Aufschluss darüber zu erhalten, ob die medial aufgebrachten Zeugenaussagen seinerzeit abgeklärt worden waren. In der Folge liess das Untersuchungsamt die Kontaktdaten der von der Einsicht betroffenen Personen polizeilich abklären, kontaktierte diese und gewährte ihnen das rechtliche Gehör. Dabei handelte es sich um die Angehörigen des Tatopfers A., B. und C., um D., ein weiteres Opfer der damaligen Straftaten, sowie um E., die Witwe des verstorbenen mutmasslichen Täters. Mit Verfügung vom 31. Juli 2019 wies das Untersuchungsamt das Gesuch ab.
B. Dagegen erhoben die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft sowie H. am 15. August 2019 Beschwerde bei der Anklagekammer des Kantons St. Gallen mit dem Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung sowie auf Gewährung der ersuchten Akteneinsicht. Die Anklagekammer eröffnete zwei Verfahren. In ihren jeweiligen Stellungnahmen schlossen das Untersuchungsamt, die Angehörigen des Tatopfers A., B. und C. sowie das weitere Tatopfer D. auf Abweisung der Beschwerde. E. beantragte die Gutheissung der Beschwerde. Mit Entscheid vom 29. Oktober 2019 vereinigte die Anklagekammer die beiden Verfahren und wies die Beschwerde ab.
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 20. Januar 2020 an das Bundesgericht beantragt die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft, den Entscheid der Anklagekammer aufzuheben und ihr Einsicht in die gesamten Akten des Strafverfahrens gegen den verstorbenen G. zu gewähren; eventuell sei die Angelegenheit zur Gewährung einer beschränkten Akteneinsicht an die Anklagekammer, subeventuell an das Untersuchungsamt zurückzuweisen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ein Verstoss gegen das Akteneinsichtsrecht gemäss Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV und dem kantonalen Einführungsgesetz zur Schweizerischen Strafprozessordnung
BGE 147 I 463 S. 466

sowie gegen den Grundsatz der Justizöffentlichkeit gemäss Art. 30 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV, Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK und Art. 14 Abs. 1
IR 0.103.2 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte
UNO-Pakt-II Art. 14 - (1) Alle Menschen sind vor Gericht gleich. Jedermann hat Anspruch darauf, dass über eine gegen ihn erhobene strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird. Aus Gründen der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung (ordre public) oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft oder wenn es im Interesse des Privatlebens der Parteien erforderlich ist oder - soweit dies nach Auffassung des Gerichts unbedingt erforderlich ist - unter besonderen Umständen, in denen die Öffentlichkeit des Verfahrens die Interessen der Gerechtigkeit beeinträchtigen würde, können Presse und Öffentlichkeit während der ganzen oder eines Teils der Verhandlung ausgeschlossen werden; jedes Urteil in einer Straf- oder Zivilsache ist jedoch öffentlich zu verkünden, sofern nicht die Interessen Jugendlicher dem entgegenstehen oder das Verfahren Ehestreitigkeiten oder die Vormundschaft über Kinder betrifft.
a  Er ist unverzüglich und im Einzelnen in einer ihm verständlichen Sprache über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Anklage zu unterrichten;
b  er muss hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben;
c  es muss ohne unangemessene Verzögerung ein Urteil gegen ihn ergehen;
d  er hat das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen; falls er keinen Verteidiger hat, ist er über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; fehlen ihm die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist ihm ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
e  er darf Fragen an die Belastungszeugen stellen oder stellen lassen und das Erscheinen und die Vernehmung der Entlastungszeugen unter den für die Belastungszeugen geltenden Bedingungen erwirken;
f  er kann die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers verlangen, wenn er die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht;
g  er darf nicht gezwungen werden, gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen.
UNO-Pakt II (SR 0.103.2), eine Verletzung der Informations- und Medienfreiheit gemäss Art. 16
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 16 Meinungs- und Informationsfreiheit - 1 Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet.
1    Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet.
2    Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten.
3    Jede Person hat das Recht, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verbreiten.
und 17
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 17 Medienfreiheit - 1 Die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen ist gewährleistet.
1    Die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen ist gewährleistet.
2    Zensur ist verboten.
3    Das Redaktionsgeheimnis ist gewährleistet.
BV und der Gesetzesbestimmungen des Bundes über die Programmautonomie und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts durch die Anklagekammer geltend gemacht. In seiner Vernehmlassung verweist das Untersuchungsamt auf zwei mit ihrer Vernehmlassung eingereichte Dokumente, eine Einstellungsverfügung vom 25. Juli 2008 sowie eine Nichtanhandnahmeverfügung vom 11. Dezember 2018. Die Beschwerdeführerin bringt daraufhin vor, die vom Untersuchungsamt angerufenen und eingereichten beiden Verfügungen vom 25. Juli 2008 und 11. Dezember 2018 hätten bislang keinen Eingang in das Verfahren gefunden, und verlangte Einsicht in die vom Untersuchungsamt dem Bundesgericht eingereichten Akten. Nachdem das Untersuchungsamt dazu schriftlich sein ausdrückliches Einverständnis erklärt hatte, wurde der Beschwerdeführerin die verlangte Einsicht gewährt.
D. Am 26. Mai 2021 hat das Bundesgericht die Angelegenheit öffentlich beraten. Es weist die Beschwerde ab. (Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3.

3.1

3.1.1 Gemäss dem in Art. 30 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV, Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK und Art. 14 Abs. 1
IR 0.103.2 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte
UNO-Pakt-II Art. 14 - (1) Alle Menschen sind vor Gericht gleich. Jedermann hat Anspruch darauf, dass über eine gegen ihn erhobene strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird. Aus Gründen der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung (ordre public) oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft oder wenn es im Interesse des Privatlebens der Parteien erforderlich ist oder - soweit dies nach Auffassung des Gerichts unbedingt erforderlich ist - unter besonderen Umständen, in denen die Öffentlichkeit des Verfahrens die Interessen der Gerechtigkeit beeinträchtigen würde, können Presse und Öffentlichkeit während der ganzen oder eines Teils der Verhandlung ausgeschlossen werden; jedes Urteil in einer Straf- oder Zivilsache ist jedoch öffentlich zu verkünden, sofern nicht die Interessen Jugendlicher dem entgegenstehen oder das Verfahren Ehestreitigkeiten oder die Vormundschaft über Kinder betrifft.
a  Er ist unverzüglich und im Einzelnen in einer ihm verständlichen Sprache über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Anklage zu unterrichten;
b  er muss hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben;
c  es muss ohne unangemessene Verzögerung ein Urteil gegen ihn ergehen;
d  er hat das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen; falls er keinen Verteidiger hat, ist er über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; fehlen ihm die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist ihm ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
e  er darf Fragen an die Belastungszeugen stellen oder stellen lassen und das Erscheinen und die Vernehmung der Entlastungszeugen unter den für die Belastungszeugen geltenden Bedingungen erwirken;
f  er kann die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers verlangen, wenn er die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht;
g  er darf nicht gezwungen werden, gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen.
UNO-Pakt II verankerten Prinzip der Justizöffentlichkeit sind, unter Vorbehalt gesetzlicher Ausnahmen, Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung öffentlich. Diese erlaubt Einblick in die Rechtspflege und sorgt für Transparenz gerichtlicher Verfahren. Damit dient sie einerseits dem Schutz der direkt an gerichtlichen Verfahren beteiligten Parteien im Hinblick auf deren korrekte Behandlung und gesetzmässige Beurteilung. Andererseits ermöglicht die Justizöffentlichkeit auch nicht verfahrensbeteiligten Dritten nachzuvollziehen, wie gerichtliche Verfahren geführt werden, das Recht verwaltet und die Rechtspflege ausgeübt wird. Die Justizöffentlichkeit bedeutet eine Absage an jegliche Form der Kabinettsjustiz, will für Transparenz der Rechtsprechung sorgen und die Grundlage für das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit schaffen. Der Grundsatz ist von zentraler rechtsstaatlicher und demokratischer
BGE 147 I 463 S. 467

Bedeutung. Die demokratische Kontrolle durch die Rechtsgemeinschaft soll Spekulationen begegnen, die Justiz benachteilige oder privilegiere einzelne Prozessparteien ungebührlich oder die Ermittlungen würden einseitig und rechtsstaatlich fragwürdig geführt ( BGE 146 I 30 E. 2.2; BGE 143 I 194 E. 3.1 S. 198 f.; je mit Hinweisen). Gemäss Art. 16 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 16 Meinungs- und Informationsfreiheit - 1 Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet.
1    Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet.
2    Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten.
3    Jede Person hat das Recht, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verbreiten.
BV hat jede Person das Recht, Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen. Aufgrund von Art. 30 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV stellen die Gerichtsverhandlung und die Urteilsverkündung eine solche Quelle dar ( BGE 143 I 194 E. 3.1 S. 200; BGE 139 I 129 E. 3.3; BGE 137 I 16 E. 2.2; je mit Hinweisen). Auf den Grundsatz der öffentlichen Urteilsverkündung bzw. Bekanntgabe des Urteils können sich namentlich Medienschaffende auch im Nachinein, also nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens, berufen ( BGE 139 I 129 ; Urteil 1C_123/2016 vom 21. Juni 2016 E. 3.6, in: ZBl 117/2016 S. 601 ff.; GEROLD STEINMANN, in: Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, N. 66 zu Art. 30
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV). Das Interesse von Verfahrensbeteiligten an der Geheimhaltung des Urteils tritt insoweit zurück (Urteil 1B_510/2017 vom 11. Juli 2018 E. 3.4, in: ZBl 119/2018 S. 644). Das Prinzip der Justizöffentlichkeit setzt kein besonderes schutzwürdiges Informationsinteresse voraus (Urteile 1C_497/2018 vom 22. Januar 2020 E. 2.2; 1C_394/2018 vom 7. Juni 2019 E. 4.1, in: RDAF 2019 I S. 731; 1C_123/2016 vom 21. Juni 2016 E. 3.5.2, in: ZBl 117/2016 S. 604; je mit Hinweisen). Der verfassungsrechtliche Anspruch auf Kenntnisnahme von Urteilen gilt jedoch nicht absolut. Er wird begrenzt durch den ebenfalls verfassungsrechtlich verankerten Schutz von persönlichen und öffentlichen Interessen. Sein Umfang ist im Einzelfall unter Abwägung der entgegenstehenden Interessen zu bestimmen. Zu wahren ist insbesondere der Persönlichkeitsschutz der Verfahrensbeteiligten. Daraus folgt, dass die Kenntnisgabe von Urteilen unter dem Vorbehalt der Anonymisierung oder Kürzung steht (vgl. zum Ganzen: BGE 143 I 194 E. 3.4.3; BGE 139 I 129 E. 3.6; Urteil 1C_616/2018 vom 11. September 2019 E. 2.2; je mit Hinweisen).
3.1.2 Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann aus dem Prinzip der Justizöffentlichkeit in begründeten Fällen auch ein Einsichtsrecht von Interessierten in strafprozessuale Entscheide (insbesondere Einstellungsverfügungen) folgen, die eine nichtgerichtliche Verfahrenserledigung ohne Straffolgen nach sich ziehen ( BGE 137 I 16 E. 2.3; BGE 134 I 286 E. 6).
BGE 147 I 463 S. 468

Bei nicht verfahrensbeteiligten Dritten ist ein schutzwürdiges Informationsinteresse vorausgesetzt, das gegen allfällige besondere Geheimhaltungsinteressen der Justizbehörden oder von mitbetroffenen Dritten abzuwägen ist. Einsichtsgesuche dürfen insbesondere das gute Funktionieren der Strafjustiz nicht gefährden und finden eine Schranke auch am Rechtsmissbrauchsverbot. Bei entgegenstehenden privaten oder öffentlichen Interessen ist allerdings zu prüfen, ob diesen durch Kürzung oder Anonymisierung ausreichend Rechnung getragen werden kann ( BGE 134 I 286 E. 6.3; Urteile 1C_394/2018 vom 7. Juni 2019 E. 4.1; 1B_68/2012 vom 3. Juli 2012 E. 3.2, in: EuGRZ 2012 S. 656; je mit Hinweisen). Im Fall von Medienschaffenden ergibt sich das schutzwürdige Informationsinteresse ohne Weiteres aus der Kontrollfunktion der Medien ( BGE 137 I 16 E. 2.4).
3.1.3 Nach diesen Ausführungen bildet das Prinzip der Justizöffentlichkeit keine Grundlage für die Gewährung von Einsicht in die gesamten Strafakten, wie sie die Beschwerdeführerin verlangt. Dies ergibt sich im Übrigen auch mit Blick auf Art. 69
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 69 Grundsätze - 1 Die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte sind mit Ausnahme der Beratung öffentlich.
1    Die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte sind mit Ausnahme der Beratung öffentlich.
2    Haben die Parteien in diesen Fällen auf eine öffentliche Urteilsverkündung verzichtet oder ist ein Strafbefehl ergangen, so können interessierte Personen in die Urteile und Strafbefehle Einsicht nehmen.
3    Nicht öffentlich sind:
a  das Vorverfahren; vorbehalten bleiben Mitteilungen der Strafbehörden an die Öffentlichkeit;
b  das Verfahren des Zwangsmassnahmengerichts;
c  das Verfahren der Beschwerdeinstanz und, soweit es schriftlich durchgeführt wird, des Berufungsgerichts;
d  das Strafbefehlsverfahren.
4    Öffentliche Verhandlungen sind allgemein zugänglich, für Personen unter 16 Jahren jedoch nur mit Bewilligung der Verfahrensleitung.
StPO, in dessen Abs. 1 der Grundsatz der Justizöffentlichkeit für gerichtliche Strafverfahren präzisiert und in dessen Abs. 3 namentlich hinsichtlich des vorliegend betroffenen Vorverfahrens eingeschränkt wird (vgl. BGE 143 I 194 E. 3.1 mit Hinweisen). Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Prinzips der Justizöffentlichkeit gemäss Art. 30 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV, Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK und Art. 14 Abs. 1
IR 0.103.2 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte
UNO-Pakt-II Art. 14 - (1) Alle Menschen sind vor Gericht gleich. Jedermann hat Anspruch darauf, dass über eine gegen ihn erhobene strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird. Aus Gründen der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung (ordre public) oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft oder wenn es im Interesse des Privatlebens der Parteien erforderlich ist oder - soweit dies nach Auffassung des Gerichts unbedingt erforderlich ist - unter besonderen Umständen, in denen die Öffentlichkeit des Verfahrens die Interessen der Gerechtigkeit beeinträchtigen würde, können Presse und Öffentlichkeit während der ganzen oder eines Teils der Verhandlung ausgeschlossen werden; jedes Urteil in einer Straf- oder Zivilsache ist jedoch öffentlich zu verkünden, sofern nicht die Interessen Jugendlicher dem entgegenstehen oder das Verfahren Ehestreitigkeiten oder die Vormundschaft über Kinder betrifft.
a  Er ist unverzüglich und im Einzelnen in einer ihm verständlichen Sprache über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Anklage zu unterrichten;
b  er muss hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben;
c  es muss ohne unangemessene Verzögerung ein Urteil gegen ihn ergehen;
d  er hat das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen; falls er keinen Verteidiger hat, ist er über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; fehlen ihm die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist ihm ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
e  er darf Fragen an die Belastungszeugen stellen oder stellen lassen und das Erscheinen und die Vernehmung der Entlastungszeugen unter den für die Belastungszeugen geltenden Bedingungen erwirken;
f  er kann die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers verlangen, wenn er die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht;
g  er darf nicht gezwungen werden, gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen.
UNO-Pakt II geltend macht, zielt ihre Beschwerde daher ins Leere.
3.2 Zu Recht beruft sich die Beschwerdeführerin sodann nicht auf das gesetzliche Öffentlichkeitsrecht. Wie bereits auf Bundesebene (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. a
SR 152.3 Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ) - Öffentlichkeitsgesetz
BGÖ Art. 3 Sachlicher Geltungsbereich - 1 Dieses Gesetz gilt nicht für:
1    Dieses Gesetz gilt nicht für:
a  den Zugang zu amtlichen Dokumenten betreffend:
a1  Zivilverfahren,
a2  Strafverfahren,
a3  Verfahren der internationalen Rechts- und Amtshilfe,
a4  internationale Verfahren zur Streitbeilegung,
a5  Verfahren der Staats- und Verwaltungsrechtspflege oder
a6  Schiedsverfahren;
b  die Einsichtnahme einer Partei in die Akten eines erstinstanzlichen Verwaltungsverfahrens.
2    Der Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers enthalten, richtet sich nach dem Datenschutzgesetz vom 25. September 20205 (DSG).6
des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung [Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ; SR 152.3]) ist der Zugang zu Dokumenten, die Teil der Verfahrensakten eines Strafverfahrens bilden, auch vom Geltungsbereich des kantonalen Öffentlichkeitsgesetzes ausgenommen (vgl. Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons St. Gallen vom 18. November 2014 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung [Öffentlichkeitsgesetz, OeffG/SG; sGS 140.2]), wobei sowohl die hängigen als auch die abgeschlossenen Verfahren erfasst sind. Massgebend sind diesbezüglich die einschlägigen Spezialgesetze (Botschaft und Entwurf der Regierung des Kantons St. Gallen vom 21. Mai 2013 zum Informationsgesetz des Kantons St. Gallen, ABl 2013 1483; vgl. auch Botschaft vom 12. Februar 2003 zum Bundesgesetz über
BGE 147 I 463 S. 469

die Öffentlichkeit der Verwaltung [Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ], BBl 2003 1989). Damit kommt gleichzeitig zum Ausdruck, dass die Verfahrensakten vom "Geist der Öffnung" (vgl. BBl 2003 1984), der dem Öffentlichkeitsrecht inhärent ist, nicht erfasst sind.
3.3

3.3.1 In der Schweizerischen Strafprozessordnung ist die Akteneinsicht bei hängigen Verfahren in den Art. 101 und 102 geregelt. Nach dem Akteneinsichtsrecht der Parteien (Abs. 1) und von anderen Behörden (Abs. 2) enthält Art. 101 in Abs. 3 auch eine Bestimmung zum Akteneinsichtsrecht von Dritten. Demnach können Dritte die Akten einsehen, wenn sie dafür ein wissenschaftliches oder ein anderes schützenswertes Interesse geltend machen und der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung genügt es dabei nicht, dass die Drittperson ein schützenswertes Interesse lediglich geltend macht; vielmehr muss sie ein solches haben. Andernfalls hat sie von vornherein kein Recht auf Akteneinsicht. Das schützenswerte Interesse muss nicht notwendigerweise ein rechtlich geschütztes Interesse sein; ein tatsächliches Interesse genügt (Urteile 1B_353/2015 vom 22. April 2016 E. 4.3; 1B_306/2014 vom 12. Januar 2015 E. 2.1; je mit Hinweisen). Die nicht verfahrensbeteiligte Drittperson hat regelmässig ein geringeres Interesse an der Akteneinsicht als die Partei, die diese zur Wahrung ihrer Rechte im Verfahren benötigt. Ein schützenswertes Interesse der Drittperson im Sinne von Art. 101 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 101 Akteneinsicht bei hängigem Verfahren - 1 Die Parteien können spätestens nach der ersten Einvernahme der beschuldigten Person und der Erhebung der übrigen wichtigsten Beweise durch die Staatsanwaltschaft die Akten des Strafverfahrens einsehen; Artikel 108 bleibt vorbehalten.
1    Die Parteien können spätestens nach der ersten Einvernahme der beschuldigten Person und der Erhebung der übrigen wichtigsten Beweise durch die Staatsanwaltschaft die Akten des Strafverfahrens einsehen; Artikel 108 bleibt vorbehalten.
2    Andere Behörden können die Akten einsehen, wenn sie diese für die Bearbeitung hängiger Zivil-, Straf- oder Verwaltungsverfahren benötigen und der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen.
3    Dritte können die Akten einsehen, wenn sie dafür ein wissenschaftliches oder ein anderes schützenswertes Interesse geltend machen und der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen.
StPO ist praxisgemäss nur ausnahmsweise und in begründeten Fällen zu bejahen. Andernfalls drohen Missbräuche und Verzögerungen (vgl. Art. 102 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 102 Vorgehen bei Begehren um Akteneinsicht - 1 Die Verfahrensleitung entscheidet über die Akteneinsicht. Sie trifft die erforderlichen Massnahmen, um Missbräuche und Verzögerungen zu verhindern und berechtigte Geheimhaltungsinteressen zu schützen.
1    Die Verfahrensleitung entscheidet über die Akteneinsicht. Sie trifft die erforderlichen Massnahmen, um Missbräuche und Verzögerungen zu verhindern und berechtigte Geheimhaltungsinteressen zu schützen.
2    Die Akten sind am Sitz der betreffenden Strafbehörde oder rechtshilfeweise bei einer andern Strafbehörde einzusehen. Anderen Behörden sowie den Rechtsbeiständen der Parteien werden sie in der Regel zugestellt.
3    Wer zur Einsicht berechtigt ist, kann gegen Entrichtung einer Gebühr die Anfertigung von Kopien der Akten verlangen.
StPO; zum Ganzen: Urteile 1B_590/2020 vom 17. März 2021 E. 7.1; 1B_55/2019 vom 14. Juni 2019 E. 3.4 f.; 1B_340/2017 vom 16. November 2017 E. 2.1, in: SJ 2018 I S. 302; je mit Hinweisen). Hat die Drittperson ein schützenswertes Interesse, muss dieses gegen öffentliche oder private Interessen abgewogen werden, die der Einsichtnahme entgegenstehen. Überwiegt das öffentliche oder private Interesse, hat die Drittperson kein Recht auf Akteneinsicht. Rechnung zu tragen ist dabei insbesondere dem öffentlichen Interesse an einer ungestörten Durchführung des Strafverfahrens (Urteile 1B_340/2017 vom 16. November 2017 E. 2.1; 1B_353/2015 vom 22. April 2016 E. 4.3; 1B_306/2014 vom 12. Januar 2015 E. 2.1; 1B_33/2014 vom 13. März 2014 E. 2; je mit Hinweisen).
BGE 147 I 463 S. 470

3.3.2 Vorliegend handelt es sich indes um ein abgeschlossenes Strafverfahren, in dessen Akten Einsicht gewährt werden soll. Nach Abschluss des Verfahrens richten sich das Bearbeiten von Personendaten, das Verfahren und der Rechtsschutz nach den Bestimmungen des Datenschutzrechts von Bund und Kantonen (Art. 99 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 99 Bearbeitung und Aufbewahrung von Personendaten nach Abschluss des Verfahrens - 1 Nach Abschluss des Verfahrens richten sich das Bearbeiten von Personendaten, das Verfahren und der Rechtsschutz nach den Bestimmungen des Datenschutzrechts von Bund und Kantonen.
1    Nach Abschluss des Verfahrens richten sich das Bearbeiten von Personendaten, das Verfahren und der Rechtsschutz nach den Bestimmungen des Datenschutzrechts von Bund und Kantonen.
2    Die Dauer der Aufbewahrung von Personendaten nach Abschluss eines Verfahrens bestimmt sich nach Artikel 103.
3    Vorbehalten bleiben die Vorschriften des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 199449 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes, des Bundesgesetzes vom 13. Juni 200850 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes sowie die Bestimmungen dieses Gesetzes über erkennungsdienstliche Unterlagen und DNA-Profile.51
StPO). Auf die kantonalen datenschutzrechtlichen Grundlagen geht vorliegend weder die Vorinstanz noch die Beschwerdeführerin ein. Der Kanton St. Gallen hat in Bezug auf die Verfügung über Strafakten nach Abschluss des Verfahrens Art. 35
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 99 Bearbeitung und Aufbewahrung von Personendaten nach Abschluss des Verfahrens - 1 Nach Abschluss des Verfahrens richten sich das Bearbeiten von Personendaten, das Verfahren und der Rechtsschutz nach den Bestimmungen des Datenschutzrechts von Bund und Kantonen.
1    Nach Abschluss des Verfahrens richten sich das Bearbeiten von Personendaten, das Verfahren und der Rechtsschutz nach den Bestimmungen des Datenschutzrechts von Bund und Kantonen.
2    Die Dauer der Aufbewahrung von Personendaten nach Abschluss eines Verfahrens bestimmt sich nach Artikel 103.
3    Vorbehalten bleiben die Vorschriften des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 199449 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes, des Bundesgesetzes vom 13. Juni 200850 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes sowie die Bestimmungen dieses Gesetzes über erkennungsdienstliche Unterlagen und DNA-Profile.51
des Einführungsgesetzes des Kantons St. Gallen vom 3. August 2010 zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung (EG-StPO/SG; sGS 962.1) erlassen (vgl. Urteil 6B_979/2019 vom 28. Oktober 2019 E. 4.2). Gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. g
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 99 Bearbeitung und Aufbewahrung von Personendaten nach Abschluss des Verfahrens - 1 Nach Abschluss des Verfahrens richten sich das Bearbeiten von Personendaten, das Verfahren und der Rechtsschutz nach den Bestimmungen des Datenschutzrechts von Bund und Kantonen.
1    Nach Abschluss des Verfahrens richten sich das Bearbeiten von Personendaten, das Verfahren und der Rechtsschutz nach den Bestimmungen des Datenschutzrechts von Bund und Kantonen.
2    Die Dauer der Aufbewahrung von Personendaten nach Abschluss eines Verfahrens bestimmt sich nach Artikel 103.
3    Vorbehalten bleiben die Vorschriften des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 199449 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes, des Bundesgesetzes vom 13. Juni 200850 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes sowie die Bestimmungen dieses Gesetzes über erkennungsdienstliche Unterlagen und DNA-Profile.51
EG-StPO/SG werden an andere als die in den lit. a-f genannten Personen und Behörden Strafakten herausgegeben und Auskünfte erteilt, wenn ein schützenswertes Interesse glaubhaft gemacht wird und der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen. Die Anklagekammer regelt die Einzelheiten (Abs. 3). Gemäss Art. 3 lit. f der Weisung der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 15. August 2012 über die Herausgabe von Strafakten und die Erteilung von Auskünften nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens (nachfolgend: Weisung) können Strafakten nach rechtskräftigem Verfahrensabschluss Dritten dann zugänglich gemacht werden, wenn diese ein schützenswertes Interesse glaubhaft zu machen vermögen und der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen. Die verschiedenen öffentlichen und privaten Interessen sind gegeneinander abzuwägen (Art. 6 Abs. 1 der Weisung); gebotenenfalls sind die Einsicht in bzw. die Herausgabe von Akten und Entscheiden zu beschränken oder Hinweise auf Beteiligte unkenntlich zu machen (Art. 4 Abs. 2 und Art. 7 der Weisung). Den Betroffenen ist zudem Gelegenheit zur Stellungnahme zu bieten, sofern trotz Anonymisierung Rückschlüse auf deren Identität möglich sind (Art. 6
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 6 Individuelle und gesellschaftliche Verantwortung - Jede Person nimmt Verantwortung für sich selber wahr und trägt nach ihren Kräften zur Bewältigung der Aufgaben in Staat und Gesellschaft bei.
der Weisung).
3.3.3 Diese Regelung entspricht weitgehend der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV: Dieser zufolge kann der Anspruch auf Akteneinsicht auch ausserhalb eines hängigen Verfahrens geltend gemacht werden. Eine umfassende Wahrung der Rechte kann es gebieten, dass die betroffene oder eine Drittperson Akten eines abgeschlossenen Verfahrens einsieht. Allerdings ist dieser Anspruch davon abhängig, dass die rechtsuchende Person ein
BGE 147 I 463 S. 471

besonderes schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen kann. Dieses kann sich aus der Betroffenheit in einem spezifischen Freiheitsrecht wie etwa der persönlichen Freiheit oder aus einer sonstigen besonderen Sachnähe ergeben. Soweit die Verwaltung nicht dem sogenannten Öffentlichkeitsprinzip unterstellt ist, reicht die Berufung auf Art. 16 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 16 Meinungs- und Informationsfreiheit - 1 Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet.
1    Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet.
2    Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten.
3    Jede Person hat das Recht, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verbreiten.
BV nicht aus und bedarf es daher der Geltendmachung eines spezifischen schützenswerten Interesses im dargelegten Sinn. Das Akteneinsichtsrecht findet indes seine Grenzen an überwiegenden öffentlichen Interessen des Staates oder an berechtigten Interessen Dritter. Diesfalls sind die einander entgegenstehenden Interessen an der Akteneinsicht einerseits und an deren Verweigerung andererseits sorgfältig gegeneinander abzuwägen (zum Ganzen: BGE 129 I 249 E. 3; BGE 113 Ia 1 E. 4a; Urteile 1C_352/2018 vom 18. September 2018 E. 3.2; 4A_212/2015 vom 4. November 2015 E. 4.2.3; 2C_387/2013 vom 17. Januar 2014 E. 4.2.2; 5A_956/2012 vom 25. Juni 2013 E. 2.1; je mit Hinweisen; GEROLD STEINMANN, a.a.O., N. 54 zu Art. 29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV).
4. Vorliegend stellt sich die Frage, ob der Beschwerdeführerin als Medienunternehmen Einsicht in die Akten eines Strafverfahrens zu gewähren ist, das im Jahr 2008 rechtskräftig abgeschlossen wurde. Zu prüfen ist nachfolgend, ob der Beschwerdeführerin ein schützenswertes Interesse an der Akteneinsicht zukommt (vgl. E. 5) und ob diesem überwiegende private oder öffentliche Interessen entgegenstehen (vgl. E. 6), wobei eine sorgfältige und umfassende Interessenabwägung vorzunehmen ist.
Dass die Vorinstanzen das Gesuch der Beschwerdeführerin hauptsächlich als Herausgabebegehren und nicht als Akteneinsichtsgesuch behandelt haben, bringt vorliegend - wenn überhaupt - lediglich einen marginalen Unterschied mit sich.
5. (...)

5.3 Art. 17
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 17 Medienfreiheit - 1 Die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen ist gewährleistet.
1    Die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen ist gewährleistet.
2    Zensur ist verboten.
3    Das Redaktionsgeheimnis ist gewährleistet.
BV schützt die Medienfreiheit. Danach ist die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen gewährleistet (Abs. 1). Zensur ist verboten (Abs. 2) und das Redaktionsgeheimnis garantiert (Abs. 3). Die Medienfreiheit gehört zu den zentralen Ausprägungen des allgemeinen Grundrechts freier Meinungsäusserung. Normativer Kern der Medienfreiheit ist die Sicherung des ungehinderten Nachrichtenflusses und des freien Meinungsaustauschs. Geschützt ist die
BGE 147 I 463 S. 472

Recherchetätigkeit der Journalisten zur Herstellung von Medienerzeugnissen und zu deren Verbreitung in der Öffentlichkeit ( BGE 143 I 194 E. 3.1 S. 200 mit Hinweisen). Als subsidiäres Auffanggrundrecht dazu gewährleistet die Meinungsfreiheit das Recht jeder Person, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten (Art. 16
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 16 Meinungs- und Informationsfreiheit - 1 Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet.
1    Die Meinungs- und Informationsfreiheit ist gewährleistet.
2    Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten.
3    Jede Person hat das Recht, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verbreiten.
BV; BGE 144 I 126 E. 4.1 mit Hinweisen).

5.4

5.4.1 Wie sich aus den Vorbringen der Beschwerdeführerin ergibt, sah sich diese vor allem wegen eines (gestützt auf die Thesen eines Schriftstellers verfassten) Zeitungsartikels, wonach der mutmassliche Täter nicht alleine gehandelt haben soll, zu ihrem Akteneinsichtsgesuch veranlasst. Auch wenn sich die Beschwerdeführerin gestützt darauf bzw. aufgrund von angeblichen Widersprüchen und Ungereimtheiten zu weiteren Recherchen und einer diesbezüglichen Berichterstattung veranlasst sieht - was ihr mit Blick auf die verfassungsrechtlich verankerte Medienfreiheit (vgl. Art. 17
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 17 Medienfreiheit - 1 Die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen ist gewährleistet.
1    Die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen ist gewährleistet.
2    Zensur ist verboten.
3    Das Redaktionsgeheimnis ist gewährleistet.
BV) grundsätzlich frei steht - ist fraglich, ob ihr damit ein schutzwürdiges Interesse an der Einsicht in die gesamten Akten des seit über zehn Jahren rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens zukommt. Dies gilt umso mehr, als die Beschwerdeführerin im Lauf des bundesgerichtlichen Verfahrens Einsicht in die Einstellungsverfügung vom 25. Juli 2008 sowie die Nichtanhandnahmeverfügung vom 11. Dezember 2018 erhalten hat und an die Einsicht in die Strafakten im Vergleich dazu höhere Anforderungen zu stellen sind: Das für die Akteneinsicht geforderte schutzwürdige Interesse ergibt sich, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, nicht ohne Weiteres aus der Kontrollfunktion der Medien. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Staatsanwaltschaft und die Polizei am 7. März 2019 - und damit nach dem Akteneinsichtsgesuch der Beschwerdeführerin vom 1. März 2019 - eine Pressekonferenz abgehalten haben, in deren Rahmen die medial aufgeworfenen Thesen zu möglichen Ermittlungsansätzen thematisiert und unter Rückgriff auf die damaligen Untersuchungsergebnisse gewürdigt wurden. Inwiefern darüber hinaus ein relevantes öffentliches Informationsinteresse bestehen soll, geht aus den Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht schlüssig hervor. Im Übrigen hat diese Einsicht in die vom Untersuchungsamt erlassenen Verfügungen erhalten, worin eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Beweismitteln bzw. den von einem Melder vorgebrachten Thesen stattgefunden hat. Inwiefern die behaupteten Widersprüche und Ungereimtheiten
BGE 147 I 463 S. 473

damit nicht ausgeräumt worden wären, geht aus der Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht hervor.
5.4.2 Was die polizeiliche Befragung des zwischenzeitlich verstorbenen Beschwerdegegners 4 vom 3. Juni 2019 betrifft, so erfolgte diese, wie bereits von der Vorinstanz festgehalten, im Rahmen des vorliegenden, von der Beschwerdeführerin eingeleiteten Akteneinsichtsverfahrens. Nach Eingang des Akteneinsichtsgesuchs beim Untersuchungsamt wurde den Betroffenen des damaligen Strafverfahrens das rechtliche Gehör gewährt. Nachdem sich der Beschwerdegegner 4 nicht vernehmen liess und Kontaktversuche scheiterten, beauftragte das Untersuchungsamt die Kantonspolizei St. Gallen, den Beschwerdegegner 4 zu kontaktieren, ihn auf die Ausgangslage (laufender Akteneinsichtsprozess inklusive der in den Medien erhobenen Anschuldigungen) aufmerksam zu machen und Stellung beziehen zu lassen. Dementsprechend wurde der Beschwerdegegner 4 am 3. Juni 2019 von der Polizei befragt. Inwiefern dieses Vorgehen Fragen aufwerfen und zu einem schutzwürdigen Interesse der Beschwerdeführerin an der Einsicht in die Strafakten führen sollte, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin im Lauf des bundesgerichtlichen Verfahrens in dieses Befragungsprotokoll, das Bestandteil des vorliegenden Verfahrens ist, Einsicht erhalten. Inwiefern in der Zeit zwischen dem Erlass der Nichtanhandnahmeverfügung vom 11. Dezember 2018 und der Pressekonferenz vom 7. März 2019 anderweitige Ermittlungshandlungen getätigt worden sein sollen, wie dies die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 22. Juni 2020 vermutet, ist nicht ersichtlich und geht auch aus ihren Vorbringen nicht hervor. Diese Zeitspanne dürfte schlicht darauf zurückzuführen sein, dass das mediale Interesse erst anfangs 2019 aufkam und darauf mittels Abhaltens der Pressekonferenz reagiert wurde. Weshalb sodann das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden, allfälligen neuen Hinweisen aus der Bevölkerung nachzugehen und die meldende Person zu befragen, Fragen aufwerfen soll, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr könnte das gegenteilige Verhalten der Strafverfolgungsbehörden - allfällige neue Hinweise zu ignorieren - fragwürdig erscheinen.
5.4.3 Entgegen der in ihrer Stellungnahme an das Bundesgericht vom 2. Juni 2020 vertretenen Ansicht ist auch mit der
BGE 147 I 463 S. 474

Nichtanhandnahmeverfügung des Untersuchungsamts vom 11. Dezember 2018 kein "Beleg für die Notwendigkeit einer Akteneinsicht der Medien" gegeben: Nach Eingang einer Meldung beim kantonalen Sicherheits- und Justizdepartement prüfte das Untersuchungsamt die einzelnen Vorbringen des Melders und verfügte anschliessend am 11. Dezember 2018: "Eine Wiederaufnahme des rechtskräftig eingestellten Verfahrens erfolgt nicht.", und dass es sich dabei um einen "Aktenentscheid" handle. Dass diese Verfügung als "Nichtanhandnahmeverfügung (Art. 310
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 310 Nichtanhandnahmeverfügung - 1 Die Staatsanwaltschaft verfügt die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass:
1    Die Staatsanwaltschaft verfügt die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass:
a  die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind;
b  Verfahrenshindernisse bestehen;
c  aus den in Artikel 8 genannten Gründen auf eine Strafverfolgung zu verzichten ist.
2    Im Übrigen richtet sich das Verfahren nach den Bestimmungen über die Verfahrenseinstellung.
StPO)" bezeichnet wurde, ist offensichtlich ein Versehen - verfügte das Untersuchungsamt doch ausdrücklich, dass eine Wiederaufnahme nicht erfolge -, im vorliegenden Zusammenhang aber nicht problematisch. Ob die eigentliche Nichtwiederaufnahmeverfügung hätte eröffnet werden müssen, braucht hier nicht geklärt zu werden; selbst wenn dem so wäre, könnte die Beschwerdeführerin alleine daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten. (...)

6.

6.1 Hinsichtlich der privaten Interessen der Beschwerdegegner erwog die Vorinstanz, das Interesse der Beschwerdegegner 1-3, die Sache endlich ruhen lassen zu können und alte Wunden nicht immer wieder aufreissen lassen zu müssen, wiege schwer. Das tragische, grausame und für die Angehörigen fraglos äusserst einschneidende Verbrechen liege zwölf Jahre zurück. Die Bedürfnisse der Medien seien mit der Abhaltung der Pressekonferenz hinreichend befriedigt worden. Die Interessen der Beschwerdegegner 1-3, welche die damaligen Schlüsse der Untersuchungsbehörden auch heute nicht in Frage stellten, überwögen jene der Beschwerdeführerin und der Öffentlichkeit klar. Dadurch, dass die Beschwerdegegnerin 1 in den vielen Jahren seit der Tat einzelnen Medienanfragen entsprochen habe, habe sie den Schutz ihrer privaten Interessen nicht "verwirkt". Diese gelte es nach wie vor zu schützen, zumal eine solche Argumentation für die Beschwerdegegnerin 1 gerade Veranlassung sein könnte, interessierten Medien ablehnend gegenüberzustehen. Im Übrigen sollte mit der ins Leben gerufenen Stiftung insbesondere der Name und das Andenken an das Mädchen positiv besetzt werden. Die Errichtung der Stiftung habe auch der Verarbeitung des tragischen Ereignisses gedient, weshalb es zynisch wäre, damit das mediale Aufreissen alter Wunden zu rechtfertigen.
6.2 Die Beschwerdeführerin führt aus, im Zusammenhang mit den privaten Interessen der Beschwerdegegner sei zu berücksichtigen,
BGE 147 I 463 S. 475

dass der Fall und zahlreiche Details in der Öffentlichkeit bereits bekannt seien und nicht erst durch ihre Akteneinsicht an die Öffentlichkeit gelangten, was die entgegenstehenden privaten Interessen relativiere.
6.3 In ihrer Vernehmlassung an das Bundesgericht hielten die Beschwerdegegner 1-3 fest, sie hätten keinerlei Zweifel an der Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft und der Kantonspolizei. Ansonsten wären sie die Ersten, die alles dafür täten, dass die Ermittlungen wieder aufgenommen würden. Eine erneute mediale Aufarbeitung und ein Aufreissen alter Wunden, nur um erneut Medienpräsenz zu erhalten, wäre jedoch alles andere als verhältnismässig und sei ihnen nicht zumutbar. Für die Verarbeitung dieses tragischen Ereignisses hätten sie enorm viel Kraft und Zeit gebraucht. Auch sei es nicht notwendig, dass die Beschwerdeführerin private Ermittlungen tätige, um Widersprüche aufzuzeigen; sie könne ihre Hinweise unter Wahrung des Redaktionsgeheimnisses den Strafverfolgungsbehörden übermitteln, welche die Widersprüche anschliessend prüften.
6.4 Art. 13
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 13 Schutz der Privatsphäre - 1 Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs.
1    Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs.
2    Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten.
BV gewährleistet den Schutz der Privatsphäre. Demnach hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privatlebens (Abs. 1) und auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten (Abs. 2). Das in Art. 13 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 13 Schutz der Privatsphäre - 1 Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs.
1    Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs.
2    Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten.
BV verankerte Recht auf informationelle Selbstbestimmung stellt einen Teilaspekt des Rechts auf Privatsphäre dar. Art. 13 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 13 Schutz der Privatsphäre - 1 Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs.
1    Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs.
2    Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten.
BV schützt personenbezogene Daten. Dazu gehören Informationen mit bestimmbarem Bezug zu einer Person. Geschützt sind insbesondere die Weiter- und Bekanntgabe von Personendaten, unter anderem an die Medien ( BGE 144 II 77 E. 5.2; Urteil 1B_510/2017 vom 11. Juli 2018 E. 3.3; je mit Hinweisen).
6.5 Die Beschwerdegegner 1-3 äusserten sich im vorliegenden Verfahren wiederholt dahingehend, dass der Beschwerdeführerin keine Akteneinsicht zu gewähren sei. Eine erneute Berichterstattung über die tragischen Ereignisse aus dem Jahr 2007 nach über zehn Jahren würde alte Wunden wieder aufreissen und sie erneut schwer belasten. Ihr aus Art. 13
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 13 Schutz der Privatsphäre - 1 Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs.
1    Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs.
2    Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten.
BV abgeleitetes privates Interesse an der Verweigerung der Akteneinsicht wiegt daher schwer und wird durch den Umstand, dass die Mutter im Namen ihrer verstorbenen Tochter eine Stiftung gegründet hat, nicht entscheidend relativiert: Die Stiftung bezweckt die Unterstützung benachteiligter Kinder. So wurden unter anderem zwei Schulen in den Philippinen aufgebaut. Mit der Stiftung soll mithin nicht die Erinnerung an das Verbrechen,
BGE 147 I 463 S. 476

sondern vielmehr an das Mädchen aufrecht erhalten und dessen Name positiv besetzt werden. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdegegner selber auf eine Anfechtung der Einstellungsverfügung verzichtet haben. Sie halten im vorliegenden Verfahren ausdrücklich fest, nach wie vor volles Vertrauen in die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden zu haben, ansonsten hätten sie eine Wiederaufnahme des Verfahrens selber in die Wege geleitet. Auch wenn der Beschwerdegegner 4, der vom mutmasslichen Täter am selben Tag im Jahr 2007 angeschossen worden sein soll, in der Zwischenzeit verstorben ist, hat auch er sich im Rahmen der Befragung zum Akteneinsichtsgesuch unmissverständlich gegen die Gewährung der Akteneinsicht ausgesprochen. Aus seiner schriftlichen Stellungnahme an das Untersuchungsamt geht sodann hervor, dass auch er volles Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden gehabt hat.
6.6 Unter dem Gesichtswinkel der entgegenstehenden öffentlichen Interessen ist zu berücksichtigen, dass Strafuntersuchungen bereits vor dem Inkrafttreten der StPO am 1. Januar 2011 grundsätzlich geheim geführt wurden. Die Einsicht in die Strafakten war nur in engen Grenzen zugelassen und auch für Parteien und Betroffene nicht absolut (vgl. Urteil 1P.330/2004 vom 3. Februar 2005 E. 3.3, in: Pra 2005 Nr. 70 S. 536, mit Hinweisen). Heute sieht die StPO in Art. 69 Abs. 3 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 69 Grundsätze - 1 Die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte sind mit Ausnahme der Beratung öffentlich.
1    Die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte sind mit Ausnahme der Beratung öffentlich.
2    Haben die Parteien in diesen Fällen auf eine öffentliche Urteilsverkündung verzichtet oder ist ein Strafbefehl ergangen, so können interessierte Personen in die Urteile und Strafbefehle Einsicht nehmen.
3    Nicht öffentlich sind:
a  das Vorverfahren; vorbehalten bleiben Mitteilungen der Strafbehörden an die Öffentlichkeit;
b  das Verfahren des Zwangsmassnahmengerichts;
c  das Verfahren der Beschwerdeinstanz und, soweit es schriftlich durchgeführt wird, des Berufungsgerichts;
d  das Strafbefehlsverfahren.
4    Öffentliche Verhandlungen sind allgemein zugänglich, für Personen unter 16 Jahren jedoch nur mit Bewilligung der Verfahrensleitung.
ausdrücklich vor, dass das (vorliegend betroffene) Vorverfahren gemäss Art. 299 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 299 Begriff und Zweck - 1 Das Vorverfahren besteht aus dem Ermittlungsverfahren der Polizei und der Untersuchung der Staatsanwaltschaft.
1    Das Vorverfahren besteht aus dem Ermittlungsverfahren der Polizei und der Untersuchung der Staatsanwaltschaft.
2    Im Vorverfahren werden, ausgehend vom Verdacht, es sei eine Straftat begangen worden, Erhebungen getätigt und Beweise gesammelt, um festzustellen, ob:
a  gegen eine beschuldigte Person ein Strafbefehl zu erlassen ist;
b  gegen eine beschuldigte Person Anklage zu erheben ist;
c  das Verfahren einzustellen ist.
. StPO nicht öffentlich ist, wobei Mitteilungen der Strafbehörden an die Öffentlichkeit im Sine von Art. 74
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 74 Orientierung der Öffentlichkeit - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte sowie mit deren Einverständnis die Polizei können die Öffentlichkeit über hängige Verfahren orientieren, wenn dies erforderlich ist:
1    Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte sowie mit deren Einverständnis die Polizei können die Öffentlichkeit über hängige Verfahren orientieren, wenn dies erforderlich ist:
a  damit die Bevölkerung bei der Aufklärung von Straftaten oder bei der Fahndung nach Verdächtigen mitwirkt;
b  zur Warnung oder Beruhigung der Bevölkerung;
c  zur Richtigstellung unzutreffender Meldungen oder Gerüchte;
d  wegen der besonderen Bedeutung eines Straffalles.
2    Die Polizei kann ausserdem von sich aus die Öffentlichkeit über Unfälle und Straftaten ohne Nennung von Namen orientieren.
3    Bei der Orientierung der Öffentlichkeit sind der Grundsatz der Unschuldsvermutung und die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu beachten.
4    In Fällen, in denen ein Opfer beteiligt ist, dürfen Behörden und Private ausserhalb eines öffentlichen Gerichtsverfahrens seine Identität und Informationen, die seine Identifizierung erlauben, nur veröffentlichen, wenn:
a  eine Mitwirkung der Bevölkerung bei der Aufklärung von Verbrechen oder bei der Fahndung nach Verdächtigen notwendig ist; oder
b  das Opfer beziehungsweise seine hinterbliebenen Angehörigen der Veröffentlichung zustimmen.
StPO vorbehalten bleiben. Das Vorverfahren ist vom Untersuchungsgeheimnis geprägt (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1153; SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung [StPO], Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 8 zu Art. 69
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 69 Grundsätze - 1 Die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte sind mit Ausnahme der Beratung öffentlich.
1    Die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte sind mit Ausnahme der Beratung öffentlich.
2    Haben die Parteien in diesen Fällen auf eine öffentliche Urteilsverkündung verzichtet oder ist ein Strafbefehl ergangen, so können interessierte Personen in die Urteile und Strafbefehle Einsicht nehmen.
3    Nicht öffentlich sind:
a  das Vorverfahren; vorbehalten bleiben Mitteilungen der Strafbehörden an die Öffentlichkeit;
b  das Verfahren des Zwangsmassnahmengerichts;
c  das Verfahren der Beschwerdeinstanz und, soweit es schriftlich durchgeführt wird, des Berufungsgerichts;
d  das Strafbefehlsverfahren.
4    Öffentliche Verhandlungen sind allgemein zugänglich, für Personen unter 16 Jahren jedoch nur mit Bewilligung der Verfahrensleitung.
StPO): Gemäss Art. 73 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 73 Geheimhaltungspflicht - 1 Die Mitglieder von Strafbehörden, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die von Strafbehörden ernannten Sachverständigen bewahren Stillschweigen hinsichtlich Tatsachen, die ihnen in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit zur Kenntnis gelangt sind.
1    Die Mitglieder von Strafbehörden, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die von Strafbehörden ernannten Sachverständigen bewahren Stillschweigen hinsichtlich Tatsachen, die ihnen in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit zur Kenntnis gelangt sind.
2    Die Verfahrensleitung kann die Privatklägerschaft und andere Verfahrensbeteiligte und deren Rechtsbeistände unter Hinweis auf Artikel 292 StGB25 verpflichten, über das Verfahren und die davon betroffenen Personen Stillschweigen zu bewahren, wenn der Zweck des Verfahrens oder ein privates Interesse es erfordert. Die Verpflichtung ist zu befristen.
StPO bewahren die Mitglieder von Strafbehörden, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die von Strafbehörden ernannten Sachverständigen Stillschweigen hinsichtlich Tatsachen, die ihnen in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit zur Kenntnis gelangt sind. Es handelt sich dabei um eine absolute Verpflichtung, die sich aus dem Amtsgeheimnis im Sinne von Art. 320
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 320 - 1. Wer ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied einer Behörde oder als Beamter anvertraut worden ist oder das er in seiner amtlichen oder dienstlichen Stellung oder als Hilfsperson eines Beamten oder einer Behörde wahrgenommen hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied einer Behörde oder als Beamter anvertraut worden ist oder das er in seiner amtlichen oder dienstlichen Stellung oder als Hilfsperson eines Beamten oder einer Behörde wahrgenommen hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Der Täter ist nicht strafbar, wenn er das Geheimnis mit schriftlicher Einwilligung seiner vorgesetzten Behörde offenbart hat.
StGB ergibt (vgl. Urteil 1B_435/2019 vom 16. Januar 2020 E. 3.1 mit Hinweis). Das Untersuchungsgeheimnis bezweckt einerseits die gezielte und reibungslose Durchführung von Strafverfahren und dient andererseits dem Schutz der vom Strafverfahren unmittelbar betroffenen Personen. Ebenso soll der Prozess der Meinungsbildung und der
BGE 147 I 463 S. 477

Entscheidfindung innerhalb eines staatlichen Organs vor Störungen geschützt werden. Schliesslich ist auch an die privaten Interessen weiterer Personen, namentlich an jene der Opfer einer Straftat zu denken, die durch die Geheimhaltungspflicht davor bewahrt werden, dass die Öffentlichkeit Details über ihre Intim- und/oder Privatsphäre erfährt (vgl. Urteil 1B_435/2019 vom 16. Januar 2020 E. 3.1 mit Hinweisen; BRÜSCHWEILER/NADIG/SCHNEEBELI, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung StPO, 3. Aufl. 2020, N. 1 zu Art. 73
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 73 Geheimhaltungspflicht - 1 Die Mitglieder von Strafbehörden, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die von Strafbehörden ernannten Sachverständigen bewahren Stillschweigen hinsichtlich Tatsachen, die ihnen in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit zur Kenntnis gelangt sind.
1    Die Mitglieder von Strafbehörden, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die von Strafbehörden ernannten Sachverständigen bewahren Stillschweigen hinsichtlich Tatsachen, die ihnen in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit zur Kenntnis gelangt sind.
2    Die Verfahrensleitung kann die Privatklägerschaft und andere Verfahrensbeteiligte und deren Rechtsbeistände unter Hinweis auf Artikel 292 StGB25 verpflichten, über das Verfahren und die davon betroffenen Personen Stillschweigen zu bewahren, wenn der Zweck des Verfahrens oder ein privates Interesse es erfordert. Die Verpflichtung ist zu befristen.
StPO). Das Untersuchungsgeheimnis gilt im Grundsatz über den rechtskräftigen Abschluss eines Strafverfahrens hinaus. Dem Gesuch der Beschwerdeführerin um uneingeschränkte Einsicht in die gesamten Strafakten stehen damit gewichtige staatliche Geheimhaltungsinteressen entgegen, wären von einer solchen Einsicht doch unzählige, sowohl aus persönlicher wie auch aus behördlicher Sicht sensible Informationen betroffen. Einsichtsgesuche dürfen das gute Funktionieren der Strafjustiz sodann nicht gefährden (vgl. oben E. 3.1.2), was auch noch nach dem rechtskräftigen Abschluss eines Strafverfahrens zu bedenken ist. So kann seitens der Untersuchungsbehörden namentlich mit Blick auf künftige Verfahren ein Interesse daran bestehen, dass keine Angaben zu verfolgten Ermittlungstaktiken und Untersuchungsstrategien veröffentlicht werden. Zudem sollen die in eine Strafuntersuchung involvierten Personen davon ausgehen können, dass im Rahmen eines Vorverfahrens getätigte Ermittlungen und Untersuchungen in aller Regel nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Insbesondere können gerade zu Beginn einer Strafuntersuchung auch Personen an einem Verfahren beteiligt sein, gegen die sich ein anfänglicher Verdacht nicht erhärtet. Insgesamt ergeben sich daraus gewichtige öffentliche Interessen, welche der Einsicht in die Strafakten entgegenstehen.
7. Zusammenfassend überwiegen die privaten Interessen der Beschwerdegegner und die öffentlichen Geheimhaltungsinteressen das Interesse der Beschwerdeführerin an der Einsicht in die Akten des Strafverfahrens. Die Vorinstanz hat der Beschwerdeführerin daher zu Recht die Einsicht in die Strafakten verweigert. (...)