Urteilskopf

145 V 326

31. Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Ausgleichskasse des Kantons Bern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_329/2019 vom 17. Oktober 2019

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 327

BGE 145 V 326 S. 327

A.

A.a Mit Verfügung vom 18. Dezember 2017 verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Bern A. zur Bezahlung von Sozialversicherungsbeiträgen (einschliesslich FAK-Beiträge und Verwaltungskostenbeiträge) als Selbständigerwerbender für 2016 in der Höhe von Fr. 18'974.75. Der Beitragsbemessung hatte sie ein reines Erwerbseinkommen von Fr. 150'000.- zugrunde gelegt. Mit Entscheid vom 25. September 2018 erteilte der Gerichtspräsident des Regionalgerichts Berner Jura-Seeland definitive Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 17'213.80 nebst Zins zu 5 % seit 19. Februar 2018 sowie für Mahngebühren von Fr. 70.-.
A.b Mit Schreiben vom 19. Oktober 2018 ersuchte A. darum, u.a. die Verfügung vom 18. Dezember 2017 sei in Revision/Wiedererwägung zu ziehen und er sei rückwirkend ab 1. Januar 2016 im Register der Selbständigen zu streichen. Dieser Verwaltungsakt beruhe auf einer nicht nachvollziehbaren Willkür der Steuerverwaltung und sei daher als nichtig zu betrachten. Mit Schreiben vom 13. November 2018 teilte die Ausgleichskasse mit, eine Revision für die Beiträge für das Jahr 2016 sei nicht (mehr) möglich. "Das Jahr 2016 ist aufgrund der rechtskräftigen Verfügung geschuldet und zu begleichen".
B. Die Beschwerde des A. wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 3. April 2019 ab, soweit darauf einzutreten war.
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A., der Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts vom 3. April 2019 sei aufzuheben, und es sei festzustellen, dass die Verfügung vom 18. Dezember 2017 nichtig ist.
BGE 145 V 326 S. 328

Die Ausgleichskasse des Kantons Bern ersucht um Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Erwägungen

Erwägungen:

1. Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. wegen Verletzung von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig (willkürlich; BGE 142 II 433 E. 4.4 S. 444) ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
beruht (Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG; zur Rüge- und Begründungspflicht der Parteien: Art. 42 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
und Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254).
2. Das kantonale Verwaltungsgericht hat die Beschwerde gegen das Schreiben vom 13. November 2018, womit die Beschwerdegegnerin das Gesuch des Beschwerdeführers u.a. um Revision/Wiedererwägung der Verfügung vom 18. Dezember 2017 betreffend Beiträge als Selbständigerwerbender für 2016 ablehnte, als Rechtsverweigerungsbeschwerde nach Art. 56 Abs. 2
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 56 Beschwerderecht - 1 Gegen Einspracheentscheide oder Verfügungen, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, kann Beschwerde erhoben werden.
1    Gegen Einspracheentscheide oder Verfügungen, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, kann Beschwerde erhoben werden.
2    Beschwerde kann auch erhoben werden, wenn der Versicherungsträger entgegen dem Begehren der betroffenen Person keine Verfügung oder keinen Einspracheentscheid erlässt.
ATSG entgegengenommen. Dementsprechend hat es vorab geprüft, ob die Ausgleichskasse verpflichtet gewesen wäre, diesbezüglich eine anfechtbare Verfügung zu erlassen (vgl. Urteil 9C_405/2017 vom 3. August 2017 E. 2.1 mit Hinweisen). Es hat die Frage verneint im Wesentlichen mit der Begründung, die Verfügung vom 18. Dezember 2017 sei in formelle Rechtskraft erwachsen. Zu einer Wiedererwägung nach Art. 53 Abs. 2
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 53 Revision und Wiedererwägung - 1 Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war.
1    Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war.
2    Der Versicherungsträger kann auf formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist.
3    Der Versicherungsträger kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid, gegen die Beschwerde erhoben wurde, so lange wiedererwägen, bis er gegenüber der Beschwerdebehörde Stellung nimmt.
ATSG könne die Beschwerdegegnerin nicht verhalten werden (vgl. Urteil 8C_588/2017 vom 22. Dezember 2017 E. 2.1 mit Hinweis). Ein Revisionsgrund nach Art. 53 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 53 Revision und Wiedererwägung - 1 Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war.
1    Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war.
2    Der Versicherungsträger kann auf formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist.
3    Der Versicherungsträger kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid, gegen die Beschwerde erhoben wurde, so lange wiedererwägen, bis er gegenüber der Beschwerdebehörde Stellung nimmt.
ATSG (vgl. dazu Urteil 9C_21/2019 vom 10. April 2019 E. 3 mit Hinweisen) sei nicht erkennbar. Die betreffenden vorinstanzlichen Erwägungen werden nicht bestritten. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung.
3. Der Beschwerdeführer rügt, die Verfügung vom 18. Dezember 2017 beruhe auf Willkür der kantonalen Steuerbehörden und der Beschwerdegegnerin und sei daher nichtig. Die Vorinstanz habe im
BGE 145 V 326 S. 329

gegenteiligen Sinne entschieden, ohne diesen Punkt materiellrechtlich zu prüfen, insbesondere ohne sich zu den diesbezüglichen Vorbringen in seinen Schlussbemerkungen vom 11. Februar 2019 zu äussern. In rechtlicher Hinsicht beruft er sich auf das Urteil 2C_679/2016 vom 11. Juli 2017.
4.

4.1 Im Urteil 2C_679/2016 vom 11. Juli 2017, in: ASA 86 S. 56 und StE 2017 B 93.5 Nr. 33, umschrieb das Bundesgericht die Voraussetzungen, unter welchen eine (rechtskräftige) Steuerveranlagung nach pflichtgemässem Ermessen im Sinne von Art. 130 Abs. 2
SR 642.11 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG)
DBG Art. 130 Durchführung - 1 Die Veranlagungsbehörde prüft die Steuererklärung und nimmt die erforderlichen Untersuchungen vor.
1    Die Veranlagungsbehörde prüft die Steuererklärung und nimmt die erforderlichen Untersuchungen vor.
2    Hat der Steuerpflichtige trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht erfüllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwandfrei ermittelt werden, so nimmt die Veranlagungsbehörde die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vor. Sie kann dabei Erfahrungszahlen, Vermögensentwicklung und Lebensaufwand des Steuerpflichtigen berücksichtigen.
des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) "krass willkürlich" und damit nichtig ist. Hierzu genügen selbst schwere inhaltliche Mängel nicht. Vielmehr müssen aussergewöhnlich schwere bzw. krasse Verstösse der Veranlagungsbehörde gegen die ihr obliegende Untersuchungs- und Überprüfungspflicht dazukommen (E. 3.1 und 3.4.1-3.4.2). Diese bemisst sich im Rahmen zulässiger Ermessensveranlagung danach, dass die Einschätzung dem realen Sachverhalt und der materiellen Wahrheit möglichst nahe kommen soll. Auch bei unklarem Sachverhalt muss der Pflichtige wirklichkeitsnah gemäss seiner tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit veranlagt werden. Die Behörde hat aus gesetzlichem Auftrag eine Veranlagung vorzunehmen, die dem Prinzip der vollständigen, gerechten und gleichen Besteuerung entspricht. Annahmen und Vermutungen bedürfen der Plausibilisierung. Die Einschätzung soll der Wirklichkeit möglichst nahe kommen, was eine umfassende Würdigung des Aktenstands im Licht der Lebenserfahrung erfordert (E. 4.2.2). Im Weitern darf die Ermessensveranlagung nicht aus fiskalischen oder pönalen Motiven bewusst zum Nachteil der steuerpflichtigen Person von der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und den sonstigen Umständen abweichen. Im Übrigen bestehen die ihr zu gewährenden Garantien in Bezug auf die Richtigkeit der Veranlagung selbst dann, wenn sie mehrere Jahre lang ihre Verfahrenspflichten vernachlässigt, weiter (E. 4.2.4).
4.2 Diese Grundsätze gelten sinngemäss auch bei Verfügungen über Beiträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit, welche auf einer steuerrechtlichen Ermessensveranlagung beruhen, wenn die betreffende versicherte Person bestreitet, überhaupt selbständig erwerbstätig (gewesen) zu sein. Dem steht Art. 23 Abs. 4
SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV)
AHVV Art. 23 Ermittlung des Einkommens und des Eigenkapitals - 1 Die kantonalen Steuerbehörden ermitteln das für die Bemessung der Beiträge massgebende Erwerbseinkommen auf Grund der rechtskräftigen Veranlagung für die direkte Bundessteuer, das im Betrieb investierte Eigenkapital auf Grund der entsprechenden rechtskräftigen kantonalen Veranlagung unter Berücksichtigung der interkantonalen Repartitionswerte.99
1    Die kantonalen Steuerbehörden ermitteln das für die Bemessung der Beiträge massgebende Erwerbseinkommen auf Grund der rechtskräftigen Veranlagung für die direkte Bundessteuer, das im Betrieb investierte Eigenkapital auf Grund der entsprechenden rechtskräftigen kantonalen Veranlagung unter Berücksichtigung der interkantonalen Repartitionswerte.99
2    Liegt eine rechtskräftige Veranlagung für die direkte Bundessteuer nicht vor, so werden die massgebenden Steuerfaktoren der rechtskräftigen Veranlagung für die kantonale Einkommenssteuer, und, bei deren Fehlen, der überprüften Deklaration für die direkte Bundessteuer entnommen.100
3    Bei Nachsteuerverfahren gelten die Bestimmungen der Absätze 1 und 2 sinngemäss.101
4    Die Angaben der kantonalen Steuerbehörden sind für die Ausgleichskassen verbindlich.
5    Können die kantonalen Steuerbehörden keine Meldung erstatten, so haben die Ausgleichskassen das für die Beitragsfestsetzung massgebende Erwerbseinkommen und das im Betrieb investierte Eigenkapital auf Grund der ihnen zur Verfügung stehenden Daten selbst einzuschätzen. Die Beitragspflichtigen haben den Ausgleichskassen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Unterlagen einzureichen.102
AHVV (SR 831.101) nicht entgegen, wonach die Angaben der kantonalen Steuerbehörden für
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die Ausgleichskassen verbindlich sind. Diese Bindung betrifft die Bemessung bei feststehendem Beitragsstatut und nicht die beitragsrechtliche Qualifikation. Die Ausgleichskassen haben grundsätzlich eigenständig zu beurteilen, ob überhaupt Erwerbseinkommen und gegebenenfalls solches aus selbständiger oder aus unselbständiger Erwerbstätigkeit vorliegt (Urteil 9C_471/2008 vom 10. November 2008 E. 3.2). Indes ist die Parallelität zwischen sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Qualifikation nicht leichthin preiszugeben (BGE 141 V 634 E. 2.5 S. 638).
5. Soweit der Beschwerdeführer die Nichtigkeit der Verfügung vom 18. Dezember 2017 mit dem seines Erachtens willkürlichen Verhalten der Steuerbehörde im Rahmen der ermessensweisen Einschätzung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit begründet, ist darauf nicht weiter einzugehen. Gemäss seinen eigenen Angaben in der vorinstanzlichen Beschwerde ist das "Revisionsgesuch bei der Steuerverwaltung" erfolglos geblieben. Zur Beurteilung steht das (passive; vgl. E. 6.3 nachfolgend) Verhalten der Ausgleichskasse. Dabei bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Rechtsöffnungsrichter bei seinem Entscheid vom 25. September 2018 auch prüfte, ob die Verfügung vom 18. Dezember 2017 nichtig sei. Dieses Erkenntnis steht somit einer (freien) Prüfung der Frage nicht entgegen.
6.

6.1 Mit der Verfügung vom 18. Dezember 2017 erhob die Beschwerdegegnerin für 2016 persönliche Beiträge auf dem von der kantonalen Steuerverwaltung gemeldeten Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 150'000.-. Die Vorinstanz hat keine Feststellung zum Beitragsstatut gemacht. Trifft zu, dass der Beschwerdeführer in diesem Jahr (zu 100 %) unselbständig erwerbstätig gewesen war und daneben keine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte, wie er schon im Revisionsgesuch vom 19. Oktober 2018 geltend machte, ist die Verfügung vom 18. Dezember 2017 fehlerhaft, sogar zweifellos unrichtig im Sinne von Art. 53 Abs. 2
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 53 Revision und Wiedererwägung - 1 Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war.
1    Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war.
2    Der Versicherungsträger kann auf formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist.
3    Der Versicherungsträger kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid, gegen die Beschwerde erhoben wurde, so lange wiedererwägen, bis er gegenüber der Beschwerdebehörde Stellung nimmt.
ATSG. Dieser inhaltliche Mangel hat indessen für sich allein genommen nicht Nichtigkeit zur Folge (E. 4.1).
6.2 Wie der Beschwerdeführer sodann vorbringt, wirft ihm die Vorinstanz hauptsächlich eigene administrative Versäumnisse vor. Namentlich habe er verschiedene Anfragen der Beschwerdegegnerin betreffend seinen Beitragsstatus im Zusammenhang mit einer Meldung der Steuerverwaltung, wonach er 2011 Einkommen aus selbständiger
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Erwerbstätigkeit erzielt habe, unbeantwortet gelassen und sich auch durch eine diesbezügliche Bussenverfügung nicht zu näheren Angaben bewegen lassen. Ebenfalls habe er über Jahre hinweg keine Steuererklärung eingereicht. Die wiederholte Möglichkeit, die steuerliche und beitragsrechtliche Einschätzung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit (und damit auch die steuerseitig vorgenommene Einstufung als selbständig Erwerbender) mit Einsprache anzufechten, habe er nicht genutzt. Die geltend gemachte, nicht näher belegte Überforderung sei eine Schutzbehauptung. Wie in E. 4.1 dargelegt, kann ein solches Verhalten indessen für die Frage der Nichtigkeit einer (Beitrags-)Verfügung nicht entscheidend sein. Dabei spielen die Gründe für das Untätigbleiben solange keine bzw. eine untergeordnete Rolle, als ein missbräuchliches Verhalten ausgeschlossen werden kann. Was die Nichtanfechtung der Steuerveranlagungen im Besonderen anbetrifft, haben die Ausgleichskassen grundsätzlich eigenständig zu beurteilen, ob überhaupt eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt (E. 4.2).
6.3

6.3.1 Im Weitern steht fest (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG), dass der Beschwerdeführer der Ausgleichskasse mehrmals mitgeteilt hatte, er übe keine selbständige Erwerbstätigkeit (mehr) aus. So hatte er in einer E-Mail vom 18. März 2015 angegeben, er arbeite seit dem 9. Juli 2007 zu 100 % als Angestellter. Seine ehemalige Firma sei seit langem liquidiert. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit habe er keine. Der Nachricht beigelegt war ein Lohnausweis für das Jahr 2014. Danach hatte der in U. wohnhafte Beschwerdeführer als Sachbearbeiter einer Firma mit Sitz in V. im Kanton Aargau ein Einkommen von brutto Fr. 67'083.- erzielt. Die Beschwerdegegnerin erachtete diese Angaben offensichtlich nicht als glaubhaft und stellte, ohne selber irgendwelche Abklärungen vorzunehmen, auf die Steuermeldungen ab. Dieses Verhalten ist umso weniger nachvollziehbar, als sie sämtliche Beiträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit für die Jahre 2010 bis 2015 in der Höhe von insgesamt rund Fr. 50'000.- als uneinbringlich abschreiben musste. Das bedeutet, dass der Beschwerdeführer für alle Beiträge der betreffenden sechs Jahre erfolglos betrieben worden war oder eine Betreibung offensichtlich aussichtslos war (vgl. Art. 34c Abs. 1
SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV)
AHVV Art. 34c Uneinbringliche Beiträge - 1 Ist ein Beitragspflichtiger erfolglos betrieben worden oder ist eine Betreibung offensichtlich aussichtslos und kann nicht verrechnet werden, so hat die Ausgleichskasse die geschuldeten Beiträge als uneinbringlich abzuschreiben. Bei späterer Zahlungsfähigkeit des Beitragspflichtigen sind die abgeschriebenen Beiträge nachzufordern.
1    Ist ein Beitragspflichtiger erfolglos betrieben worden oder ist eine Betreibung offensichtlich aussichtslos und kann nicht verrechnet werden, so hat die Ausgleichskasse die geschuldeten Beiträge als uneinbringlich abzuschreiben. Bei späterer Zahlungsfähigkeit des Beitragspflichtigen sind die abgeschriebenen Beiträge nachzufordern.
2    Wird ein Teil der Forderungen als uneinbringlich abgeschrieben, so ist der eingebrachte Betrag nach Deckung allfälliger Betreibungskosten vorab auf die geschuldeten Arbeitnehmerbeiträge und sodann nach prozentual gleichen Teilen auf die übrigen gemäss Artikel 219 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889153 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) in der zweiten Klasse eingereihten Beitragsforderungen anzurechnen.154
AHVV).
6.3.2 Unter diesen Umständen bestand für die Beschwerdegegnerin keinerlei Grund zur Annahme, der Beschwerdeführer sei entgegen seinen klaren und unmissverständlichen Mitteilungen neben seiner
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100 %-Anstellung als Sachbearbeiter noch selbständig erwerbstätig. Wollte sie dennoch Zweifel haben, etwa weil die im Februar 2004 im Handelsregister eingetragene Einzelfirma Ende 2016 noch nicht gelöscht war, wären entsprechende zielführende Abklärungen unabdingbar gewesen. Dabei kam aufgrund der in E. 6.2 hiervor dargelegten Vernachlässigung der Verfahrenspflichten in erster Linie die Vorladung und nähere Befragung des Versicherten in Betracht. Dazu bestand umso mehr Anlass, als das von der Steuerverwaltung gemeldete geschätzte Einkommen von Fr. 150'000.- für 2016 derart eklatant vom geltend gemachten Sachverhalt (überhaupt keine selbständige Erwerbstätigkeit auszuüben) abwich, dass von einer bewussten und willkürlichen Falscheinschätzung gesprochen werden müsste (vgl. erwähntes Urteil 2C_679/2016 vom 11. Juli 2017 E. 5.3.4). In diesem Sinne ist die Verfügung vom 18. Dezember 2017 somit nichtig.
6.4 Die Beschwerdegegnerin wird abzuklären haben, ob der Beschwerdeführer 2016 - entgegen seinen Vorbringen - neben seiner Stelle als Sachbearbeiter eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübte; bejahendenfalls hat sie die persönlichen Beiträge neu festzusetzen.
7. Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG) und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).