Urteilskopf

134 IV 132

13. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und vice versa (Beschwerde in Strafsachen) 6B_401/2007 / 6B_426/2007 / 6B_473/2007 vom 8. November 2007
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Sachverhalt ab Seite 132

BGE 134 IV 132 S. 132

A. Am 1. Juli 2002 kollidierten im Luftraum in der Nähe von Ueberlingen/Deutschland zwei Flugzeuge. Dabei kamen alle 71 Insassen der beiden Flugzeuge ums Leben, unter ihnen die Ehefrau und die beiden Kinder von X. (Beschwerdeführer). Am 24. Februar 2004 suchte X. den zum Unfallzeitpunkt Dienst habenden Flugverkehrsleiter (Fluglotsen) A. - den er für den Tod
BGE 134 IV 132 S. 133

seiner Familie mitverantwortlich machte - an dessen Wohnort in Kloten auf, wo er ihn auf dem Terrassensitzplatz von dessen Wohnung durch mehrere Stiche mit einem Taschenmesser tötete.
B.

B.a Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X. am 26. Oktober 2005 der vorsätzlichen Tötung (Art. 111
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 111 - Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass eine der besondern Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit Freiheitsstrafe156 nicht unter fünf Jahren bestraft.
StGB) schuldig und bestrafte ihn - unter Zubilligung einer Verminderung der Schuldfähigkeit in mittlerem bis schwerem Grade - mit 8 Jahren Zuchthaus, unter Anrechnung von 610 Tagen Untersuchungshaft und vorzeitigem Strafvollzug.
B.b Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hob am 30. Oktober 2006 das Urteil des Obergerichts in teilweiser Gutheissung der von X. eingereichten kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt sowie im Kostenpunkt auf und wies die Sache insoweit im Sinne der Erwägungen zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück.
B.c Infolge dieses Rückweisungsentscheids wurden die von der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und von X. gegen das Urteil des Obergerichts vom 26. Oktober 2005 beim Bundesgericht eingereichten Beschwerden mit Verfügungen des Präsidenten der Strafrechtlichen Abteilung vom 8. Januar 2007 als gegenstandslos geworden abgeschrieben.
C. Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte X. am 18. Juni 2007 - unter Berücksichtigung der Erwägungen im Entscheid des Kassationsgerichts und unter Zubilligung einer Verminderung der Schuldfähigkeit in hohem Grade - wegen vorsätzlicher Tötung (Art. 111
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 111 - Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass eine der besondern Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit Freiheitsstrafe156 nicht unter fünf Jahren bestraft.
StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 5 1/4 Jahren, unter Anrechnung von 1'210 Tagen Untersuchungshaft und vorzeitigem Strafvollzug.
D. Gegen das Urteil des Obergerichts vom 18. Juni 2007 erhebt die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Beschwerdeführerin) mit Eingabe vom 27. Juli 2007 Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Strafsache kassatorisch zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen oder reformatorisch mit der Ausfällung einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren in der Sache selbst zu entscheiden.
E.

E.a Der Präsident der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich hiess mit Verfügung vom 15. August 2007 das Gesuch
BGE 134 IV 132 S. 134

von X. vom 19. Juli 2007 um Entlassung aus der Haft beziehungsweise aus dem vorzeitigen Strafvollzug gut und ordnete dessen Entlassung aus der Haft per 24. August 2007 an.
E.b Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt mit Eingabe vom 17. August 2007 gegen die Präsidialverfügung Beschwerde in Strafsachen. Sie stellt die Anträge, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und der Beschwerde sei im Sinne von Art. 103
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 103 Aufschiebende Wirkung - 1 Die Beschwerde hat in der Regel keine aufschiebende Wirkung.
1    Die Beschwerde hat in der Regel keine aufschiebende Wirkung.
2    Die Beschwerde hat im Umfang der Begehren aufschiebende Wirkung:
a  in Zivilsachen, wenn sie sich gegen ein Gestaltungsurteil richtet;
b  in Strafsachen, wenn sie sich gegen einen Entscheid richtet, der eine unbedingte Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Massnahme ausspricht; die aufschiebende Wirkung erstreckt sich nicht auf den Entscheid über Zivilansprüche;
c  in Verfahren auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, wenn sie sich gegen eine Schlussverfügung oder gegen jede andere Verfügung richtet, welche die Übermittlung von Auskünften aus dem Geheimbereich oder die Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten bewilligt;
d  in Verfahren auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen.
3    Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann über die aufschiebende Wirkung von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei eine andere Anordnung treffen.
BGG die aufschiebende Wirkung zu erteilen, angesichts der bereits per 24. August 2007 verfügten Haftentlassung allenfalls im Rahmen einer superprovisorischen Verfügung. Mit einer weiteren Eingabe vom gleichen Tag ersucht die Oberstaatsanwaltschaft um die Anordnung einer vorsorglichen Massnahme gemäss Art. 104
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 104 Andere vorsorgliche Massnahmen - Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei vorsorgliche Massnahmen treffen, um den bestehenden Zustand zu erhalten oder bedrohte Interessen einstweilen sicherzustellen.
BGG, wobei sie beantragt, die Präsidialverfügung betreffend Haftentlassung sei aufzuheben beziehungsweise es sei die Sicherheitshaft oder der vorzeitige Strafantritt anzuordnen, dies angesichts der bereits per 24. August 2007 verfügten Haftentlassung allenfalls im Rahmen einer superprovisorischen Verfügung.
E.c Mit Eingabe vom 19. August 2007 stellt X. in Unkenntnis der vorstehend genannten Eingaben der Oberstaatsanwaltschaft vorab und vorsorglich unter anderem die Begehren, allfällige Anträge der Staatsanwaltschaft auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung beziehungsweise auf Anordnung vorsorglicher Massnahmen in den Verfahren der Beschwerden der Staatsanwaltschaft gegen die Haftentlassungsverfügung vom 15. August 2007 und gegen das Obergerichtsurteil vom 18. Juni 2007 abzuweisen. Zudem ersuchte X. um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

F. Mit Verfügung vom 21. August 2007 erteilte der Präsident der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts den beiden Beschwerden der Oberstaatsanwaltschaft gegen das Urteil des Obergerichts und gegen die Präsidialverfügung des Präsidenten der II. Strafkammer des Obergerichts, welche in einem Verfahren vereinigt wurden, in Anwendung von Art. 103 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 103 Aufschiebende Wirkung - 1 Die Beschwerde hat in der Regel keine aufschiebende Wirkung.
1    Die Beschwerde hat in der Regel keine aufschiebende Wirkung.
2    Die Beschwerde hat im Umfang der Begehren aufschiebende Wirkung:
a  in Zivilsachen, wenn sie sich gegen ein Gestaltungsurteil richtet;
b  in Strafsachen, wenn sie sich gegen einen Entscheid richtet, der eine unbedingte Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Massnahme ausspricht; die aufschiebende Wirkung erstreckt sich nicht auf den Entscheid über Zivilansprüche;
c  in Verfahren auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, wenn sie sich gegen eine Schlussverfügung oder gegen jede andere Verfügung richtet, welche die Übermittlung von Auskünften aus dem Geheimbereich oder die Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten bewilligt;
d  in Verfahren auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen.
3    Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann über die aufschiebende Wirkung von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei eine andere Anordnung treffen.
BGG die aufschiebende Wirkung.
G. Mit Beschluss der Strafrechtlichen Abteilung vom 21. August 2007 wurde X. in den Verfahren der beiden Beschwerden der Staatsanwaltschaft dessen Gesuch entsprechend die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.
H.

H.a Mit Eingabe vom 3. September 2007 erhebt X. gegen das Urteil des Obergerichts vom 18. Juni 2007 seinerseits Beschwerde in
BGE 134 IV 132 S. 135

Strafsachen. Er beantragt, er sei in Abänderung des Urteils vom 18. Juni 2007 mit 4 Jahren Freiheitsstrafe zu bestrafen, eventualiter sei die Sache zur Neufestsetzung der Strafe an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege auch in diesem Verfahren. In derselben Eingabe vom 3. September 2007 nimmt X. auch zu den beiden Beschwerden der Oberstaatsanwaltschaft gegen die Haftentlassungsverfügung und gegen das Obergerichtsurteil Stellung, deren Abweisung er beantragt. Ausserdem stellt X. in seiner Eingabe vom 3. September 2007 das Begehren, es sei festzustellen, dass die Verfügung des Präsidenten der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 21. August 2007 (betreffend Erteilung der aufschiebenden Wirkung) Art. 5 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
und 4
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
sowie Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK verletze.
H.b Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt unter Hinweis auf ihre eigenen Beschwerden die Abweisung der Beschwerde von X.
I. Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Stellungnahmen zu den Beschwerden verzichtet. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

6.

6.1 Die Bestimmungen des Strafgesetzbuches über die Schuldfähigkeit sind Ausfluss des das ganze Strafrecht beherrschenden Schuldprinzips. Zwischen voller Schuldfähigkeit und völliger Schuldunfähigkeit sind kontinuierliche Abstufungen denkbar. Gegenüber dem Schuldunfähigen kann nach der klaren gesetzlichen Regelung unstreitig keine Strafe ausgesprochen werden, auch wenn die Tatkomponenten noch so schwer wiegen. Dies macht deutlich, dass der Verminderung der Schuldfähigkeit nicht die objektive Schwere der Tat entgegengehalten werden darf. Vielmehr ergibt sich aus der Straflosigkeit des Schuldunfähigen, dass gegen einen in sehr starkem Masse vermindert schuldfähigen Täter nur eine im Vergleich mit der Strafe für den uneingeschränkt schuldfähigen Täter sehr geringe Strafe ausgesprochen werden darf. Entsprechend ist die Strafe bei einer Verminderung der Schuldfähigkeit in mittlerem Grade verglichen mit der Strafe, die für die gleiche Tat eines uneingeschränkt Schuldfähigen ausgefällt würde, in mittlerem Ausmass zu
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reduzieren. Die Verminderung der Schuldfähigkeit ist bei der Strafzumessung ungeachtet der Schwere der Tat im ganzen Ausmass der Verminderung zu berücksichtigen (BGE 118 IV 1 E. 2; BGE 123 IV 1 E. 2; BGE 129 IV 22 E. 6.2, je mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung findet in der Lehre, soweit sie dazu überhaupt ausdrücklich Stellung nimmt, jedenfalls im Grundsatz wohl überwiegend Zustimmung (siehe etwa HANS WIPRÄCHTIGER, Basler Kommentar, StGB I, 2. Aufl. 2007, Art. 48a
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 48a - 1 Mildert das Gericht die Strafe, so ist es nicht an die angedrohte Mindeststrafe gebunden.
1    Mildert das Gericht die Strafe, so ist es nicht an die angedrohte Mindeststrafe gebunden.
2    Das Gericht kann auf eine andere als die angedrohte Strafart erkennen, ist aber an das gesetzliche Höchst- und Mindestmass der Strafart gebunden.
StGB N. 6 f.; CHRISTIAN SCHWARZENEGGER/MARKUS HUG/DANIEL JOSITSCH, Strafrecht II, 8. Aufl. 2007, S. 97 f.; STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl. 1997, Art. 11 aStGB N. 6). Sie stösst aber auch auf Ablehnung. Es wird eingewendet, dass damit der Verminderung der Schuldfähigkeit ein viel zu grosses Gewicht beigelegt werde und die zahlreichen weiteren strafzumessungsrelevanten Tat- und Täterkomponenten zu stark in den Hintergrund gedrängt würden, was im Ergebnis zu Strafen führe, die unverhältnismässig mild seien und den verschiedenen Strafzwecken nicht gerecht würden (siehe HANS MATHYS, Zur Technik der Strafzumessung, SJZ 100/2004 S. 173 ff.). Die verminderte Schuldfähigkeit ist, wie die Schuldunfähigkeit, ein Zustand des Täters. Die Verminderung der Schuldfähigkeit bezieht sich, wie die Schuldunfähigkeit, auf die Tat. Diese setzt sich aus objektiven und subjektiven Tatumständen zusammen. Die objektiven und subjektiven Umstände der Tat, mithin die Tatkomponenten, können einem vermindert schuldfähigen Täter bei der Strafzumessung nur nach Massgabe der noch vorhandenen Rest-Schuldfähigkeit zugerechnet werden. Auch beispielsweise die objektive Schwere der Tat und die Art der Tatausführung sind daher bei einem vermindert schuldfähigen Täter nur nach Massgabe der noch vorhandenen Rest-Schuldfähigkeit für die Strafzumessung relevant. Anders verhält es sich hingegen mit den Täterkomponenten, d.h. mit den strafzumessungsrelevanten Umständen, welche nicht zu den objektiven und subjektiven Tatumständen gehören. Die strafzumessungsrechtliche Relevanz dieser Täterkomponenten bleibt von der Verminderung der Schuldfähigkeit, die sich auf die Tat bezieht, unberührt. Daher hat der Richter nicht die aus den Tat- und Täterkomponenten insgesamt sich ergebende (hypothetische) Strafe, sondern allein die aus den Tatkomponenten resultierende (hypothetische) Strafe nach Massgabe der Verminderung der Schuldfähigkeit
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des Täters zu reduzieren. Allerdings kann natürlich eine Tatsache, aus welcher eine Verminderung der Schuldfähigkeit resultiert, sich auch auf die Täterkomponenten auswirken und etwa ein Grund dafür sein, dass dem Täter das Fehlen von Einsicht und Reue - falls überhaupt - nicht in demselben Masse zum Vorwurf gemacht werden kann wie einem normalen Täter.
6.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Richter allerdings nicht gehalten, die Strafe linear nach einem bestimmten Tarif herabzusetzen. Der Richter muss mithin nicht nach starren mathematischen Regeln vorgehen. Eine leichte, mittelgradige oder schwere Verminderung der Schuldfähigkeit führt daher nicht zwingend zu einer schematischen Reduktion der Strafe um 25 %, 50 % bzw. 75 % (BGE 129 IV 22 E. 6.2; BGE 123 IV 49 E. 2c; Urteile 6S.270/ 2006 vom 5. September 2006, E. 5.3; 6S.58/2005 vom 21. Juni 2005, E. 3.2; 6S.148/2004 vom 28. Juli 2004, E. 2.1; 6S.336/2000 vom 23. August 2000, E. 2). Dies lässt sich unter anderem damit erklären, dass zum einen der psychiatrische Experte die Herabsetzung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Täters selbstredend nicht exakt in einem bestimmten Prozentsatz beziffern kann und zum andern der Richter nicht gehalten ist, in den Urteilserwägungen in absoluten Zahlen oder Prozenten anzugeben, in welchem Masse er der Verminderung der Schuldfähigkeit bei der Strafzumessung Rechnung getragen hat. Die Schlussfolgerung des psychiatrischen Gutachters, dass aus diesem oder jenem Grunde die Einsichts- und/oder die Steuerungsfähigkeit des Täters in leichtem, mittlerem beziehungsweise schwerem Grade - allenfalls leicht bis mittel respektive mittel bis schwer - herabgesetzt war, lässt dem Richter innerhalb des damit umschriebenen Rahmens einen Ermessens- beziehungsweise Beurteilungsspielraum bei der Bestimmung des Ausmasses der Reduktion der Strafe. Der Richter muss aber bei der Strafzumessung - sofern nicht besondere Gründe dagegen sprechen - der Verminderung der Schuldfähigkeit im ganzen Ausmass der Verminderung Rechnung tragen. Er darf dies nicht mit der Begründung ablehnen, dass die Tatkomponenten besonders schwer wiegen. Den Tatkomponenten ist nach Massgabe ihrer Schwere bei der Bemessung der Einsatzstrafe Rechnung zu tragen, und sie dürfen daher nicht ein zweites Mal zu Lasten des Täters berücksichtigt werden, indem die aus ihnen resultierende Einsatzstrafe nicht im vollen Ausmass der Verminderung der Schuldfähigkeit reduziert wird.
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6.3 Das Bundesgericht hat in mehreren Entscheiden kantonale Urteile aufgehoben, weil darin der Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters bei der Strafzumessung nicht ausreichend Rechnung getragen wurde. So war es unter den konkreten Umständen der Einzelfälle und unter Berücksichtigung der Begründungen der angefochtenen Entscheide bundesrechtswidrig, die Strafe bei einer leichten Verminderung der Schuldfähigkeit lediglich um 14,5 % (Urteil 6S.148/2004 vom 28. Juli 2004, E. 2.3) beziehungsweise bei einer Verminderung der Schuldfähigkeit in mittlerem Grade lediglich um 40 % (BGE 129 IV 22 E. 6.2) respektive nur um 1/6 (BGE 118 IV 1 E. 2) und bei einer Verminderung der Schuldfähigkeit in sehr schwerem Grade bloss um 50 % zu reduzieren (Urteil 6S.336/2000 vom 23. August 2000, E. 2). Das Bundesgericht hat im Urteil 6S.547/2006 vom 1. Februar 2007 angenommen, dass die von der kantonalen Instanz dem Täter zugebilligte Verminderung der Schuldfähigkeit in leichtem Grade zu einer Reduktion der Strafe um 25 % geführt habe, und es hat unter anderem in dieser Annahme erkannt, dass die gegen den Beschwerdeführer in jenem Verfahren ausgefällte Freiheitsstrafe im Ergebnis nicht zu hoch sei. Im Urteil 6S.270/2006 vom 5. September 2006 konnte das Bundesgericht mangels einer genügenden Begründung im angefochtenen Entscheid nicht prüfen, ob eine Reduktion der Strafe um lediglich 75 % bei einer schweren Verminderung der Schuldfähigkeit am Rande der Schuldunfähigkeit mit Bundesrecht vereinbar war.
6.4 Die Rechtsprechung behält allerdings besondere Umstände vor, bei deren Vorliegen die Strafe nicht im vollen Ausmass der Verminderung der Schuldfähigkeit zu reduzieren ist. Die Beschwerdeführerin sieht einen solchen besonderen Umstand darin, dass der Beschwerdeführer weder geisteskrank noch schwachsinnig ist und sein Bewusstsein nicht ansatzweise aufgehoben war, sondern er an einer krankhaften andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung leidet und zudem anlässlich der Tat in seinem Bewusstsein erheblich beeinträchtigt war. Dieser Umstand ist indessen nicht relevant. Massgebend ist allein, dass die Verminderung der Einsichts- und/oder der Steuerungsfähigkeit auf einer Ursache beruht, welche als Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit oder des Bewusstseins oder als mangelhafte geistige Entwicklung im Sinne von Art. 11 aStGB zu qualifizieren ist. Wenn eine dieser gesetzlichen Voraussetzungen - wie im
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vorliegenden Fall unstreitig - erfüllt ist, muss der Verminderung der Schuldfähigkeit bei der Strafzumessung im vollen Ausmass der Verminderung Rechnung getragen werden. Das Gesetz enthält keine Grundlage dafür, dass bei gewissen rechtlich relevanten Ursachen, etwa bei einer Beeinträchtigung des Bewusstseins, die Verminderung der Schuldfähigkeit bei der Strafzumessung nicht im vollen Ausmass der Verminderung zu berücksichtigen ist. Die Ursache kann allein in Bezug auf die Anordnung von Massnahmen von Bedeutung sein. Die Verminderung der Schuldfähigkeit muss indessen bei der Strafzumessung auch im vollen Ausmass der Verminderung berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung einer (freiheitsentziehenden) Massnahme - wie im vorliegenden Fall unstreitig - nicht erfüllt sind. Die Strafe bestimmt sich nach dem Verschulden und somit nach anderen Kriterien als die Massnahme.
6.5 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist die Strafe von 5 1/4 Jahren auch mit Rücksicht auf die Interessen der Opfer, die Ausgleichsfunktion des Strafrechts und das Strafbedürfnis der Öffentlichkeit unhaltbar milde. Dazu ist festzuhalten, dass ein Schuldausgleich nur im Rahmen und in der Höhe des dem Täter anzurechnenden Verschuldens (Art. 47
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 47 - 1 Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters.
1    Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters.
2    Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden.
StGB beziehungsweise Art. 63 aStGB) erfolgen kann (BGE 118 IV 342 E. 2g S. 350 mit Hinweisen; WIPRÄCHTIGER, a.a.O., Art. 47
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 47 - 1 Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters.
1    Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters.
2    Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden.
StGB N. 52; ferner FRANZ RIKLIN, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 3. Aufl. 2007, § 5 N. 28).
6.6 Zusammenfassend ergibt sich somit Folgendes. Bei der Verminderung der Schuldfähigkeit ist die aus den Tatkomponenten resultierende Einsatzstrafe nach Massgabe der Verminderung der Schuldfähigkeit zu reduzieren. Die Täterkomponenten sind davon unabhängig zu bewerten. Allerdings können einzelne Tatsachen, welche die Verminderung der Schuldfähigkeit begründen, unter Umständen auch für die Gewichtung von bestimmten Täterkomponenten von Bedeutung sein. Die Reduktion der nach Einschätzung des Richters aus den Tatkomponenten resultierenden Einsatzstrafe um 75 % bei einer vom Richter gestützt auf ein als überzeugend erachtetes psychiatrisches Gutachten dem Täter zugebilligten schweren Verminderung der Schuldfähigkeit verstösst nicht gegen Bundesrecht. Eine Reduktion exakt in diesem Umfang ist aber bundesrechtlich nicht zwingend. Der Richter kann in Ausübung seines Ermessens die aus den Tatkomponenten resultierende
BGE 134 IV 132 S. 140

Einsatzstrafe auch um etwas weniger herabsetzen, soweit diese Reduktion noch im gewissen Rahmen dessen liegt, was geboten ist, um einer schweren Verminderung der Schuldfähigkeit im vollen Ausmass der Verminderung Rechnung zu tragen. Eine diesen gewissen Rahmen unterschreitende Reduktion der aus den Tatkomponenten resultierenden Einsatzstrafe ist nur zulässig, wenn besondere Umstände dafür sprechen, die in der Urteilsbegründung darzulegen sind. Kein besonderer Umstand liegt in der Schwere von einzelnen Tatkomponenten, da die Tatkomponenten bereits bei der Bemessung der Einsatzstrafe nach Massgabe ihrer Schwere zu berücksichtigen sind. Ein besonderer Umstand liegt auch nicht darin, dass die Ursache der verminderten Schuldfähigkeit keinen Anlass zur Anordnung einer freiheitsentziehenden Massnahme gibt.