Urteilskopf

131 III 314

42. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. X. gegen Y. (Berufung) 5C.245/2004 vom 11. März 2005

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 314

BGE 131 III 314 S. 314

A. Nebst einer Reihe weiterer Policen besteht zwischen den Parteien eine "Erwerbsausfallversicherung bei Krankheit". Seit dem 8. Mai 2000 ist der Kläger ganz oder teilweise arbeitsunfähig und die Versicherung erbrachte in der Zeit vom 8. Juni 2000 bis 28. Februar 2002 Taggeldleistungen von über Fr. 100'000.-. Im Rahmen einer Strafuntersuchung gegen den Kläger wegen Brandstiftung, Irreführung der Rechtspflege und mehrfachen Betrugs machte die Versicherung am 2. April 2002 adhäsionsweise eine Forderung von rund Fr. 150'000.- geltend (Rückforderung der als Sachversicherer geleisteten Entschädigung für einen vorgetäuschten Einbruchdiebstahl; Rückforderung der in Zusammenhang mit dem Brandfall geleisteten Zahlung; Rückforderung der Taggeldleistungen). Mit Schreiben vom 17. April 2002 erklärte die Versicherung gestützt auf Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG den Rücktritt von sämtlichen Versicherungsverträgen, da sich aufgrund der polizeilichen Untersuchungen ergeben habe, dass mindestens ein Teil der geltend gemachten
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Forderungen nicht gerechtfertigt gewesen seien; es würden daher keine weiteren Leistungen ausgerichtet und die bereits erbrachten zurückgefordert. Während der Kläger den pauschalen Rücktritt von den anderen Versicherungsverträgen akzeptierte, bestritt er ihn mit Bezug auf die Erwerbsausfallversicherung und ersuchte die Versicherung, die Taggeldzahlungen wieder aufzunehmen.
B. Nachdem die Versicherung dieser Forderung nicht nachgekommen war, reichte der Kläger beim Kreisgericht Rheintal eine Klage ein, mit der er die Auszahlung der restlichen Taggelder und einer Invalidenrente für das erste Quartal verlangte. Mit Entscheid vom 2. Juli 2003 hiess das Kreisgericht Rheintal die Klage vollumfänglich gut. Das Kantonsgericht St. Gallen wies die kantonale Berufung mit Entscheid vom 20. Oktober 2004 ab. Das Bundesgericht weist die hiergegen von der Versicherung erhobene eidgenössische Berufung ab.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Die Beklagte rügt eine Verletzung von Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG (SR 221.229.1). Es geht dabei um die Rechtsfrage, ob die Beklagte gestützt auf Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG von sämtlichen Versicherungsverträgen, d.h. auch von der Erwerbsausfallversicherung, zurücktreten durfte oder nur von denjenigen, mit denen die betrügerischen Handlungen und die Brandstiftung in Zusammenhang standen.
2.1 Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherers ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist der Versicherer gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden (Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG).

2.2 Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine Gesetzesbestimmung in erster Linie nach ihrem Wortlaut auszulegen. An einen klaren und unzweideutigen Gesetzeswortlaut ist die rechtsanwendende Behörde gebunden. Abweichungen von einem klaren Wortlaut sind indessen zulässig oder sogar geboten, wenn triftige Gründe zur Annahme bestehen, dass er nicht dem wahren Sinn der Bestimmung entspricht. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm, aus ihrem Sinn und Zweck

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oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben. Vom klaren Wortlaut kann ferner abgewichen werden, wenn die grammatikalische Auslegung zu einem Ergebnis führt, das der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann. Im Übrigen sind bei der Auslegung alle herkömmlichen Auslegungselemente zu berücksichtigen, wobei das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus befolgt und es ablehnt, die einzelnen Auslegungselemente einer Prioritätsordnung zu unterstellen (BGE 124 III 266 E. 4 S. 268; BGE 127 III 318 E. 2b S. 322 f.).
2.3 Der Wortlaut von Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG ist klar. Werden leistungsbegründende Tatsachen zum Zweck der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, ist der Versicherer an den Vertrag nicht gebunden. Die Rechtsfolge bezieht sich demnach auf den von den betrügerischen Handlungen betroffenen Vertrag, nicht auf die - gegebenenfalls aus einer ganzen Anzahl von Verträgen bestehende - Geschäftsbeziehung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Angesichts des klaren Wortlauts bleibt zu prüfen, ob die grammatikalische Auslegung zu einem Ergebnis führt, das der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann, oder ob triftige Gründe zur Annahme bestehen, dass der Wortlaut nicht dem wahren Sinn der Bestimmung entspricht. In diesem Zusammenhang gilt es zunächst, sich mit der Lehrmeinung auseinander zu setzen, wonach dem Versicherer nach richtigem Gesetzesverständnis ein generelles Rücktrittsrecht zustehen müsse (dazu E. 2.3.1). Anschliessend ist auf weitere vorinstanzliche Überlegungen zur Tragweite des Rücktrittsrechts hinzuweisen (E. 2.3.2).

2.3.1 Die Beklagte beruft sich mit Nachdruck auf die Meinungsäusserung im Basler Kommentar, wonach der Versicherer gemäss Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG von allen Versicherungsverträgen zurücktreten kann, auch von denjenigen, die in keinem Zusammenhang mit den betrügerischen Handlungen des Versicherungsnehmers stehen (NEF, Basler Kommentar, N. 45 zu Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG; gl.M.: WICKI, Versicherungsmissbrauch, Diss. Freiburg 2002, S. 154; a.M.: ROELLI/KELLER, Kommentar zum VVG, Bd. I, Bern 1968, S. 585 Fn. 3 mit Verweisen auf die deutsche Rechtsprechung). Diese Ansicht vermag jedoch aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen: Vorab ist zu bemerken, dass sich der Versicherungsvertrag schlecht mit denjenigen Vertragsverhältnissen vergleichen lässt, für die der
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Besondere Teil des Obligationenrechts gesetzliche ausserordentliche Beendigungsgründe kennt (namentlich Miet- und Arbeitsvertrag sowie einfache Gesellschaft). Gerade der Arbeitsvertrag wird regelmässig mit einem spezifischen Arbeitgeber und im Hinblick auf die persönlichen Qualitäten des Arbeitnehmers geschlossen. Sodann obliegen dem Arbeitgeber umfassende gesetzliche Fürsorge- und Schutzpflichten (Schutz der Persönlichkeit, Art. 328
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 328 - 1 Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.120
1    Der Arbeitgeber hat im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen, auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen.120
2    Er hat zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemessen sind, soweit es mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung121 ihm billigerweise zugemutet werden kann.122
OR; Personalvorsorge, Art. 331 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 331 - 1 Macht der Arbeitgeber Zuwendungen für die Personalvorsorge149 oder leisten die Arbeitnehmer Beiträge daran, so hat der Arbeitgeber diese Zuwendungen und Beiträge auf eine Stiftung, eine Genossenschaft oder eine Einrichtung des öffentlichen Rechtes zu übertragen.
1    Macht der Arbeitgeber Zuwendungen für die Personalvorsorge149 oder leisten die Arbeitnehmer Beiträge daran, so hat der Arbeitgeber diese Zuwendungen und Beiträge auf eine Stiftung, eine Genossenschaft oder eine Einrichtung des öffentlichen Rechtes zu übertragen.
2    Werden die Zuwendungen des Arbeitgebers und allfällige Beiträge des Arbeitnehmers zu dessen Gunsten für eine Kranken-, Unfall-, Lebens-, Invaliden- oder Todesfallversicherung bei einer der Versicherungsaufsicht unterstellten Unternehmung oder bei einer anerkannten Krankenkasse verwendet, so hat der Arbeitgeber die Übertragung gemäss vorstehendem Absatz nicht vorzunehmen, wenn dem Arbeitnehmer mit dem Eintritt des Versicherungsfalles ein selbständiges Forderungsrecht gegen den Versicherungsträger zusteht.
3    Hat der Arbeitnehmer Beiträge an eine Vorsorgeeinrichtung zu leisten, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, zur gleichen Zeit mindestens gleich hohe Beiträge wie die gesamten Beiträge aller Arbeitnehmer zu entrichten; er erbringt seine Beiträge aus eigenen Mitteln oder aus Beitragsreserven der Vorsorgeeinrichtung, die von ihm vorgängig hierfür geäufnet worden und gesondert ausgewiesen sind. Der Arbeitgeber muss den vom Lohn des Arbeitnehmers abgezogenen Beitragsanteil zusammen mit seinem Beitragsanteil spätestens am Ende des ersten Monats nach dem Kalender- oder Versicherungsjahr, für das die Beiträge geschuldet sind, an die Vorsorgeeinrichtung überweisen.150
4    Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer über die ihm gegen eine Vorsorgeeinrichtung151 oder einen Versicherungsträger zustehenden Forderungsrechte den erforderlichen Aufschluss zu erteilen.
5    Auf Verlangen der Zentralstelle 2. Säule ist der Arbeitgeber verpflichtet, ihr die Angaben zu liefern, die ihm vorliegen und die geeignet sind, die Berechtigten vergessener Guthaben oder die Einrichtungen, welche solche Guthaben führen, zu finden.152
. OR; Lohnfortzahlung, Art. 324a
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 324a - 1 Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert, so hat ihm der Arbeitgeber für eine beschränkte Zeit den darauf entfallenden Lohn zu entrichten, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist.
1    Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert, so hat ihm der Arbeitgeber für eine beschränkte Zeit den darauf entfallenden Lohn zu entrichten, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen ist.
2    Sind durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag nicht längere Zeitabschnitte bestimmt, so hat der Arbeitgeber im ersten Dienstjahr den Lohn für drei Wochen und nachher für eine angemessene längere Zeit zu entrichten, je nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und den besonderen Umständen.
3    Bei Schwangerschaft der Arbeitnehmerin hat der Arbeitgeber den Lohn im gleichen Umfang zu entrichten.115
4    Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag kann eine von den vorstehenden Bestimmungen abweichende Regelung getroffen werden, wenn sie für den Arbeitnehmer mindestens gleichwertig ist.
OR; etc.). Umgekehrt trifft den Arbeitnehmer eine umfassende Sorgfalts- und Treuepflicht (Art. 321a
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 321a - 1 Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragene Arbeit sorgfältig auszuführen und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren.
1    Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragene Arbeit sorgfältig auszuführen und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren.
2    Er hat Maschinen, Arbeitsgeräte, technische Einrichtungen und Anlagen sowie Fahrzeuge des Arbeitgebers fachgerecht zu bedienen und diese sowie Material, die ihm zur Ausführung der Arbeit zur Verfügung gestellt werden, sorgfältig zu behandeln.
3    Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitnehmer keine Arbeit gegen Entgelt für einen Dritten leisten, soweit er dadurch seine Treuepflicht verletzt, insbesondere den Arbeitgeber konkurrenziert.
4    Der Arbeitnehmer darf geheim zu haltende Tatsachen, wie namentlich Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse, von denen er im Dienst des Arbeitgebers Kenntnis erlangt, während des Arbeitsverhältnisses nicht verwerten oder anderen mitteilen; auch nach dessen Beendigung bleibt er zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit es zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers erforderlich ist.
OR). Im Unterschied dazu treten auf dem Versicherungsmarkt weitgehend austauschbare Gesellschaften auf, bei deren Versicherungsangeboten es sich zu einem grossen Teil um ein von der Person des Versicherungsnehmers unabhängiges Massengeschäft handelt. Aber selbst dort, wo die persönlichen Eigenschaften des Versicherungsnehmers geprüft werden, geschieht dies regelmässig zur Risikokalkulation und Prämienbestimmung und kaum je mit Rücksicht auf eine gegenseitige persönliche Verbundenheit der Vertragsparteien.
Wesentlicher als dieser Unterschied ist jedoch, dass sich auch die ausserordentliche Kündigungsmöglichkeit gemäss Art. 266g
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 266g - 1 Aus wichtigen Gründen, welche die Vertragserfüllung für sie unzumutbar machen, können die Parteien das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen.
1    Aus wichtigen Gründen, welche die Vertragserfüllung für sie unzumutbar machen, können die Parteien das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen.
2    Der Richter bestimmt die vermögensrechtlichen Folgen der vorzeitigen Kündigung unter Würdigung aller Umstände.
, Art. 337
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 337 - 1 Aus wichtigen Gründen kann der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer jederzeit das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen; er muss die fristlose Vertragsauflösung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt.207
1    Aus wichtigen Gründen kann der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer jederzeit das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen; er muss die fristlose Vertragsauflösung schriftlich begründen, wenn die andere Partei dies verlangt.207
2    Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf.
3    Über das Vorhandensein solcher Umstände entscheidet der Richter nach seinem Ermessen, darf aber in keinem Fall die unverschuldete Verhinderung des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung als wichtigen Grund anerkennen.
oder Art. 545 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 545 - 1 Die Gesellschaft wird aufgelöst:
1    Die Gesellschaft wird aufgelöst:
1  wenn der Zweck, zu welchem sie abgeschlossen wurde, erreicht oder wenn dessen Erreichung unmöglich geworden ist;
2  wenn ein Gesellschafter stirbt und für diesen Fall nicht schon vorher vereinbart worden ist, dass die Gesellschaft mit den Erben fortbestehen soll;
3  wenn der Liquidationsanteil eines Gesellschafters zur Zwangsverwertung gelangt oder ein Gesellschafter in Konkurs fällt oder unter umfassende Beistandschaft gestellt wird;
4  durch gegenseitige Übereinkunft;
5  durch Ablauf der Zeit, auf deren Dauer die Gesellschaft eingegangen worden ist;
6  durch Kündigung von seiten eines Gesellschafters, wenn eine solche im Gesellschaftsvertrage vorbehalten oder wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen worden ist;
7  durch Urteil des Gerichts282 im Falle der Auflösung aus einem wichtigen Grund.
2    Aus wichtigen Gründen kann die Auflösung der Gesellschaft vor Ablauf der Vertragsdauer oder, wenn sie auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden ist, ohne vorherige Aufkündigung verlangt werden.
OR auf den jeweiligen Miet-, Arbeits- resp. Gesellschaftsvertrag und nicht auf sämtliche zwischen den betreffenden Parteien bestehenden Verträge bezieht. Rechtsdogmatisch lässt sich deshalb von diesen gesetzlich geregelten ausserordentlichen Kündigungsrechten nicht auf ein generelles Rücktrittsrecht des Versicherers schliessen. Ebenso wenig dürfen die Unterschiede zwischen Kündigung und Rücktritt übersehen bzw. Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolge vermengt werden. Die Kündigung wirkt ex nunc und damit pro futuro, was zur Folge hat, dass bereits erbrachte Leistungen nicht zurückgefordert werden können und die Leistungspflicht aus bereits eingetretenen Ereignissen fortbesteht. Demgegenüber lässt der Rücktritt das Vertragsverhältnis im Grundsatz ex tunc dahinfallen - wobei die Folgen des Rücktritts bei Versicherungsverträgen etwas weniger weit reichend sind (vgl. dazu KÖNIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3. Aufl., Bern 1967, S. 91) - und begründet für bereits erbrachte Leistungen einen Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (statt vieler: GUHL/MERZ/KOLLER, Das schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., Zürich 2000, S. 309 f.).
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Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass sich aus dem bei gewissen Dauerschuldverhältnissen gesetzlich vorgesehenen ausserordentlichen Kündigungsrecht nichts für das geforderte generelle Rücktrittsrecht beim Versicherungsvertrag ableiten lässt. Eine andere Frage ist, ob unabhängig von den im Besonderen Teil des Obligationenrechts normierten Tatbeständen bei Dauerschuldverhältnissen, zu denen auch der Versicherungsvertrag gerechnet wird (KELLER, Die ausserordentliche Auflösung des Versicherungsvertrages, Diss. Freiburg 1983, S. 3; NEF, a.a.O., N. 45 zu Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG), ein allgemeines Lösungsrecht aus wichtigem Grund besteht (vgl. dazu KRAMER/SCHMIDLIN, Berner Kommentar, Allgemeine Einleitung N. 163 f.; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., Zürich 1988, S. 383 f.; GAUCH, System der Beendigung von Dauerverträgen, Diss. Freiburg 1968, S. 192 ff.; ferner GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 8. Aufl., Zürich 2003, N. 1286a). Wie es sich damit im vorliegenden Fall verhält, kann indes ebenso offen gelassen werden wie die weitere Frage, ob diesfalls die Rücktrittserklärung der Beklagten als Kündigungserklärung anerkannt werden könnte, da bereits die erste der drei Erklärungen nach Eintritt des Erwerbsausfalls abgegeben worden ist und deshalb die Leistungspflicht aus diesem Schadensfall selbst unter der Hypothese einer zulässigen ausserordentlichen Kündigung unberührt bliebe (BUCHER, a.a.O., S. 384).
2.3.2 Die Vorinstanz hat sodann zu Recht darauf hingewiesen, dass der Versicherungsnehmer, der mehrere oder sämtliche Versicherungsverträge beim gleichen Versicherer abgeschlossen hat, gegenüber demjenigen, der bei verschiedenen Gesellschaften versichert ist, schlechter gestellt wäre. In diesem Sinn stimmt auch das - ohnehin wirtschaftliche, nicht rechtliche - Argument der Beklagten nur bedingt, das Verhalten der Versicherungsnehmer schlage direkt auf die Prämiengestaltung durch und gereiche dem Versichertenkollektiv zum Schaden.

2.3.3 Beim vorstehenden Resultat braucht nicht im Einzelnen geklärt zu werden, ob es sich bei Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG um eine dispositive Norm handelt, wie die Lehre aufgrund der Liste der zwingenden bzw. einseitig zwingenden Normen in Art. 97
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 97 - Folgende Vorschriften dieses Gesetzes dürfen durch Vertragsabrede nicht geändert werden: die Artikel 10 Absatz 2, 13, 24, 35b, 35c, 41 Absatz 2, 46a, 46b Absätze 1 und 2, 46c Absatz 1, 47, 51, 58 Absatz 4, 60, 73, 74 Absatz 1 sowie 95c Absätze 1 und 2.
und 98
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 98 - Die folgenden Vorschriften dieses Gesetzes dürfen durch Vertragsabrede nicht zuungunsten des Versicherungsnehmers oder des Anspruchsberechtigten geändert werden: die Artikel 1-3a, 6, 9, 11, 14 Absatz 4, 15, 20, 21, 28, 28a, 29 Absatz 2, 30, 32, 34, 35a, 38c Absatz 2, 39 Absatz 2 Ziffer 2 zweiter Satz, 41a, 42 Absätze 1-3, 44-46, 54, 56, 57, 59, 76 Absatz 1, 77 Absatz 1, 89, 90-95a, 95b Absatz 1, 95c Absatz 3 und 96.
VVG festhält (ROELLI/KELLER, a.a.O., S. 585; WICKI, a.a.O., S. 69; NEF, a.a.O.,
BGE 131 III 314 S. 319

N. 45 zu Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG). Hätte der Beklagten die Möglichkeit offen gestanden, die von ihr gewünschte Rechtsfolge in ihren AGB vorzusehen, wäre jedenfalls nicht einzusehen, weshalb ihr entgegen dem klaren Wortlaut von Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG ein betreffendes Recht ex lege eingeräumt werden müsste.
2.3.4 Insgesamt ergibt sich, dass der klare Wortlaut von Art. 40
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 40 - Hat der Anspruchsberechtigte oder sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens ausschliessen oder mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen oder hat er die ihm nach Massgabe des Artikels 39 dieses Gesetzes obliegenden Mitteilungen zum Zwecke der Täuschung zu spät oder gar nicht gemacht, so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden.
VVG weder zu einem stossenden Ergebnis führt noch triftige Gründe zur Annahme bestehen, dass er nicht dem wahren Sinn der Bestimmung entspricht. Die Berufung ist demnach abzuweisen.