Urteilskopf

119 II 64

14. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 9. Februar 1993 i.S. X. gegen X. (Berufung)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 64

BGE 119 II 64 S. 64

Aus den Erwägungen:

2. Der Beklagte hält die von der Klägerin angerufenen Gerichte nach wie vor für unzuständig. a) Im Falle internationaler Verflechtung beurteilt sich die örtliche Zuständigkeit für die Ehescheidung nach Art. 59
SR 291 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG)
IPRG Art. 59 - Für Klagen auf Scheidung oder Trennung sind zuständig:
a  die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten;
b  die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Klägers, wenn dieser sich seit einem Jahr in der Schweiz aufhält oder wenn er Schweizer Bürger ist.
IPRG. Der Entscheid der Vorinstanz beruht auf der Bestimmung von Art. 59 lit. b
SR 291 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG)
IPRG Art. 59 - Für Klagen auf Scheidung oder Trennung sind zuständig:
a  die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten;
b  die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Klägers, wenn dieser sich seit einem Jahr in der Schweiz aufhält oder wenn er Schweizer Bürger ist.
IPRG, wonach die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Klägers zuständig sind, wenn dieser sich seit einem Jahr in der Schweiz aufhält oder wenn er Schweizer Bürger ist. Mit den angeführten Einschränkungen (Mindestdauer des Wohnsitzes in der Schweiz bzw. Schweizer Bürgerrecht) soll einer missbräuchlichen Verlegung des Wohnsitzes im Hinblick auf die Begründung eines Gerichtsstandes in der Schweiz begegnet werden (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 10. November 1982 zum IPRG, BBl 1983 I S. 357). b) Strittig ist einzig, ob die Klägerin, die Schweizer Bürgerin ist, im Zeitpunkt der Klageerhebung ihren Wohnsitz in A., d.h. in der Schweiz, gehabt habe.
BGE 119 II 64 S. 65

aa) Im Sinne des IPRG hat eine natürliche Person ihren Wohnsitz in dem Staat, in dem sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält (Art. 20 Abs. 1 lit. a
SR 291 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG)
IPRG Art. 20 - 1 Im Sinne dieses Gesetzes hat eine natürliche Person:
1    Im Sinne dieses Gesetzes hat eine natürliche Person:
a  ihren Wohnsitz in dem Staat, in dem sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält;
b  ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat, in dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum vornherein befristet ist;
c  ihre Niederlassung in dem Staat, in dem sich der Mittelpunkt ihrer geschäftlichen Tätigkeit befindet.
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich Wohnsitz haben. Hat eine Person nirgends einen Wohnsitz, so tritt der gewöhnliche Aufenthalt an die Stelle des Wohnsitzes. Die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches19 über Wohnsitz und Aufenthalt sind nicht anwendbar.
IPRG). Wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt, deckt sich dieser Begriff wörtlich mit der Umschreibung des Wohnsitzes in Art. 23
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
1    Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben.
3    Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen.
ZGB. Gemäss Art. 20 Abs. 2
SR 291 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG)
IPRG Art. 20 - 1 Im Sinne dieses Gesetzes hat eine natürliche Person:
1    Im Sinne dieses Gesetzes hat eine natürliche Person:
a  ihren Wohnsitz in dem Staat, in dem sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält;
b  ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat, in dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum vornherein befristet ist;
c  ihre Niederlassung in dem Staat, in dem sich der Mittelpunkt ihrer geschäftlichen Tätigkeit befindet.
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich Wohnsitz haben. Hat eine Person nirgends einen Wohnsitz, so tritt der gewöhnliche Aufenthalt an die Stelle des Wohnsitzes. Die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches19 über Wohnsitz und Aufenthalt sind nicht anwendbar.
letzter Satz IPRG sind die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches über Wohnsitz und Aufenthalt freilich nicht anwendbar; unbeachtlich sind im Geltungsbereich des IPRG somit namentlich die Art. 24 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 24 - 1 Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes.
1    Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes.
2    Ist ein früher begründeter Wohnsitz nicht nachweisbar oder ist ein im Ausland begründeter Wohnsitz aufgegeben und in der Schweiz kein neuer begründet worden, so gilt der Aufenthaltsort als Wohnsitz.
. ZGB, die verschiedene Fälle fiktiven Wohnsitzes vorsehen. Im internationalen Privatrecht dient der Wohnsitz als Anknüpfungsbegriff zur Ermittlung der Rechtsordnung bzw. des Gerichtsortes, mit denen eine Person und deren Rechtsverhältnisse den engsten Zusammenhang haben (vgl. Sten. Bull. 1985 StR, S. 134; Sten.Bull. 1986 NR, S. 1295). Dieser Umstand schliesst nicht aus, dass bei der Auslegung von Art. 20 Abs. 1
SR 291 Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG)
IPRG Art. 20 - 1 Im Sinne dieses Gesetzes hat eine natürliche Person:
1    Im Sinne dieses Gesetzes hat eine natürliche Person:
a  ihren Wohnsitz in dem Staat, in dem sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält;
b  ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat, in dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum vornherein befristet ist;
c  ihre Niederlassung in dem Staat, in dem sich der Mittelpunkt ihrer geschäftlichen Tätigkeit befindet.
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich Wohnsitz haben. Hat eine Person nirgends einen Wohnsitz, so tritt der gewöhnliche Aufenthalt an die Stelle des Wohnsitzes. Die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches19 über Wohnsitz und Aufenthalt sind nicht anwendbar.
IPRG auf die Praxis zu Art. 23
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
1    Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben.
3    Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen.
ZGB zurückgegriffen wird (vgl. Botschaft, BBl 1983 I S. 316 f.; KNOEPFLER/SCHWEIZER, Précis de droit international privé suisse, S. 147 Rz. 437 ff.). Auch der Beklagte selbst beruft sich übrigens auf Entscheide (BGE 97 II 1 ff. und BGE 115 II 120 ff.), die zu Art. 23
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
1    Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben.
3    Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen.
ZGB ergangen sind. bb) Wie der Beklagte mit Recht hervorhebt, beurteilt sich die Frage, wo eine Person ihren Wohnsitz habe, nach den objektiven Umständen. Entscheidend ist mit andern Worten, ob die Person den Ort, an dem sie weilt, in einer für Dritte erkennbaren Weise zum Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gemacht hat oder zu machen beabsichtigt (BGE 97 II 3 f.). Dieser Mittelpunkt ist regelmässig dort zu suchen, wo die familiären Interessen und Bindungen am stärksten lokalisiert sind (Botschaft, BBl 1983 I S. 317). Verlässt - wie hier die Klägerin - ein Gatte den ehelichen Wohnsitz, darf nicht leichthin angenommen werden, er habe am neuen Aufenthaltsort einen neuen, eigenen Wohnsitz begründet; es muss sich ein entsprechender Wille deutlich manifestiert haben (vgl. BGE 115 II 121 E. a). Besonders im internationalen Verhältnis gilt es zu verhindern, dass einer missbräuchlichen Wohnsitzverlegung - beispielsweise in den Heimatstaat - zur Begründung eines günstigen Gerichtsstandes Vorschub geleistet wird. ...