Urteilskopf

117 IV 20

6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. Januar 1991 i.S. J. gegen Generalprokurator und Obergericht des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 21

BGE 117 IV 20 S. 21

J. führte von 1979 bis 1984 ein Architekturbüro in N. Dieses verwaltete die Liegenschaft X-Strasse 62 in S. Wegen eines in dieser Liegenschaft eingetretenen Wasserschadens überwies die Y-Versicherungsgesellschaft am 2. März 1982 den Betrag von Fr. 11'165.10 auf das private Postcheckkonto von J. Durch Belastung dieses Kontos zahlte J. anfangs April 1982 Löhne in der Höhe von Fr. 11'000.--. Mit Urteil vom 16. Dezember 1988 erklärte das Strafamtsgericht Thun J. schuldig der qualifizierten Veruntreuung als berufsmässiger Vermögensverwalter und verurteilte ihn in Ausfällung einer Zusatzstrafe zum Urteil des Gerichtspräsidenten II, Thun, vom 17. Juni 1987 zu 6 Monaten Gefängnis, bedingt unter Auferlegung einer Probezeit von 4 Jahren. Auf Appellation sowohl von J. als auch der Staatsanwaltschaft reduzierte das Obergericht des Kantons Bern am 3. November 1989 die Probezeit für den bedingten Strafvollzug auf 3 Jahre, bestätigte im übrigen aber das erstinstanzliche Urteil. Eine von J. dagegen eingereichte staatsrechtliche Beschwerde heisst das Bundesgericht gut.
Erwägungen

Aus der Erwägungen:

1. b) Der Beschwerdeführer beantragt im erwähnten, an die Vorinstanz gerichteten Schreiben, verschiedene Schriftstücke zu den Akten zu nehmen, eine Abklärung bei der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern zu treffen und eine Zeugin sowie ihn
BGE 117 IV 20 S. 22

selber nochmals einzuvernehmen. Damit hätte er seiner Auffassung nach den Beweis namentlich dafür erbringen können, dass sein Büro im Tatzeitpunkt, anfangs April 1982, nur zwei Liegenschaften verwaltete, nämlich je eine auf eigene und auf fremde Rechnung. Wäre ihm dieser Nachweise gelungen, hätte er nicht als berufsmässiger Vermögensverwalter im Sinne von Art. 140 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 140 - 1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
1    Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
2    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr196 bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt.
3    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft,
4    Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt.
StGB betrachtet werden können. Zwar setzt eine Verurteilung wegen qualifizierter Veruntreuung nach der Rechtsprechung nicht voraus, dass die Vermögensverwaltung die Haupttätigkeit des Täters bildet; berufsmässig kann Vermögen auch verwalten, wer sich daneben in wesentlichem Umfange noch anders betätigt (BGE 100 IV 30). In Anbetracht der erheblichen Strafdrohung des Art. 140 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 140 - 1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
1    Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
2    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr196 bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt.
3    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft,
4    Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt.
StGB von einem Monat Gefängnis bis zu zehn Jahren Zuchthaus und der namentlich mit einer Verlängerung der Strafverfolgungsverjährung verbundenen Zuordnung der qualifizierten Veruntreuung zu den Verbrechen (vgl. Art. 9 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 9 - 1 Dieses Gesetz ist nicht anwendbar auf Personen, soweit deren Taten nach dem Militärstrafrecht zu beurteilen sind.
1    Dieses Gesetz ist nicht anwendbar auf Personen, soweit deren Taten nach dem Militärstrafrecht zu beurteilen sind.
2    Für Personen, welche zum Zeitpunkt der Tat das 18. Altersjahr noch nicht vollendet haben, bleiben die Vorschriften des Jugendstrafgesetzes vom 20. Juni 200313 (JStG) vorbehalten. Sind gleichzeitig eine vor und eine nach der Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat zu beurteilen, so ist Artikel 3 Absatz 2 JStG anwendbar.14
und 70 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 70 - 1 Das Gericht verfügt die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine Straftat erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine Straftat zu veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden.
1    Das Gericht verfügt die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine Straftat erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine Straftat zu veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden.
2    Die Einziehung ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter die Vermögenswerte in Unkenntnis der Einziehungsgründe erworben hat und soweit er für sie eine gleichwertige Gegenleistung erbracht hat oder die Einziehung ihm gegenüber sonst eine unverhältnismässige Härte darstellen würde.
3    Das Recht zur Einziehung verjährt nach sieben Jahren; ist jedoch die Verfolgung der Straftat einer längeren Verjährungsfrist unterworfen, so findet diese Frist auch auf die Einziehung Anwendung.
4    Die Einziehung ist amtlich bekannt zu machen. Die Ansprüche Verletzter oder Dritter erlöschen fünf Jahre nach der amtlichen Bekanntmachung.
5    Lässt sich der Umfang der einzuziehenden Vermögenswerte nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand ermitteln, so kann das Gericht ihn schätzen.
StGB), sowie mit Blick darauf, dass Art. 140 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 140 - 1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
1    Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
2    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr196 bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt.
3    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft,
4    Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt.
StGB durchwegs nur Tätergruppen erfassen soll, die erhöhtes Vertrauen geniessen, ist eine berufsmässige Vermögensverwaltung indes nicht leichthin anzunehmen. Die Literatur weist zutreffend darauf hin, dass nicht jede Person, die in Ausübung ihres Berufs Vermögen anvertraut erhält, als berufsmässiger Vermögensverwalter angesehen werden kann (NOLL, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, S. 155); der Beruf muss vielmehr gerade in der Verwaltung von Vermögen bestehen (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 3. Auflage, § 8 N 68). Da die Besorgung von Liegenschaftsverwaltungen nicht typischerweise zum Architektenberuf gehört, ist ein Architekt danach jedenfalls solange nicht berufsmässiger Vermögensverwalter im Sinne von Art. 140 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 140 - 1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
1    Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
2    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr196 bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt.
3    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft,
4    Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt.
StGB, als er nur nebenbei und in geringem Ausmass Liegenschaften verwaltet. Die Annahme einer berufsmässigen Vermögensverwaltung kommt erst in Betracht, wenn die Liegenschaftsverwaltung einen eigenständigen Erwerbszweig des Architekten bildet und einen erheblichen Umfang aufweist; die Verwaltung von ein oder zwei Liegenschaften mittlerer Grösse reicht nicht aus.
2. Es kann offenbleiben, ob die weitere Rüge des Beschwerdeführers begründet ist, die Vorinstanz habe den Umfang seiner Liegenschaftsverwaltungstätigkeit im Zeitpunkt der Tat, anfangs April 1982, willkürlich beurteilt. Festzuhalten ist, dass es für die Beantwortung der Frage, ob ein Täter wegen Veruntreuung als
BGE 117 IV 20 S. 23

berufsmässiger Vermögensverwalter nach Art. 140 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 140 - 1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
1    Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
2    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr196 bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt.
3    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft,
4    Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt.
StGB zu verurteilen ist, entgegen der vom Generalprokurator in seiner Vernehmlassung vertretenen Auffassung allein darauf ankommt, ob die Qualifikationsvoraussetzung im Moment der Tatausführung sowie gegebenenfalls im Moment der Entgegennahme der Gelder gegeben ist. In welchem Ausmass der Beschwerdeführer nach der Begehung der Veruntreuung im April 1982 Liegenschaften verwaltet hat, ist somit belanglos.