Urteilskopf

107 III 40

10. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. Januar 1981 i.S. Schuler gegen Ausseramtliche Konkursverwaltung, Gläubigerausschuss, Schweizerischer Bankverein sowie Obergericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
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Sachverhalt ab Seite 40

BGE 107 III 40 S. 40

Der im Konkurs befindliche Walter Schuler unterbreitete seinen Gläubigern am 11. September 1979 einen Entwurf für einen Nachlassvertrag. Mit Entscheid vom 3. Juli 1980 verwarf das Bezirksgericht Hinwil diesen Vertrag. Das Obergericht des
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Kantons Zürich wies am 23. September 1980 einen Rekurs des Schuldners gegen den Entscheid des Bezirksgerichts ab. Dabei prüfte es unter anderem die Frage, ob infolge ungenügender Deckung der pfandgesicherten Forderung mit einem Pfandausfall zu rechnen sei, um welchen sich nach Art. 305 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 305 - 1 Der Nachlassvertrag ist angenommen, wenn ihm bis zum Bestätigungsentscheid zugestimmt hat:
1    Der Nachlassvertrag ist angenommen, wenn ihm bis zum Bestätigungsentscheid zugestimmt hat:
a  die Mehrheit der Gläubiger, die zugleich mindestens zwei Drittel des Gesamtbetrages der Forderungen vertreten; oder
b  ein Viertel der Gläubiger, die mindestens drei Viertel des Gesamtbetrages der Forderungen vertreten.548
2    Die privilegierten Gläubiger, der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Schuldners werden weder für ihre Person noch für ihre Forderung mitgerechnet. Pfandgesicherte Forderungen zählen nur zu dem Betrag mit, der nach der Schätzung des Sachwalters ungedeckt ist.549
3    Das Nachlassgericht entscheidet, ob und zu welchem Betrage bedingte Forderungen und solche mit ungewisser Verfallzeit sowie bestrittene Forderungen mitzuzählen sind. Dem gerichtlichen Entscheide über den Rechtsbestand der Forderungen wird dadurch nicht vorgegriffen.550
SchKG der Gesamtbetrag der für die Berechnung des Summenmehrs in Betracht fallenden Forderungen erhöht. Es gelangte zur Bejahung dieser Frage, wobei es insbesondere der Auffassung des Schuldners entgegentrat, dass für die Beurteilung des Umfangs der Pfanddeckung auf den sogenannten Fortführungswert der Aktiven statt auf deren Verkehrswert abzustellen sei. Gegen den Entscheid des Obergerichts führt der Schuldner staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. ... Der Beschwerdeführer bestreitet mit Recht nicht, dass die qualifizierte Summenmehrheit für den von ihm vorgeschlagenen Nachlassvertrag nicht erreicht ist, wenn die Aktiven nicht aufgrund ihres sogenannten Fortführungswertes, sondern, wie es das Obergericht als richtig erachtet hat, nach ihrem Verkehrswert bewertet werden. Diesfalls ist für die pfandgesicherte Forderung des Schweizerischen Bankvereins mit einem entsprechend grossen Pfandausfall zu rechnen. Nach Art. 305 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 305 - 1 Der Nachlassvertrag ist angenommen, wenn ihm bis zum Bestätigungsentscheid zugestimmt hat:
1    Der Nachlassvertrag ist angenommen, wenn ihm bis zum Bestätigungsentscheid zugestimmt hat:
a  die Mehrheit der Gläubiger, die zugleich mindestens zwei Drittel des Gesamtbetrages der Forderungen vertreten; oder
b  ein Viertel der Gläubiger, die mindestens drei Viertel des Gesamtbetrages der Forderungen vertreten.548
2    Die privilegierten Gläubiger, der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Schuldners werden weder für ihre Person noch für ihre Forderung mitgerechnet. Pfandgesicherte Forderungen zählen nur zu dem Betrag mit, der nach der Schätzung des Sachwalters ungedeckt ist.549
3    Das Nachlassgericht entscheidet, ob und zu welchem Betrage bedingte Forderungen und solche mit ungewisser Verfallzeit sowie bestrittene Forderungen mitzuzählen sind. Dem gerichtlichen Entscheide über den Rechtsbestand der Forderungen wird dadurch nicht vorgegriffen.550
(letzter Satzteil) SchKG zählen pfandversicherte Forderungen bei der Berechnung des für die Ermittlung der qualifizierten Summenmehrheit massgebenden Gesamtforderungsbetrages (nur) zu demjenigen Betrage mit, welcher nach der Schätzung des Sachwalters - an dessen Stelle tritt beim Nachlassvertrag im Konkurs die Konkursverwaltung (Art. 317 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 317 - 1 Durch den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung kann den Gläubigern das Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen eingeräumt oder dieses Vermögen einem Dritten ganz oder teilweise abgetreten werden.
1    Durch den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung kann den Gläubigern das Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen eingeräumt oder dieses Vermögen einem Dritten ganz oder teilweise abgetreten werden.
2    Die Gläubiger üben ihre Rechte durch die Liquidatoren und durch einen Gläubigerausschuss aus. Diese werden von der Versammlung gewählt, die sich zum Nachlassvertrag äussert. Sachwalter können Liquidatoren sein.
SchKG) - ungedeckt ist. Der ungedeckte Forderungsbetrag wäre hier, wenn nicht vom sogenannten Fortführungswert der Pfandgegenstände ausgegangen wird, unbestrittenermassen so hoch, dass die gesetzliche Mehrheit von zwei Dritteln des gesamten Forderungsbetrages, wie auch immer gerechnet würde, keinesfalls erreicht wäre. Entscheidend ist somit, ob das Obergericht, wie der Beschwerdeführer geltend macht, in Willkür verfiel, indem es bei der Bewertung der Aktiven nicht deren Fortführungswert, sondern den Verkehrswert als massgebend
BGE 107 III 40 S. 42

betrachtete. Diese Frage ist im folgenden näher zu prüfen.

3. Der Beschwerdeführer beruft sich für seine Auffassung, dass allein der Fortführungswert massgebend sein könne, auf FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., Band II, S. 320 (insbes. Fussnote 411), sowie auf HILDEBRANDT/GLARNER, Leitfaden zum Gebrauch für Sachwalter in gerichtlichen Nachlassvertragsverfahren, S. 18. Mit Zitaten aus den angeführten Werken versucht er zu belegen, dass die Bewertung der Aktiven nach einem andern Massstab geradezu willkürlich sei. Zwingende rechtliche Gründe sprechen indessen für die Schätzung der Pfandgegenstände zu ihrem Verkehrswert, d.h. zu demjenigen Wert, der sich bei einer Veräusserung dieser Gegenstände nach der Marktlage mutmasslich erzielen lässt (BGE 49 III 111). Das Pfandrecht verleiht dem Gläubiger den Anspruch, den Pfandgegenstand zur Sicherung der Erfüllung einer bestimmten Forderung verwerten zu lassen (OFTINGER, Das Fahrnispfand, N. 22 des Systematischen Teils). In welchem Umfang ein Pfand für die dadurch gesicherte Forderung Deckung bietet, kann somit zum voraus nur durch Schätzung des mutmasslichen Verwertungserlöses ermittelt werden. Das Abstellen auf den Fortführungswert, d.h. den Wert, den der Pfandgegenstand für den Pfandeigentümer hat, falls dieser ihn weiter benützen kann, steht im Widerspruch zum Wesen des Pfandrechts. Es trägt dem Umstand nicht Rechnung, dass das Pfand dazu dient, bei Nichtbezahlung der Pfandforderung verwertet zu werden, worauf es dem Pfandeigentümer nicht mehr zur Benützung zur Verfügung steht. Eine andere Betrachtungsweise hat auch im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Nachlassvertrages keinen Platz. Nach Art. 311
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 311 - Mit der Bestätigung des Nachlassvertrages fallen alle vor der Stundung gegen den Schuldner eingeleiteten Betreibungen mit Ausnahme derjenigen auf Pfandverwertung dahin; Artikel 199 Absatz 2 gilt sinngemäss.
SchKG ist der bestätigte Nachlassvertrag für alle Gläubiger rechtsverbindlich, ausgenommen die Pfandgläubiger für den durch das Pfand gedeckten Forderungsbetrag. Für die pfandgesicherten Forderungen kann somit auch nach dem Zustandekommen eines Nachlassvertrags ungehindert Betreibung auf Pfandverwertung durchgeführt werden (BGE 84 III 105 ff., BGE 59 III 197 ff.). Die einzige zeitliche Beschränkung der Pfandverwertung ist in Art. 301a
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 311 - Mit der Bestätigung des Nachlassvertrages fallen alle vor der Stundung gegen den Schuldner eingeleiteten Betreibungen mit Ausnahme derjenigen auf Pfandverwertung dahin; Artikel 199 Absatz 2 gilt sinngemäss.
SchKG vorgesehen (Möglichkeit der Nachlassbehörde, die Pfandverwertung auf höchstens ein Jahr nach Bestätigung des Nachlassvertrages einzustellen). Diese Bestimmung gilt indessen, wie aufgrund der Verweisung in
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Art. 317
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 317 - 1 Durch den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung kann den Gläubigern das Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen eingeräumt oder dieses Vermögen einem Dritten ganz oder teilweise abgetreten werden.
1    Durch den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung kann den Gläubigern das Verfügungsrecht über das schuldnerische Vermögen eingeräumt oder dieses Vermögen einem Dritten ganz oder teilweise abgetreten werden.
2    Die Gläubiger üben ihre Rechte durch die Liquidatoren und durch einen Gläubigerausschuss aus. Diese werden von der Versammlung gewählt, die sich zum Nachlassvertrag äussert. Sachwalter können Liquidatoren sein.
SchKG geschlossen werden muss, gerade nicht für den Nachlassvertrag im Konkurs. Können die Pfandgläubiger aber ungeachtet der Bestätigung eines Nachlassvertrages die Verwertung der Pfänder herbeiführen, ergibt sich daraus zwingend, dass bei der Schätzung des Wertes eines Pfandes zum Zwecke der Ermittlung des Deckungsumfanges gemäss Art. 305 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 305 - 1 Der Nachlassvertrag ist angenommen, wenn ihm bis zum Bestätigungsentscheid zugestimmt hat:
1    Der Nachlassvertrag ist angenommen, wenn ihm bis zum Bestätigungsentscheid zugestimmt hat:
a  die Mehrheit der Gläubiger, die zugleich mindestens zwei Drittel des Gesamtbetrages der Forderungen vertreten; oder
b  ein Viertel der Gläubiger, die mindestens drei Viertel des Gesamtbetrages der Forderungen vertreten.548
2    Die privilegierten Gläubiger, der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Schuldners werden weder für ihre Person noch für ihre Forderung mitgerechnet. Pfandgesicherte Forderungen zählen nur zu dem Betrag mit, der nach der Schätzung des Sachwalters ungedeckt ist.549
3    Das Nachlassgericht entscheidet, ob und zu welchem Betrage bedingte Forderungen und solche mit ungewisser Verfallzeit sowie bestrittene Forderungen mitzuzählen sind. Dem gerichtlichen Entscheide über den Rechtsbestand der Forderungen wird dadurch nicht vorgegriffen.550
SchKG auf jenen Wert abgestellt werden muss, der im Falle der Pfandverwertung voraussichtlich realisiert werden kann. Das Obergericht ist deshalb mit Recht der Auffassung des Beschwerdeführers nicht gefolgt und hat bei der Beurteilung der Frage, mit welchem Pfandausfall hinsichtlich der Forderung des Schweizerischen Bankvereins gerechnet werden muss, nicht auf den Fortführungswert abgestellt. Die vom Beschwerdeführer angeführten Zitate aus den Arbeiten von FRITZSCHE sowie HILDEBRANDT/GLARNER können nicht zu einer andern Beurteilung führen. Sie beziehen sich bei genauerer Betrachtung auf die Bewertung der Aktiven in Fällen, wo diese nicht liquidiert, sondern dem Schuldner zur Fortsetzung des Unternehmens erhalten werden sollen. Diese Voraussetzung trifft jedoch für Pfandgegenstände aus den bereits dargelegten Gründen nicht zu. Für die Ermittlung des mutmasslichen Pfandausfalls können die betreffenden Ausführungen daher nicht massgebend sein.