Urteilskopf

106 Ia 33

8. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. Juni 1980 i.S. X. gegen Vormundschaftsbehörde H. und Direktion der Justiz des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 33

BGE 106 Ia 33 S. 33

X. wurde im Jahre 1942 geboren und ist seit seinem 20. Altersjahr wegen Geistesschwäche im Sinne von Art. 369
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 369 - 1 Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen.
1    Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen.
2    Werden dadurch die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet, so ist die beauftragte Person verpflichtet, so lange für die Fortführung der ihr übertragenen Aufgaben zu sorgen, bis die auftraggebende Person ihre Interessen selber wahren kann.
3    Aus Geschäften, welche die beauftragte Person vornimmt, bevor sie vom Erlöschen ihres Auftrags erfährt, wird die auftraggebende Person verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestehen würde.
ZGB entmündigt. Im Jahre 1958 wurde er erstmals "zur Beobachtung" in die Heil- und Pflegeanstalt Münsingen eingewiesen, von wo er mit Beschluss des Waisenamtes H. vom 3. November 1961 "zur Rückkehr zu seinen Eltern" entlassen wurde. In der Folge wurde X. aber immer wieder von neuem in die verschiedensten Heime und Anstalten eingewiesen und nach längerer oder kürzerer Zeit endgültig oder "probeweise" entlassen. Von den Leitern der meisten Heime und Anstalten wurde er als arbeitsfähig und arbeitswillig eingestuft, hielt es aber trotzdem
BGE 106 Ia 33 S. 34

an keiner Arbeitsstelle während längerer Zeit aus. Zuletzt war er in der Zeit zwischen September 1977 und Mai 1979 in Freiheit. Nachdem er in dieser Zeit drei Stellen nach verhältnismässig kurzer Zeit wieder verlassen hatte, soll er sich seit Mitte Mai 1979 nicht mehr um eine neue Arbeit bemüht haben. X. bezieht eine Invalidenrente. Am 5. und 26. Juni 1979 beschloss die Vormundschaftsbehörde H., dem Vormund von X. im Sinne von Art. 421 Ziff. 13
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 421 - Das Amt des Beistands oder der Beiständin endet von Gesetzes wegen:
1  mit Ablauf einer von der Erwachsenenschutzbehörde festgelegten Amtsdauer, sofern keine Bestätigung im Amt erfolgt;
2  mit dem Ende der Beistandschaft;
3  mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses als Berufsbeistand oder Berufsbeiständin;
4  im Zeitpunkt, in dem der Beistand oder die Beiständin verbeiständet oder urteilsunfähig wird oder stirbt.
ZGB die Zustimmung zu erteilen, das Mündel in die aargauische Arbeitskolonie Murimoos einzuweisen, und zwar "für die Dauer von mindestens einem Jahr". Eine hiegegen von X. erhobene Beschwerde wies der Bezirksrat am 25. September 1979 ab. X. zog die Sache an die Direktion der Justiz des Kantons Zürich weiter. Mit Verfügung vom 15. März 1980 verwarf diese das Rechtsmittel. X. führt beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der persönlichen Freiheit und von Art. 5 Ziff. 1 lit. e
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK. Er ersucht um Aufhebung der Verfügung der Justizdirektion. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, und zwar im Sinne der folgenden
Erwägungen

Erwägungen:

2. In ihrem Entscheid ging die Justizdirektion von Art. 421 Ziff. 13
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 421 - Das Amt des Beistands oder der Beiständin endet von Gesetzes wegen:
1  mit Ablauf einer von der Erwachsenenschutzbehörde festgelegten Amtsdauer, sofern keine Bestätigung im Amt erfolgt;
2  mit dem Ende der Beistandschaft;
3  mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses als Berufsbeistand oder Berufsbeiständin;
4  im Zeitpunkt, in dem der Beistand oder die Beiständin verbeiständet oder urteilsunfähig wird oder stirbt.
und Art. 406
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 406 - 1 Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
1    Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
2    Der Beistand oder die Beiständin strebt danach, ein Vertrauensverhältnis mit der betroffenen Person aufzubauen und den Schwächezustand zu lindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten.
ZGB aus, wonach die vormundschaftlichen Organe die Befugnis haben, eine bevormundete Person in eine Anstalt einzuweisen. Diese Bestimmungen kann das Bundesgericht nicht auf ihre Verfassungsmässigkeit überprüfen (Art. 113 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
1    Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
2    Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a  Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.
b  Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
c  Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.
d  Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern.
e  Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.
3    Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen.
4    Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen.
BV). Allerdings ist zu vermuten, dass sich der Gesetzgeber von der Verfassung nicht entfernen wollte. Die erwähnten Vorschriften des ZGB sind daher verfassungskonform auszulegen, es wäre denn, Wortlaut oder Sinn und Zweck dieser Bestimmungen stünden dem entgegen (BGE 95 I 332 E. 3, BGE 92 I 433 mit Hinweisen).
3. Das ungeschriebene Individualrecht der persönlichen Freiheit schützt alle elementaren Erscheinungen menschlicher Persönlichkeit, die nicht durch andere Freiheitsrechte der Bundesverfassung gewährleistet sind. Dazu gehört namentlich auch die Bewegungsfreiheit (BGE 104 Ia 39 E. 5a, 486 E. 4a, BGE 103 Ia 171 E. 2, BGE 101 Ia 345 E. 7a mit Hinweisen). Einschränkungen der persönlichen Freiheit sind nur zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen

BGE 106 Ia 33 S. 35

Interesse stehen und verhältnismässig sind (BGE 104 Ia 299 E. 2, 486 E. 4b mit Hinweisen). Dass im vorliegenden Falle die persönliche Freiheit berührt ist, liegt auf der Hand, wird doch durch die in Frage stehende Massnahme das elementare Recht des Beschwerdeführers auf Bewegungsfreiheit wesentlich eingeschränkt. Aus Art. 406
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 406 - 1 Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
1    Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
2    Der Beistand oder die Beiständin strebt danach, ein Vertrauensverhältnis mit der betroffenen Person aufzubauen und den Schwächezustand zu lindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten.
in Verbindung mit Art. 369 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 369 - 1 Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen.
1    Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen.
2    Werden dadurch die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet, so ist die beauftragte Person verpflichtet, so lange für die Fortführung der ihr übertragenen Aufgaben zu sorgen, bis die auftraggebende Person ihre Interessen selber wahren kann.
3    Aus Geschäften, welche die beauftragte Person vornimmt, bevor sie vom Erlöschen ihres Auftrags erfährt, wird die auftraggebende Person verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestehen würde.
ZGB ergibt sich, dass ein Bevormundeter in eine Anstalt verbracht werden kann, wenn er infolge Geisteskrankheit oder Geistesschwäche seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag. Mit der Beschwerde wird diese gesetzliche Grundlage der angefochtenen Massnahme nicht beanstandet, sondern nur die Verhältnismässigkeit ihrer Anwendung im konkreten Fall. Zusätzlich rügt der Beschwerdeführer auch eine Verletzung von Art. 5 Ziff. 1 lit. e
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK, wonach die Freiheit unter anderem wegen Geisteskrankheit entzogen werden darf. Diese Rüge hat gegenüber derjenigen der Verletzung der persönlichen Freiheit keine selbständige Bedeutung. Trotzdem ist Art. 5 Ziff. 1 lit. e
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK heranzuziehen, sind doch die von der Konvention geschützten Rechte in Verbindung mit den Individualrechten des geschriebenen oder ungeschriebenen Verfassungsrechtes zu bestimmen. Richtschnur für die Auslegung der erwähnten Bestimmungen des ZGB ist somit das ungeschriebene Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit, das durch die angerufene Garantie von Art. 5 Ziff. 1 lit. e
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK konkretisiert wird (BGE 105 Ia 29 E. 2b, BGE 102 Ia 381 mit Hinweisen).
4. a) Nach Art. 406
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 406 - 1 Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
1    Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
2    Der Beistand oder die Beiständin strebt danach, ein Vertrauensverhältnis mit der betroffenen Person aufzubauen und den Schwächezustand zu lindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten.
ZGB darf die Anstaltseinweisung nur "nötigenfalls" erfolgen. Das stimmt überein mit dem verfassungsmässigen Gebot, bei Eingriffen in die persönliche Freiheit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen. Der Eingriff darf daher nicht weiter gehen, als es das zu erreichende Ziel erfordert (BGE 102 Ia 522 E. 4, BGE 100 Ia 459 E. IIIa, BGE 99 Ia 753 E. 2c, BGE 96 I 242 E. 5). Ob das Gebot der Verhältnismässigkeit im Rahmen eines Freiheitsentzuges gewahrt wird, prüft das Bundesgericht frei (BGE 103 Ia 296 E. 4b, BGE 101 Ia 53 E. 7, BGE 98 Ia 100 E. 2). Es liegt auf der Hand, dass eine auf Art. 406
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 406 - 1 Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
1    Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
2    Der Beistand oder die Beiständin strebt danach, ein Vertrauensverhältnis mit der betroffenen Person aufzubauen und den Schwächezustand zu lindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten.
ZGB gestützte Einweisung nur als letzte Massnahme in Betracht kommen kann. Das Interesse der Öffentlichkeit an der Einweisung des Betroffenen muss dessen eigenes Interesse an der Wahrung seiner persönlichen Freiheit klar übersteigen. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn feststeht, dass der Bevormundete
BGE 106 Ia 33 S. 36

geistesschwach oder geisteskrank ist, vermögen doch zahlreiche Geisteskranke und Geistesschwache bei fachgerechter Betreuung ein Leben ausserhalb von Anstalten zu führen. Voraussetzung für eine Einweisung ist vielmehr, dass entweder begründete Aussichten dafür bestehen, das durch die Geisteskrankheit oder Geistesschwäche bedingte, aus dem Rahmen des Üblichen fallende soziale Verhalten des Betroffenen könne in einer Anstalt innerhalb absehbarer Zeit im Sinne einer Besserung beeinflusst werden, oder dass der Bevormundete für sich oder Dritte eine Gefahr bildet, indem er hochwertige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit gefährdet (vgl. EGGER, N. 26 und 27 zu Art. 406
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 406 - 1 Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
1    Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
2    Der Beistand oder die Beiständin strebt danach, ein Vertrauensverhältnis mit der betroffenen Person aufzubauen und den Schwächezustand zu lindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten.
ZGB). b) Die Justizdirektion stützte sich auf ein von der kantonalen Heil- und Pflegeanstalt Münsingen am 4. Oktober 1961 erstattetes Gutachten. Dieses wurde seinerzeit vom Waisenamt H. eingeholt, und zwar vorab zur Abklärung der Frage, ob der Beschwerdeführer "seine Angelegenheiten nach Erreichung der Volljährigkeit nicht selbst zu besorgen vermag". Ferner sollte geprüft werden, ob er "zu seinem Schutze dauernd des Beistandes und der Fürsorge bedarf" und ob er die Sicherheit anderer gefährde. Die Sachverständigen kamen zum Schluss, der Beschwerdeführer sei in leichtem bis mittlerem Grade schwachsinnig, d.h. es liege eine "schwere Debilität an der Grenze zur Imbezillität" vor. Seine Wesensart sei infantil. Den Anforderungen des Lebens stehe er hilflos gegenüber. Er bedürfe daher zu seinem Schutze dauernd des Beistandes und der Fürsorge. Eine Gefahr für Dritte bedeute er nicht. Gestützt auf dieses Gutachten wurde der Beschwerdeführer in der Folge entmündigt. Dieses Gutachten genügt nicht, um die vom Bundesgericht frei zu prüfende Verhältnismässigkeit der in Frage stehenden Massnahme beurteilen zu können. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers trifft es zwar nicht zu, dass das Gutachten sehr summarisch gehalten ist. Vielmehr wirkt es sorgfältig und gab den zuständigen Behörden in den Jahren 1961 und 1962 eine ausreichende Grundlage, um über die Entmündigung des Beschwerdeführers zu befinden. Das ist jedoch nicht der Fall hinsichtlich der heute von den vormundschaftlichen Behörden ins Auge gefassten Massnahme. Zu beachten ist nämlich, dass jeder Mensch, auch der Schwachsinnige, im Laufe der Zeit Erfahrungen sammelt und sich weiterentwickelt. Da es um das fundamentale Recht des Menschen auf persönliche Freiheit
BGE 106 Ia 33 S. 37

geht, durfte die Justizdirektion daher den 38jährigen Beschwerdeführer nicht auf Grund eines vor 19 Jahren eingeholten Gutachtens beurteilen. Im übrigen war die Fragestellung an die Sachverständigen im Jahre 1961 darauf ausgerichtet, ob der Beschwerdeführer entmündigt werden sollte. Heute geht es demgegenüber um eine ganz andere Frage, nämlich um die, ob der Beschwerdeführer sein Leben für kürzere oder längere Zeit in einer Anstalt verbringen soll. Zu ermitteln ist in diesem Zusammenhang namentlich, welcher Sinn einer derartigen Einweisung zukommt, und es ist zu prüfen, ob sich durch die Einweisung die Aussicht darauf, dass der Beschwerdeführer künftig selber für seine Lebensbedürfnisse in Freiheit sorgen kann, verbessern lasse. Gegebenenfalls ist aber auch abzuklären, ob der Beschwerdeführer für sich oder Dritte eine derartige Gefahr bedeutet, dass sich seine Einweisung aufdrängt. Sollte der zu bestellende Sachverständige zum Schlusse kommen, eine solche Massnahme rechtfertige sich nicht, dann hätte er Vorschläge zu machen, welche andere Formen der Betreuung im Falle des Beschwerdeführers statt dessen angeordnet werden sollten. Kann aber auf Grund des Gutachtens aus dem Jahre 1961 die Frage nicht beurteilt werden, ob die getroffene Massnahme im Rahmen des Grundrechts der persönlichen Freiheit als verhältnismässig zu gelten hat, dann steht auch dahin, ob die Justizdirektion Art. 406
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 406 - 1 Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
1    Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
2    Der Beistand oder die Beiständin strebt danach, ein Vertrauensverhältnis mit der betroffenen Person aufzubauen und den Schwächezustand zu lindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten.
ZGB verfassungskonform angewendet hat. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben. Die Justizdirektion oder die von ihr beauftragte Behörde wird vor einem neuen Entscheid betreffend die Einweisung des Beschwerdeführers ein psychiatrisches Gutachten einzuholen haben. Wegen seiner Geistesschwäche wird es sich der Beschwerdeführer allerdings unter Umständen gefallen lassen müssen, dass er sich im Rahmen dieser Begutachtung zur Beobachtung in einer Anstalt aufzuhalten haben wird. In diesem Sinne ist die Beschwerde gutzuheissen.