Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

1B 499/2019

Urteil vom 29. November 2019

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Chaix, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Haag,
Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Tanja Knodel,

gegen

Bundesanwaltschaft,
Guisanplatz 1, 3003 Bern.

Gegenstand
Strafverfahren; Entsiegelungsgesuch,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonalen
Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Bern,
Gerichtspräsident, vom 5. September 2019
(KZM 18 788 CVV).

Sachverhalt:

A.
Die Bundesanwaltschaft führt ein Strafverfahren gegen B.________ wegen Verstössen gegen das Kriegsmaterialgesetz sowie ungetreuer Geschäftsbesorgung oder eventuell ungetreuer Amtsführung zum Nachteil seiner Arbeitgeberin C.________ AG. Mit Verfügung vom 20. April 2018 edierte sie bei der D.________ AG, der Genossenschaft E.________, der Bank F.________, der Banque G.________, der Bank H.________, der Bank I.________ und der Bank J.________ Bankunterlagen betreffend B.________, K.________, L.________, die M.________ AG (heute A.________ AG, im Folgenden so bezeichnet) und die N.________ Ltd.
Am 2. Mai 2018 orientierte die D.________ AG die A.________ AG über die Edition, worauf diese am 3. Mai 2018 die Siegelung der sie betreffenden, bei der D.________ AG edierten Unterlagen verlangte.
Am 23. Mai 2018 ersuchte die Bundesanwaltschaft das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern um Entsiegelung der bei der D.________ AG edierten, die A.________ AG betreffenden Unterlagen.
Im Entscheid vom 5. September 2019 stellte das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern fest, dass die bei der D.________ AG edierten Unterlagen nicht die A.________ AG beträfen und das Verfahren diesbezüglich gegenstandslos sei (Dispositiv-Ziffer 1) und hiess das Entsiegelungsgesuch der Bundesanwaltschaft vom 23. Mai 2018 gut (Dispositiv-Ziffer 2). In der Begründung führte es dazu aus, unter den versiegelten Gegenständen hätten sich die A.________ AG betreffende Unterlagen der Banque G.________, der Bank J.________ und der Bank I.________ befunden. Die A.________ AG habe die ihr vom Zwangsmassnahmengericht eingeräumte Gelegenheit, diese Unterlagen zu sichten und deren Siegelung zu verlangen, nicht wahrgenommen.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt die A.________ AG, diesen Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts aufzuheben und das Entsiegelungsgesuch der Bundesanwaltschaft abzuweisen oder die Sache eventuell ans Zwangsmassnahmengericht zurückzuweisen zur Formulierung einer rechtsgenügenden Begründung. Ausserdem ersucht sie, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

C.
Mit Verfügung vom 24. Oktober 2019 erkannte das präsidierende Mitglied der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu.

D.
Das Zwangsmassnahmengericht und die Bundesanwaltschaft beantragen in ihren Vernehmlassungen, die Beschwerde abzuweisen.
Die A.________ AG hält in ihrer Replik an der Beschwerde fest.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer strafrechtlichen Angelegenheit; dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen offen (Art. 78 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
, Art. 80 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
, Art. 90
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 90 Endentscheide - Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen.
BGG). Zur Beschwerdeführung befugt ist, wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 81 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
BGG). Es ist Sache der Beschwerdeführerin darzulegen, dass die Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, soweit das nicht offensichtlich ist (Art. 42 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
BGG; BGE 133 II 249 E. 1.1; 353 E. 1).

2.
Die von der Bundesanwaltschaft bei der D.________ AG edierten Unterlagen betreffen nicht die Beschwerdeführerin, weshalb das Zwangsmassnahmengericht das von dieser angestrebte Entsiegelungsverfahren als gegenstandslos abgeschrieben hat. Die Beschwerdeführerin hat offenkundig kein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids.
In Bezug auf die sie betreffenden Unterlagen der Banque G.________, der Bank J.________ und der Bank I.________ hat die Beschwerdeführerin keinen Siegelungsantrag gestellt, obwohl ihr das Zwangsmassnahmengericht dazu Gelegenheit gab. Auch wenn die Bundesanwaltschaft diese Unterlagen offenbar zunächst versiegelte - z.B. um der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu geben, ihr Siegelungsbegehren zu verbessern - so fiel diese Versiegelung jedenfalls spätestens mit dem unbenütztem Ablauf der Frist, die das Zwangsmassnahmengericht der Beschwerdeführerin zur Einreichung eines Siegelungsantrags einräumte, dahin. Da diese Unterlagen somit im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung ans Bundesgericht nicht versiegelt waren, geht die Beschwerde an der Sache vorbei bzw. die Beschwerdeführerin hat von vornherein kein aktuelles Rechtsschutzinteresse, deren Entsiegelung zu verhindern. Auf die Beschwerde ist somit auch insoweit nicht einzutreten, als sie sich gegen Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids richtet.

3.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Kosten des Verfahrens in Höhe von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Bundesanwaltschaft und dem Kantonalen Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern, Gerichtspräsident, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. November 2019

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Chaix

Der Gerichtsschreiber: Störi