Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung V

E-5669/2016

Urteil vom 18. Januar 2019

Richterin Muriel Beck Kadima (Vorsitz),

Besetzung Richter Markus König, Richter William Waeber,

Gerichtsschreiberin Maria Wende.

A._______, geboren am (...),

gemäss eigenen Angaben aus China (Volksrepublik),
Parteien
vertreten durch lic. iur. Fabienne Zannol, Berner Rechtsberatungsstelle für Menschen in Not, (...),

Beschwerdeführerin,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM),

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Familienzusammenführung (Asyl);
Verfügung des SEM vom 22. August 2016 / N (...).

Sachverhalt:

A.
B._______, der Ehemann der Beschwerdeführerin, ist chinesischer Staatsangehöriger und seit dem (...) 2014 in der Schweiz als Flüchtling vorläufig aufgenommen. Ihr gemeinsamer Sohn ist am (...) zur Welt gekommen.

B.

B.a
Die Beschwerdeführerin stellte am 11. Mai 2013 in der Schweiz ein Asylgesuch. Mit Verfügung vom 12. Januar 2015 verneinte das SEM die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin, lehnte ihr Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung sowie den Vollzug an, wobei es den Vollzug in die Volksrepublik China ausschloss. In den Erwägungen der ablehnenden Verfügung hielt es gestützt auf die Ergebnisse einer Lingua-Analyse im Wesentlichen fest, dass die Sozialisation der Beschwerdeführerin in der Volksrepublik China nicht glaubhaft sei. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass sie in der exiltibetischen Diaspora gelebt habe.

B.b
Mit Urteil E-876/2015 vom 26. Februar 2015 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Verfügung vom 12. Januar 2015 erhobene Beschwerde ab. Es hielt fest, die Beschwerdeführerin habe keine Beweismittel eingereicht, die geeignet wären, etwas zur Klärung ihrer Identität und ihres Herkunftslandes beizutragen. Ferner sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sie vor ihrer Ankunft in der Schweiz nicht in der Volksrepublik China, sondern in der tibetischen Diaspora, vermutungsweise in Indien oder Nepal, gelebt habe. Ihren Asylvorbringen sei damit die Grundlage entzogen. Sie habe durch die Verheimlichung respektive Verschleierung ihrer wahren Herkunft die ihr obliegende Mitwirkungspflicht verletzt und dadurch die Abklärung ihres effektiven Status in Indien beziehungsweise Nepal verunmöglicht. Ihre Staatsangehörigkeit müsse als unbekannt gelten. Es sei davon auszugehen, dass der Wegweisung keine Vollzugshindernisse entgegenstehen würden.

C.
Am 27. Mai 2016 stellte die Beschwerdeführerin für sich und ihren Sohn (chinesischer Staatsangehöriger) ein Gesuch um Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft ihres Ehemannes. Mit Verfügung vom 22. August 2016 wurde das Gesuch bezüglich ihres Sohnes gutgeheissen und er wurde als Flüchtling in der Schweiz vorläufig aufgenommen.

D.
Mit Verfügung vom gleichen Tag wurde das Gesuch der Beschwerdeführerin um Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft ihres Ehemannes abgelehnt (Ziff. 1), jedoch wurde sie in dessen vorläufige Aufnahme einbezogen (Ziff. 2). Zur Begründung führte die Vorinstanz im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe zum Zeitpunkt ihrer Flucht nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann gelebt. Aufgrund der Einheit der Familie gemäss Art. 44 AsylG sei sie jedoch in dessen vorläufige Aufnahme einzubeziehen.

E.
Gegen diesen Entscheid erhob die Beschwerdeführerin am 15. September 2016 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde und beantragte, Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung sei aufzuheben und sie sei in die Flüchtlingseigenschaft ihres Ehemannes einzuschliessen. In prozessualer Hinsicht ersuchte sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege unter Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und um Beiordnung der rubrizierten Rechtsvertreterin als amtliche Rechtsbeiständin.

Zur Begründung führte sie an, die Vorinstanz setze unzulässigerweise das Vorliegen einer vor der Flucht bestandenen Familiengemeinschaft voraus. Es würden zudem keine besonderen Umstände im Sinne von Art. 51 Abs. 1 AsylG vorliegen. Die Beweislast für deren Bestehen liege infolge ihres Ausnahmecharakters bei der Behörde. Von der Vorinstanz würden keine besonderen Gründe geltend gemacht, weshalb der Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft zu bewilligen sei.

Als Beweismittel reichte sie einen Familienausweis vom 18. Mai 2016 und eine Fürsorgebestätigung des (...) vom (...) September 2016 sowie eine Kostennote ihrer Rechtsvertreterin zu den Akten.

F.
Mit Zwischenverfügung vom 21. September 2016 hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, die Beschwerdeführerin könne gestützt auf die vom SEM angeordnete vorläufige Aufnahme den Entscheid in der Schweiz abwarten. Ferner hiess es das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung gut und verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung wies es dagegen ab. Zudem lud es die Vorinstanz zur Einreichung einer Vernehmlassung ein.

G.
Mit Vernehmlassung vom 26. September 2016 hielt die Vorinstanz an ihren Erwägungen fest und führte aus, die Frage einer vorbestandenen Familiengemeinschaft sei vom Bundesverwaltungsgericht nicht abschliessend geklärt worden. Das SEM würde an dieser Voraussetzung, welche vorliegend nicht erfüllt sei, festhalten.

H.
Die Beschwerdeführerin replizierte am 6. Oktober 2016 und hielt an ihren Anträgen fest.

I.
Mit Verfügung vom 4. September 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht die Vorinstanz auf seine neue Rechtsprechung vom 17. April 2017 (vgl. BVGE 2017 VI/4) hin, wonach Ehegatten von Flüchtlingen, welche sich in der Schweiz befinden, vorbehältlich besonderer Gründe ebenfalls die Flüchtlingseigenschaft erhalten, auch wenn die Familiengemeinschaft erst in der Schweiz begründet worden ist. Es lud die Vorinstanz zur Einreichung einer ergänzenden Vernehmlassung ein.

J.
In seiner Vernehmlassung vom 28. September 2017 hielt das SEM an seinem Entscheid fest, jedoch mit neuer Begründung: Es führte aus, die Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin oder ein allfälliger Aufenthaltsstatus seien nicht bekannt. Entsprechend sei es dem SEM nicht möglich zu prüfen, ob sie mit ihrer Familie an ihren bisherigen Aufenthaltsort zurückkehren könne. Dies sei ihren Falschangaben zu ihrer Sozialisierung im Rahmen ihres Asylverfahrens geschuldet. Es könne deshalb nicht zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, es lägen keine besonderen Umstände im Sinne von Art. 51 Abs. 1 AsylG vor. Die Vorinstanz beantragte, der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit zur Stellungnahme zu ihrer Motivsubstitution zu geben.

K.
In ihrer Replik vom 18. Oktober 2017 führte die Beschwerdeführerin aus, Voraussetzung für die Annahme eines besonderen Umstandes wegen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit der Ehegatten sei, dass der einzubeziehende Ehepartner überhaupt eine andere Staatsangehörigkeit als der anerkannte Flüchtling besitze. Die durchgeführte Lingua-Analyse äussere sich lediglich zum Hauptsozialisationsort, nicht zur Staatsangehörigkeit. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVGE 2014/12) erklärte sie weiter, ein grosser Teil der in Nepal oder Indien lebenden Exiltibeter habe keine neue Staatsangehörigkeit erworben. Auch wenn eine Sozialisation in Indien oder Nepal angenommen werden könnte, wäre damit noch nicht erwiesen, dass sie auch eine dieser Staatsangehörigkeiten erworben habe. Es sei wahrscheinlicher, dass sie die chinesische Staatsangehörigkeit besitze, als die tibetische [gemeint ist wohl die nepalesische] oder indische. Die Annahme von "besonderen Umständen" im Sinne von Art. 51 Abs. 1 AsylG sei nur in Ausnahmefällen zu treffen. Entsprechend sei nur bei klaren Hinweisen von einer anderen Staatsangehörigkeit als derjenigen des Ehepartners auszugehen; diese würden vorliegend fehlen. Ihre tibetische Herkunft sei unbestritten. Bei einer Rückkehr nach China würde sie allein wegen ihrer tibetischen Herkunft aber auch aufgrund ihrer Ehe zu einem anerkannten tibetischen Flüchtling Verfolgung zu befürchten haben. Aus diesem Grund sei in ihrem Asylverfahren ein Wegweisungsvollzug in die Volksrepublik China ausdrücklich ausgeschlossen worden. Ihre allfällige Mitwirkungspflichtverletzung im Asylverfahren sei nicht derart zu gewichten, dass ihr diese nun auch im Rahmen des Verfahrens um Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft des Ehepartners erneut angelastet werden sollte. Entsprechend sei von ihrer chinesischen Staatsangehörigkeit auszugehen und das Vorliegen "besonderer Umstände" sei zu verneinen. Sollte angenommen werden, sie besitze eine andere Staatsangehörigkeit als ihr Ehemann, wäre die theoretische und faktische Möglichkeit einer Rückkehr nach Nepal oder Indien von der Vorinstanz nachzuweisen.

L.
Mit Verfügung vom 24. September 2018 lud das Bundesverwaltungsgericht die Vorinstanz zu einer ergänzenden Stellungnahme zur folgenden Feststellung ein: Die Vorinstanz habe mit dem Einbezug der Beschwerdeführerin in die vorläufige Aufnahme ihres Ehemannes zum Ausdruck gebracht, der Vollzug der Wegweisung beziehungsweise die Wohnsitznahme der Familie im bisherigen Aufenthaltsstaat der Beschwerdeführerin sei nicht zumutbar und es lägen keine besonderen Umstände im Sinne von Art. 51 Abs. 1 AsylG vor. Gleichzeitig habe sie in ihrer Vernehmlassung vom
28. September 2017 das Vorliegen besonderer Umstände bejaht.

M.
In ihrer ergänzenden Vernehmlassung vom 1. Oktober 2018 hielt die Vorinstanz fest, nach ihrer derzeitigen Praxis sei der Einbezug der Beschwerdeführerin in die vorläufige Aufnahme ihres Ehemannes ein Fehler gewesen, da die gleichen besonderen Umstände gegen einen Einbezug sprechen würden, wie bei der Frage des Einbezugs in die Flüchtlingseigenschaft.

N.
In ihrer Replik vom 17. Oktober 2018 hielt die Beschwerdeführerin fest, es stelle sich die Frage, ob die analoge Anwendung der Praxis zu Art. 51 Abs. 1 AsylG in Bezug auf eine unterschiedliche Staatsangehörigkeit der Ehegatten auf Art. 44 AsylG ohne Einschränkung zulässig sei. Im vorliegenden Fall handle es sich beim Ehegatten und beim Kind um anerkannte Flüchtlinge. Dieser Umstand müsse spätestens bei der hypothetischen Prüfung der Zumutbarkeit der Wegweisung in einen Drittstaat besondere Beachtung erhalten. Das Leben im Drittstaat müsse nicht nur zumutbar sein, sondern es wäre zwingend sicherzustellen, dass der Ehemann und das Kind als anerkannte Flüchtlinge vor Ort denselben Schutz wie in der Schweiz erhalten würden und ihnen keine Abschiebung in den Verfolgerstaat drohen würde. Der Nachweis dieser Voraussetzungen obliege der Vorinstanz, da der Entscheid über den Status der Ehefrau indirekt den Ehemann betreffe.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - so auch vorliegend - endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).

1.2 Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

1.3 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Die Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Sie ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.
Die Beschwerdeführerin focht lediglich die Dispositivziffer 1 an, während die Ziffern 2 bis 5 (vorläufige Aufnahme und deren Umsetzung) des Dispositivs unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind. Auf Beschwerdeebene strittig ist somit lediglich der Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft des Ehemannes der Beschwerdeführerin.

3.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

4.

4.1 Gemäss Art. 51 Abs. 1 AsylG werden Ehegatten und minderjährige Kinder eines Flüchtlings, die in eigener Person die Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllen, in die Flüchtlingseigenschaft ihres Ehepartners respektive Elternteils einbezogen und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen.

Das Gericht hat im Grundsatzurteil BVGE 2017 VI/4 vom 17. August 2017 Art. 51 Abs. 1 AsylG ausgelegt. Es hielt fest, dass gemäss Rechtsprechung der ehemaligen Asylrekurskommission (ARK) zur Vorgängerregelung von Art. 51 Abs. 1 AsylG (Art. 3 Abs. 3 und Art. 7 Abs. 1 des am 1. Oktober 1999 aufgehobenen [AS 1999 2262] Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979), Art. 3 Abs. 3 aAsylG auf vorläufig aufgenommene Flüchtlinge anwendbar sei, da ein einheitlicher Rechtsstatus für Familien anzustreben sei. Ferner würden sich aufgrund des revidierten Art. 51 AsylG keine Änderungen an der bisherigen Rechtslage gemäss Art. 3 Abs. 3 und Art. 7 aAsylG ergeben (BVGE 2017 VI/4 E.4). Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist vorliegend zu bestätigen, wonach Art. 51 Abs. 1 AsylG auch beim Einbezug von in der Schweiz anwesenden Familienmitgliedern von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen zur Anwendung kommt (Präzisierung von BVGE 2017 VII/8 E. 5.3).

Ein besonderer Umstand kann gemäss langjähriger Praxis des Bundesverwaltungsgerichts und seiner Vorgängerorganisation, der ARK (Schweizerische Asylrekurskommission), unter anderem dann vorliegen, wenn die in die Flüchtlingseigenschaft einzubeziehende Person eine andere Staatsangehörigkeit besitzt als die als Flüchtling anerkannte Person (vgl. dazu Urteil des BVGer E-1683/2013 vom 21. April 2015 E. 6.2.4, m.w.H.; EMARK [Entscheidungen und Mitteilungen der ARK] 1996 Nr. 14). Die Beweislast für das Vorliegen besonderer Umstände liegt beim SEM (vgl. EMARK 1995 Nr. 15 E. 3).

Wenn der Einbezug des Ehepartners in die Flüchtlingseigenschaft des Ehegatten aufgrund des zuvor erwähnten Umstandes unterschiedlicher Nationalitäten verweigert wird, ist praxisgemäss - in hypothetischer Weise - zu untersuchen, ob sich die ganze Familie gegebenenfalls im Heimatland des nicht verfolgten Ehepartners niederlassen könnte (vgl. EMARK 1996 Nr. 14 E. 8b S. 121 f.; vgl. auch EMARK 1997 Nr. 22 E. 4b S. 179 f.; BVGE 2012/32 E. 5.1).

4.2 Gemäss Art. 12 VwVG stellt die Behörde den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls der unter Buchstaben a-e aufgelisteten Beweismittel. Der Untersuchungsgrundsatz findet seine Grenze an der Mitwirkungspflicht der Parteien (Art. 13 VwVG und Art. 8 AsylG), der zentrale Bedeutung insbesondere bezüglich jener Umstände zukommt, die eine Partei besser kennt als die Behörden und welche diese ohne die Mitwirkung der Partei gar nicht oder nicht mit vernünftigem Aufwand erheben könnten. An der Verteilung der Beweislast ändert die Mitwirkungspflicht jedoch nichts (vgl. BGE 132 II 113 E. 3.2; Urteil des Bundesgerichts 2C_388/2008 vom 16. Dezember 2008 E. 4.1).

Sofern das Gericht aufgrund der Beweiswürdigung nicht zur Überzeugung gelangt, die feststellungsbedürftige Tatsache habe sich verwirklicht, kommt die Frage der Beweislast zur Anwendung. Die Beweislast regelt somit, zu wessen Nachteil das Gericht entscheidet, wenn eine Tatsache nicht bewiesen wird (vgl. Urteil des BVGer B-6199/2007 vom 15. Oktober 2008 E. 4).

5.

5.1 Wie bereits ausgeführt, begründet das SEM seinen Entscheid mit der Mitwirkungspflichtverletzung und der unbekannten Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin. Diese hält dem entgegen, die Beweislast für das Vorliegen besonderer Umstände liege bei der Vorinstanz. Es würden keine klaren Hinweise auf eine andere Staatsangehörigkeit als diejenige ihres Ehepartners bestehen. Zudem sei es wahrscheinlicher, dass sie die chinesische Staatsangehörigkeit besitze, als die nepalesische oder indische. Doch auch wenn sie eine andere Staatsangehörigkeit als ihr Ehemann hätte, wäre es an der Vorinstanz die theoretische und faktische Möglichkeit einer Rückkehr nach Nepal oder Indien nachzuweisen.

5.2 Das SEM hat in seiner Verfügung vom 12. Januar 2015 die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerin die chinesische Staatsagenhörigkeit besitze, weshalb sie den Wegweisungsvollzug in die Volksrepublik China ausschloss (vgl. SEM-Verfügung Ziff. II.3 und III.2). Konkrete Hinweise auf eine andere als die chinesische Staatsangehörigkeit liegen nicht vor. Die Beschwerdeführerin führt zu Recht aus, dass die Lingua-Analyse beziehungsweise der Ort ihrer Sozialisierung nichts über ihre Staatsangehörigkeit aussagt. Auch mit Blick auf die Feststellungen in BVGE 2014/12 E. 5.6 - 5.8 kann nicht als überwiegend wahrscheinlich erachtet werden, dass sie über eine andere als die chinesische Staatsangehörigkeit verfügt. In jenem Entscheid kommt das Gericht nach einer eingehenden Analyse der Situation von Exil-Tibeterinnen und -Tibetern in Nepal und Indien zum Schluss, dass es unter engen Voraussetzungen für diese zwar möglich ist, die entsprechende Staatsangehörigkeit zu erwerben, womit die chinesische Staatsangehörigkeit durch den Erwerb einer neuen Staatsangehörigkeit wegfällt. Daneben müsse aber davon ausgegangen werden, dass ein grosser Teil der in Nepal und Indien lebenden Exil-Tibeterinnen und -Tibeter keine neue Staatsangehörigkeit erworben haben und nach wie vor die chinesische Staatsangehörigkeit besitzen. Selbst wenn die Beschwerdeführerin in Nepal oder Indien und nicht in China sozialisiert wurde, worauf die im Rahmen ihres Asylverfahrens durchgeführte Lingua-Analyse hinweist, ist damit noch nicht erwiesen, dass sie auch eine dieser Staatsangehörigkeiten erworben hat. Es liegen somit keine konkreten Hinweise vor, die den Schluss zuliessen, die Beschwerdeführerin habe eine andere Staatsangehörigkeit als ihr Ehepartner. Da die Beweislast bezüglich des Vorliegens besonderer Umstände, unabhängig von der Verletzung der Mitwirkungspflicht durch die Beschwerdeführerin, bei der Vorinstanz liegt, hat diese die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen (vgl. EMARK 1995 Nr. 15 E. 3).

5.3 Zusammenfassend ist das Vorliegen eines besonderen Umstandes im Sinne von Art. 51 Abs. 1 AsylG zu verneinen. Die Beschwerdeführerin istnach Art. 51 Abs. 1 AsylG durch Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft ihres Ehemannes ebenfalls als Flüchtling anzuerkennen.

6.
Nach dem Gesagten ist festzustellen, dass das SEM in seiner Verfügung vom 22. August 2016 zu Unrecht das Bestehen besonderer Umstände angenommen hat, die einem Einbezug der Beschwerdeführerin in die Flüchtlingseigenschaft ihres Ehemannes entgegenstünden. Die Beschwerde ist gutzuheissen, Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung ist aufzuheben und das SEM anzuweisen, die Beschwerdeführerin (unter Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft ihres Ehemannes) gestützt auf Art. 51 Abs. 1 AsylG derivativ als Flüchtling anzuerkennen.

7.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG).

8.
Der vertretenen Beschwerdeführerin ist angesichts ihres Obsiegens in Anwendung von Art. 64 VwVG und Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) eine Entschädigung für die ihr notwendigerweise erwachsenen Parteikosten zuzusprechen.

Die Rechtsvertreterin reichte am 18. Oktober 2017 eine ergänzte Kostennote in der Höhe von Fr. 2'027.60 ein. Der veranschlagte Stundensatz von Fr. 180.- bewegt sich im gemäss Art. 10 Abs. 2 VGKE vorgesehenen Rahmen. Der Zeitaufwand von 13.5 Stunden erscheint indes - auch unter Berücksichtigung ihrer nachträglich erfolgten Eingabe vom 17. Oktober 2018 - als überhöht, zumal die Zeit für das Erstellen von Kostennoten nicht vergütet wird. Die Parteientschädigung ist demnach auf gerundet 1'500.- festzusetzen (inklusive Auslagen und Mehrwertsteuerzuschlag) und das SEM ist anzuweisen, der Beschwerdeführerin diesen Betrag auszurichten.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2.
Ziffer 1 der Verfügung vom 22. August 2016 wird aufgehoben. Das SEM wird angewiesen, die Beschwerdeführerinin die Flüchtlingseigenschaft ihres Ehemannes einzubeziehen und sie derivativ als Flüchtling anzuerkennen.

3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.
Das SEM wird angewiesen, der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 1'500.- auszurichten.

5.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Muriel Beck Kadima Maria Wende

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