Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2005.81

Entscheid vom 14. September 2005 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Andreas J. Keller und Barbara Ott , Gerichtsschreiberin Petra Williner

Parteien

A., vertreten durch Fürsprecher Marc Labbé,

Beschwerdeführer

gegen

Schweizerische Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Beschwerde gegen Verweigerung der Aktenüber-setzung (Art. 105bis Abs. 2 BStP)

Sachverhalt:

A. Die Schweizerische Bundesanwaltschaft (nachfolgend „Bundesanwaltschaft“) führt ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren gegen verschiedene Personen wegen Beteiligung an bzw. Unterstützung einer kriminellen Organisation und qualifizierter Geldwäscherei. In diesem Zusammenhang wird dem Mitbeschuldigten A. (nachfolgend „A.“) vorgeworfen, bei der Gründung von in den montenegrisch-italienischen Zigarettenschmuggel involvierten Unternehmungen beteiligt oder in der Organisation oder Administration derselben führend mitgewirkt zu haben (act. 1.7 S. 146).

B. Am 5. Juli 2005 verfügte die Bundesanwaltschaft, der in diesem Zusammenhang erstellte Zwischenbericht der Bundeskriminalpolizei vom 18. April 2005, derzeit verfügbar in Italienisch und Deutsch, werde schriftlich integral in die französische Sprache übersetzt. Zudem werde der Bericht der Bundeskriminalpolizei vom 10. Juni 2005, derzeit verfügbar in Deutsch, schriftlich integral in die italienische Sprache und zusätzlich die Seiten 1 bis 58, 100 bis 147 sowie 203 bis 216 in die französische Sprache übersetzt (act. 1.4).

C. Gegen diese Verfügung gelangt A. mit Eingabe vom 12. Juli 2005 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und verlangt unter Kosten- und Entschädigungsfolgen sinngemäss, der Bericht der Bundeskriminalpolizei vom 10. Juni 2005 sei integral in die französische Sprache zu übersetzen. Zudem sei die integrale Übersetzung des Zwischenberichtes der Bundeskriminalpolizei vom 18. April 2005 in die französische Sprache zu bestätigen (act. 1).

Am 3. August 2005 verfügte die Bundesanwaltschaft, der Bericht der Bundeskriminalpolizei vom 10. Juni 2005, derzeit verfügbar in Deutsch, werde in Ergänzung der Verfügung vom 5. Juli 2005 schriftlich integral auch in die französische Sprache übersetzt (act. 5.1).

In der Folge beantragt die Bundesanwaltschaft mit Stellungnahme vom 9. August 2005, auf die Beschwerde vom 12. Juli 2005 sei nicht einzutreten, eventualiter sei das Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit abzuschreiben. Zudem stellt sie sinngemäss den Antrag, die Verfahrenskosten seien, soweit auf die Beschwerde eingetreten werde und soweit die Übersetzung des Zwischenberichts vom 18. April 2005 betreffend, dem Beschwerdeführer, im Übrigen wem rechtens aufzuerlegen (act. 5).

Mit weiterer Eingabe vom 11. August 2005 beantragt A. unter Kosten- und Entschädigungsfolgen nunmehr, es sei festzustellen, dass die Beschwerde vom 12. Juli 2005 aufgrund der Verfügung der Bundesanwaltschaft vom 3. August 2005 gegenstandslos geworden sei (act. 6).

Mit Schreiben vom 19. August 2005 verzichtet die Bundesanwaltschaft auf die Einreichung einer weiteren Stellungnahme (act. 8).

Auf die Ausführungen der Parteien sowie die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den rechtlichen Erwägungen eingegangen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gegen Amtshandlungen und wegen Säumnis des Bundesanwalts ist die Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts nach den Verfahrensvorschriften der Art. 214 -219 BStP zulässig (Art. 105bis Abs. 2 BStP sowie Art. 28 Abs. 1 lit. a SGG). Ist die Beschwerde gegen eine Amtshandlung des Bundesanwalts gerichtet, so ist sie innert fünf Tagen, nachdem der Beschwerdeführer von der Amtshandlung Kenntnis erhalten hat, einzureichen (Art. 217 BStP). Die Beschwerde steht den Parteien und einem jeden zu, der durch eine Verfügung oder durch die Säumnis des Bundesanwalts einen ungerechtfertigten Nachteil erleidet (Art. 214 Abs. 2 BStP). Der Beschuldigte kann einen Entscheid nur bezüglich derjenigen Punkte anfechten, die für ihn ungünstig lauten, die ihn also beschweren. Andernfalls fehlt ein Rechtsschutzinteresse und damit eine Prozessvoraussetzung (Schmid, Strafprozessrecht, 4. Aufl., Zürich 2004, N. 975).

1.2 Soweit der Beschwerdeführer verlangt, es sei die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 5. Juli 2005 insofern zu bestätigen, als dass sie die integrale Übersetzung des Zwischenberichtes der Bundeskriminalpolizei vom 18. April 2005 anordne, fehlt es an einer Beschwer des Beschwerdeführers, da er damit keinen für sich günstigeren Entscheid zu erwirken vermöchte. Damit ist auch gesagt, dass ein derartiger Antrag grundsätzlich nicht Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens bilden kann, da mit Beschwerde die Aufhebung oder Änderung einer Verfügung, mangels Beschwer aber nicht deren Bestätigung verlangt werden kann. Folglich fehlt es vorliegend an einer Prozessvoraussetzung, weshalb diesbezüglich auf die Beschwerde nicht eingetreten wird.

1.3 Demgegenüber zielt das Begehren auf integrale Übersetzung des Berichts der Bundeskriminalpolizei vom 10. Juni 2005 in die französische Sprache auf einen für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheid ab, womit er im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde grundsätzlich als beschwert galt. Die Beschwerdegegnerin entspricht allerdings diesem Begehren des Beschwerdeführers mit Verfügung vom 3. August 2005 vollumfänglich, womit die Beschwerde in diesem Punkt gegenstandslos wird und folglich vom Geschäftsverzeichnis abzuschreiben ist.

2.

2.1 Die Verlegung der Kosten folgt dem Ausgang des Verfahrens, wobei das Gericht bei Gegenstandslosigkeit mit summarischer Prüfung über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes entscheidet (Art. 245 BStP i.V.m. Art. 156 Abs. 1 OG und Art. 40 OG sowie Art. 72
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 72 - Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels rechtlichen Interesses dahin, so erklärt ihn das Gericht nach Vernehmlassung der Parteien ohne weitere Parteiverhandlung als erledigt und entscheidet mit summarischer Begründung über die Prozesskosten auf Grund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes.
BZP; Entscheid des Bundesstrafgerichts BK_B 094/04 vom 16. September 2004 E. 4.1).

2.2 Im vorliegenden Fall stellt der Beschwerdeführer zwei Anträge. Auf den ersten Antrag wird nicht eingetreten, womit der Beschwerdeführer in diesem Punkt unterliegt. Hinsichtlich des anderen Antrags wird die Beschwerde gegenstandslos, und zwar weil die Beschwerdegegnerin – zwar ohne Anerkennung einer Rechtspflicht – dem Begehren des Beschwerdeführers vollumfänglich nachkommt, womit der Beschwerdeführer diesbezüglich als obsiegende Partei zu betrachten ist. Folglich sind die Kosten von den Parteien hälftig zu tragen.

3.

3.1 Die Gerichtsgebühr vor der Beschwerdekammer liegt zwischen Fr. 200.-- und Fr. 10'000.-- (Art. 3 des Reglements über die Gerichtsgebühren vor dem Bundesstrafgericht vom 11. Februar 2004; SR 173.711.32).

Vorliegend ist die Gerichtsgebühr auf Fr. 1'500.-- anzusetzen, wovon der Beschwerdeführer nach dem Gesagten die Hälfte, nämlich Fr. 750.--, zu tragen hat. Nach Verrechnung mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 1'000.-- (act. 3) ist ihm von der Kasse des Bundesstrafgerichts Fr. 250.--zurückzuerstatten. Die Bundesanwaltschaft wird nicht kostenpflichtig (Art. 245 BStP i.V.m. Art. 156 Abs. 2
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 72 - Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels rechtlichen Interesses dahin, so erklärt ihn das Gericht nach Vernehmlassung der Parteien ohne weitere Parteiverhandlung als erledigt und entscheidet mit summarischer Begründung über die Prozesskosten auf Grund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes.
OG).

3.2 Das Honorar des Anwalts bemisst sich nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand und der Stundenansatz beträgt mindestens Fr. 200.- und höchstens Fr. 300.-- (Art. 3 des Reglements über die Entschädigungen in Verfahren vor dem Bundesstrafgericht vom 11. Februar 2004; SR 173.711.31).

Der Beschwerdeführer verlangt eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 1'904.50 (act. 1.2), nämlich für seine anwaltlichen Bemühungen Fr. 1'760.-- sowie für die entstandene Auslagen Fr. 10.-- nebst darauf zu erhebender Mehrwertsteuer von 7.6%. Da er mit seinen Begehren rund hälftig obsiegt, hat die Beschwerdegegnerin ihm hierfür eine Parteientschädigung in der Höhe der Hälfte des geforderten Betrages, nämlich Fr. 952.25, auszurichten.

Da der Beschwerdeführer amtlich verteidigt ist (act. 1.3), bezahlt die Kasse des Bundesstrafgerichts die restlichen Verteidigungskosten in der Höhe von Fr. 952.25, wobei der Beschwerdeführer verpflichtet ist, den nämlichen Betrag dem Bundesstrafgericht zurückzuerstatten.

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Soweit die Beschwerde nicht als gegenstandslos abgeschrieben wird, wird darauf nicht eingetreten.

2. Dem Beschwerdeführer werden die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 750.- auferlegt. Nach Verrechnung mit dem Kostenvorschuss bezahlt die Kasse des Bundesstrafgerichts dem Beschwerdeführer einen Betrag von Fr. 250.--zurück.

3. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren mit Fr. 952.25 (inkl. MwSt) zu entschädigen.

4. Die Kasse des Bundesstrafgerichts wird angewiesen, dem amtlichen Verteidiger eine Parteientschädigung von Fr. 952.25.-- (inkl. MwSt) auszurichten.

5. Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, dem Bundesstrafgericht diese Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 952.25.-- (inkl. MwSt) zurückzuerstatten.

Bellinzona, 14. September 2005

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Zustellung an

- Fürsprecher Marc Labbé

- Schweizerische Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.