Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

1B_42/2014

Urteil vom 14. Februar 2014

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Karlen,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Manfred Küng,

gegen

Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, Selnaustrasse 28, Postfach, 8027 Zürich.

Gegenstand
Sicherheitshaft,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 20. Dezember 2013 des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich erhob am 21. November 2013 beim Bezirksgericht Zürich Anklage gegen X.________ wegen Veruntreuung, Betrug und weiterer Delikte. X.________ war am 2. Oktober 2012 verhaftet und zwei Tage später in Untersuchungshaft versetzt worden. Infolge der Anklageerhebung versetzte ihn das Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich mit Verfügung vom 3. Dezember 2013 von der Untersuchungshaft in die Sicherheitshaft, dies einst-weilen befristet bis zum 3. Juni 2014. Das Obergericht hiess mit Beschluss vom 20. Dezember 2013 eine von X.________ gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde teilweise gut und befristete die Sicherheitshaft einstweilen bis zum 3. März 2014. Im Übrigen wies es das Rechtsmittel ab.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht vom 27. Januar 2014 beantragt X.________, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und er selbst sei sofort aus der Sicherheitshaft zu entlassen.

Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht haben auf eine Stellungnahme verzichtet.

C.
Mit Schreiben vom 4. Februar 2014 teilt das Obergericht mit, dass X.________ am 3. Februar 2014 aus der Haft entlassen worden sei. Aus dem beigelegten Beschluss des Obergerichts gleichen Datums ergibt sich, dass das Bezirksgericht am 14. Januar 2014 auf die Anklage wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit nicht eingetreten war und ein am Vortag gestelltes Haftentlassungsgesuch dem Zwangsmassnahmengericht überwiesen hatte. Das Zwangsmassnahmengericht führte in der Klinik Hard, wo sich X.________ aufhält, eine mündliche Verhandlung durch und hiess das Haftentlassungsgesuch daraufhin mit Entscheid vom 20. Januar 2014 gut. Zur Begründung führte es an, dass die Besichtigung der Klinikstation ergeben habe, dass der Beschwerdeführer seit längerer Zeit die Möglichkeit gehabt hätte, zu fliehen, dies aber nicht getan habe. Es könne deshalb nicht mehr von einer rechtserheblichen Fluchtgefahr ausgegangen werden. Eine von der Staatsanwaltschaft gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde wies das Obergericht mit Beschluss vom 3. Februar 2014 ab, nachdem es zunächst superprovisorisch die Aufrechterhaltung der Haft angeordnet hatte. Gleichentags wurde X.________ aus der Haft entlassen.

Das Bundesgericht teilte den Verfahrensbeteiligten mit Schreiben vom 5. Februar 2014 mit, es stelle sich die Frage, ob die Beschwerde gegenstandslos geworden sei, und gab ihnen Gelegenheit, sich dazu und zur Kostenregelung zu äussern. Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht haben auf eine Stellungnahme verzichtet. Der Beschwerdeführer lässt vernehmen, er halte an der Beschwerde fest, um die Vereinbarkeit der Haft mit der EMRK überprüfen zu lassen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der angefochtene Beschluss des Obergerichts betrifft die Anordnung der Sicherheitshaft. Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
. BGG gegeben.

1.2. Nach Art. 81 Abs. 1 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
und b BGG ist zur Beschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat.

Das Interesse des Beschwerdeführers muss aktuell sein, das heisst, auch im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch bestehen. Das Bundesgericht verzichtet lediglich ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, so wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 135 I 79 E. 1.1 S. 81 mit Hinweis). An diesen Voraussetzungen fehlt es indessen in der Regel bei Haftbeschwerden und so auch im hier zu beurteilenden Fall (BGE 125 I 394 E. 4b S. 397 f. mit Hinweisen).

Unter besonderen Umständen behandelt das Bundesgericht Beschwerden trotz Entlastung des Beschwerdeführers aus der Haft. Solche Umstände liegen vor, wenn eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention offensichtlich ist und dem Beschwerdeführer durch die entsprechende Feststellung und eine für ihn vorteilhafte Kostenregelung sogleich die verlangte Wiedergutmachung verschafft werden kann (BGE 136 I 274). Seit dem Urteil des EGMR i.S. Jusic gegen die Schweiz vom 2. Dezember 2010 (Nr. 4691/06) geht das Bundesgericht noch etwas weiter und prüft die Haft nach der Entlassung des Beschwerdeführers auch dann, wenn dieser bloss eine Verletzung von Bestimmungen der EMRK rügt. Es verlangt allerdings, dass der Beschwerdeführer die behauptete EMRK-Verletzung in einer Weise begründet, die den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG genügt und die Rügen "défendable" erscheinen (BGE 137 I 296 E. 4.3.4 S. 302).

Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
EMRK geltend, weil wegen tatsachenwidrig herbeigeschwatzter Fluchtgefahr seine multiple Sklerose nicht therapiert werden können, was auf eine unmenschliche Behandlung hinauslaufe. Weiter wirft er den kantonalen Instanzen eine Verletzung von Art. 5
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK vor, weil die Untersuchungshaft angesichts des Ping-Pong-Vorgehens der Behörden als eine eigentliche Beugehaft zur Erzwingung eines Geständnisses erscheine. Mit diesen zwei pauschalen Vorwürfen begründet der Beschwerdeführer eine Verletzung der beiden angerufenen EMRK-Garantien nicht in genügender Weise. Es besteht deshalb kein Anlass, trotz Wegfalls des aktuellen praktischen Interesses ausnahmsweise auf das erhobene Rechtsmittel einzutreten. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer mit weitgehend denselben Worten seine im bundesgerichtlichen Verfahren 1B_378/2013 erhobenen Vorwürfe wiederholt. Das Bundesgericht hat sich im genannten Verfahren einlässlich mit diesen Rügen auseinandergesetzt und dargelegt, weshalb sie unbegründet sind. Der Beschwerdeführer setzt sich mit diesen Erwägungen nicht in der verfahrensrechtlich gebotenen Weise auseinander.

2.
Auf die Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten.

Der Beschwerdeführer ersucht sinngemäss um unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann dem Gesuch entsprochen werden (Art. 64
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
BGG). Bei der Bemessung der Entschädigung ist zu berücksichtigen, dass dem Beschwerdeführer angesichts zum Teil gleichlautender Vorbringen wie im Beschwerdeverfahren 1B_378/2013 ein geringerer Aufwand entstanden ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.

2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

2.2. Rechtsanwalt Manfred Küng wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'000.-- entschädigt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Februar 2014

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Dold