Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung I
A-1699/2006
{T 0/2}

Urteil vom 13. September 2007

Mitwirkung:
Richter Daniel Riedo (Vorsitz); Richterin Florence Aubry Girardin; Richter Michael Beusch;
Gerichtsschreiberin Iris Widmer.

A._______ AG und B._______ AG,
vertreten durch _______
Beschwerdeführerinnen,

gegen

Oberzolldirektion (OZD), Hauptabteilung Recht und Abgaben,
Monbijoustrasse 40, 3003 Bern,
Vorinstanz,

betreffend
Zollnachlass.

Sachverhalt:
A. Die Firma A._______ AG bezweckt gemäss Auszug aus dem Handelsregister den Handel mit Früchten und Gemüse aus in- und ausländischen Provenienzen sowie mit anderen Lebensmitteln. Die Firma B._______ AG verfolgt denselben Zweck im Bereich der biologischen Produktion. Die beiden Firmen treten als Schwestergesellschaften auf.
B. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) stellte nach einer Überprüfung fest, dass die A._______ AG in den Jahren 1998 bis 2001 und die B._______ AG in den Jahren 1999 bis 2001 die ihnen jeweils zugeteilten Kontingentsanteile für Früchte und Gemüse überschritten hatten. Auf diese Weise war der Kontingentszollansatz (KZA) anstelle des Ausserkontingentszollansatzes (AKZA) beansprucht worden.
Mit Verfügung der Zollkreisdirektion Genf vom 22. Oktober 2002 wurde deshalb bei der A._______ AG Fr. 111'315.15 (Fr. 108'838.55 Zoll und Fr. 2'476.60 Mehrwertsteuer) bzw. mit Verfügung vom 18. Dezember 2002 bei der B._______ AG Fr. 105'583.75 (Fr. 103'163.40 Zoll und Fr. 2'420.35 Mehrwertsteuer) nachgefordert. Die jeweils bei der OZD dagegen eingelegten Rechtsmittel wurden mit Beschwerdeentscheiden vom 15. Mai 2003 (A._______ AG) bzw. 8. Juli 2003 (Bio Markt Ried AG) abgewiesen. Die beiden daraufhin bei der Zollrekurskommission (ZRK) erhobenen Beschwerden zogen die Beschwerdeführenden aufgrund eines bundesgerichtlichen Urteils in einem parallelen Verfahren gegen die B._______ AG vom 31. März 2004 (2A.1/2004) zurück. Mit Verfügungen der ZRK vom 19. Mai 2004 erfolgte deshalb die Abschreibung der Verfahren.
C. Am 16. Juli 2004 liessen die A._______ AG und die B._______ AG bei der OZD ein Gesuch um Erlass der aus den Kontingentsüberschreitungen entstandenen Einfuhrabgaben stellen. Zur Stützung dieses Begehrens brachten sie hauptsächlich vor, die Zollnachbelastungen würden beide Firmen in ihrer Existenz bedrohen. In diese missliche Situation seien sie ohne eigenes Verschulden geraten. Mit Entscheid vom 31. Mai 2005 wurde das Gesuch um Zollnachlass (Ziffer 1 des Dispositivs) sowie jenes um Erlass der Mehrwertsteuer (Ziffer 2 des Dispositivs) abgewiesen. Die OZD begründete ihren Entscheid zur Frage des Zollerlasses damit, das Gesuch sei gleichsam ein Antrag auf Änderung des Zolltarifes, solle doch auf dem Weg des Erlasses die Zollbemessung wiederum nach den ursprünglich deklarierten Tarif-nummern verfügt werden. Es gehe aber nicht an, die ordentliche Zollbemessung mit Billigkeitsmassnahmen zu unterlaufen. Die OZD sei allerdings zur Vereinbarung von Ratenzahlungen bereit.
D. Mit Eingabe vom 20. Juni 2005 liessen die A._______ AG und die B._______ AG (Beschwerdeführerinnen) gegen diesen Entscheid Beschwerde bei der ZRK mit den Begehren erheben, Ziffer 1 der Verfügung der OZD sei aufzuheben, und es sei dem Antrag auf ganzen oder zumindest teilweisen Zollerlass stattzugeben. Eventualiter sei die Beschwerdesache zur Neubeurteilung und zur Gutheissung des Zollerlassgesuches an die Vorinstanz (unter Kosten- und Ent-schädigungsfolge) zurückzuweisen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Bezahlung der Abgabe würde mit grosser Wahrscheinlichkeit zum Untergang der beiden Firmen führen, womit die Voraussetzung der finanziellen Härte erfüllt sei. Mit Bezug auf das Zollverfahren lägen aussergewöhnliche Verhältnisse vor. So habe das damalige Einfuhrregime systemimmanent zu Kontingentsüberschreitungen führen müssen, zudem seien die Beschwerdeführerinnen in all diesen Jahren durch die Bundesbehörden im Glauben gelassen worden, die getätigten Einfuhren und Verzollungen würden letzten Endes ohne Konsequenzen bleiben.
In ihrer Vernehmlassung vom 26. August 2005 hielt die OZD an ihrem Antrag auf Abweisung der Beschwerde fest. Erneut wurde auf die Möglichkeit der Ratenzahlungen hingewiesen.
E. Mit Instruktionsmassnahme vom 17. Januar 2007 teilte das Bundesverwaltungsgericht den Verfahrensbeteiligten mit, es habe das vorliegende Verfahren übernommen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Bis zum 31. Dezember 2006 unterlagen erstinstanzliche Verfügungen oder Beschwerdeentscheide der OZD der Beschwerde an die ZRK (Art. 109 Abs. 1 Bst. c des Zollgesetzes vom 1. Oktober 1925 [aZG, AS 42 287 und BS 6 465]). Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt, sofern es zuständig ist, die zu diesem Zeitpunkt bei der ZRK hängigen Rechtsmittel. Die Beurteilung erfolgt nach neuem Verfahrensrecht (Art. 53 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht [Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG, SR 173.32]). Soweit das VGG nichts anderes bestimmt, richtet sich gemäss Art. 37 VGG das Verfahren nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungs-verfahren (VwVG, SR 172.021). Beschwerden an das Bundesver-waltungsgericht sind zulässig gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG (Art. 31 VGG). Entscheide der OZD betreffend den Zollnachlass gemäss Art. 127 aZG unterliegen der Beschwerde an das Bundes-verwaltungsgericht (Art. 109 Abs. 1 Bst. c aZG in Verbindung mit Art. 33 Bst. d VGG). Das Bundesverwaltungsgericht ist somit sachlich und funktionell zuständig.
1.2 Am 1. Mai 2007 sind das Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG, SR 631.0) sowie die dazugehörige Verordnung vom 1. November 2006 (ZV, SR 631.01) in Kraft getreten. Zollveranlagungsverfahren, die zu diesem Zeitpunkt hängig waren, werden gemäss Art. 132 Abs. 1 ZG nach dem bisherigen Recht und innerhalb der nach diesem gewährten Frist abgeschlossen.
1.3 Die Befugnis des Bundesverwaltungsgerichts den vorliegenden Fall auch materiell zu beurteilen, ist im Folgenden zuerst zu prüfen.
1.3.1 Die Vorinstanz ist auf das Gesuch um Erlass der Zollabgaben vom 16. Juli 2004 eingetreten, obwohl gemäss ihrer Auffassung die Frist für die Gesuchseinreichung abgelaufen war. Sie führte aus, gemäss Art. 127 Abs. 2 aZG müsse ein solches schriftliches Gesuch ein Jahr seit Abgabefestsetzung eingereicht werden. In der vorliegenden Angelegenheit seien die Abgaben mit den Beschwerdeentscheiden der OZD vom 13. Mai 2003 (A._______ AG) und vom 8. Juli 2003 (B._______ AG) rechtskräftig festgesetzt worden, weil die ZRK aufgrund der Rückzüge in der Sache materiell nicht entschieden habe. Insofern sei das Erlassgesuch vom 16. Juli 2004 als verspätet anzusehen. Die OZD sei jedoch bereit, nachdem die Beschwerdeverfahren durch Abschreibungsverfügungen der ZRK am 19. Mai 2004 abgeschlossen worden seien, zur Berechnung der Jahresfrist auf diese Verfügungen abzustellen.
Rechtsstaatliche Bedenken werden geweckt, wenn das Eintreten auf ein Gesuch um Zollnachlass von der Bereitschaft der Behörden abhängt. Die Frage, wann die Frist zur Einreichung eines Zollnachlassgesuches zu laufen beginnt, ist deshalb vorab zu klären.
1.3.2 Bedarf eine Frist nicht der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Auslösung folgenden Tag zu laufen (Art. 20 VwVG). Eine gesetzliche Frist kann nicht erstreckt werden (Art. 22 VwVG). Allenfalls kann sie auf Gesuch hin wiederhergestellt werden, wenn die gesuchstellende Person oder ihr Vertreter unverschuldet davon abgehalten worden ist (Art. 24 Abs. 1 VwVG; vgl. Entscheid der ZRK 2002-115 vom 10. Juni 2003 E. 2b und c; Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungs-verfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz. 339 ff.).
Die gesetzliche Frist für die Einreichung eines Zollnachlassgesuches beträgt ein Jahr seit der Abgabefestsetzung (Art. 127 Abs. 2 aZG). Der Zollnachlass bildet den Verzicht auf einen bestehenden Zollanspruch, weshalb begriffsnotwendig vorausgesetzt ist, dass eine Zollabfertigung in Rechtskraft erwachsen ist (statt vieler: Urteil des Bundesverwaltungs-gerichts A-1694/2006 vom 7. Februar 2007 E. 3.1; Entscheide der ZRK 2004-034 vom 27. Juni 2005 E. 4a, 2001-044 vom 18. September 2002 E. 4a). Die in Art. 127 Abs. 2 aZG statuierte Jahresfrist wird folglich mit der formell rechtskräftigen Abgabefestsetzung ausgelöst und beginnt am folgenden Tag zu laufen. Davon geht im Übrigen auch die OZD aus.
1.3.3 Ein Beschwerdeentscheid (bzw. eine Verfügung) wird formell rechtskräftig, wenn er endgültig ist; wenn die Frist für die Einlegung eines ordentlichen Rechtsmittels unbenutzt abgelaufen ist; wenn die Parteien rechtsgültig darauf verzichtet haben, ein solches einzulegen; oder wenn sie das Rechtsmittel zurückgezogen haben. Mit der formellen Rechtskraft wird der Entscheid vollstreckbar (Art. 39 VwVG; Kölz/Häner, a.a.O., Rz. 387, 714 ff., Pierre Moor, Droit administratif, Bd. II, 2. Aufl., Bern 2002, S. 160).
Wird ein Verwaltungsakt - wie vorliegend die Nachbezugsverfügung der Zollkreisdirektion - mit ordentlichem Rechtsmittel angefochten, erfolgt die Abgabefestsetzung erst mit rechtskräftigem Entscheid der nachgeordneten Instanzen. Der einjährige Fristenlauf für die Einreichung des Nachlassgesuches beginnt diesfalls am darauf folgenden Tag. Falls im Verlauf des Verfahrens das gegen eine Verfügung (bzw. einen Beschwerdeentscheid) eingelegte Rechtsmittel zurückgezogen wird, und das Verfahren demzufolge von der Beschwerdeinstanz abzuschreiben ist, "lebt" der angefochtene Verwaltungsakt "wieder auf", bzw. wird dieser rechtskräftig (vgl. Kölz/Häner, a.a.O., Rz. 683). Dessen formelle Rechtskraft tritt mit Ablauf der Rechtsmittelfrist nach Abschreibung des Rechtsmittelverfahrens ein (vgl. ebenso betreffend das kantonal-bernische Verwaltungsverfahren Thomas Merkli/Arthur Aeschlimann/Ruth Herzog, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, Bern 1997, zu Art. 114, N. 5, S. 800 f). Entgegen der Auffassung der OZD wird bei Rückzug der Beschwerde die Rechtskraft folglich nicht auf das Datum des vorinstanzlichen Entscheides zurückdatiert.
Infolgedessen wurden die beanstandeten Beschwerdeentscheide der OZD vom 13. Mai 2003 bzw. vom 8. Juli 2003 nach Ablauf der Rechtsmittelfristen für die entsprechenden Abschreibungsverfügungen der ZRK vom 19. Mai 2004 formell rechtskräftig. Die einjährige Frist für die Einreichung eines Erlassgesuches begann am darauf folgenden Tag zu laufen, so dass das Gesuch der Beschwerdeführerinnen vom 16. Juli 2004 bei der OZD zweifellos fristgerecht gestellt worden ist. Die Vorinstanz ist somit zu Recht auf das Erlassgesuch eingetreten und das Bundesverwaltungsgericht folglich befugt, den Entscheid in materieller Hinsicht zu beurteilen.
1.4 Vorliegend zu überprüfen bleibt die Rechtmässigkeit der Abweisung des Gesuches um Zollnachlass durch die Vorinstanz. Nicht mehr zur Diskussion steht hingegen der Erlass der Mehrwertsteuer.
2.
2.1 Die im Zusammenhang mit dem Beitritt der Schweiz zur Welthandelsorganisation (WTO) per 1. Juli 1995 und der Ratifizierung der entsprechenden GATT/WTO-Übereinkommen (Abkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation, SR 0.632.20; Übereinkommen über die Landwirtschaft, Anhang 1A.3 zum Abkommen) eingeführte Regelung betreffend die Einfuhr von Agrarprodukten erlaubt den Import sowohl inner- als auch ausserhalb eines Zollkontingents. Die Einfuhr innerhalb eines Kontingents unterliegt gewöhnlich einem geringeren Zollansatz (Kontingentszollansatz, KZA) als jene ausserhalb (Ausserkontingentszollansatz, AKZA). Kommt der AKZA zur Anwendung, wirkt dieser regelmässig prohibitiv (vgl. BGE 129 II 160 E. 2.1, 128 II 34 E. 2b, Urteil des Bundesgerichts 2A.1/2004 vom 31. März 2004 E. 2.1). Das Bundesgesetz vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (Landwirt-schaftsgesetz, LwG SR 910.10) legt innerhalb der welthandelsrechtlichen Verpflichtungen die Rahmenbedingungen für die Produktion und den Absatz der landwirtschaftlichen Erzeugnisse fest (Art. 7 ff ., vgl. insbesondere Art. 21 LwG betreffend Zollkontingente). Die Verordnung vom 7. Dezember 1998 über die Ein- und Ausfuhr von Gemüse, Obst und Gartenbauerzeugnissen (VEAGOG, SR 916.121.10) konkretisiert diesbezüglich die Landwirtschaftsgesetzgebung. Gleiches trifft für die im Jahr 1998 geltende Verordnung über die Einfuhr von Gemüse, frischem Obst und Schnittblumen (VEGOS, AS 1995 2017, erlassen gestützt auf das alte Landwirtschaftsgesetz vom 3. Oktober 1951 [AS 1953 2017], vgl. insbesondere Änderungen betreffend Zollkontingente [Art. 23b] vom 16. Dezember 1994 [AS 1995 1837]) zu. Gemäss bestätigter Rechtsprechung erweisen sich das Landwirtschaftsgesetz und die entsprechenden Ausführungsverordnungen sowohl im Einklang mit der Verfassung als auch mit den staatsvertraglichen Verpflichtungen der Schweiz (vgl. BGE 128 II 34 E. 4b, Urteil des Bundesgerichts 2A.53/2004 vom 2. August 2004 E. 3.4.2; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1678/2006 vom 5. März 2007 E. 2.2; Entscheid der ZRK 2004-033 vom 14. Juli 2005 E. 2a mit weiteren Hinweisen).
2.2 Die Zollmeldepflichtigen unterliegen im Zollverfahren besonderen gesetzlichen Mitwirkungspflichten (Art. 29 ff. aZG). Hinsichtlich ihrer Sorgfaltspflichten werden hohe Anforderungen gestellt. Sie müssen die Zolldeklaration abgeben und haben für deren Richtigkeit einzustehen (Art. 31 aZG in Verbindung mit Art. 47 Abs. 2 der Verordnung vom 10. Juli 1926 zum Zollgesetz [aZV, AS 42 339 und BS 6 514]; zum Selbstdeklarationsprinzip vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 7. Februar 2001, veröffentlicht in Archiv für Schweizerisches Abgaberecht [ASA] 70 S. 334 E. 2c, Urteil des Bundesgerichts 2A.1/2004 vom 31. März 2004 E. 2.1; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1692/2006 vom 7. Februar 2007 E. 2.4; Entscheid der ZRK vom 28. Oktober 2003, veröffentlicht in ASA 73 576 E. 3c). Bei Einfuhren innerhalb bzw. ausserhalb der zugeteilten Kontingente gilt ausnahmslos das Prinzip der Eigenverantwortung. Sind im Zeitpunkt der Einfuhr nicht sämtliche Voraussetzungen für eine Verzollung nach dem KZA erfüllt, gelangt zwingend der AKZA zur Anwendung, es sei denn, ein allgemeiner Zollbefreiungs- oder ein Zollbegünstigungs-tatbestand (beispielsweise Art. 14 f. bzw. Art. 16 ff. aZG) liege vor (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-1688/2007 vom 22. März 2007 E. 2.3, A-1678/2006 vom 5. März 2007 E. 2.3; Entscheide der ZRK 2004-033 vom 14. Juli 2005 E. 2b, mit weiteren Hinweisen, 2003-027 vom 18. November 2003 E. 2b).
2.3
2.3.1 Steht nach Abschluss des Veranlagungsverfahrens die Zollschuld rechtskräftig fest, kann diese aus den in Art. 127 aZG festgelegten Gründen erlassen werden. Mit anderen Worten bildet der Zollerlass eine Massnahme der Vollstreckung an sich rechtskräftiger Zollentscheide und nicht der Veranlagung. Eine allfällige Unbegründetheit der Zollerhebung bzw. die Fehlerhaftigkeit des Veranlagungsverfahrens sind im entsprechenden Rechtsmittelverfahren geltend zu machen (Urteil des Bundesgerichts vom 9. Juni 2004, veröffentlicht in ASA 74 246 ff., E. 3.3; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1694/2006 vom 7. Februar 2007 E. 3.1).
2.3.2 Ein ganzer oder teilweiser Zollnachlass ist, abgesehen von den hier nicht zutreffenden besonderen Fällen von Art. 127 Abs. 1 Ziffern 1 bis 3 aZG, in Ziffer 4 dieses Absatzes vorgesehen. Diese Härteklausel ist als allgemeiner Auffangtatbestand konzipiert, die subsidiär zur Anwendung kommt, d.h. nur dann, wenn der Sachverhalt nicht bereits von den Ziffern 1 bis 3 erfasst wird. Gemäss Ziffer 4 muss ein Zollnachlass gewährt werden, wenn aussergewöhnliche, nicht die Bemessung der Abgaben betreffende Verhältnisse den Bezug der Abgabe als besondere Härte erscheinen lassen. Die drei Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, damit einem Zollerlassgesuch stattgegeben werden kann. Liegen sie vor, greift kein behördliches Ermessen, sondern es besteht ein Anspruch auf Nachlass (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1698/2006 vom 7. Februar 2007 E. 3). Zu den Voraussetzungen im Einzelnen:
2.3.3 Die aussergewöhnlichen Verhältnisse müssen erstens mit Bezug auf das Zollverfahren vorliegen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1698/2006 vom 7. Februar 2007 E. 3.2.1; Entscheid der ZRK 2004-028 vom 18. Februar 2005 E. 2b). Wann eine solche Verfahrenssituation gegeben ist, bedarf der Auslegung. Mit Blick auf Sinn und Zweck dieser Härteklausel ist festzuhalten, dass solche Verhältnisse nicht leichthin anzunehmen sind. Eine grosszügige Zulassung des Zollerlasses würde zu einer vom Gesetzgeber nicht bezweckten Abschwächung der Rechtskraft von Zollentscheidungen führen (Urteil des Bundesgerichts vom 9. Juni 2004, veröffentlicht in ASA 74 246 ff. E. 3.5). Die Bestimmung soll nicht dazu dienen, die unter Umständen erheblichen finanziellen Folgen früherer Fristversäumnisse bzw. von Pflichtverletzungen im Veranlagungsverfahren wieder gut zu machen. Ein Versäumnis, welches mit entsprechender Vorbereitung und Instruktion hätte vermieden werden können, ist nicht als aussergewöhnlich im Sinne dieser Bestimmung zu qualifizieren (vgl. dazu etwa auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1883/2006 vom 4. September 2007 E. 3.2). So stellt beispielsweise die versehentlich mangelhafte Anweisung und Anleitung der für die Einfuhr beigezogenen Personen in der Regel keine ausserordentliche Situation dar, die einen Zollnachlass rechtfertigen würde (vgl. Urteil des Bundes-verwaltungsgerichts A-1698/2006 vom 7. Februar 2007 E. 3.4). Im Rahmen einer allgemeinen Härteklausel konkrete Definitionen für das Vorliegen aussergewöhnlicher Umstände anzuführen, bereitet Schwierig-keiten; eine fallweise Aufzählung kann höchstens einen ungefähren Eindruck vermitteln (vgl. zum Ganzen Hans Beat Noser, Der Zollnachlass nach Art. 127 ZG - wozu, wie, wann?, in: Zollrundschau 3/90, S. 48).
2.3.4 Diese aussergewöhnlichen Verhältnisse dürfen zweitens nicht die Bemessung der Abgaben betreffen; ein Zollnachlass darf nicht zur Korrektur des Zolltarifs führen (Entscheid der ZRK 2002-099 vom 28. Oktober 2003 E. 2c.bbb). Das Zollgesetz regelt die Bemessung der Abgaben in den Art. 21 bis 24, wobei Art. 21 Abs. 1 für die Ein- und Ausfuhrzölle auf den Zolltarif verweist. Ergibt sich beispielsweise der geschuldete Zollbetrag aus der Anwendung zweier unterschiedlicher Tarifnummern, nämlich aus der Differenz des zu Unrecht deklarierten Zollansatzes zum KZA und des korrekterweise anzuwendenden Zollansatzes zum AKZA, würde ein Zollnachlass im Ergebnis dazu führen, dass die zollpflichtige Person ungerechtfertigterweise in den Genuss des KZA gelangen würde und fälschlicherweise eine Korrektur der Abgabebemessung unterlassen bliebe (vgl. dazu auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1732/2006 vom 8. Mai 2007 E. 3.1; Entscheid der ZRK 2004-034 vom 27. Juni 2005 E. 4b.bb). Wer ein Gesuch um Zollnachlass stellt, hat nachzuweisen, dass die Gründe, das heisst die aussergewöhnlichen Verhältnisse, ausserhalb der Bemessung der Abgaben liegen (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-1698/2006 und A-1694/2006, beide vom 7. Februar 2007, jeweils E. 3.2.2).
2.3.5 Der Bezug der Abgabe muss drittens eine besondere Härte darstellen. Dieses Kriterium betrifft die persönliche Lage der zahlungspflichtigen Person. Der Zollnachlass hat nicht die Aufgabe, finanzielle Schwierigkeiten zu lösen, welche die Geschäftstätigkeit mit sich bringen kann und insoweit das unternehmerische Risiko zu decken (Urteile des Bundesver-waltungsgerichts A-1698/2006 und A-1694/2006, beide vom 7. Februar 2007, jeweils E. 3.2.3; Entscheid der ZRK 2002-020 vom 18. September 2002 E. 2b.cc).
3.
3.1 Im vorliegenden Fall begründet die Beschwerdeführerin das Vorliegen der aussergewöhnlicher Verhältnisse mit Bezug auf das Zollverfahren mit dem äusserst feinmaschigen Einfuhrregime für Obst und Gemüse im fraglichen Zeitraum (1998 bis 2001). Die Freigabe der Zollkontingentsmengen sei wöchentlich und bei sensiblen Produkten sogar halbwöchentlich erfolgt. Bei diesem raschen Wechsel seien Kontingentsüberschreitungen durch verspätete Lieferungen oder im Einzelfall auch durch Überschreitungen der Liefermengen für die Inhaber einer Generaleinfuhrbewilligung (GEB) kaum vermeidbar gewesen. Ein gewisser Prozentsatz von Über-schreitungen sei dabei, ohne dass ein Verschulden der verantwortlichen Personen vorliegen müsse, systeminhärent. Mangels Korrektur-möglichkeiten aufgrund nachträglicher Kontrollen im schweizerischen Zollrecht sei der GEB-Inhaber voll und ganz abhängig von der korrekten Ausführung der Bestellungen durch seinen Lieferanten und den Spediteur. Hinzu käme das Verhalten des BLW. Die Beschwerdeführerinnen hätten dieses nach Erhalt der Kontingentskontrollen jeweils kontaktiert, um den Sachverhalt darzulegen, jedoch keine Rückmeldung erhalten. Die Beschwerdeführerinnen seien im guten Glauben davon ausgegangen, dass die Sache erledigt sei. Sie seien bis kurz vor der Verjährung im Rechtsirrtum belassen bzw. bestärkt worden, die getätigten Einfuhren und Verzollungen würden ohne Konsequenzen bleiben. Dies sei möglicherweise ein Verstoss gegen Treu und Glauben.
Die Beschwerdeführerinnen bestreiten im vorliegenden Erlassverfahren zu Recht nicht mehr, die Nachbezugsverfügungen beruhten auf einer Verletzung der Zollvorschriften. Die ordnungsgemässe Anwendung der zollrechtlichen Bestimmungen vermag aber keine aussergewöhnlichen Umstände zu begründen, weshalb schon aus diesem Grund auch ohne Weiteres auf die (sinngemäss) beantragte Abnahme der angebotenen Beweismittel verzichtet werden kann. Die von der Beschwerdeführerin kritisierte Umsetzung der Importregelung wurde überdies - wie ausgeführt (E. 2.1) - als verfassungskonform beurteilt, und dem Vorwurf der systemimmanenten Fehlerhaftigkeit kann deshalb nicht gefolgt werden. Daran ändert nichts, dass einzelne Einfuhrregelungen zwischenzeitlich eine Änderung erfahren haben und teilweise vereinfacht worden sind. Die Beschwerdeführerinnen, beides professionelle Händlerinnen der Lebensmittelbranche, hätten ihre Geschäftstätigkeit auf die rechtliche Regelung einstellen und ihre Lieferanten bzw. Spediteure entsprechend instruieren müssen. Andere Anhaltspunkte für das Vorliegen aussergewöhnlicher Umstände während des Zollverfahrens sind nicht ersichtlich. Insofern die Beschwerdeführerinnen das angeblich treuwidrige Verhalten des BLW beanstanden, zielt dieser Vorwurf schliesslich auf die Begründetheit der Zollforderungen. Solches kann im Veranlagungs-verfahren, nicht aber im Zollnachlassverfahren geltend gemacht werden (E. 2.3.1). Dem Vorbringen wäre überdies kaum Erfolg beschieden gewesen. Da die Beschwerdeführerinnen für die Verzollungen selber verantwortlich waren (E. 2.2), können sie nichts zu ihren Gunsten ableiten, wenn das BLW nicht auf ihre - zudem unbelegt gebliebenen und beim BLW nicht aktenkundigen - Mitteilungen reagiert haben soll. Der von den Beschwerdeführerinnen aus diesem angeblichen Verhalten gezogene Schluss, dass die entsprechenden Überschreitungen ohne Konsequenzen bleiben würden, kann in einem System, in dem an die Deklaration und die damit verbundenen Sorgfaltspflichten hohe Anforderungen gestellt werden, kein schutzwürdiges Vertrauen im Sinne von Art. 9 BV begründen (Urteil des Bundesgerichts 2A.1/2004 vom 31. März 2004 E. 2.2). Unter diesen Umständen das Erlassgesuch gutzuheissen, käme einer Wieder-gutmachung von Säumnissen und Pflichtverletzungen der Beschwerde-führerinnen im Veranlagungsverfahren gleich, was nicht Sinn und Zweck des Erlassverfahrens ist (E. 2.3.3).
Bereits aus diesem Grund ist die Beschwerde abzuweisen, müssen die für einen Zollnachlass genannten Voraussetzungen doch kumulativ erfüllt sein (E. 2.3.2).
3.2 Beizupflichten ist im Übrigen den Ausführungen der Vorinstanz, wonach ein Zollnachlass ausgeschlossen ist, wenn wie hier der Vorgang, welcher zur Erhebung der Zollabgabe geführt hatte, innerhalb der Bemessung der Abgaben liegt. Diese Vorgabe entspricht dem Willen des Gesetzgebers und ist im Gesetzesartikel ausdrücklich enthalten. Nach Ausschöpfung der Zollkontingentsanteile der Beschwerdeführerinnen für die Tarifnummern mit KZA, hätten die restlichen Einfuhren zwingend nach den Tarifnummern mit AKZA deklariert werden müssen (E. 2.2). Der Zollnachbezug beruht auf der Berichtigung der falschen Deklaration und berechnet sich aus der Abgabedifferenz zwischen dem privilegierten, tieferen KZA und dem höheren AKZA. Ein Erlass der Zollabgaben würde vorliegend zu Unrecht zu einer Korrektur der Tarifeinreihung führen (vgl. E. 2.3.4). Die Beschwerde ist auch aus diesem Grund abzuweisen.
3.3 Der Zollnachlass entfällt, ohne dass zu prüfen ist, ob die Zollnach-belastungen bei den Beschwerdeführerinnen zu einer besondere Härte führen. Die Voraussetzung der Härte allein schafft keinen Anspruch auf einen Zollerlass (E. 2.3.2).
4. Die Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 4'000.-- sind den Beschwerdeführerinnen aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 4 des Reglements vom 11. Dezember 2006 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) und mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe zu verrechnen. Eine Parteientschädigung an die Beschwerdeführerinnen ist nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario, vgl. auch Art. 7 Abs. 1 VGKE e contrario).
5. Dieser Entscheid kann nicht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden (Art. 83 Bst. m des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [BGG, SR 173.110]; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 2C_49/2007 vom 3. März 2007 E. 2.1).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt und mit dem von ihnen geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet.
3. Den Beschwerdeführerinnen wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4. Dieses Urteil wird eröffnet:
- den Beschwerdeführerinnen (eingeschrieben)
- der Vorinstanz (Ref-Nr. _______ und _______) (eingeschrieben)

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Daniel Riedo Iris Widmer

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