Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BE.2010.17

Entscheid vom 12. November 2010 I. Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Tito Ponti, Vorsitz, Emanuel Hochstrasser und Joséphine Contu , Gerichtsschreiber Stefan Graf

Parteien

Eidgenössische Steuerverwaltung,

Gesuchstellerin

gegen

A. AG, vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Rüdy,

Gesuchsgegnerin

Gegenstand

Entsiegelung (Art. 50 Abs. 3 VStrR)

Sachverhalt:

A. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (nachfolgend „ESTV“) führt gestützt auf die Ermächtigung des Vorstehers des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 19. Mai 2010 (act. 1.1) eine besondere Steueruntersuchung nach Art. 190 ff . des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) gegen B., C., die D. AG, die E. AG und weitere Beschuldigte wegen des Verdachts auf schwere Steuerwiderhandlungen in den Steuerperioden 2005 – 2008.

Im Rahmen dieser besonderen Steueruntersuchung wurden am 9. und 11. Juni 2010 Akten der A. AG an deren Sitz in Z. sowie in deren Zweigniederlassung in Y. sichergestellt. Die A. AG erhob gegen die Durchsuchung der Akten Einsprache (act. 1.2, 1.3 und 1.4). Am 19. August 2010 teilte die A. AG mit, dass sie ihre Einsprache gegen die Durchsuchung aufrecht erhalte (act. 1.5).

B. Am 15. September 2010 gelangte die ESTV mit einem Einsiegelungsgesuch an die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragt Folgendes (act. 1):

1. Die ESTV sei zu ermächtigen, die am 9. und 11. Juni 2010 bei der A. AG sichergestellten Unterlagen zu entsiegeln und zu durchsuchen.

2. Die Verfahrenskosten seien der Gesuchsgegnerin aufzuerlegen.

Mit Gesuchsantwort vom 7. Oktober 2010 beantragt die A. AG Folgendes (act. 4):

1. Es sei vorzumerken, dass die Gesuchsgegnerin der Entsiegelung folgender sichergestellter Akten zustimmt: PWZ009, PWZ014 - PWZ029 und PWZ034.

2. Es sei die Entsiegelung folgender sichergestellter Akten vollständig zu verweigern: PWZ001 - PWZ003, PWZ007, PWZ008, PWZ010 - PWZ013, PWZ032, PWZ036, PWZ038, PWZ039 und PWZ042 - PWZ044. Diese Unterlagen sind der Gesuchsgegnerin unverzüglich zurückzugeben.

3. Bei den übrigen sichergestellten Akten (PWZ004 - PWZ006, PWZ030, PWZ035, PWZ037, PWZ040 und PWZ041) seien, allenfalls unter richterlicher Aufsicht, diejenigen Teil-Unterlagen auszuscheiden und der Gesuchsgegnerin unverzüglich zurückzugeben, die mit der untersuchten Zeitperiode in keinem Zusammenhang stehen. Die übrigen Teil-Unterlagen können der Gesuchstellerin entsiegelt zur untersuchungsrichterlichen Auswertung übergeben werden.

4. Aus den sichergestellten Akten PWZ031 und PWZ033 seien alle rein internen Dokumente der Gesuchsgegnerin anlässlich der gemeinsamen Entsiegelung auszuscheiden und der Gesuchsgegnerin zurückzugeben, insbesondere die Dokumente betreffend den „Client acceptance and continuance process“; allenfalls sei die Gesuchstellerin zu verpflichten, dem Beschuldigten C. in diese Unterlagen keine Akteneinsicht zu gewähren.

5. Alles unter hälftiger Auflage der Kosten je an die Parteien und unter Wettschlagung von Parteientschädigungen.

In ihrer Replik vom 22. Oktober 2010 hält die ESTV an ihrem Entsiegelungsgesuch fest (act. 7). Diese wurde der A. AG am 26. Oktober 2010 zur Kenntnis gebracht (act. 8).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die I. Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 191 Abs. 1 DBG richtet sich das Verfahren wegen des Verdachts schwerer Steuerwiderhandlungen gegenüber dem Täter, dem Gehilfen und dem Anstifter nach den Art. 19 – 50 VStrR.

1.2 Werden im Verwaltungsstrafverfahren Papiere und Datenträger durchsucht, so ist dem Inhaber derselben wenn immer möglich vor der Durchsuchung Gelegenheit zu geben, sich über deren Inhalt auszusprechen. Erhebt er gegen die Durchsuchung Einsprache, so werden die Papiere versiegelt und verwahrt. Zur Einsprache gegen die Durchsuchung ist nur der Inhaber der Papiere legitimiert (Urteil des Bundesgerichts 1S.28/2005 vom 27. September 2005, E. 2.4.2, mit Hinweis auf den Entscheid des Bundesstrafgerichts BV.2005.20 vom 23. Juni 2005, E. 2.1.1). Mit der Siegelung entsteht ein suspensiv bedingtes Verwertungsverbot, das bis zum Entscheid der zuständigen gerichtlichen Behörde über die Zulässigkeit der Durchsuchung besteht. Dabei bestimmt sie, ob die Wahrung des Privat- bzw. Geschäftsbereichs oder das öffentliche Interesse an der Wahrheitsforschung höher zu werten ist (Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Basel 2005, S. 353 N. 21). Über die Zulässigkeit der Durchsuchung entscheidet die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 50 Abs. 3 VStrR i. V. m. Art. 28 Abs. 1 lit. b SGG und Art. 9 Abs. 2 des Reglements vom 20. Juni 2006 für das Bundesstrafgericht; SR 173.710).

1.3 Die Gesuchsgegnerin ist Inhaberin der in ihren Büroräumlichkeiten sichergestellten Akten und daher zur Einsprache legitimiert. Die I. Beschwerdekammer ist vorliegend zuständig, über die Zulässigkeit einer solchen Durchsuchung zu entscheiden. Auf das Entsiegelungsgesuch ist demnach einzutreten.

2. Gemäss konstanter Praxis der I. Beschwerdekammer entscheidet diese bei Entsiegelungsgesuchen in einem ersten Schritt, ob die Durchsuchung im Grundsatz zulässig ist und, sofern dies bejaht wird, in einem zweiten Schritt, ob die Voraussetzungen für eine Entsiegelung erfüllt sind. Von einer Durchsuchung von Papieren, bei der es sich um eine strafprozessuale Zwangsmassnahme handelt, wird gesprochen, wenn Schriftstücke oder Datenträger im Hinblick auf ihren Inhalt oder ihre Beschaffenheit durchgelesen bzw. besichtigt werden, um ihre Beweiseignung festzustellen und sie allenfalls zu den Akten zu nehmen. Eine derartige Durchsuchung ist nur zulässig, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht, anzunehmen ist, dass sich unter den sichergestellten Papieren Schriften befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (Art. 50 Abs. 1 VStrR) und der Grundsatz der Verhältnismässigkeit respektiert wird. Die Durchsuchung von Papieren ist dabei mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse und unter Wahrung der Berufs- und Amtsgeheimnisse durchzuführen (Art. 50 Abs. 1 und 2 VStrR; vgl. zum Ganzen die Entscheide des Bundesstrafgerichts BE.2008.3 vom 24. Juni 2008, E. 3; BE.2007.10 vom 14. März 2008, E. 2; BE.2007.8 und BE.2007.9 jeweils vom 28. Januar 2008, E. 2 m. w. H.).

3.

3.1 Im Entsiegelungsentscheid ist vorab zu prüfen, ob ein hinreichender Tatverdacht für eine Durchsuchung besteht. Dazu bedarf es zweier Elemente: Erstens muss ein Sachverhalt ausreichend detailliert umschrieben werden, damit eine Subsumtion unter einen oder allenfalls auch alternativ unter mehrere Tatbestände des Strafrechts überhaupt nachvollziehbar vorgenommen werden kann. Zweitens müssen ausreichende Beweismittel oder Indizien angegeben und vorgelegt werden, die diesen Sachverhalt stützen. In Abgrenzung zum dringenden setzt dabei der hinreichende Tatverdacht gerade nicht voraus, dass Beweise oder Indizien bereits für eine erhebliche oder hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sprechen (vgl. zum Ganzen den Entscheid des Bundesstrafgerichts BE.2006.7 vom 20. Februar 2007, E. 3.1 m. w. H.). Diese Überlegungen gelten gleichermassen auch für das Verwaltungsstrafverfahren, gibt es doch diesbezüglich keinen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Rechtsanwendung.

3.2 Die Gesuchstellerin ermittelt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung (Art. 175 DBG), begangen einerseits durch die D. AG und die E. AG und andererseits durch C. und B., sowie des Verdachts der Mitwirkung zu den Steuerhinterziehungen der D. AG und der E. AG (Art. 177 DBG), begangen durch C. und B. Der Untersuchung der Gesuchstellerin liegt u. a. der Tatverdacht zugrunde, dass sich C. und/oder B. im Zusammenhang mit dem Kauf der D. AG durch das Verbuchen von fiktiven Darlehen ungerechtfertigt einen Anspruch gegenüber der E. AG verschafft haben/hat.

Die Gesuchstellerin bringt unwidersprochen vor, dass die durch C., B. und einen Dritten beherrschte F. AG im Jahr 2005 von der G. in Nachlassliquidation die D. AG gekauft hätte. Die für den Kauf erforderlichen Eigenmittel von ca. Fr. 185 Mio. seien angeblich durch C. eingebracht worden. Die Immobilien der D. AG seien unmittelbar nach der Übernahme zum Marktwert von ca. Fr. 360 Mio. an die ebenfalls durch C., B. und den Dritten beherrschten E. AG verkauft worden. Mit diesem Verkauf habe die D. AG einen Verkaufsgewinn von ca. Fr. 220 Mio realisiert. Da auf Grund von Klagen im Zusammenhang mit dem Konkurs der G. Group mit möglichen Prozessrisiken zu rechnen gewesen sei, habe die D. AG eine Rückstellung von Fr. 160 Mio. gebucht. Dadurch sei ein wesentlicher Teil des Erlöses neutralisiert worden. Der Kauf der Liegenschaften sei zur Hälfte durch eine hypothekarisch gesicherte Finanzierung durch die Bank H. erfolgt. Für die andere Hälfte habe die D. AG der E. AG ein Darlehen gewährt. Nach Abwicklung dieser Transaktionen hätte die D. AG über flüssige Mittel von über Fr. 200 Mio. verfügen müssen. Davon seien gemäss Jahresrechnung 2005 der D. AG Fr. 198 Mio. bei einem Anwalt in Form eines Escrow-Kontos hinterlegt worden. Auf Grund der heutigen Aktenlage sei jedoch davon auszugehen, dass es sich bei diesem Darlehen von C. um ein simuliertes, nicht werthaltiges Aktionärsdarlehen und bei dem durch den Anwalt verwalteten Escrow-Konto um einen Nonvaleur handle. Dadurch sollte verschleiert werden, dass indirekt Mittel (Liegenschaften und Darlehen) aus der verkauften Gesellschaft (D. AG) verwendet worden seien, um deren Kaufpreis zu bezahlen. Die Gesuchstellerin führt des weiteren und weiterhin unwidersprochen aus, es bestehe der dringende Verdacht, dass für diese Vorgänge C. und B. als die im Tatzeitraum je einzelzeichnungsberechtigten Verwaltungsräte der E. AG, der D. AG und der F. AG verantwortlich gewesen seien. Zudem erweise es sich, dass sowohl die D. AG und deren Tochtergesellschaft J. SA, als auch die E. AG in diese Transaktionen direkt und eng involviert seien. Aus diesen Gründen verdächtigt die Gesuchstellerin die Beschuldigten, mit dem oben dargelegten Vorgehen während mehrerer Steuerperioden dem Gemeinwesen Steuereinnahmen in Millionenhöhe vorenthalten zu haben. Darüber hinaus bestehe der Verdacht,
dass die Aktionäre oben genannter Gesellschaften weitere verdeckte Gewinnausschüttungen in Form von Darlehen und geschäftsmässig nicht begründetem Aufwand erhalten hätten (vgl. act. 1, Ziff. 2 – 3).

Nach dem Gesagten besteht ein hinreichender Verdacht gegen C., B., die D. AG und die E. AG auf schwere Steuerwiderhandlungen im Sinne von Art. 190 Abs. 2 DBG.

4.

4.1 Weiter ist zu prüfen, ob anzunehmen ist, dass sich unter den zu durchsuchenden Papieren Schriften befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (Art. 50 Abs. 1 VStrR). Die Untersuchungsbehörden müssen hierbei jedoch noch nicht darlegen, inwiefern ein konkreter Sachzusammenhang zwischen den Ermittlungen und einzelnen versiegelten Dokumenten besteht (vgl. TPF 2004 12 E. 2.1). Im Bereich der direkten Bundessteuer können zahlreiche Dokumente im Hinblick auf die Steuerveranlagung eine gewisse Bedeutung haben. Aus diesem Grund ist der Kreis der Dokumente, die für die entsprechenden Strafuntersuchungen von Bedeutung sein können, sehr weit zu ziehen (Entscheid des Bundesgerichts BE.2005.3 vom 23. September 2005, E. 3.4 m. w. H.).

4.2 Da die Gesuchsgegnerin im untersuchten Zeitraum Revisionsstelle der D. AG, der E. AG sowie der J. SA war, kann davon ausgegangen werden, dass sich unter den sichergestellten Unterlagen solche befinden, welche für die Untersuchung von Bedeutung sind. Bereits aus den Protokollen zu den versiegelten Akten lässt sich entnehmen, dass Letztere die Beschuldigten und die mit ihnen verbundenen, von der vorliegenden Untersuchung anvisierten Gesellschaften betreffen. Die Akten umfassen Unterlagen zur Wirtschaftsprüfung sowie zur Steuer- und Rechtsberatung, insoweit Dokumente, die für die weitere Untersuchung von grosser Bedeutung sein können.

4.3 Die Gesuchsgegnerin ist nicht grundsätzlich dagegen, dass die bei ihr erhobenen Akten im Strafverfahren gegen die Beschuldigten verwendet werden. Allerdings sollen nur jene Akten übergeben und entsiegelt werden, die sich auf den Untersuchungsgegenstand und insbesondere die Untersuchungsperiode beziehen. Da die Gesuchstellerin in den Steuerperioden 2005 – 2008 begangene Steuerdelikte untersuche, sollen gemäss der Gesuchsgegnerin alle Unterlagen, die sich nicht auf diese Steuerperiode beziehen würden, nicht durchsucht werden können. Zudem seien die Akten, die sich einzig auf die I. AG, die nicht Gegenstand der Untersuchung sei und die deswegen keinen Zusammenhang zum Verwaltungsstrafverfahren zeige, ihr ungesichtet zurückzugeben. Schliesslich sei bei gewissen Dokumenten unklar, auf welche Zeitperiode sie sich beziehen bzw. ob sie überhaupt einen Zusammenhang mit dem Strafverfahren aufweisen (act. 4, Ziff. 2 und 3).

Die erhobenen Akten sind weder zeitlich noch inhaltlich offensichtlich ungeeignet, Beweise für die von der Gesuchstellerin geführte Steueruntersuchung zu erbringen. Wie die Gesuchstellerin zu Recht ausführt, können für die Untersuchungen – entgegen den Ausführungen der Gesuchsgegnerin – auch Unterlagen aus den Jahren vor oder nach den zu untersuchenden Steuerperioden relevant sein. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Unterlagen betreffend die I. AG als Beweismittel geeignet sind, wird sie doch zu 100% von B. gehalten und ist sie ihrerseits je zu einem Drittel an der E. AG und an der F. AG beteiligt (act. 7). Zudem verkennt die Gesuchsgegnerin, dass im Rahmen einer Strafuntersuchung die hierfür verantwortliche untersuchende Behörde den Entscheid zu fällen hat, was im Zusammenhang mit dem von ihr geführten Verfahren von Belang ist und was nicht. Erst nach erfolgter Durchsuchung wird die Strafuntersuchungsbehörde, also die Gesuchstellerin, mittels anfechtbarer Verfügung zu entscheiden haben, welche Unterlagen sie als beweisrelevant erachtet und zu den Akten nehmen will. Unterlagen, die keinen Zusammenhang mit der Strafuntersuchung aufweisen, hat sie nach erfolgter Durchsuchung umgehend der Gesuchsgegnerin auszuhändigen (vgl. TPF 2006 307 E. 2.1).

Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass die sichergestellten Unterlagen für die Untersuchung von Bedeutung sind.

5.

5.1 Papiere sind mit grösstmöglicher Schonung der Privatgeheimnisse zu durchsuchen (Art. 50 Abs. 1 VStrR). Zudem sind bei der Durchsuchung das Amtsgeheimnis sowie Geheimnisse, die Geistlichen, Rechtsanwälten, Notaren, Ärzten, Apothekern, Hebammen und ihren beruflichen Gehilfen in ihrem Amte oder Beruf anvertraut wurden, zu wahren (Art. 50 Abs. 2 VStrR).

5.2 Amts- oder Berufsgeheimnisse im Sinne des Art. 50 Abs. 2 VStrR, die einer Durchsuchung der sichergestellten Akten entgegenstehen würden, sind von der Gesuchsgegnerin keine angerufen worden. Jedoch macht die Gesuchsgegnerin überwiegende persönliche Interessen daran geltend, dass das Dokument „Client acceptance and continuance process“ sowie alle Dokumente im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme des Mandats bei den Gesellschaften D. AG, J. SA und E. AG im Juni 2008, nachdem sie dieses Mandat am 22. Januar 2007 niedergelegt hatte, nicht zu den Akten genommen werden. Dies begründet die Gesuchsgegnerin damit, dass C. sie um Schadenersatz in Millionenhöhe rechtlich belangt. Deswegen wolle sie verhindern, dass dieser Einsicht in rein interne Dokumente erhalte, um daraus weitere Begründungen für die geltend gemachten Ansprüche zu suchen. Zudem brauche die Gesuchstellerin die Dokumente zum Klientenannahmeprozess für ihre Strafuntersuchung nicht.

Auch hier verkennt die Gesuchsgegnerin, dass erst nach erfolgter Durchsuchung die Gesuchstellerin mittels anfechtbarer Verfügung entscheiden wird, welche Unterlagen sie als beweisrelevant erachtet und zu den Akten nehmen will (vgl. E. 5.1). Erst nach Erlass dieser Verfügung ist zu entscheiden, ob allenfalls sicherzustellen ist, dass C. keine Akteneinsicht in diese speziellen Dokumente erhält, um die Privatinteressen der Gesuchsgegnerin zu wahren.

6. Nach dem Gesagten ist das Entsiegelungsgesuch gutzuheissen und es ist die Gesuchstellerin zu ermächtigen, die sichergestellten Unterlagen zu entsiegeln und zu durchsuchen.

7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Gesuchsgegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 25 Abs. 4 VStrR i. V. m. Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'500.-- festgesetzt (Art. 3 des Reglements vom 11. Februar 2004 über die Gerichtsgebühren vor dem Bundesstrafgericht; SR 173.711.32).

Demnach erkennt die I. Beschwerdekammer:

1. Das Entsiegelungsgesuch wird gutgeheissen.

2. Die Gesuchstellerin wird ermächtigt, die am 9. und 11. Juni 2010 sichergestellten und versiegelten Unterlagen der Gesuchsgegnerin zu entsiegeln und zu durchsuchen.

3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird der Gesuchsgegnerin auferlegt.

Bellinzona, 15. November 2010

Im Namen der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Zustellung an

- Eidgenössische Steuerverwaltung

- Rechtsanwalt Bernhard Rüdy

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide der I. Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.

Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG).