Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

6B_977/2015

Urteil vom 9. März 2016

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Andres.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. René Schwarz,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Vernachlässigung von Unterhaltspflichten; Strafantrag,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 11. August 2015.

Erwägungen:

1.
Am 28. Februar 2012 stellte A.________ Strafantrag gegen ihren früheren Ehemann X.________. Gemäss Anklage sei dieser in der Zeit vom 1. August 2009 bis am 28. Februar 2012 seinen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner früheren Ehefrau und den gemeinsamen Kindern nicht oder nur ungenügend nachgekommen, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre.
Das Bezirksgericht Zofingen verurteilte X.________ am 17. Juni 2013 wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.--. Auf die Zivilforderung der früheren Ehefrau trat es nicht ein. Das Obergericht des Kantons Aargau wies die von X.________ gegen das erstinstanzliche Urteil geführte Berufung am 9. Dezember 2014 ab, soweit es darauf eintrat. Das Bundesgericht hiess seine Beschwerde in Strafsachen am 8. Mai 2015 gut, hob das obergerichtliche Urteil wegen unvollständiger sowie willkürlicher Sachverhaltsfeststellung auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an das Obergericht zurück (Verfahren 6B_136/2015).
Dieses verurteilte ihn wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten vom 1. August 2009 bis zum 31. März 2011 zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 30.--. Für den übrigen Zeitraum sprach es ihn frei.
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen im Hauptpunkt, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und er freizusprechen.

2.
Im Falle eines bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheids hat die mit der neuen Entscheidung befasste kantonale Instanz ihrem Urteil die rechtliche Beurteilung, mit der die Rückweisung begründet wird, zugrunde zu legen. Jene bindet auch das Bundesgericht, falls ihm die Sache erneut unterbreitet wird. Aufgrund dieser Bindungswirkung ist es den erneut mit der Sache befassten Gerichten wie auch den Parteien - abgesehen von allenfalls zulässigen Noven - verwehrt, der Überprüfung einen anderen als den bisherigen Sachverhalt zu Grunde zu legen oder die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die im Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt oder überhaupt nicht in Erwägung gezogen worden sind. Die neue Entscheidung der kantonalen Instanz ist somit auf diejenige Thematik beschränkt, die sich aus den bundesgerichtlichen Erwägungen als Gegenstand der neuen Beurteilung ergibt. Das Verfahren wird nur insoweit neu in Gang gesetzt, als dies notwendig ist, um den verbindlichen Erwägungen des Bundesgerichts Rechnung zu tragen (BGE 135 III 334 E. 2 S. 335 f. mit Hinweisen; vgl. hierzu auch Urteile 6B_535/2015 vom 26. August 2015 E. 1.1; 6B_296/2014 vom 20. Oktober 2014 E. 1.2.2; 6B_372/2011 vom 12. Juli 2011 E. 1.1.2).
Im Urteil vom 8. Mai 2015 erwog das Bundesgericht, der Beschwerdeführer stelle kein reformatorisches Rechtsbegehren. Seine Begründung lasse jedoch darauf schliessen, dass er einen Freispruch vom Vorwurf der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten für die Zeit vom 26. Oktober 2011 bis zum 28. Februar 2012 anstrebe. Folglich schränkte das Bundesgericht den Verfahrensgegenstand auf diese Zeitspanne ein. Die Vorinstanz sprach den Beschwerdeführer darüber hinausgehend für den Zeitraum vom 1. April 2011 bis zum 28. Februar 2012 frei. Darauf ist nicht zurückzukommen, da die Staatsanwaltschaft keine Beschwerde erhob (vgl. Art. 107 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 107 Entscheid - 1 Das Bundesgericht darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen.
1    Das Bundesgericht darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen.
2    Heisst das Bundesgericht die Beschwerde gut, so entscheidet es in der Sache selbst oder weist diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück. Es kann die Sache auch an die Behörde zurückweisen, die als erste Instanz entschieden hat.
3    Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen oder der internationalen Amtshilfe in Steuersachen als unzulässig, so fällt es den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen Schriftenwechsels. Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist es nicht an diese Frist gebunden, wenn das Auslieferungsverfahren eine Person betrifft, gegen deren Asylgesuch noch kein rechtskräftiger Endentscheid vorliegt.96
4    Über Beschwerden gegen Entscheide des Bundespatentgerichts über die Erteilung einer Lizenz nach Artikel 40d des Patentgesetzes vom 25. Juni 195497 entscheidet das Bundesgericht innerhalb eines Monats nach Anhebung der Beschwerde.98
BGG). Mit seinem Antrag, er sei (für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. März 2011) freizusprechen, geht der Beschwerdeführer über den Verfahrensgegenstand des Rückweisungsverfahrens hinaus. Indessen stellte sich die Frage, ob der Strafantrag der früheren Ehefrau des Beschwerdeführers rechtzeitig erfolgte (vgl. E. 3 nachfolgend), erst aufgrund des teilweisen Freispruchs durch die Vorinstanz. Es erscheint fraglich, ob auf die vorliegende Beschwerde einzutreten ist. Letztlich kann die Frage jedoch offenbleiben, da die Beschwerde ohnehin offensichtlich unbegründet ist.

3.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die dreimonatige Strafantragsfrist habe am 1. April 2011 begonnen, womit der Strafantrag seiner früheren Ehefrau am 28. Februar 2012 zu spät erfolgt sei. Die Vorinstanz verletze Art. 31
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB, indem sie davon ausgehe, seine frühere Ehefrau habe solange mit dem Strafantrag zuwarten dürfen, bis sie Kenntnis vom Unterbruch in der schuldhaften Vernachlässigung der Unterhaltspflicht hatte oder zumindest haben konnte.
Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten (Art. 31
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB). Die Antragsfrist beginnt, sobald dem Antragsberechtigten Täter und Tat, d.h. deren Tatbestandselemente, bekannt sind. Erforderlich ist dabei eine sichere, zuverlässige Kenntnis, die ein Vorgehen gegen den Täter als aussichtsreich erscheinen lässt. Wenn der Pflichtige während einer gewissen Zeit ohne Unterbrechung schuldhaft die Zahlung der Unterhaltsbeiträge unterlässt, beginnt nach der Rechtsprechung die Antragsfrist erst mit der letzten schuldhaften Unterlassung zu laufen (BGE 132 IV 49 E. 3.1 S. 53 und E. 3.1.2 S. 55 f.; 126 IV 131 E. 2a S. 132; 121 IV 272 E. 2a S. 275 mit Hinweisen). Der Antrag ist gültig für den Zeitraum, in dem der Täter ohne Unterbrechung den Tatbestand erfüllt hat. Der Strafantragsberechtigte darf daher mit der Stellung des Strafantrags - auch wenn er ihn schon vor Beginn des Fristenlaufs stellen kann - solange unbeschadet zuwarten, als der Unterhaltspflichtige schuldhaft die geschuldeten Beiträge nicht bezahlt. Bei mehreren monatlich geschuldeten Unterhaltsbeiträgen, die während einer bestimmten Zeitspanne nicht geleistet wurden, beginnt daher die Strafantragsfrist beispielsweise erst, wenn der Pflichtige wieder mit Zahlungen beginnt,
oder wenn er mangels Leistungsfähigkeit seiner Zahlungspflicht nicht nachkommen kann. Dies gilt jedoch nur, wenn der Antragsberechtigte vom Unterbruch in der schuldhaften Vernachlässigung der Unterhaltspflicht Kenntnis hatte oder zumindest haben konnte, wenn er also wusste oder zumindest wissen konnte, dass der Unterhaltspflichtige die geschuldeten Unterhaltsbeiträge schuldlos, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit, nicht erbringen konnte. Dafür genügen - im Unterschied zur sicheren, zuverlässigen Kenntnis von Tat und Täter bei der gewöhnlichen Fristauslösung - bereits konkrete Anhaltspunkte (BGE 126 IV 131 E. 2a S. 132 f.; 121 IV 272 E. 2a S. 275 mit Hinweisen; vgl. auch: BGE 132 IV 49 E. 3.1.2.3 S. 55 f.).
Was der Beschwerdeführer vorbringt, ist nicht geeignet, eine Bundesrechtsverletzung aufzuzeigen. Er wendet ein, das Strafgesetzbuch regle den Ablauf der Antragsfrist in rein objektiver Hinsicht (nach drei Monaten; vgl. Satz 1 von Art. 31
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB). Damit verkennt er, dass vorliegend nicht die Dauer der Frist, sondern deren Beginn in Frage steht, wobei das Gesetz explizit auf den subjektiven Kenntnisstand der antragsberechtigten Person abstellt (Satz 2 von Art. 31
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 31 - Das Antragsrecht erlischt nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird.
StGB). Nach den verbindlichen vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen (vgl. Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG; Beschwerde S. 4) kann dem Beschwerdeführer ab April 2011 keine strafrechtlich relevante Vernachlässigung der Unterhaltspflichten mehr nachgewiesen werden, da ihm keine höheren Zahlungen mehr zugemutet werden konnten. Dass dies seiner früheren Ehefrau bekannt war bzw. sie hierfür konkrete Anhaltspunkte hatte, ist nicht ersichtlich (Urteil S. 6 f.). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz gestützt auf die aufgezeigte Rechtsprechung annimmt, der Strafantrag sei rechtzeitig erfolgt. Auf ihre Ausführungen kann verwiesen werden.

4.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 109 Dreierbesetzung - 1 Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
1    Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
2    Sie entscheiden ebenfalls in Dreierbesetzung bei Einstimmigkeit über:
a  Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden;
b  Gutheissung offensichtlich begründeter Beschwerden, insbesondere wenn der angefochtene Akt von der Rechtsprechung des Bundesgerichts abweicht und kein Anlass besteht, diese zu überprüfen.
3    Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden.
BGG abzuweisen.
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. März 2016

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Andres