126 IV 131
21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 9. Mai 2000 in Sachen X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 217 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. - Zumutbarkeit des Wechsels in eine unselbständige Erwerbstätigkeit bejaht bei einem Schuldner, der als selbständig Erwerbender in einem ungünstigen Markt tätig war und als unselbständig Erwerbender wesentlich mehr hätte verdienen können (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 217 al. 1 CP; violation d'une obligation d'entretien, devoir du débiteur de tirer un profit suffisant de son travail.
- Changement de travail. Cas où le passage d'une activité lucrative indépendante à une activité dépendante a été jugé exigible; le débiteur travaillait comme indépendant dans une branche économique en difficulté alors qu'il aurait pu gagner nettement plus en tant que salarié (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 217 cpv. 1 CP; trascuranza degli obblighi di mantenimento, dovere del debitore di trarre un utile sufficiente dalla sua attività professionale.
- Cambiamento di attività professionale. Caso in cui è stato giudicato che si poteva esigere dal debitore di abbandonare un'attività lucrativa indipendente per una dipendente; egli lavorava come indipendente in un settore dell'economia in difficoltà quando avrebbe potuto guadagnare molto di più come impiegato (consid.3).
Sachverhalt ab Seite 131
BGE 126 IV 131 S. 131
Am 8. Dezember 1994 schied das Bezirksgericht Baden die Ehe X. Es stellte die Kinder Y. und Z. unter die elterliche Gewalt der Mutter und verpflichtete X. zu folgenden monatlich vorschüssig zu leistenden Unterhaltszahlungen: - je Fr. 450.- bis zum vollendeten 6. Altersjahr,
- je Fr. 500.- ab dem 7. bis zum vollendeten 12. Altersjahr, - je Fr. 600.- ab dem 13. Altersjahr bis zum Erreichen der
wirtschaftlichen Selbständigkeit, längstens jedoch bis zur
Mündigkeit.
Seit April 1995 erfüllte X. die Unterhaltspflicht nicht. Am 6. August 1998 erstattete die Gemeinde, welche die Unterhaltszahlungen bevorschusst hatte, Strafanzeige. Am 20. April 1999 verurteilte das Bezirksgericht Baden X. wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten zu 4 Wochen Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von 3 Jahren. Die von X. dagegen erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Aargau am 30. September 1999 ab.
BGE 126 IV 131 S. 132
X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an dieses zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus folgenden Erwägungen:
2. Gemäss Art. 217
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt: |
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a | als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person; |
b | als Gesellschafter; |
c | als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder |
d | ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt: |
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a | als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person; |
b | als Gesellschafter; |
c | als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder |
d | ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter. |
BGE 126 IV 131 S. 133
konnte, dass der Unterhaltspflichtige die geschuldeten Unterhaltsbeiträge schuldlos, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit, nicht erbringen konnte. Dafür genügen - im Unterschied zur sicheren, zuverlässigen Kenntnis von Tat und Täter bei der gewöhnlichen Fristauslösung - bereits konkrete Anhaltspunkte (BGE 121 IV 272 E. 2a mit Hinweisen). b) Der Beschwerdeführer setzt sich nicht mit dieser Rechtsprechung auseinander. Auf diese durfte sich die antragstellende Gemeinde verlassen. Ein Rechtsmissbrauch kann der Gemeinde nicht vorgeworfen werden, wenn sie mit der Stellung des Antrages bis zum August 1998 zugewartet hat. Dass die Gemeinde auf den Antrag verzichtet hätte, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist nicht ersichtlich. Was er vorbringt, ist nicht geeignet, eine Änderung der Rechtsprechung herbeizuführen. Der Beschwerdeführer ist unstreitig seit April 1995 seiner Unterhaltspflicht nicht nachgekommen. Sofern er ununterbrochen schuldhaft nicht geleistet hat (dazu unten E. 3), erfasst der Strafantrag sämtliche Unterlassungen bis zum April 1995.
3. a) Die Bestrafung nach Art. 217 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. |
BGE 126 IV 131 S. 134
die seinen eigenen Notbedarf nur ungenügend deckt, in dem Umfang einer ihm zumutbaren entgeltlichen Tätigkeit nachzugehen, dass er seine familienrechtlichen Verpflichtungen erfüllen kann (BGE 114 IV 124). bb) In der kantonalen Rechtsprechung ist die Strafbarkeit nach Art. 217
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. |
BGE 126 IV 131 S. 135
seien. Der Wechsel einer Arbeitsstelle oder gar die Aufnahme einer berufsfremden Beschäftigung sei nur dann zumutbar, wenn ernsthaft mit einem Mehrverdienst zu rechnen sei (PETER ALBRECHT, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, 4. Band, Bern 1997, Art. 217 N. 58 ff. mit Hinweisen). dd) Auch in Deutschland, wo in § 170 b dStGB (Verletzung der Unterhaltspflicht) eine mit Art. 217
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. |
BGE 126 IV 131 S. 136
Beschwerdeführer in der Beschwerde selber darlegt, nahm er seine selbständige Tätigkeit in der "besonders flauen Baubranche" auf. Da die Marktlage somit ungünstig war, war ihm der Wechsel in eine unselbständige Erwerbstätigkeit auch unter diesem Gesichtspunkt zumutbar. Zwar bringt der Beschwerdeführer zutreffend vor, dass dem selbständig Erwerbenden eine gewisse Zeit zum Aufbau seines Geschäftes einzuräumen ist. Diese Zeit darf aber im Interesse der Unterhaltsberechtigten nicht zu lange bemessen werden. Namentlich kann sich der selbständig Erwerbende insoweit nicht - wie der Beschwerdeführer - darauf berufen, dass der Markt, in dem er tätig ist, ungünstig ist. Verhält es sich so, hat der selbständig Erwerbende umso mehr Grund, eine unselbständige Tätigkeit aufzunehmen. Das Geschäft des Beschwerdeführers hat nach zwei Jahren noch keinen hinreichenden Ertrag abgeworfen. Wenn die Vorinstanz annimmt, dass der Beschwerdeführer spätestens nach zwei Jahren eine unselbständige Arbeit hätte annehmen müssen, ist das unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht unverhältnismässig und verletzt kein Bundesrecht. Der Beschwerdeführer hat seine Unterhaltspflichten somit seit April 1995 ununterbrochen schuldhaft nicht erfüllt.