Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

5A 721/2022

Urteil vom 6. Oktober 2022

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Herrmann, Präsident,
Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Richard Chlup,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________.

Gegenstand
Fürsorgerische Unterbringung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 17. August 2022 (WBE.2022.323).

Sachverhalt:
Im Zuge eines Ehestreites nahm die herbeigerufene Polizei die Beschwerdeführerin auf den Polizeiposten mit, wo sie am Abend von einer Ärztin nach kurzer Untersuchung in der Klinik der Psychiatrischen Dienste Aargau fürsorgerisch untergebracht wurde. Bereits am Folgetag wurde sie aus der Klinik entlassen.
In der Folge versuchte sie auf dem Beschwerdeweg, die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angeordneten fürsorgerischen Unterbringung feststellen zu lassen. Mit Urteil vom 17. August 2022 trat das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau in Verneinung eines virtuellen Interesses auf die Beschwerde nicht ein.
Mit Beschwerde vom 21. September 2022 wendet sich die Beschwerdeführerin an das Bundesgericht mit dem Begehren um Aufhebung dieses Urteils und Rückweisung der Sache an das Verwaltungsgericht.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde hat eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Erwägungen erfordert (BGE 140 III 115 E. 2; 142 III 364 E. 2.4).
Dabei sind neue Vorbringen im bundesgerichtlichen Verfahren grundsätzlich unzulässig (Art. 99 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
BGG). Insbesondere müssen auch rechtliche Rügen soweit möglich schon im kantoanlen Verfahren vorgebracht worden sein; es reicht nicht, dass der kantonale Instanzenzug bloss formell durchlaufen worden ist (BGE 143 III 290 E. 1.1).

2.
Das Verwaltungsgericht hat sich (zutreffend und von der Beschwerdeführerin auch nicht beanstandet) dahingehend geäussert, dass nach der Entlassung aus der Klinik grundsätzlich kein schützenswertes Interesse mehr an der Behandlung einer gegen die fürsorgerische Unterbringung gerichteten Beschwerde besteht, dass jedoch ausnahmsweise ein virtuelles Interesse bejaht werden kann, wenn die betroffene Person in der Vergangenheit wiederholt fürsorgerisch untergebracht wurde und zu befürchten ist, dass sich die Unterbringungen wiederholen könnten und kaum je mit einer rechtzeitigen Überprüfung der gerügten Rechtsverletzungen gerechnet werden könnte (spezifisch zur Entlassung aus der fürsorgerischen Unterbringung: BGE 136 III 497 E. 1.1; allgemein zum virtuellen Interesse: BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 146 II 335 E. 1.3; sodann lässt sich ein Begehren um Feststellung der Widerrechtlichkeit einer fürsorgerischen Unterbringung auch nicht zur blossen Vorbereitung einer Haftungsklage nach Art. 454
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 454 - 1 Wer im Rahmen der behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes durch widerrechtliches Handeln oder Unterlassen verletzt wird, hat Anspruch auf Schadenersatz und, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, auf Genugtuung.
1    Wer im Rahmen der behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes durch widerrechtliches Handeln oder Unterlassen verletzt wird, hat Anspruch auf Schadenersatz und, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, auf Genugtuung.
2    Der gleiche Anspruch besteht, wenn sich die Erwachsenenschutzbehörde oder die Aufsichtsbehörde in den anderen Bereichen des Erwachsenenschutzes widerrechtlich verhalten hat.
3    Haftbar ist der Kanton; gegen die Person, die den Schaden verursacht hat, steht der geschädigten Person kein Ersatzanspruch zu.
4    Für den Rückgriff des Kantons auf die Person, die den Schaden verursacht hat, ist das kantonale Recht massgebend.
ZGB stellen: BGE 140 III 92 E. 2.1 und 2.2).
Im Anschluss hat das Verwaltungsgericht festgehalten, die Beschwerdeführerin begründe ihr virtuelles Interesse damit, dass aus der Tatsache der fürsorgerischen Unterbringung im Eheschutzverfahren im Zusammenhang mit der Kindesbetreuung auf Defizite geschlossen werden und sie so Nachteile erleiden könnte. Dem könne allerdings nicht gefolgt werden; die Beschwerdeführerin bringe selbst vor, nie in psychologischer oder psychiatrischer Behandlung gewesen zu sein und auch an keiner psychischen Erkrankung zu leiden, so dass eine Wiederholung einer Einweisung unwahrscheinlich sei, und im Übrigen sei auch nicht zu erwarten, dass ein Eheschutzrichter aus einer bloss auf eine 20-minütige Exploration gestützten ärztlichen fürsorgerischen Unterbringung auf Defizite bei der Kindesbetreuung schliessen würde, umso weniger als hier die Untersuchungsmaxime gelte und im Kanton Aargau die Familiengerichte sowohl für die fürsorgerische Unterbringung als auch für Eheschutz- und Scheidungsverfahren zuständig seien und somit über das notwendige Fachwissen verfügten.

3.
Im bundesgerichtlichen Verfahren greift die Beschwerdeführerin nicht diese (zutreffenden) Erwägungen an, sondern sie bringt vor, es sei bereits zu mehreren Polizeieinsätzen in der ehelichen Wohnung gekommen, namentlich im Jahr 2016, weil ihr Ehemann immer wieder grundlos die Polizei alarmiere und jeweils versuche, sie zu beschuldigen. Es sei mithin klar erkennbar, dass er dies auch in Zukunft mit grosser Wahrscheinlichkeit wieder tun werde und es sei nicht auszuschliessen, dass sie dann wieder fürsorgerisch untergebracht werden könnte. Die Beschwerdeführerin zeigt jedoch nicht auf, dass sie dieses Vorbringen bereits im kantonalen Verfahren vorgebracht hätte. Es hat deshalb im bundesgerichtlichen Verfahren als neu und damit als unzulässig zu gelten (Art. 99 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
BGG).
Ausserdem kritisiert sie die Art des Polizeieinsatzes und bezichtigt die Polizei beleidigender Äusserungen. Dies beschlägt indes von vornherein nicht die Frage der fürsorgerischen Unterbringung und steht ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes.

4.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als offensichtlich nicht hinreichend begründet, weshalb auf sie nicht eingetreten werden kann und der Präsident im vereinfachten Verfahren entscheidet (Art. 108 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 108 Einzelrichter oder Einzelrichterin - 1 Der Präsident oder die Präsidentin der Abteilung entscheidet im vereinfachten Verfahren über:
1    Der Präsident oder die Präsidentin der Abteilung entscheidet im vereinfachten Verfahren über:
a  Nichteintreten auf offensichtlich unzulässige Beschwerden;
b  Nichteintreten auf Beschwerden, die offensichtlich keine hinreichende Begründung (Art. 42 Abs. 2) enthalten;
c  Nichteintreten auf querulatorische oder rechtsmissbräuchliche Beschwerden.
2    Er oder sie kann einen anderen Richter oder eine andere Richterin damit betrauen.
3    Die Begründung des Entscheids beschränkt sich auf eine kurze Angabe des Unzulässigkeitsgrundes.
BGG).

5.
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der einweisenden Ärztin und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, mitgeteilt.

Lausanne, 6. Oktober 2022

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Herrmann

Der Gerichtsschreiber: Möckli