Bundesstrafgericht
Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal
Geschäftsnummer: BE.2014.13
Beschluss vom 5. November 2014 Beschwerdekammer
Besetzung
Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz, Emanuel Hochstrasser und Cornelia Cova, Gerichtsschreiber Stefan Graf
Parteien
Eidgenössische Steuerverwaltung,
Gesuchstellerin
gegen
1. A., 2. B. AG, 3. C., alle vertreten durch Rechtsanwalt Sandro G. Tobler,
Gesuchsgegner
Gegenstand
Entsiegelung (Art. 50 Abs. 3
VStrR)
Sachverhalt:
A. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (nachfolgend "ESTV") führt gegen die B. AG, die D. AG sowie gegen A. und C. eine besondere Untersuchung im Sinne der Art. 190 ff
. des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) wegen des Verdachts der versuchten und vollendeten Steuerhinterziehung, des Steuerbetrugs und weiterer Steuerwiderhandlungen. Gleichzeitig führt sie gegen unbekannte Täterschaft ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Verrechnungssteuern gemäss Art. 61 lit. a
des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (Verrechnungssteuergesetz, VStG; SR 642.21).
Im Rahmen dieser Untersuchungen schritt die ESTV am 25. Juni 2014 zur Hausdurchsuchung in der ehelichen Wohnung von A. und C., welche zugleich das statutarische Domizil der ebenfalls beschuldigten B. AG ist. Die ESTV stellte dabei verschiedene Akten und mehrere elektronische Datenträger sicher. C., seines Zeichens auch Präsident des Verwaltungsrates der B. AG, erhob dabei Einsprache gegen die Durchsuchung eines Teils der sichergestellten Akten und gegen die Durchsuchung der sichergestellten Datenträger (act. 1.1 und 1.2).
B. Mit Gesuch vom 11. August 2014 gelangte die ESTV an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Sie beantragt Folgendes (act. 1):
1. Die ESTV sei zu ermächtigen, die am 25. Juni 2014 (…) sichergestellten Papiere und elektronischen Datenträger zu entsiegeln und zu durchsuchen.
2. Die Verfahrenskosten seien den Gesuchsgegnern aufzuerlegen.
In ihrer Gesuchsantwort vom 19. September 2014 beantragen die Gesuchsgegner, das Gesuch sei betreffend die nachfolgenden Positionen gemäss Protokoll über die versiegelten Akten vom 25. Juni 2014 abzuweisen (EPM001, EPM002, EPM005-EPM010, EPM013, EPM024, EPM025, EPM026, EPM018-EPM023, EPM027-EPM033, EPM034, EPM035 und EPM036). Ferner sei das zu entsiegelnde Aktenmaterial bzw. die zu entsiegelnden Datenträger in Gegenwart der Parteien zu sichten, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Gesuchstellerin (act. 5). Die Gesuchsgegner erklärten hierbei auch, sie seien damit einverstanden, dass alle eingangs nicht referenzierten Datenträger und Dokumente der Durchsuchung zugänglich gemacht werden (act. 5, Ziff. II.6, S. 6). Die Gesuchsantwort wurde der ESTV mit Übermittlungsschreiben vom 22. September 2014 zur Kenntnis gebracht (act. 6).
Mit Eingabe vom 30. September 2014 teilte die ESTV mit, sie beabsichtige, diesbezüglich eine weitere Stellungnahme einzureichen (act. 7). Dem entsprechend replizierte die ESTV am 2. Oktober 2014. Sie hält am Entsiegelungsgesuch und ihren Anträgen fest (act. 9). Mit Duplik vom 31. Oktober 2014 bestätigen die Gesuchsgegner ihre bisherigen Rechtsbegehren (act. 12). Die Duplik wurde der ESTV am 3. November 2014 zur Kenntnisnahme übermittelt (act. 13).
Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Das Verfahren wegen des Verdachts schwerer Steuerwiderhandlungen gegenüber dem Täter, dem Gehilfen und dem Anstifter richtet sich gemäss Art. 191 Abs. 1
DBG nach den Artikeln 19 – 50 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0). Bei der Verfolgung von Widerhandlungen gegen das Verrechnungssteuerrecht findet ebenfalls das VStrR Anwendung und die ESTV ist die verfolgende und urteilende Verwaltungsbehörde (Art. 67 Abs. 1
VStG).
1.2 Werden im Verwaltungsstrafverfahren Papiere und Datenträger (vgl. hierzu BGE 108 IV 76 E. 1) durchsucht, so ist dem Inhaber derselben wenn immer möglich vor der Durchsuchung Gelegenheit zu geben, sich über deren Inhalt auszusprechen. Erhebt er gegen die Durchsuchung Einsprache, so werden die Papiere vorläufig versiegelt und verwahrt (Art. 50 Abs. 3
VStrR). Zur Einsprache gegen die Durchsuchung ist nur der Inhaber der Papiere legitimiert (Urteil des Bundesgerichts 1B_233/2009 vom 25. Februar 2010, E. 4.2 m.w.H.). Über die Zulässigkeit der Durchsuchung entscheidet die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 50 Abs. 3
VStrR i.V.m. Art. 37 Abs. 2 lit. b
StBOG). Die betroffene Verwaltungsbehörde hat bei der Stellung von Entsiegelungsgesuchen dem Beschleunigungsgebot ausreichend Rechnung zu tragen (Art. 29 Abs. 1
BV; BGE 139 IV 246 E. 3.2).
1.3 Gegenstand des Ersuchens bildet die Entsiegelung von in der ehelichen Wohnung der Gesuchsgegner 1 und 3 sichergestellten Unterlagen und Datenträger. Die Wohnung ist zugleich das statutarische Domizil der Gesuchsgegnerin 2. Der Gesuchsgegner 1 ist der einzelzeichnungsberechtigte Präsident deren Verwaltungsrats. Die Gesuchsgegner sind Inhaber der betroffenen Unterlagen bzw. Datenträger. Der Gesuchsgegner 1 ist bei dieser Ausgangslage sowohl hinsichtlich seiner persönlichen Unterlagen als auch bezüglich der Unterlagen der Gesuchsgegnerin 2 kraft seiner Organstellung zur erhobenen Einsprache legitimiert. Die Frage, ob er gestützt auf Art. 166
ZGB auch zur Einsprache gegen die Durchsuchung von Unterlagen seiner Ehegattin legitimiert ist, kann angesichts der nachfolgenden Erwägungen und dem Ausgang des Verfahrens offen gelassen werden. Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf das Gesuch ist einzutreten.
1.4 Im Rahmen ihrer Gesuchsantwort erklärten sich die Gesuchsgegner betreffend einen Teil der sichergestellten Unterlagen bzw. elektronischen Datenträger mit der Durchsuchung einverstanden (act. 5, Ziff. II.6., S. 6). Damit haben sie diesbezüglich ihre Einsprache teilweise zurückgezogen, weshalb das Verfahren diese Unterlagen bzw. elektronischen Datenträger betreffend zufolge Gegenstandslosigkeit als erledigt abzuschreiben ist (vgl. hierzu u. a. den Beschluss des Bundesstrafgerichts BE.2014.6 vom 22. Juli 2014; siehe auch den Entscheid des Bundesstrafgerichts BE.2010.18 vom 6. Oktober 2010).
2. Gemäss konstanter Praxis der Beschwerdekammer entscheidet diese bei Entsiegelungsgesuchen in einem ersten Schritt, ob die Durchsuchung im Grundsatz zulässig ist und, sofern dies bejaht wird, in einem zweiten Schritt, ob die Voraussetzungen für eine Entsiegelung erfüllt sind. Von einer Durchsuchung von Papieren, bei der es sich um eine strafprozessuale Zwangsmassnahme handelt, wird gesprochen, wenn Schriftstücke oder Datenträger im Hinblick auf ihren Inhalt oder ihre Beschaffenheit durchgelesen bzw. besichtigt werden, um ihre Beweiseignung festzustellen und sie allenfalls mittels später erfolgender Beschlagnahme zu den Akten zu nehmen. Eine derartige Durchsuchung ist nur zulässig, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht, anzunehmen ist, dass sich unter den sichergestellten Papieren Schriften befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (Art. 50 Abs. 1
VStrR) und der Grundsatz der Verhältnismässigkeit respektiert wird. Die Durchsuchung von Papieren ist dabei mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse und unter Wahrung der Berufs- und Amtsgeheimnisse durchzuführen (Art. 50 Abs. 1
und 2
VStrR; vgl. zum Ganzen TPF 2007 96 E. 2; Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BE.2014.8 vom 16. Juni 2014, E. 2; BE.2013.10 vom 21. November 2013, E. 2).
3.
3.1 Im Entsiegelungsentscheid ist vorab zu prüfen, ob ein hinreichender Tatverdacht für eine die Durchsuchung rechtfertigende Straftat besteht. Dazu bedarf es zweier Elemente: Erstens muss ein Sachverhalt ausreichend detailliert umschrieben werden, damit eine Subsumtion unter einen oder allenfalls auch alternativ unter mehrere Tatbestände des Strafrechts überhaupt nachvollziehbar vorgenommen werden kann. Zweitens müssen ausreichende Beweismittel oder Indizien angegeben und vorgelegt werden, die diesen Sachverhalt stützen. In Abgrenzung zum dringenden setzt dabei der hinreichende Tatverdacht gerade nicht voraus, dass Beweise oder Indizien bereits für eine erhebliche oder hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sprechen (vgl. zum Ganzen bereits ausführlich den Entscheid des Bundesstrafgerichts BE.2006.7 vom 20. Februar 2007, E. 3.1 m.w.H.; die dort angeführten Überlegungen in Bezug auf das ordentliche Strafverfahren gelten gleichermassen auch für das Verwaltungsstrafverfahren, gibt es doch diesbezüglich keinen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Rechtsanwendung; vgl. zuletzt auch die Beschlüsse des Bundesstrafgerichts BE.2013.7 vom 6. November 2013, E. 3.1; BE.2013.6 vom 29. Oktober 2013, E. 3.1).
3.2
3.2.1 Eine Steuerhinterziehung begeht u. a., wer als Steuerpflichtiger vorsätzlich oder fahrlässig bewirkt, dass eine Veranlagung zu Unrecht unterbleibt oder eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist (vgl. Art. 175 Abs. 1
DBG).
Eines Steuerbetrugs macht sich strafbar, wer zum Zwecke einer Steuerhinterziehung gefälschte, verfälschte oder inhaltlich unwahre Urkunden wie Geschäftsbücher, Bilanzen, Erfolgsrechnungen oder Lohnausweise oder andere Bescheinigungen Dritter zur Täuschung gebraucht (Art. 186 Abs. 1
DBG).
Wer vorsätzlich oder fahrlässig, zum eigenen oder zum Vorteil eines anderen dem Bunde Verrechnungssteuern vorenthält, wird, sofern nicht die Strafbestimmung von Art. 14
VStrR zutrifft, wegen Hinterziehung bestraft (Art. 61 lit. a
VStG).
3.2.2 Aufgrund der Ausführungen der Gesuchstellerin und der durch diese eingereichten Akten ergibt sich die nachfolgend geschilderte Verdachtslage. Der Gesuchsgegner 1 war im untersuchten Tatzeitraum, mithin in den Jahren 2005 bis Oktober 2011, Alleinaktionär und Verwaltungsratspräsident der E. mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Diese Gesellschaft stand mit zwei Schweizer Gesellschaften, deren Alleinaktionär und Verwaltungsratspräsident ebenfalls der Gesuchsgegner 1 ist, in vertraglichen Beziehungen. So verpflichtete sie sich gegenüber der Gesuchsgegnerin 2 für die Produkte- und Preisgestaltung gelieferter Dienstleistungen innerhalb der Gruppe (B. AG/D. AG) sowie für die Buchhaltung, die Beratung bei der Immobilienverwaltung sowie die Personalpolitik (act. 1.4). Andererseits verpflichtete sie sich gegenüber der D. AG, ihr Know-How sowie ihre weltweite Erfahrung mit dem "System F." zur Verfügung zu stellen (act. 1.5). Aufgrund dieser Vertragsverhältnisse habe die E. den beiden Schweizer Gesellschaften in den Jahren 2005 bis 2010 rund Fr. 2'250'000.-- in Rechnung gestellt. Einige dieser Rechnungen liegen dem Gesuch bei (act. 1.6). Zu diesem Aufwand kommen in den Jahresrechnungen 2011 und 2012 der D. AG ausgewiesene Lizenzaufwendungen von rund Fr. 830'000.-- (act. 1.7).
Zu diesen Erkenntnissen führt die Gesuchstellerin aus, die Bezahlung der Rechnungen aus dem Lizenzvertrag mit der D. AG sei in den Jahren 2005 bis 2010 nicht transparent ausgewiesen worden. Die Bezahlung der Rechnungen habe teilweise erst Jahre nach Rechnungsstellung stattgefunden (vgl. hierzu die Beispiele in act. 1.8). Die verbuchten Beträge würden zudem teilweise nicht mit den vorhandenen Rechnungen übereinstimmen, was vermuten lasse, dass die Rechnungen nachträglich abgeändert worden seien. Weiter sei zum Zeitpunkt als die D. AG erstmals einen Lizenzaufwand offen ausgewiesen habe, die E. als angebliche Lizenznehmerin bereits liquidiert gewesen. An wen die entsprechenden Lizenzzahlungen geflossen seien, sei unklar. Auch in der Buchhaltung der Gesuchsgegnerin 2 sei die Bezahlung der Rechnungen der E. nicht transparent ausgewiesen worden. In den Jahren 2007 und 2008 seien die entsprechenden Rechnungsbeträge ohne ersichtliche Begründung mehrheitlich auf das Privatkonto der Gesuchsgegnerin 3 bezahlt und als Geschäftsaufwand verbucht worden (siehe die Beispiele in act. 1.9). Die Gesuchsgegnerin 3 habe zudem als "Pauschalentschädigung" für ihre Arbeitsleistungen für die Gesuchsgegnerin 2 im Jahr 2011 ein Fahrzeug im Wert von Fr. 20'270.-- erhalten, diese Zuflüsse aber nicht als Einkommen deklariert.
Anlässlich der Überprüfung der Erfüllung der Mehrwertsteuerpflicht bei der D. AG und der Gesuchsgegnerin 2 seien weiter Unterlagen aufgetaucht, welche erhebliche Zweifel aufwerfen würden, dass die von der E. in Rechnung gestellten Leistungen von dieser auch tatsächlich erbracht worden seien. Hinzu komme, dass es wenig plausibel erscheine, dass ortsgebundene Aufgaben für die D. AG und die Gesuchsgegnerin 2 durch eine Gesellschaft mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten erfüllt worden seien. Zudem hätten sich Hinweise finden lassen, dass Massnahmen ergriffen worden seien, um die genauen Umstände der Leistungserbringung gegenüber den Steuerbehörden zu verschleiern.
Auf Grund der gesamten Umstände dränge sich die Vermutung auf, dass die von der E. in Rechnung gestellten Leistungen gar nicht oder – wenn überhaupt – nicht in den Vereinigten Arabischen Emiraten, sondern in der Schweiz erbracht worden seien.
3.2.3 Der Gesuchsgegner 1 und seine Ehegattin, die Gesuchsgegnerin 3, hätten sich den Ausführungen der Gesuchstellerin zufolge in den letzten zehn Jahren in der Schweiz mehrmals an- und wieder abgemeldet. Gegenüber den Steuerbehörden habe das Ehepaar geltend gemacht, insbesondere in den Jahren 2004 bis 2012 (bzw. die Gesuchsgegnerin 3 bis 2009) im Ausland domiziliert gewesen zu sein. Aus diesem Grund seien sie in der Schweiz steuerlich nicht veranlagt worden. Diverse Indizien wie Kreditkartenabrechnungen und Reisebestätigungen würden indes darauf hindeuten, dass sich das Ehepaar mehrheitlich in der Schweiz (in der Wohnung auf dem Areal der Gesuchsgegnerin 2 bzw. in deren Wohnung in Z.) aufgehalten und in den Vereinigten Arabischen Emiraten keinen festen Wohnsitz aufgewiesen habe.
Aufgrund der angeblichen Auslandsabwesenheiten seien die Vermögensverhältnisse bzw. deren Entwicklung nur schwer nachvollziehbar. Der auf Seiten der Ehegatten angefallene Vermögenszuwachs sei anhand der gegenüber den Steuerbehörden deklarierten Einkünfte nicht erklärbar. Deshalb und namentlich aufgrund der aktenmässig belegten Zahlungen der Gesuchsgegnerin 2 an die Gesuchsgegnerin 3 dränge sich der Verdacht auf, dass sämtliche aufgrund der Rechnungen der E. geleisteten Zahlungen direkt oder indirekt an die Ehegatten geflossen seien. Solche Zuflüsse unterlägen der Einkommenssteuer, seien jedoch nicht deklariert worden.
3.2.4 Die genannten Umstände würden einerseits den Verdacht begründen, dass sowohl die Gesuchsgegnerin 2 als auch die D. AG aufgrund von Rechnungen der E. fiktiven Aufwand verbuchten, damit ihre Gewinne in hohem Mass verkürzten und so in grossem Umfang Gewinnsteuern hinterzogen bzw. zu hinterziehen versuchten. Die Gesuchsgegnerin 3 habe hierbei in ihrer Funktion als Buchhalterin der Gesellschaften Gehilfenschaft geleistet. Andererseits besteht gegenüber dem Gesuchsgegner 1 der Verdacht, dieser habe als Alleinaktionär und Verwaltungsratspräsident im Rahmen der Steuererklärungen der D. AG und der Gesuchsgegnerin 2 infolge der Verbuchung von geschäftsmässig nicht begründetem Aufwand unvollständige bzw. unwahre Jahresrechnungen erstellt bzw. erstellen lassen und diese den zuständigen Steuerbehörden eingereicht, mit der Absicht, dadurch tiefe Gewinne der Gesellschaften zu belegen und so Steuerhinterziehungen zu begehen.
Zudem habe sich der Gesuchsgegner 1 in den Steuerperioden 2005 bis 2011 mutmasslich der vollendeten Hinterziehung von Einkommenssteuern bzw. in der Steuerperiode 2012 der versuchten Hinterziehung schuldig gemacht, indem er ein Steuerdomizil im Ausland vorgetäuscht und sich dadurch der Besteuerung in der Schweiz entzogen habe. Für die Steuerperioden 2005 bis 2008 besteht derselbe Tatvorwurf auch gegenüber der Gesuchsgegnerin 3. Hernach soll diese zur Hinterziehung von Einkommenssteuern des Gesuchsgegners 1 Gehilfenschaft geleistet haben, indem sie dessen Einkommen in den Steuererklärungen nur satzbestimmend deklariert habe, obwohl sie gewusst habe, dass dieser im fraglichen Zeitraum in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtig gewesen wäre.
3.2.5 Schliesslich hätten die Gesuchsgegnerin 2 und die D. AG durch die Verbuchung von geschäftsmässig nicht begründetem Aufwand verdeckte Gewinnausschüttungen an den Gesuchsgegner 1 bzw. an diesem nahestehende Personen ausgerichtet. Die auf solchen Leistungen geschuldete Verrechnungssteuer (siehe Art. 4 Abs. 1 lit. b
VStG) sei entgegen der entsprechenden gesetzlichen Pflichten weder von der Leistung in Abzug gebracht noch ordnungsgemäss deklariert und abgeliefert worden.
3.2.6 Dieser Tatverdacht wird von den Gesuchsgegnern zwar in pauschaler Weise bestritten (act. 5, Ziff. II.4, S. 5 f.; act. 12, Ziff. II.4, S. 4), jedoch mit keinerlei sachdienlichen Erklärungen oder entsprechenden Beweismitteln entkräftet. Aufgrund der sich in wesentlichen Teilen auch auf Akten stützenden Ausführungen der Gesuchstellerin besteht bezüglich der untersuchten Straftatbestände ein hinreichender Tatverdacht, der eine Durchsuchung der sichergestellten Unterlagen und Datenträger zu rechtfertigen vermag.
4.
4.1 Weiter ist zu prüfen, ob anzunehmen ist, dass sich unter den zu durchsuchenden Papieren Schriften befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (Art. 50 Abs. 1
VStrR). Die Untersuchungsbehörden müssen hierbei jedoch im Rahmen des Entsiegelungsgesuchs noch nicht darlegen, inwiefern ein konkreter Sachzusammenhang zwischen den Ermittlungen und einzelnen noch versiegelten Dokumenten besteht. Es genügt, wenn sie aufzeigen, inwiefern die versiegelten Unterlagen grundsätzlich verfahrenserheblich sind (vgl. zuletzt das Urteil des Bundesgerichts 1B_637/2012 vom 8. Mai 2013, E. 3.8.1 m.w.H.; TPF 2004 12 E. 2.1). Betroffene Inhaber von Aufzeichnungen und Gegenständen, welche die Versiegelung beantragen bzw. Durchsuchungshindernisse geltend machen, haben ihrerseits die prozessuale Obliegenheit, jene Gegenstände zu benennen, die ihrer Ansicht nach offensichtlich keinen Sachzusammenhang mit der Strafuntersuchung aufweisen. Dies gilt besonders, wenn sie die Versiegelung von sehr umfangreichen bzw. komplexen Dokumenten oder Dateien verlangt haben (Urteil des Bundesgerichts 1B_637/2012 vom 8. Mai 2013, E. 3.8.1 in fine; gleiches gilt in Bezug auf die StPO, siehe hierzu BGE 138 IV 225 E. 7.1).
4.2 Die Gesuchsgegner bringen diesbezüglich vor, eine Reihe der sichergestellten Unterlagen seien wegen deren privaten Charakters bzw. mangels sachlichen Zusammenhangs mit dem Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens nicht relevant (siehe im Einzelnen act. 5, Ziff. II.7, S. 7 ff.; act. 12, Ziff. II.6, S. 5 ff.). Sie verkennen hierbei insbesondere, dass in Bezug auf den Tatverdacht des lediglich vorgetäuschten ausländischen Steuerdomizils gerade auch private Unterlagen zur Klärung des Aufenthaltsortes sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Gesuchsgegner 1 und 3 beitragen können. Beide Aspekte bilden zentrale Gegenstände des Verwaltungsstrafverfahrens, weshalb sich die Durchsuchung der sichergestellten privaten Rechnungen, Leasing- und Versicherungsverträge und Kreditkartenverträge, aber auch der Unterlagen zu Liegenschaften als zulässig erweist. Dasselbe gilt für die sichergestellten Agenden der Gesuchsgegnerin 3 sowie für die sichergestellten Datenträger des Gesuchsgegners 1. Bezüglich der unter den Positionen EPM010, EPM013, EPM024, EPM025 und EPM026 sichergestellten Unterlagen geschäftlicher Natur ist ebenfalls anzunehmen, dass diese für das Verwaltungsstrafverfahren von Bedeutung sind. Sofern die Gesuchsgegner diesbezüglich geltend machen, die Unterlagen beträfen Zeiträume ausserhalb der untersuchten Steuerperioden (siehe im Einzelnen act. 5, Ziff. II.7, S. 8; act. 12, Ziff. II.6, S. 6 f.), ist festzuhalten, dass ältere Geschäftsunterlagen Hinweise auf Vorarbeiten zu Geschäftsvorgängen innerhalb der untersuchten Steuerperioden enthalten können. Neuere Unterlagen können demgegenüber aufzeigen, wie die Liquidation der E. abgewickelt wurde, und so Rückschlüsse auf weitere wirtschaftliche Vorgänge und damit ein Gesamtbild der Gruppe (B. AG/D. AG) ermöglichen.
5.
5.1 Bei einer Durchsuchung ist mit der dem Betroffenen und seinem Eigentum gebührenden Schonung zu verfahren (Art. 45 Abs. 1
VStrR). Papiere sind mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse zu durchsuchen (Art. 50 Abs. 1
VStrR). Zudem sind bei der Durchsuchung das Amtsgeheimnis sowie Geheimnisse, die Geistlichen, Rechtsanwälten, Notaren, Ärzten, Apothekern, Hebammen und ihren beruflichen Gehilfen in ihrem Amte oder Beruf anvertraut wurden, zu wahren (Art. 50 Abs. 2
VStrR). Diese Bestimmungen konkretisieren im Bereich des Verwaltungsstrafrechts den verfassungsrechtlichen Verhältnismässigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 2
und Art. 36 Abs. 3
BV), welcher bei der Durchsuchung von Papieren zu beachten ist.
5.2 Amts- oder Berufsgeheimnisse im Sinne des Art. 50 Abs. 2
VStrR, die einer Durchsuchung der sichergestellten Unterlagen entgegenstehen würden, sind von den Gesuchsgegnern keine angerufen worden. Gemäss dem auch vom Gesuchsgegner 1 mitunterzeichneten Protokoll handelt es sich bei den unter den Positionen EPM018-EPM023 sichergestellten Unterlagen um verschiedene Agenden (act. 1.1, S. 2 f.). Die mit Gesuchsantwort erhobene Einrede, wonach es sich hier um private Tagebücher und somit um höchstpersönliche und intime Aufzeichnungen handelt, erweist sich als unglaubhaft (act. 5, Ziff. II.7, S. 8). Soweit pauschal geltend gemacht wird, die sichergestellten Datenträger würden höchstpersönliche und intime Aufzeichnungen des Gesuchsgegners 1 beinhalten (act. 5, Ziff. II.7, S. 9), erweisen sich die Vorbringen als zu vage, weshalb sich auch diesbezüglich die von der Gesuchstellerin beantragte Durchsuchung als zulässig erweist.
6. Nach dem Gesagten ist das Entsiegelungsgesuch – soweit es sich nicht als gegenstandslos erweist – gutzuheissen und es ist die Gesuchstellerin zu ermächtigen, die sichergestellten Daten zu entsiegeln und zu durchsuchen. Sie hat dabei auf den Antrag der Gesuchsgegner, das Material sei in ihrer Gegenwart zu sichten, Rücksicht zu nehmen.
7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Gesuchsgegner als unterliegende Parteien die Gerichtskosten zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen (Art. 25 Abs. 4
VStrR i.V.m. Art 66 Abs. 1
und 5
BGG analog; siehe dazu TPF 2011 25 E. 3). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 2'000.-- festzusetzen (Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Soweit die Gesuchsgegner ihre Einsprache gegen die Durchsuchung zurückgezogen haben, wird das Verfahren zufolge Gegenstandslosigkeit als erledigt abgeschrieben.
2. Im Übrigen wird das Gesuch gutgeheissen.
3. Die Gesuchstellerin wird ermächtigt, die sichergestellten Unterlagen und Datenträger zu entsiegeln und zu durchsuchen.
4. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Gesuchsgegnern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt.
Bellinzona, 6. November 2014
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Zustellung an
- Eidgenössische Steuerverwaltung
- Rechtsanwalt Sandro G. Tobler
Rechtsmittelbelehrung
Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.
Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103
BGG).