VPB 69.55

(Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen vom 17. Dezember 2004 i.S. X. AG [BRK 2004-015])

Öffentliche Beschaffung im offenen Vergabeverfahren. Eignung. Ausschluss vom Verfahren. Transparenzprinzip. Parteientschädigung.

Art. 1 Abs. 2
SR 172.056.1 Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)
BöB Art. 1 Gegenstand - Dieses Gesetz findet auf die Vergabe öffentlicher Aufträge durch unterstellte Auftraggeberinnen innerhalb und ausserhalb des Staatsvertragsbereichs Anwendung.
, Art. 11 Bst. a
SR 172.056.1 Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)
BöB Art. 11 Verfahrensgrundsätze - Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge beachtet die Auftraggeberin folgende Verfahrensgrundsätze:
a  Sie führt Vergabeverfahren transparent, objektiv und unparteiisch durch.
b  Sie trifft Massnahmen gegen Interessenkonflikte, unzulässige Wettbewerbsabreden und Korruption.
c  Sie achtet in allen Phasen des Verfahrens auf die Gleichbehandlung der Anbieterinnen.
d  Sie verzichtet auf Abgebotsrunden.
e  Sie wahrt den vertraulichen Charakter der Angaben der Anbieterinnen.
BoeB. Art. 64 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 64
1    Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen.
2    Die Entschädigung wird in der Entscheidungsformel beziffert und der Körperschaft oder autonomen Anstalt auferlegt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, soweit sie nicht einer unterliegenden Gegenpartei auferlegt werden kann.
3    Einer unterliegenden Gegenpartei kann sie je nach deren Leistungsfähigkeit auferlegt werden, wenn sich die Partei mit selbständigen Begehren am Verfahren beteiligt hat.
4    Die Körperschaft oder autonome Anstalt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, haftet für die einer unterliegenden Gegenpartei auferlegte Entschädigung, soweit sich diese als uneinbringlich herausstellt.
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung der Entschädigung.108 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005109 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010110.111
VwVG.

- Den Anbietenden, welche die Eignungsanforderungen nicht erfüllen, kann der Ausschluss vom weiteren Verfahren anstatt erst mit dem Zuschlagsentscheid grundsätzlich auch umgehend mittels einer anfechtbaren Ausschlussverfügung eröffnet werden (E. 2b/bb).

- Das von der Vergabebehörde gewählte Verfahren, zunächst die Beschwerdeführerin und erst nach deren rechtskräftigen Ausschluss auch die Mitbewerberin auf die Einhaltung der Formvorschriften und die Erfüllung der Eignungskriterien zu überprüfen, schliesst die Möglichkeit der Beschwerdeführerin aus, auf dem Rechtsmittelweg überprüfen zu lassen, ob das Gleichbehandlungsgebot eingehalten worden ist. Dieses Vorgehen verstösst gegen den Grundsatz der Transparenz (E. 2b/bb). Über den allfälligen Ausschluss der Beschwerdeführerin mangels Eignung darf folglich erst dann verfügt werden, wenn auch in Bezug auf die Konkurrentin die Eignungsprüfung durchgeführt worden ist (E. 2b/cc).

- Ist der Vertreter der Beschwerdeführerin zugleich Mitglied deren Verwaltungsrats, ist wegen dessen Organfunktion von der Zusprechung einer Parteientschädigung abzusehen (E. 3b).

Marché public en procédure d'adjudication ouverte. Qualification. Exclusion de la procédure. Principe de la transparence. Dépens.

Art. 1 al. 2, art. 11 let. a LMP. Art. 64 al. 1 PA.

- A l'égard des soumissionnaires qui ne remplissent pas les exigences de qualification, l'exclusion de la suite de la procédure peut être prononcée non seulement par la décision d'adjudication, mais en en principe également de manière immédiate au moyen d'une décision d'exclusion, contre laquelle les voies de droit sont ouvertes (consid. 2b/bb).

- La procédure choisie par l'autorité adjudicatrice consistant à examiner en premier lieu si les prescriptions de forme et les critères de qualification ont été respectés par la recourante puis, dès son exclusion entrée en force, également par sa concurrente ne permet pas à la recourante de faire contrôler par la voie du recours le respect de l'égalité de traitement. Ce procédé contrevient au principe de la transparence (consid. 2b/bb). L'éventuelle exclusion de la recourante en raison d'un manque d'aptitude ne peut en conséquence être prononcée que pour autant que l'examen de qualification ait été également effectué en relation avec sa concurrente (consid. 2b/cc).

- Le représentant de la recourante étant en même temps membre de son conseil d'administration, il ne saurait, vu sa fonction d'organe, se voir octroyer des dépens (consid. 3b).

Acquisti pubblici nella procedura di aggiudicazione aperta. Idoneità. Esclusione dalla procedura. Principio della trasparenza. Indennità per spese ripetibili.

Art. 1 cpv. 2, art. 11 lett. a LAPub. Art. 64 cpv. 1 PA.

- Agli offerenti che non soddisfano le condizioni d'idoneità l'esclusione dalle ulteriori fasi della procedura può in linea di principio essere comunicata anche immediatamente attraverso una decisione di esclusione impugnabile piuttosto che con la decisione di aggiudicazione (consid. 2b/bb).

- La procedura scelta dall'autorità d'aggiudicazione, che consiste nell'esaminare dapprima se la ricorrente ha rispettato le condizioni formali e soddisfatto i criteri d'idoneità e passare solo dopo la sua esclusione cresciuta in giudicato alla valutazione della concorrente, esclude la possibilità della ricorrente di far esaminare nell'ambito ricorsuale se sia stato rispettato il principio della parità di trattamento. Questo modo di procedere viola il principio della trasparenza (consid. 2b/bb). L'eventuale esclusione della ricorrente a causa della mancanza d'idoneità può quindi essere decisa solo quando la prova dell'idoneità è effettuata anche in relazione alla concorrente (consid. 2b/cc).

- Se il rappresentante della ricorrente è al contempo membro del suo consiglio d'amministrazione, a causa di questa funzione di organo non viene attribuita alcuna indennità per spese ripetibili (consid. 3b).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

A. Das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) schrieb im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) den Lieferauftrag für eine Standardsoftware für die Finanzbuchhaltung für (...) sowie die Debitorenverwaltung im offenen Verfahren öffentlich aus. Neben zehn weiteren Anbietern reichte auch die X. Ltd. am 2. Mai 2003 fristgerecht eine Offerte ein. Am 13. Oktober 2003 erteilte das BBL den Zuschlag an die Y. AG. Der Zuschlag wurde im SHAB veröffentlicht.

B. Mit Eingabe vom 24. Dezember 2003 erhob die X. Ltd. gegen die Zuschlagsverfügung des BBL Beschwerde bei der Eidgenössischen Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen (nachfolgend Rekurskommission, BRK). Mit Entscheid vom 15. Juni 2004 hiess die BRK die Beschwerde der X. Ltd. (Rechtsnachfolgerin: X. AG) gut, hob die Zuschlagsverfügung des BBL vom (...) auf und wies die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das BBL zurück (Beschwerdeverfahren BRK 2003-032, publiziert in VPB 68.120).

C. Mit Ausschlussverfügung vom 12. Oktober 2004 verfügte das BBL, dass die X. AG vom Vergabeverfahren des BBL (...) ausgeschlossen werde. Zur Begründung des Ausschlusses wurde ausgeführt, dass der X. AG die für die Zuschlagserteilung erforderliche Eignung abzusprechen sei.

D. Die X. AG (nachfolgend Beschwerdeführerin) erhebt mit Eingabe vom 11. November 2004 gegen die Ausschlussverfügung des BBL Beschwerde bei der BRK. Die Beschwerdeführerin beantragt in formeller Hinsicht, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen und ihr sei Akteneinsicht sowie danach Gelegenheit zur Beschwerdeergänzung zu gewähren. Materiell beantragt die Beschwerdeführerin, die Ausschlussverfügung des BBL vom 12. Oktober 2004 sei aufzuheben und es sei ihr die Eignung als Anbieterin/Lieferantin für das Projekt (...) zuzusprechen. Eventualiter sei die Ausschlussverfügung aufzuheben und die Sache mit verbindlichen Weisungen an das BBL zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Mit Vernehmlassung vom 12. November 2004 beantragt das BBL namentlich, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei und das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung sei abzuweisen.

Aus den Erwägungen:

1.a.-d. (...)

2.a. Im Nachgang an den Rückweisungsentscheid der BRK vom 15. Juni 2004 hat das BBL für die beiden im Wettbewerb verbliebenen Konkurrentinnen die Wiederholung des Evaluationsverfahrens in die Wege geleitet. Den beiden Anbieterinnen wurde u. a. mitgeteilt, dass die Eignung von den beiden Anbietern im Rahmen der Wiederholung des Evaluationsverfahrens anhand der Eignungsnachweise gemäss Ausschreibungsunterlagen zur SHAB-Ausschreibung vom (...) erneut dargelegt werden müsse. Der Nachweis der Eignung müsse sich grundsätzlich auf den damaligen Zeitpunkt der Angebotsabgabe, d. h. auf den 2. Mai 2003 (Schlusstermin für die Einreichung der Angebote gemäss Ausschreibung) beziehen. Ausnahmen bildeten die Eignungsnachweise Nrn. (...), die aufgrund der eingetretenen Zeitverzögerung zwingend angepasst werden müssten. Die beiden Anbieterinnen hätten deshalb sämtliche Eignungsnachweise gemäss Pflichtenheft in der verlangten Form einzureichen (...). Die Beschwerdeführerin reichte die verlangten Eignungsnachweise der Vergabestelle am 27. Juli 2004 fristgerecht ein (...). Nach Angabe des BBL gingen auch die von der Y. AG verlangten Unterlagen frist- und formgerecht ein (...).

Zur erneuten Überprüfung der Frage, ob die beiden Anbieterinnen den im Beschwerdeverfahren BRK 2003-032 (vgl. VPB 68.120) streitigen Eignungsnachweis E7 («3 Referenzen von einer bereits existierenden Installation der offerierten Finanzbuchhaltungssoftware in der Schweiz, die mit der vorliegenden Ausschreibung von der Komplexität [Konsolidierung] her vergleichbar sind»), zu erbringen vermögen, stellte das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco; im Auftrag des BBL) den von den beiden Anbieterinnen beim Eignungskriterium E7 angegebenen Referenzfirmen einen umfangreichen und detaillierten Fragenkatalog zu (...). Sämtliche angefragten Firmen beantworteten die Referenzanfragen des seco (...).

Das BBL prüfte in der Folge anhand der eingegangenen Unterlagen die Eignung der Beschwerdeführerin und kam zum Schluss, dass diese den Eignungsnachweis E7 nicht erbringen könne, weshalb sie vom Verfahren mangels Eignung auszuschliessen sei. Auf die (gleichzeitige) Eignungsprüfung der Mitkonkurrentin Y. AG verzichtete das BBL. An der Verhandlung vom 17. November 2004 bestätigte die Vergabebehörde, dass diese bis dato noch nicht vorgenommen worden sei. Die Evaluation in Bezug auf die Y. AG soll aus verfahrensökonomischen Gründen erst dann vorgenommen werden, wenn der rechtskräftige Ausschluss der Beschwerdeführerin feststehe. Falls sich herausstelle, dass die Y. AG wesentliche Formvorschriften nicht eingehalten habe oder ihrerseits eines oder mehrere Eignungskriterien nicht erfülle, werde das BBL das Verfahren voraussichtlich abbrechen und ein freihändiges Verfahren nach Art. 13 Abs. 1 Bst. a
SR 172.056.11 Verordnung vom 12. Februar 2020 über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB)
VöB Art. 13 Leistungsarten - Wettbewerbs- und Studienauftragsverfahren können zur Beschaffung sämtlicher Leistungen im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 BöB durchgeführt werden.
der Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen (VoeB, SR 172.056.11) durchführen (...).

b. Es stellt sich vorab die Frage, ob es rechtlich zulässig sein kann, die Eignungsprüfung in Bezug auf die beiden im Verfahren verbliebenen Anbietenden derart gestaffelt vorzunehmen, wie dies das BBL vorliegend beabsichtigt.

aa. Gemäss Art. 1 Abs. 2
SR 172.056.1 Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)
BöB Art. 1 Gegenstand - Dieses Gesetz findet auf die Vergabe öffentlicher Aufträge durch unterstellte Auftraggeberinnen innerhalb und ausserhalb des Staatsvertragsbereichs Anwendung.
des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BoeB, SR 172.056.1) hat das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen namentlich auch zum Zweck, die Gleichbehandlung aller Anbieter und Anbieterinnen zu gewährleisten. Der Grundsatz der Gleichbehandlung gilt auch bei der Eignungsprüfung, d. h. die von der Vergabebehörde festgesetzten Eignungskriterien sind auf alle Anbietenden in rechtsgleicher Weise anzuwenden, und alle Anbietenden haben dieselben Eignungsnachweise zu erbringen. Die BRK hat bereits in ihrem Entscheid vom 15. Juni 2004 klar auf diesen Grundsatz hingewiesen und festgehalten, die Vergabebehörde habe eine unparteiische Vergabe zu gewährleisten (BRK 2003-032, veröffentlicht in VPB 68.120 E. 2d/aa). Die BRK ist damals zum Schluss gekommen, dass sich die Beschwerdeführerin und die Y. AG in Bezug auf den erbrachten Eignungsnachweis E7 nicht in wesentlicher Weise voneinander unterscheiden würden. Das BBL habe seine ursprünglichen Anforderungen in Bezug auf die Y. AG ganz offensichtlich im Rahmen der Evaluation gelockert. Aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes gehe es nicht an, die Beschwerdeführerin im Rahmen der nachträglich vorgenommenen
Eignungsprüfung nach einem wesentlich strengeren Massstab zu beurteilen. Einem Ausschluss lediglich der Beschwerdeführerin mangels Eignung stehe schon allein das Gebot der Gleichbehandlung der Anbietenden entgegen. Offen bleiben könne, ob ein solcher Ausschluss vor dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit standhalte (Entscheid der BRK vom 15. Juni 2004 [BRK 2003-032], VPB 68.120 E. 2d/bb/bbb).

bb. Grundsätzlich zulässig ist es auch in einem offenen Verfahren, denjenigen Anbietenden, welche die Eignungsanforderungen nicht erfüllen, den Ausschluss vom weiteren Verfahren umgehend mittels einer anfechtbaren Verfügung und nicht erst mit dem Zuschlagsentscheid zu eröffnen. Eine solche Vorgehensweise kann sich in der Tat mit verfahrensökonomischen Gründen rechtfertigen. Der betroffene Anbieter, der seinen Ausschluss nicht akzeptiert, muss sich diesfalls sofort, d. h. innert der Rechtsmittelfrist, gegen seinen Ausschluss zur Wehr setzen. Ein rechtskräftig mangels Eignung vom Verfahren ausgeschlossener Anbieter ist nicht mehr legitimiert, später den Zuschlag anzufechten. Solange der Ausschluss hingegen nicht rechtskräftig feststeht, ist der betreffende Anbieter berechtigt, nicht nur seinen Ausschluss, sondern auch den an einen Dritten erteilten Zuschlag mit Beschwerde anzufechten. Dem BBL wäre es somit im vorliegenden Fall unbenommen gewesen, in einer ersten Phase die beiden verbliebenen Anbieterinnen erneut auf ihre Eignung zu prüfen und gestützt auf diese Prüfung einen allfälligen Ausschluss zu verfügen.

Das vom BBL gewählte Verfahren, zunächst die Beschwerdeführerin und erst nach deren rechtskräftigem Ausschluss auch die Y. AG auf die Einhaltung der Formvorschriften und die Erfüllung der Eignungskriterien zu überprüfen, verstösst zwar nicht von vornherein gegen das Gleichbehandlungsgebot. Es ist auch bei einem gestaffelten Vorgehen denkbar, dass die Vergabebehörde an beide Anbieterinnen die genau gleichen Anforderungen stellt und sie nach dem genau gleichen Massstab beurteilt, sich die Vergabebehörde somit strikte an den Gleichbehandlungsgrundsatz hält (und im vorliegenden Fall das Verfahren tatsächlich abbricht, falls auch die Y. AG die Eignungsanforderungen nicht erfüllt). Indessen wird durch die Vorgehensweise des BBL die Möglichkeit der Beschwerdeführerin, zu überprüfen bzw. auf dem Rechtsmittelweg überprüfen zu lassen, ob das Gleichbehandlungsgebot auch tatsächlich eingehalten worden ist bzw. werden wird, ausgeschlossen. Ist die Beschwerdeführerin erst einmal rechtskräftig vom Verfahren ausgeschlossen, hat sie keinerlei rechtlichen Möglichkeiten mehr, dagegen einzuschreiten, wenn die Vergabebehörde bei der erst später erfolgenden Eignungsprüfung der Mitkonkurrentin die Anforderungen derart lockert bzw. herabsetzt,
dass sie auch von der Beschwerdeführerin erfüllt worden wären, und damit den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Sie hat als rechtskräftig ausgeschlossene Anbieterin auch keinen Anspruch, über die Eignungsprüfung ihrer verbliebenen Konkurrentin und deren Ergebnis auf irgendeine Weise informiert zu werden. Ob die erst noch vorzunehmende Eignungsprüfung in Bezug auf die Y. AG somit tatsächlich nach gleichem Massstab vorgenommen werden wird, bleibt für die Beschwerdeführerin völlig unüberprüfbar und ist einer rechtlichen Kontrolle nicht mehr zugänglich. Die Eignungsprüfung als Ganzes wird, insbesondere was die Einhaltung des Gleichbehandlungsgebots anbelangt, damit völlig intransparent, und der Beschwerdeführerin wird die Möglichkeit entzogen, sich auf dem Rechtsweg gegen eine Ungleichbehandlung zu wehren. Das vom BBL gewählte Verfahren, die Eignung der Y. AG erst nach rechtskräftigem Ausschluss der Beschwerdeführerin zu prüfen, verstösst damit gegen den Grundsatz der Transparenz und erweist sich als nicht rechtmässig.

cc. Das Vorgehen des BBL im vorliegenden Fall erscheint umso fragwürdiger als genau die Problematik der in Bezug auf die Y. AG im Vergleich zur Beschwerdeführerin reduzierten Eignungsanforderungen im Verfahren BRK 2003-032 mit zur Gutheissung der damaligen Beschwerde geführt hat. Die BRK hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, die Referenzen der Beschwerdeführerin würden jedenfalls zum Zeitpunkt der Einreichung der Angebote den geforderten Eignungsnachweis E7 nicht bzw. nicht in allen Teilen erfüllen. Dasselbe gelte aber auch für die Y. AG. Deren Projekt «D», das im Kanton A die flächendeckende Einführung von SAP R/3 vorsehe, habe einen Realisierungszeitraum zwischen März 2001 und März 2004 vorgesehen, sei jedenfalls zum Zeitpunkt der Offertöffnung noch nicht abgeschlossen gewesen. Gemäss Referenzauskunft zum aktuellen Projektstand seien per Januar 2003 105 Dienststellen in Produktion gewesen, der Ausbau der Funktionalität sollte per Januar 2004 erfolgen. Das Referenzobjekt «M», mit Realisierungszeitraum April 1999-März 2001, sei bei der Offerteinreichung produktiv gewesen. Beim dritten Referenzobjekt, die Gesamteinführung von SAP bei der K. (...), sei die Produktivsetzung im Zeitpunkt der Referenzanfrage «in Arbeit».
Nicht gefragt worden sei in Bezug auf die Zuschlagsempfängerin nach einer sich produktiv im Einsatz befindlichen Konsolidierungsfunktion. Der schriftliche Bericht des seco zu den Referenzanfragen enthalte dazu keine Angaben. Es stehe damit fest, dass die Referenzprojekte der Y. AG dem Eignungsnachweis E7 ebenfalls nicht im in der Ausschreibung und in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich verlangten Umfang entsprächen, da sie jedenfalls im Mai 2003 nur teilweise bereits produktiv gewesen seien (Entscheid der BRK vom 15. Juni 2004 [BRK 2003-032], VPB 68.120, E. 2d/bb/bbb).

Die Beschwerdeführerin hat in der zweiten Evaluation dieselben Referenzprojekte genannt wie bereits in ihrer Offerte. Das BBL spricht der Beschwerdeführerin die erforderliche Eignung nun erneut ab, im Wesentlichen wiederum mit der Begründung, sie habe den Nachweis nicht erbracht, dass die von ihr offerierte Buchhaltungssoftware im Zeitpunkt der Offerteinreichung bei drei Referenzunternehmen bereits installiert war und diese Installationen von der Komplexität her mit der vorliegenden Ausschreibung vergleichbar waren und über eine Konsolidierungsfunktion verfügten (...).

Der strittige Eignungsnachweis E7 gemäss Ausschreibung und Ausschreibungsunterlagen ist unverändert geblieben, d. h. die Eignungsanforderungen sind bei der Wiederholung des Evaluationsverfahrens nicht reduziert worden. Verlangt sind nach wie vor «3 Referenzen von einer bereits existierenden Installation der offerierten Finanzbuchhaltungssoftware in der Schweiz, die mit der vorliegenden Ausschreibung von der Komplexität (Konsolidierung) her vergleichbar sind.» Das BBL akzeptiert - wie sich aus der Ausschlussverfügung klar ergibt - für den Eignungsnachweis nur Referenzprojekte, bei denen die offerierte Finanzbuchhaltungssoftware im Zeitpunkt der Offerteinreichung (Mai 2003) bereits installiert war, die von der Komplexität her mit der vorliegenden Ausschreibung vergleichbar sind und über Konsolidierungsfunktionen verfügen. Die Y. AG hat diese Anforderungen, wie die BRK im Entscheid von 15. Juni 2004 festgestellt hat, ebenfalls nicht erfüllt. Wie sich an der Verhandlung vom 17. Dezember 2004 ergab, hat auch die Y. AG - gleich wie die Beschwerdeführerin - wiederum dieselben drei Referenzprojekte genannt, über die sie im Mai 2003 verfügte. Ebenfalls hat das seco gemäss Auskunft an der Verhandlung den Referenzfirmen der Y. AG
denselben Fragenkatalog zukommen lassen wie den Referenzfirmen der Beschwerdeführerin, weshalb davon auszugehen ist, dass nun auch in Bezug auf die Y. AG die (offene) Frage der Konsolidierungsfunktion als geklärt gilt.

Der Transparenzgrundsatz verlangt angesichts dieser in Bezug auf die Gleichbehandlung der beteiligten Anbietenden ausgesprochen heiklen Situation zwingend, dass die Beschwerdeführerin ihrer Möglichkeit, nachzuprüfen, ob die beiden Anbieterinnen im zweiten Evaluationsverfahren in Bezug auf die Erfüllung der Eignungskriterien gleich behandelt werden, nicht vorzeitig beraubt wird. Dies hat zur Konsequenz, dass das BBL über den allfälligen Ausschluss der Beschwerdeführerin mangels Eignung erst dann verfügen darf, wenn auch in Bezug auf die Y. AG die Eignungsprüfung durchgeführt worden ist und fest steht, ob diese Anbieterin nach der Beurteilung des BBL die Eignungskriterien erfüllt oder nicht.

c. Aus dem Gesagten folgt, dass die Verfügung des BBL vom 12. Oktober 2004 betreffend den Ausschluss der Beschwerdeführerin vom Vergabeverfahren (...) in Gutheissung der Beschwerde (Eventualantrag) aufzuheben ist.

3.a. (...)

b. Nach Art. 64 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 64
1    Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen.
2    Die Entschädigung wird in der Entscheidungsformel beziffert und der Körperschaft oder autonomen Anstalt auferlegt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, soweit sie nicht einer unterliegenden Gegenpartei auferlegt werden kann.
3    Einer unterliegenden Gegenpartei kann sie je nach deren Leistungsfähigkeit auferlegt werden, wenn sich die Partei mit selbständigen Begehren am Verfahren beteiligt hat.
4    Die Körperschaft oder autonome Anstalt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, haftet für die einer unterliegenden Gegenpartei auferlegte Entschädigung, soweit sich diese als uneinbringlich herausstellt.
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung der Entschädigung.108 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005109 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010110.111
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zugesprochen werden. Als Parteikosten kommen dabei in erster Linie die Kosten der Vertretung (durch einen Anwalt) in Betracht, wenn der Vertreter nicht in einem Dienstverhältnis zur Partei steht (vgl. Art. 8 Abs. 2 Bst. a der Verordnung vom 10. September 1969 über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren [VwKV], SR 172.041.0). Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerdeführerin vertreten durch ihren Rechtskonsulenten, welcher zugleich Mitglied des Verwaltungsrats der X. AG ist. Wegen dessen Organfunktion ist von der Zusprechung einer Parteientschädigung abzusehen (vgl. Entscheide der Eidgenössischen Steuerrekurskommission vom 9. November 2004 [SRK 2003-169], E. 8 und vom 19. November 1997 [SRK 1996-035], E. 6e). Der Umstand, dass der Vertreter hauptberuflich als selbständiger Anwalt tätig ist (...), vermag daran nichts zu ändern.

Dokumente der BRK
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : VPB-69.55
Datum : 17. Dezember 2004
Publiziert : 17. Dezember 2004
Quelle : Vorgängerbehörden des BVGer bis 2006
Status : Publiziert als VPB-69.55
Sachgebiet : Eidgenössische Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen (BRK)
Gegenstand : Öffentliche Beschaffung im offenen Vergabeverfahren. Eignung. Ausschluss vom Verfahren. Transparenzprinzip. Parteientschädigung....


Gesetzesregister
BoeB: 1 
SR 172.056.1 Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)
BöB Art. 1 Gegenstand - Dieses Gesetz findet auf die Vergabe öffentlicher Aufträge durch unterstellte Auftraggeberinnen innerhalb und ausserhalb des Staatsvertragsbereichs Anwendung.
11
SR 172.056.1 Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)
BöB Art. 11 Verfahrensgrundsätze - Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge beachtet die Auftraggeberin folgende Verfahrensgrundsätze:
a  Sie führt Vergabeverfahren transparent, objektiv und unparteiisch durch.
b  Sie trifft Massnahmen gegen Interessenkonflikte, unzulässige Wettbewerbsabreden und Korruption.
c  Sie achtet in allen Phasen des Verfahrens auf die Gleichbehandlung der Anbieterinnen.
d  Sie verzichtet auf Abgebotsrunden.
e  Sie wahrt den vertraulichen Charakter der Angaben der Anbieterinnen.
VoeB: 13
SR 172.056.11 Verordnung vom 12. Februar 2020 über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB)
VöB Art. 13 Leistungsarten - Wettbewerbs- und Studienauftragsverfahren können zur Beschaffung sämtlicher Leistungen im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 BöB durchgeführt werden.
VwVG: 64
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 64
1    Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen.
2    Die Entschädigung wird in der Entscheidungsformel beziffert und der Körperschaft oder autonomen Anstalt auferlegt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, soweit sie nicht einer unterliegenden Gegenpartei auferlegt werden kann.
3    Einer unterliegenden Gegenpartei kann sie je nach deren Leistungsfähigkeit auferlegt werden, wenn sich die Partei mit selbständigen Begehren am Verfahren beteiligt hat.
4    Die Körperschaft oder autonome Anstalt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, haftet für die einer unterliegenden Gegenpartei auferlegte Entschädigung, soweit sich diese als uneinbringlich herausstellt.
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung der Entschädigung.108 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005109 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010110.111
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