VPB 59.80

(Auszug aus dem Beschwerdeentscheid der Rekurskommission EVD vom 11. August 1994 in Sachen Kantonale Arbeitslosenkasse X gegen Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit; 93/4I-001)

Ersatz der einer Arbeitslosenkasse erwachsenen Gerichts- und Parteikosten im Zusammenhang mit der Durchführung des AVIG; Verweigerung des Parteikostenersatzes bei leichtsinniger oder mutwilliger Verursachung.

1. Art. 93
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 93 Gerichts- und Parteikosten - Der Ausgleichsfonds ersetzt einer Kasse oder einer kantonalen Amtsstelle die Gerichts- und Parteikosten, die ihr im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Gesetzes auferlegt werden, wenn sie nicht leichtsinnig oder mutwillig verursacht wurden. Nicht ersetzt werden Kosten, die dem Träger einer Kasse oder einem Kanton in einem Verfahren gegen die Ausgleichsstelle oder gegen den Bund auferlegt werden.
AVIG: Leichtsinnige oder mutwillige Verursachung von Gerichts- und Parteikosten.

Die Kostenauferlegung bei leichtsinniger oder mutwilliger Prozessführung zu Lasten der Arbeitslosenkasse als allgemeiner Grundsatz des Bundessozialversicherungsrechts; Zusammenfassung der Rechtsprechung (E. 5.4).

2. Art. 93
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 93 Gerichts- und Parteikosten - Der Ausgleichsfonds ersetzt einer Kasse oder einer kantonalen Amtsstelle die Gerichts- und Parteikosten, die ihr im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Gesetzes auferlegt werden, wenn sie nicht leichtsinnig oder mutwillig verursacht wurden. Nicht ersetzt werden Kosten, die dem Träger einer Kasse oder einem Kanton in einem Verfahren gegen die Ausgleichsstelle oder gegen den Bund auferlegt werden.
AVIG: Verweigerung des Parteikostenersatzes.

- Die Verweigerung des Parteikostenersatzes kann im Zusammenhang mit der Nichtbeachtung einer Weisung stehen (E. 6).

- Die Verweigerung darf sich nicht in abstrakter Weise - das heisst ohne Einbezug des von der Arbeitslosenkasse verfolgten Prozesszwecks und ohne Berücksichtigung des materiellrechtlich vertretenen Standpunktes im Prozess - auf die Nichtbefolgung einer Weisung stützen (E. 6.3).

- Bei der Prüfung, ob der Kostenersatz zu Recht verweigert worden ist, ist nicht in extenso zu untersuchen, ob der materiellrechtliche Versicherungsanspruch gegeben ist (E. 6.3).

Remboursement à une caisse de chômage des frais de justice et des dépens occasionnés dans le cadre de l'exécution de la LACI; refus du remboursement des dépens lorsqu'ils ont été provoqués par légèreté ou témérité.

1. Art. 93 LACI: frais de justice et dépens provoqués par légèreté ou témérité.

Mettre les frais de justice ou les dépens à la charge d'une caisse de chômage qui fait preuve de légèreté ou témérité est un principe généralement admis en droit fédéral des assurances sociales; résumé de la jurisprudence (consid. 5.4).

2. Art. 93 LACI: refus du remboursement des dépens.

- Refus en cas d'inobservation des instructions (consid. 6).

- Cependant, l'autorité ne peut pas refuser le remboursement des dépens en se fondant uniquement et de manière abstraite sur l'inobservation des instructions; elle doit aussi tenir compte du but que poursuit la caisse de chômage dans la procédure et la position que cette dernière défend au regard du droit matériel (consid. 6.3).

- L'autorité doit uniquement procéder à un examen sommaire du droit matériel pour déterminer s'il y a lieu ou non de rembourser les dépens (consid. 6.3).

Rimborso a una cassa di disoccupazione delle spese processuali e ripetibili cagionate nel quadro dell'esecuzione della LADI; rifiuto di rimborso delle spese in quanto provocate per leggerezza o temerarietà.

1. Art. 93 LADI: spese processuali e ripetibili provocate per temerarietà o leggerezza.

Addossare le spese processuali e ripetibili a una cassa di disoccupazione che dà prova di leggerezza o temerarietà è un principio generalmente ammesso dal diritto federale delle assicurazioni sociali; riassunto della giurisprudenza (consid. 5.4).

2. Art. 93 LADI: rifiuto del rimborso delle spese processuali.

- Rifiuto in caso d'inosservanza delle istruzioni (consid. 6).

- Nondimeno, l'autorità non può rifiutare il rimborso delle spese processuali basandosi unicamente e in maniera astratta sull'inosservanza delle istruzioni; essa deve pure tenere conto dell'obiettivo perseguito dalla cassa di disoccupazione nella procedura e della posizione difesa dalla stessa in merito al diritto materiale (consid. 6.3).

- L'autorità deve unicamente procedere a un esame sommario del diritto materiale per determinare se occorre o meno rimborsare le spese processuali.

Aus dem Sachverhalt:

Am 10. Dezember 1992 unterbreitete die Kantonale Arbeitslosenkasse X dem Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit das Dossier des Versicherten F. zur Stellungnahme mit der Frage, ob dieser einen Anspruch auf Insolvenzentschädigung habe. Im Anschluss an die negative Antwort des Bundesamtes lehnte die Arbeitslosenkasse das Gesuch des F. am 13. Januar 1993 ab.

Dagegen erhob F. am 15. Februar 1993 Beschwerde beim kantonalen Verwaltungsgericht. Obschon das Bundesamt eine weitere Anfrage betreffend Anspruchsberechtigung wiederum abschlägig beantwortet hatte, hob die Arbeitslosenkasse am 22. März 1993 die angefochtene Verfügung wiedererwägungsweise auf und verfügte die Ausrichtung der Insolvenzentschädigung. Im Rahmen der Abschreibung des gegenstandslos gewordenen Verfahrens verpflichtete das kantonale Verwaltungsgericht die Arbeitslosenkasse zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 700.-.

Das Gesuch der Arbeitslosenkasse vom 1. April 1993 um Übernahme der auferlegten Parteientschädigung wies das Bundesamt am 9. Juli 1993 ab und verwies zur Begründung auf die verbindliche Empfehlung in den Stellungnahmen, die Ausrichtung der Insolvenzentschädigung zu verweigern.

Gegen diesen Entscheid erhob die Arbeitslosenkasse am 5. August 1993 Verwaltungsbeschwerde beim EVD.

Die Rekurskommission EVD übernahm das Verfahren am 2. Februar 1994 als zuständige Behörde.

Aus den Erwägungen:

1. (Zuständigkeit)

2. (Beschwerdelegitimation)

3. Gemäss Art. 93 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], SR 837.0) ersetzt der Ausgleichsfonds einer Arbeitslosenkasse oder einer kantonalen Amtsstelle die Gerichts- und Parteikosten, die ihr im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Gesetzes auferlegt werden, wenn sie nicht leichtsinnig oder mutwillig verursacht wurden. Der Ersatz von Gerichts- und Parteikosten bedarf der Zustimmung der Ausgleichsstelle (Art. 123 Abs. 1 der Verordnung vom 31. August 1983 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung; Arbeitslosenversicherungsverordnung [AVIV], SR 837.02).

Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (hiernach: Bundesamt) führt die Ausgleichsstelle (Art. 83 Abs. 3
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 83 Ausgleichsstelle der Arbeitslosenversicherung - 1 Die Ausgleichsstelle:
1    Die Ausgleichsstelle:
a  verbucht die beim Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung eingegangenen Beiträge;
b  führt die Rechnung des Ausgleichsfonds;
c  prüft periodisch die Geschäftsführung der Kassen und der kantonalen Amtsstellen; die Prüfung der Kassen kann sie ganz oder teilweise den Kantonen oder Dritten übertragen;
cbis  prüft die Erfüllung der den Kassen und den kantonalen Amtsstellen übertragenen Aufgaben;
d  überprüft die Auszahlungen der Kassen oder überträgt die Revision ganz oder teilweise den Kantonen oder einer anderen Stelle;
e  erteilt den Kassenträgern und den kantonalen Amtsstellen Weisungen;
f  entscheidet über Ersatzansprüche des Bundes gegenüber dem Träger, dem Kanton, dem Arbeitgeber und der AHV-Ausgleichskasse (Art. 82, 85d, 88 und 89a);
g  weist den Kassen nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der Verordnung die nötigen Mittel aus dem Ausgleichsfonds zu;
h  trifft Vorkehren zur Verhinderung ungerechtfertigter Bezüge und setzt dazu bei andauernder und erheblicher Arbeitslosigkeit ausserordentliche Inspektoren ein;
i  ...
k  trifft die Entscheide nach Artikel 59c Absatz 3 und richtet die Beiträge nach den Artikeln 62 und 64b aus;
l  überwacht die Entscheide der kantonalen Amtsstellen;
m  entscheidet über die Anrechenbarkeit von Verwaltungskosten der Kassen, der kantonalen Amtsstelle, der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren und der Logistikstellen für arbeitsmarktliche Massnahmen;
n  sorgt für die Koordination mit den übrigen Sozialversicherungen;
nbis  sorgt zusammen mit den Kantonen für die Zusammenarbeit im Rahmen des EURES-Netzes (European Employment Services) nach Artikel 11 des Anhangs I zum Abkommen vom 21. Juni 1999301 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen);
o  ...
p  koordiniert die Durchführung von arbeitsmarktlichen Massnahmen und kann solche konzeptionell vorbereiten;
q  trifft Vorkehren zur Anwendung von Artikel 59a;
r  entscheidet in Abweichung von Artikel 35 ATSG306 Streitigkeiten über die örtliche Zuständigkeit der kantonalen Amtsstellen;
s  entscheidet Fälle nach Artikel 31 Absatz 1bis, die ihr von der kantonalen Amtsstelle unterbreitet werden.
1bis    Die Ausgleichsstelle betreibt zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben sowie für statistische Zwecke Informationssysteme für folgende Dienste:
a  Auszahlung von Leistungen der Arbeitslosenversicherung;
b  öffentliche Arbeitsvermittlung (Art. 35 Abs. 1 Bst. a des Arbeitsvermittlungsgesetzes vom 6. Oktober 1989308 [AVG]);
c  Analyse von Arbeitsmarktdaten;
d  Betrieb der Zugangsplattform für elektronische Dienstleistungen für die in Artikel 96c Absatz 1quater genannten Personen;
e  Betrieb der Plattform der öffentlichen Arbeitsvermittlung (Art. 35 Abs. 1 Bst. b AVG).309
2    Die Ausgleichsstelle unterbreitet der Aufsichtskommission:
a  die Betriebs- und Vermögensrechnung des Ausgleichsfonds sowie den Jahresbericht zur Stellungnahme zuhanden des Bundesrates;
b  weitere periodische Rechnungsablagen;
c  periodische Berichte über Geschäftsführungsprüfungen und Revisionen der Auszahlungen bei den Kassen sowie über die Entscheide der kantonalen Amtsstellen im Bereich der arbeitsmarktlichen Massnahmen;
d  Gesuche um Beiträge zur Förderung der Arbeitsmarktforschung (Art. 73);
e  die Rechenschaftsberichte nach Artikel 59c Absatz 3;
f  Budget und Rechnung des Informatikzentrums.
3    Das SECO führt die Ausgleichsstelle.
AVIG). Diese weist den Arbeitslosenkassen nach den Vorschriften des Arbeitslosenversicherungsgesetzes und der Arbeitslosenversicherungsverordnung die nötigen Mittel aus dem Ausgleichsfonds zu (Art. 83 Abs. 1 Bst. g
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 83 Ausgleichsstelle der Arbeitslosenversicherung - 1 Die Ausgleichsstelle:
1    Die Ausgleichsstelle:
a  verbucht die beim Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung eingegangenen Beiträge;
b  führt die Rechnung des Ausgleichsfonds;
c  prüft periodisch die Geschäftsführung der Kassen und der kantonalen Amtsstellen; die Prüfung der Kassen kann sie ganz oder teilweise den Kantonen oder Dritten übertragen;
cbis  prüft die Erfüllung der den Kassen und den kantonalen Amtsstellen übertragenen Aufgaben;
d  überprüft die Auszahlungen der Kassen oder überträgt die Revision ganz oder teilweise den Kantonen oder einer anderen Stelle;
e  erteilt den Kassenträgern und den kantonalen Amtsstellen Weisungen;
f  entscheidet über Ersatzansprüche des Bundes gegenüber dem Träger, dem Kanton, dem Arbeitgeber und der AHV-Ausgleichskasse (Art. 82, 85d, 88 und 89a);
g  weist den Kassen nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der Verordnung die nötigen Mittel aus dem Ausgleichsfonds zu;
h  trifft Vorkehren zur Verhinderung ungerechtfertigter Bezüge und setzt dazu bei andauernder und erheblicher Arbeitslosigkeit ausserordentliche Inspektoren ein;
i  ...
k  trifft die Entscheide nach Artikel 59c Absatz 3 und richtet die Beiträge nach den Artikeln 62 und 64b aus;
l  überwacht die Entscheide der kantonalen Amtsstellen;
m  entscheidet über die Anrechenbarkeit von Verwaltungskosten der Kassen, der kantonalen Amtsstelle, der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren und der Logistikstellen für arbeitsmarktliche Massnahmen;
n  sorgt für die Koordination mit den übrigen Sozialversicherungen;
nbis  sorgt zusammen mit den Kantonen für die Zusammenarbeit im Rahmen des EURES-Netzes (European Employment Services) nach Artikel 11 des Anhangs I zum Abkommen vom 21. Juni 1999301 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen);
o  ...
p  koordiniert die Durchführung von arbeitsmarktlichen Massnahmen und kann solche konzeptionell vorbereiten;
q  trifft Vorkehren zur Anwendung von Artikel 59a;
r  entscheidet in Abweichung von Artikel 35 ATSG306 Streitigkeiten über die örtliche Zuständigkeit der kantonalen Amtsstellen;
s  entscheidet Fälle nach Artikel 31 Absatz 1bis, die ihr von der kantonalen Amtsstelle unterbreitet werden.
1bis    Die Ausgleichsstelle betreibt zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben sowie für statistische Zwecke Informationssysteme für folgende Dienste:
a  Auszahlung von Leistungen der Arbeitslosenversicherung;
b  öffentliche Arbeitsvermittlung (Art. 35 Abs. 1 Bst. a des Arbeitsvermittlungsgesetzes vom 6. Oktober 1989308 [AVG]);
c  Analyse von Arbeitsmarktdaten;
d  Betrieb der Zugangsplattform für elektronische Dienstleistungen für die in Artikel 96c Absatz 1quater genannten Personen;
e  Betrieb der Plattform der öffentlichen Arbeitsvermittlung (Art. 35 Abs. 1 Bst. b AVG).309
2    Die Ausgleichsstelle unterbreitet der Aufsichtskommission:
a  die Betriebs- und Vermögensrechnung des Ausgleichsfonds sowie den Jahresbericht zur Stellungnahme zuhanden des Bundesrates;
b  weitere periodische Rechnungsablagen;
c  periodische Berichte über Geschäftsführungsprüfungen und Revisionen der Auszahlungen bei den Kassen sowie über die Entscheide der kantonalen Amtsstellen im Bereich der arbeitsmarktlichen Massnahmen;
d  Gesuche um Beiträge zur Förderung der Arbeitsmarktforschung (Art. 73);
e  die Rechenschaftsberichte nach Artikel 59c Absatz 3;
f  Budget und Rechnung des Informatikzentrums.
3    Das SECO führt die Ausgleichsstelle.
AVIG).

4. Laut unbestritten gebliebenem Sachverhalt wurde die Arbeitslosenkasse in einem kantonalen Rekursverfahren betreffend die Anspruchsberechtigung auf Insolvenzentschädigung zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 700.- verpflichtet. Diese Kosten sind der Beschwerdeführerin somit im Zusammenhang mit der Durchführung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes auferlegt worden. Soweit nicht leichtsinnig oder mutwillig verursacht, sind diese Kosten durch den Ausgleichsfonds zu ersetzen (Art. 93
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 93 Gerichts- und Parteikosten - Der Ausgleichsfonds ersetzt einer Kasse oder einer kantonalen Amtsstelle die Gerichts- und Parteikosten, die ihr im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Gesetzes auferlegt werden, wenn sie nicht leichtsinnig oder mutwillig verursacht wurden. Nicht ersetzt werden Kosten, die dem Träger einer Kasse oder einem Kanton in einem Verfahren gegen die Ausgleichsstelle oder gegen den Bund auferlegt werden.
AVIG).

4.1./4.2. (...)

4.3. Für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache ist nach dem bisher Gesagten zu prüfen, ob sich die Verweigerung des Parteikostenersatzes zu Recht auf die im Gesetz verwendeten Begriffe des Leichtsinns und/oder der Mutwilligkeit stützen lassen, beziehungsweise, ob die im kantonalen Rekursverfahren erfolgte und als Abstandserklärung mit Kostenfolge behandelte wiedererwägungsweise Aufhebung der angefochtenen, den Insolvenzentschädigungsanspruch ablehnende Verfügung einer leichtsinnigen oder mutwilligen Verursachung von Parteikosten im Sinne von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes gleichzusetzen ist. Soweit ersichtlich, ist diese Fragestellung bisher noch nicht Gegenstand einer rechtsmittelmässigen Überprüfung gewesen.

5. Vorab ist festzuhalten, dass sich die Anwendung von Art. 123 Abs. 1 der Arbeitslosenversicherungsverordnung im von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vorgegebenen Rahmen zu halten hat. Die Zustimmung für den Ersatz von Gerichts- und Parteikosten kann demnach nur verweigert werden, wenn diese leichtsinnig oder mutwillig verursacht worden sind. Art. 123 der Arbeitslosenversicherungsverordnung will erreichen, dass nur Kosten ersetzt werden, deren Höhe als «angemessen» zu betrachten sind. Im Visier stehen vorab übersetzte Anwaltshonorare. In bezug auf die durch eine Behörde auferlegten Kosten ist die genannte Verordnungsbestimmung nicht von Bedeutung (vgl. Gerhards Gerhard, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz [AVIG], Bern 1987, N. 4 ff. zu Art. 93, S. 761).

5.1. Der Text von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes wurde unverändert aus der bundesrätlichen Botschaft vom 2. Juli 1980 (dort noch Art. 92, BBl 1980 III 679) übernommen. Die bundesrätlichen Erläuterungen zu dieser Bestimmung halten folgendes fest:

«Bei der Durchführung des neuen Gesetzes werden noch vermehrt als bisher Gerichts- und Parteikosten zu Lasten der Arbeitslosenkassen oder der zuständigen Amtsstellen zu erwarten sein. Das könnte zur Folge haben, dass Arbeitslosenkassen und vor allem kantonale Amtsstellen sich beim Erlass von Verfügungen und beim Einlegen von Rechtsmitteln unter Umständen von finanziellen Überlegungen im Hinblick auf diese Kosten leiten lassen. Aus der Sicht der Missbrauchsbekämpfung wie auch der Rechtsgleichheit kommt aber einer ordnungsgemässen Durchführung dieser Aufgaben durch die Kassen und Arbeitsämter grösste Bedeutung zu. Im vorliegenden Artikel ist deshalb vorgesehen worden, dass solche Kosten - mit den angemessenen Vorbehalten - aus dem Ausgleichsfonds vergütet werden» (BBl 1980 III 630 ff.).

Der Gesetzgeber wollte damit offensichtlich verhindern, dass die Arbeitslosenkassen ungleiches Recht schaffen und Missbräuchen Vorschub leisten, indem sie in Einzelfällen auf die Durchsetzung des zwingenden Arbeitslosenversicherungsrechts verzichten, wenn beispielsweise im Verhältnis zum Streitwert finanziell aufwendige Prozesse drohen.

5.2. Gemäss Art. 102 Abs. 2 Bst. b des Arbeitslosenversicherungsgesetzes in der Fassung vom 25. Juni 1982 (AS 1982 2184) waren die Arbeitslosenkassen als verfügende Instanzen, wie üblicherweise im Verwaltungsprozessrecht, nicht befugt, kantonale Rekursentscheide anzufechten. Diese Beschwerdebefugnis war ausschliesslich den kantonalen Amtsstellen und dem Bundesamt vorbehalten. Nach dem damals geltenden Recht waren daher vor allem zwei Verfahrensarten denkbar, in denen den Arbeitslosenkassen Verfahrens- oder Parteikosten im Sinne von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes auferlegt werden konnten. In Frage kamen wie heute vorab das versicherungsrechtliche Verfahren vor den kantonalen Rekursinstanzen und vor dem EVG, sodann vor allem die zivilrechtlichen Verfahren, in denen die Arbeitslosenkassen die Lohnansprüche gegenüber Arbeitgebern oder einer Konkursmasse, in die sie nach Auszahlung von Arbeitslosen- oder Insolvenzentschädigungen gemäss Art. 29 beziehungsweise 54 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes subrogiert sind, geltend zu machen haben. Seitdem die Arbeitslosenkassen mit Inkrafttreten des geänderten Art. 102 Abs. 2 Bst. b des Arbeitslosenversicherungsgesetzes am 1. Januar 1992 (AS 1991 2125, 2131) gegen
Entscheide kantonaler Rekursinstanzen beschwerdeberechtigt sind, gehören zu den von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes erfassten Gerichts- und Parteikosten entsprechend einer objektiv zeitgemässen Auslegung zweifellos auch die durch die Arbeitslosenkassen angestrengten Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren. Aus der zitierten Botschaft des Bundesrates sowie aus dem bisher Gesagten erhellt, dass der Gesetzgeber bei der Regelung von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes die Rekurs- und Gerichtsverfahren und die damit zusammenhängenden Kostenrisiken der Kassen vor Augen hatte.

5.3. Als partei- und beschwerdeberechtigte Behörden geniessen die Arbeitslosenkassen in bezug auf verfahrensrechtliche Fragen erhebliche Entscheidungsmacht. Sie können, wie bereits erwähnt, nach aussen in eigenem Namen und vor den Organen der Rechtspflege als Partei auftreten (vgl. dazu Gerhards, a. a. O., N. 16 ff. zu Art. 79 bis 80, S. 700). Einer Arbeitslosenkasse, welche beschwerdebeklagte Partei ist und selbständig Rechtsmittel einlegen kann, muss folglich grundsätzlich auch das Recht zugestanden werden, ein Verfahren mittels Abstandserklärung zur Erledigung beziehungsweise zur Abschreibung zu bringen. Benutzt die Kasse diese Befugnisse in leichtsinniger oder mutwilliger Weise, so würde sie in aller Regel aufgrund von kantonalen oder bundesrechtlichen (Art. 60
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 60 - 1 Die Beschwerdeinstanz kann Parteien oder deren Vertreter, die den Anstand verletzen oder den Geschäftsgang stören, mit Verweis oder mit Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen.
1    Die Beschwerdeinstanz kann Parteien oder deren Vertreter, die den Anstand verletzen oder den Geschäftsgang stören, mit Verweis oder mit Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen.
2    Im Falle böswilliger oder mutwilliger Prozessführung können die Partei und ihr Vertreter mit einer Ordnungsbusse bis zu 1000 Franken und bei Rückfall bis zu 3000 Franken bestraft werden.
3    Der Vorsitzende einer Verhandlung kann Personen, die sich seinen Anweisungen nicht unterziehen, aus dem Sitzungssaal wegweisen und mit einer Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen.
VwVG; Art. 31 Abs. 2
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 60 - 1 Die Beschwerdeinstanz kann Parteien oder deren Vertreter, die den Anstand verletzen oder den Geschäftsgang stören, mit Verweis oder mit Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen.
1    Die Beschwerdeinstanz kann Parteien oder deren Vertreter, die den Anstand verletzen oder den Geschäftsgang stören, mit Verweis oder mit Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen.
2    Im Falle böswilliger oder mutwilliger Prozessführung können die Partei und ihr Vertreter mit einer Ordnungsbusse bis zu 1000 Franken und bei Rückfall bis zu 3000 Franken bestraft werden.
3    Der Vorsitzende einer Verhandlung kann Personen, die sich seinen Anweisungen nicht unterziehen, aus dem Sitzungssaal wegweisen und mit einer Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen.
und Art. 36a Abs. 2
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 60 - 1 Die Beschwerdeinstanz kann Parteien oder deren Vertreter, die den Anstand verletzen oder den Geschäftsgang stören, mit Verweis oder mit Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen.
1    Die Beschwerdeinstanz kann Parteien oder deren Vertreter, die den Anstand verletzen oder den Geschäftsgang stören, mit Verweis oder mit Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen.
2    Im Falle böswilliger oder mutwilliger Prozessführung können die Partei und ihr Vertreter mit einer Ordnungsbusse bis zu 1000 Franken und bei Rückfall bis zu 3000 Franken bestraft werden.
3    Der Vorsitzende einer Verhandlung kann Personen, die sich seinen Anweisungen nicht unterziehen, aus dem Sitzungssaal wegweisen und mit einer Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen.
OG) prozessualen Vorschriften, welche als Ausfluss des in der gesamten Rechtsordnung geltenden Verbots missbräuchlicher Rechtsausübung (Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB) zu betrachten sind, mit Verfahrenskosten oder einer Disziplinarbusse belegt werden. Aus dem Abschreibungsbeschluss des kantonalen Verwaltungsgerichts vom 25. März 1993 ist jedoch keine derartig begründete Kostenauflage ersichtlich.

5.4. Mit den in Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes verwendeten Begriffen der «leichtsinnigen oder mutwilligen Verursachung von Gerichts- und Parteikosten» wollte der Gesetzgeber eine Ausnahme von der Kostenfreiheit zugunsten der an Gerichtsverfahren beteiligten Arbeitslosenkassen schaffen. In bezug auf den Wortlaut übernahm er offensichtlich die in Art. 103 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, Art. 85 Abs. 2 Bst. a
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 85
des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG, SR 831.10) und in Art. 30bis Abs. 3 Bst. a
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 85
des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung (KUVG, SR 832.10) verwendeten Formulierungen, die für die kantonalen Verfahren ebenfalls eine Einschränkung der Kostenfreiheit im Falle leichtsinniger oder mutwilliger Beschwerdeführung vorsehen. Es liegt auf der Hand, dass der Gesetzgeber in diesem Punkt eine gewisse Vereinheitlichung in den verschiedenen Sozialversicherungszweigen erreichen wollte. Im Entscheid 118 V 316 erklärte das EVG sodann mit Bezug auf den hier nicht weiter interessierenden Art. 73 Abs. 2
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
BVG Art. 73 - 1 Jeder Kanton bezeichnet ein Gericht, das als letzte kantonale Instanz über Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten entscheidet. Dieses Gericht entscheidet auch über:
1    Jeder Kanton bezeichnet ein Gericht, das als letzte kantonale Instanz über Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten entscheidet. Dieses Gericht entscheidet auch über:
a  Streitigkeiten mit Einrichtungen, welche der Erhaltung der Vorsorge im Sinne der Artikel 4 Absatz 1 und 26 Absatz 1 FZG302 dienen;
b  Streitigkeiten mit Einrichtungen, welche sich aus der Anwendung von Artikel 82 Absatz 2 ergeben;
c  Verantwortlichkeitsansprüche nach Artikel 52;
d  den Rückgriff nach Artikel 56a Absatz 1.303
2    Die Kantone sehen ein einfaches, rasches und in der Regel kostenloses Verfahren vor; der Richter stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest.
3    Gerichtsstand ist der schweizerische Sitz oder Wohnsitz des Beklagten oder der Ort des Betriebes, bei dem der Versicherte angestellt wurde.
4    ...304
des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG, SR 831.40) die Einschränkung der Kostenfreiheit in
sozialversicherungsrechtlichen Verfahren im Falle mutwilliger oder leichtsinniger Prozessführung als allgemeinen prozessualen Grundsatz des Bundessozialversicherungsrechts. Im Entscheid 112 V 333 hat das BGer seine Rechtsprechungspraxis zu Art. 30bis Abs. 3 Bst. a
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 85
KUVG beziehungsweise zur identischen Regelung von Art. 85 Abs. 2 Bst. a
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 85
AHVG geändert und erkannt, dass bei leichtsinnigem oder mutwilligem Verhalten die Kosten nicht nur dem Beschwerdeführer, sondern auch dem Beschwerdegegner beziehungsweise in diesem Fall der Krankenkasse auferlegt werden können. Im selben Entscheid hat sich das BGer zum Begriff der leichtsinnigen oder mutwilligen Prozessführung geäussert:

«Leichtsinnige oder mutwillige Prozessführung kann vorliegen, wenn die Partei ihre Stellungnahme auf einen Sachverhalt abstützt, von dem sie weiss oder bei der ihr zumutbaren Sorgfalt wissen müsste, dass er unrichtig ist. Mutwillige Prozessführung kann etwa auch angenommen werden, wenn eine Partei eine ihr in dieser Eigenschaft obliegende Pflicht (z. B. Mitwirkungs-, Unterlassungspflicht) verletzt, oder wenn sie noch vor der Rekursbehörde an einer offensichtlich gesetzwidrigen Auffassung festhält.

Leichtsinnige oder mutwillige Prozessführung liegt aber solange nicht vor, als es der Partei darum geht, einen bestimmten, nicht als willkürlich erscheinenden Standpunkt durch den Richter beurteilen zu lassen; dies gilt auch dann, wenn der Richter die Partei im Laufe des Verfahrens von der Unrichtigkeit ihres Standpunktes überzeugen und zu einem entsprechenden Verhalten (Beschwerderückzug) veranlassen will» (BGE 112 V 333, E. 5a).

5.5. Für das vorliegende Verfahren ist kein Grund ersichtlich, von der soeben dargelegten bundesgerichtlichen Begriffsumschreibung abzuweichen. Im Rahmen von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes geht es zwar nicht nur um eine leichtsinnige oder mutwillige Beschwerdeführung (vgl. Gerhards, a. a. O., N. 9 zu Art. 93, S. 762). Dies ist nur eine mögliche Variante der «Verursachung von Gerichts- oder Parteikosten». Eine Kostenauflage wegen leichtsinnigen oder mutwilligen prozessualen Verhaltens ist unter anderem denkbar, wenn die Arbeitslosenkasse beispielsweise Entschädigungen verweigert, obwohl der Versicherte auf diese nach geltender Rechtsordnung offensichtlich Anspruch hätte, so dass der Versicherte die Leistungen unnötigerweise mittels eines gerichtlichen Verfahrens geltend machen muss. Im Rahmen der angesprochenen zivilrechtlichen Verfahren gemäss Art. 29 und 54 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ist mit derartigen Kostenauflagen zu rechnen, wenn die Kasse offensichtlich aussichtslose Prozesse führen würde oder Lohnansprüche des Versicherten gegenüber dem Arbeitgeber behaupten würde, wo offensichtlich keine solchen bestehen. Damit ist aber zugleich gesagt, dass die Auslegung der in Art. 93 des
Arbeitslosenversicherungsgesetzes enthaltenen unbestimmten Gesetzesbegriffe «leichtsinnig oder mutwillig» wie diejenigen in den anderen bereits angesprochenen Sozialversicherungszweigen (Art. 103
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 85
AVIG, Art. 85 Abs. 2 Bst. a
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 85
AHVG und Art. 30bis Abs. 3 Bst. a
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 85
KUVG) im konkreten Zusammenhang mit den jeweiligen Verfahren, in denen die Arbeitslosenkassen involviert sein können, zu erfolgen hat. Die verwendeten unbestimmten Gesetzesbegriffe, welche als angemessene Korrektur zur Ersatzregelung von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu betrachten sind (BBl 1980 III 630), müssen im Umfeld der naheliegendsten Missbrauchstatbestände, beziehungsweise im Zusammenhang mit den allenfalls leichtsinnig oder mutwillig, mithin rechtsmissbräuchlich vorgenommenen Prozesshandlungen ausgelegt werden. Mit der gewählten Formulierung wollte der Gesetzgeber nicht die abstrakte Missachtung des dem Bundesamt beziehungsweise der Ausgleichsstelle nach Art. 76 Abs. 2, Art. 110 Abs. 3, und Art. 111 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes als Aufsichtsstelle unbestrittenermassen zustehenden Weisungsrechts sanktionieren. Vielmehr wollte der Gesetzgeber in gewissen konkreten Einzelfällen die Übernahme von Gerichts- und Parteikosten durch den
Ausgleichsfonds verhindern.

6. Zwar übt das Bundesamt die Aufsicht über die Durchführung der Arbeitslosenversicherung aus und ist gegenüber den Kassen weisungsbefugt (Art. 76
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 76 - 1 Mit der Durchführung der Versicherung sind beauftragt:
1    Mit der Durchführung der Versicherung sind beauftragt:
a  die öffentlichen und die anerkannten privaten Arbeitslosenkassen (Art. 77-82);
b  die Ausgleichsstelle der Versicherung mit dem Ausgleichsfonds (Art. 83 und 84);
c  die von den Kantonen bezeichneten kantonalen Durchführungsorgane: die kantonale Amtsstelle (Art. 85), die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV, Art. 85b) und die Logistikstelle für arbeitsmarktliche Massnahmen (LAM-Stelle, Art. 85c);
d  die tripartiten Kommissionen (Art. 85d);
e  die AHV-Ausgleichskassen (Art. 86);
f  die Zentrale Ausgleichsstelle der AHV (Art. 87);
g  die Arbeitgeber (Art. 88);
h  die Aufsichtskommission (Art. 89).274
2    Die Kantone und die Sozialpartner wirken bei der Durchführung mit; der Bund führt die Aufsicht.
, 110
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 110 Aufsicht - Die Aufsichtsbehörden (Art. 76 ATSG459) sorgen insbesondere für die einheitliche Rechtsanwendung. Sie können den Durchführungsorganen Weisungen erteilen.
und 111
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 110 Aufsicht - Die Aufsichtsbehörden (Art. 76 ATSG459) sorgen insbesondere für die einheitliche Rechtsanwendung. Sie können den Durchführungsorganen Weisungen erteilen.
AVIG). Es kann verbindliche Anordnungen erlassen (BGE 114 V 358) und die Kassen beispielsweise anweisen, eine Verfügung in Wiedererwägung zu ziehen, sofern diese bisher nicht Gegenstand einer materiellen richterlichen Beurteilung war und zweifellos unrichtig ist (BGE 110 V 30, E. 3). Das ändert jedoch nichts am Umstand, dass der Gesetzgeber mit der Einschränkung in Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vor allem den Ersatz von Gerichts- und Parteikosten ausschliessen wollte, die im Zusammenhang mit den verfolgten prozessualen Interessen der Kassen als «leichtsinnig oder mutwillig verursacht» zu betrachten sind. Die Verweigerung des Ersatzes dieser Kosten kann dabei durchaus im Zusammenhang mit einer Nichtbeachtung einer entsprechenden Weisung stehen. Die Nichtbeachtung allein vermag die Qualifikation der Kosten als «leichtsinnig oder mutwillig verursacht» jedoch noch nicht zu rechtfertigen.

6.1. Zur Durchsetzung missachteter Weisungen stehen dem Bundesamt andere Mittel und Wege zur Verfügung. Es könnte sich beispielsweise an die kantonale Aufsichtsbehörde wenden (vgl. Gerhards, a. a. O., N. 26 zu Art. 110, S. 872). Klar zu Unrecht erbrachte Versicherungsleistungen sind im Revisionsverfahren nach Art. 111
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 110 Aufsicht - Die Aufsichtsbehörden (Art. 76 ATSG459) sorgen insbesondere für die einheitliche Rechtsanwendung. Sie können den Durchführungsorganen Weisungen erteilen.
des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, eventuell über die Trägerhaftung (Art. 82
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 82 - 1 Der Träger haftet dem Bund für Schäden, die seine Kasse durch mangelhafte Erfüllung ihrer Aufgaben absichtlich oder fahrlässig verursacht.286
1    Der Träger haftet dem Bund für Schäden, die seine Kasse durch mangelhafte Erfüllung ihrer Aufgaben absichtlich oder fahrlässig verursacht.286
2    Mehrere Träger einer Kasse haften solidarisch.
3    Die Ausgleichsstelle macht Schadenersatzansprüche durch Verfügung geltend. Bei leichtem Verschulden kann sie auf das Geltendmachen ihrer Ansprüche verzichten.287
4    Die vom Träger geleisteten Zahlungen werden dem Ausgleichsfonds gutgeschrieben.
5    Der Ausgleichsfonds vergütet dem Träger der Kasse das Haftungsrisiko angemessen. Der Bundesrat legt die Höhe der Haftungsrisikovergütung fest und bestimmt, in welchem Umfang der Träger der Kasse pro Schadenfall belastet wird.288
6    Die Haftung erlischt, wenn die Ausgleichsstelle nicht innert eines Jahres seit Kenntnis des Schadens eine Verfügung erlässt, auf alle Fälle zehn Jahre nach der schädigenden Handlung.289
AVIG), nicht aber über Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu korrigieren (vgl. Gerhards, a. a. O., N. 28 zu Art. 102, S. 832 mit Hinweis auf BBl 1980 III 635). Die Ausgleichsstelle ist wohl für die Erreichung einer einheitlichen Rechtsanwendung verantwortlich. Nebst dem Weisungsrecht (Art. 110 Abs. 3
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 110 Aufsicht - Die Aufsichtsbehörden (Art. 76 ATSG459) sorgen insbesondere für die einheitliche Rechtsanwendung. Sie können den Durchführungsorganen Weisungen erteilen.
AVIG) dienen ihr hierzu besonders auch das Genehmigungserfordernis für die kantonalen Einführungsgesetze und die Kassenreglemente sowie das Institut der Revision (vgl. Gerhards, a. a. O., N. 15 zu Art. 110, S. 869).

6.2. Aufgrund von Art. 102 Abs. 2 Bst. b des Arbeitslosenversicherungsgesetzes hat das Bundesamt wie erwähnt ein selbständiges Beschwerderecht gegen kantonale Rekursentscheide. Zudem können die Arbeitslosenkassen auch gegen den Willen der Ausgleichsstelle beziehungsweise des Bundesamtes ein durch eine kantonale Rekursinstanz entschiedenes Verfahren weiterziehen. Ein in bezug auf die Prozessführung und Beendigung uneingeschränktes Weisungsrecht, wie es die Vorinstanz zu haben glaubt, würde im übrigen nicht nur die in Art. 79 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes verbriefte Parteistellung oder die selbständige Beschwerdebefugnis der Arbeitslosenkassen (Art. 102 Abs. 2 Bst. b), sondern auch die im vorliegenden Fall interessierende Bestimmung von Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes unterlaufen.

6.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies entgegen der Ansicht des Bundesamtes, dass sich die Verweigerung des Parteikostenersatzes wie erwähnt nicht in abstrakter Weise auf die Nichtbefolgung einer Weisung stützen kann. Die Ablehnung des Kostenersatzes nach Art. 93 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes muss sich durch effektiv leichtsinniges oder mutwilliges Prozessverhalten der Arbeitslosenkassen rechtfertigen lassen. Ob solchermassen auferlegte Kosten leichtsinnig oder mutwillig verursacht sind, lässt sich in der Regel nur unter Einbezug des von der Kasse verfolgten Prozesszweckes, mitunter nur unter Berücksichtigung des materiellrechtlich vertretenen Standpunktes im betreffenden Prozess oder in der allenfalls unhaltbaren Verfügung beurteilen. Das derartige Kosten veranlassende Verhalten ist üblicherweise durch eine entsprechend begründete Kostenauflage im kantonalen Verfahren belegt oder muss sich auf andere Weise aus den Akten ergeben. Ersteres trifft im vorliegenden Fall wie erwähnt nicht zu. Es bleibt zu prüfen, ob der Beschwerdeführerin tatsächlich ein leichtsinniges Verhalten im oben dargelegten Sinn vorgeworfen werden kann. Dabei hat die angerufene Instanz nicht in extenso zu untersuchen, ob der
materiellrechtliche Versicherungsanspruch gegeben wäre oder nicht. Dafür sind die Versicherungsgerichte zuständig. Ob eine Parteientschädigung als «leichtsinnig oder mutwillig verursacht» zu gelten hat, ergibt sich in aller Regel bereits aus einer groben Analyse der vertretenen Rechtsstandpunkte oder des verfolgten Prozesszweckes.

7. (...)

(Die Rekurskommission EVD heisst die Beschwerde gut)

Dokumente der REKO/EVD
Decision information   •   DEFRITEN
Document : VPB-59.80
Date : 11. August 1994
Published : 11. August 1994
Source : Vorgängerbehörden des BVGer bis 2006
Status : Publiziert als VPB-59.80
Subject area : Rekurskommission EVD (des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, REKO/EVD)
Subject : Ersatz der einer Arbeitslosenkasse erwachsenen Gerichts- und Parteikosten im Zusammenhang mit der Durchführung des AVIG;...


Legislation register
AHVG: 85
AVIG: 76  82  83  93  103  110  111
BVG: 73
KUVG: 30bis
OG: 31  36a
VwVG: 60
ZGB: 2
BGE-register
110-V-30 • 112-V-333 • 114-V-358 • 118-V-316
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unemployment insurance fund • unemployment insurance law • directive • wanton litigation • unemployment insurance regulation • behavior • federal department of national economics • equalization fund • intention • question • cantonal office • statement of affairs • [noenglish] • legitimation of appeal • remedies • cantonal proceeding • employer • file • voting suggestion of the authority • federal law on health and accident insurance
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AS
AS 1991/2131 • AS 1991/2125 • AS 1982/2184
BBl
1980/III/630 • 1980/III/635 • 1980/III/679