(Auszug aus einem Entscheid der Schweizerischen Asylrekurskommission vom 20. Juli 1992; vgl. auch VPB 58.58)
Auszug aus der Rechtsprechung der Schweizerischen Asylrekurskommission. Rückzug des Asylgesuchs. Widerruflichkeit der Rückzugserklärung. Frage der Ungültigkeit der Rückzugserklärung wegen Willensmängeln bzw. wegen fehlender Urteilsfähigkeit.
Art. 16 Abs. 1 Bst. d
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 16 Verfahrenssprache - 1 Eingaben an Bundesbehörden können in jeder Amtssprache eingereicht werden. Der Bundesrat kann vorsehen, dass Eingaben von Asylsuchenden, die von einer bevollmächtigten Person vertreten werden, in Zentren des Bundes in der Amtssprache des Standortkantons des Zentrums eingereicht werden.37 |
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1 | Eingaben an Bundesbehörden können in jeder Amtssprache eingereicht werden. Der Bundesrat kann vorsehen, dass Eingaben von Asylsuchenden, die von einer bevollmächtigten Person vertreten werden, in Zentren des Bundes in der Amtssprache des Standortkantons des Zentrums eingereicht werden.37 |
2 | Verfügungen oder Zwischenverfügungen des SEM werden in der Sprache eröffnet, die am Wohnort der Asylsuchenden Amtssprache ist.38 |
3 | Das SEM kann von Absatz 2 abweichen, wenn: |
a | die asylsuchende Person oder deren Rechtsvertreterin oder Rechtsvertreter einer anderen Amtssprache mächtig ist; |
b | dies unter Berücksichtigung der Gesuchseingänge oder der Personalsituation für eine effiziente und fristgerechte Gesuchserledigung erforderlich ist; |
c | die asylsuchende Person von einem Zentrum des Bundes einem Kanton mit einer anderen Amtssprache zugewiesen wird.39 |
- Nach der Dispositionsmaxime steht es dem Asylsuchenden frei, sein Asylgesuch zurückzuziehen; der Rückzug ist grundsätzlich unwiderruflich und bedingungsfeindlich (E. 3).
- Auch wenn der Rückzug als Ausübung eines Gestaltungsrechts nicht beliebig widerrufen werden kann, darf doch die Ungültigkeit eines solchen Rechtsaktes aufgrund eines Willensmangels nicht zum vornherein ausgeschlossen werden. Hierzu sind die vertragsrechtlichen Grundsätze des Obligationenrechts sinngemäss anwendbar. Vorausgesetzt wird, dass einerseits für die sich auf Willensmängel berufende Partei schwerwiegende Nachteile auf dem Spiele stehen und andererseits die Rechtssicherheit nicht in unannehmbarer Weise beeinträchtigt wird (E. 4.a).
- Wenn sich der Beschwerdeführer über den Rückzug und dessen Folgen im klaren war, ihn aber nachträglich bereut, liegt kein Irrtum vor (E. 4.b).
- Anforderungen an den Nachweis der fehlenden Urteilsfähigkeit (E. 4.c).
Extrait de la jurisprudence de la Commission suisse de recours en matière d'asile. Retrait de la demande d'asile. Révocabilité de la déclaration de retrait. Invalidité de la déclaration de retrait pour vices de la volonté, par exemple pour incapacité de discernement.
Art. 16 al. 1 let. d LA. Retrait de la demande d'asile. Révocabilité de la déclaration de retrait. Invalidité de la déclaration de retrait pour vices de la volonté, par exemple pour incapacité de discernement.
- Selon le principe de disposition, le requérant est libre de retirer sa demande d'asile; le retrait est par principe irrévocable et inconditionnel (consid. 3).
- Même si, en tant qu'exercice d'un droit formateur, le retrait ne peut être révoqué pour n'importe quel motif, on ne peut pas exclure d'emblée l'invalidité d'un tel acte due à un vice du consentement. Les principes du droit des obligations, relatifs aux contrats, sont applicables par analogie. Il faut prendre en compte, d'une part, les graves préjudices que risque la partie qui se prévaut d'un vice de la volonté et, d'autre part, la sécurité du droit, laquelle ne saurait être lésée d'une manière inacceptable (consid. 4.a).
- Il n'y a aucune erreur dans le cas où le recourant connaissait la portée du retrait et ses conséquences, puis regrette après coup ce retrait (consid. 4.b).
- Exigences quant à la preuve de l'incapacité de discernement (consid. 4.c).
Estratto della giurisprudenza della Commissione svizzera di ricorso in materia d'asilo. Ritiro della domanda d'asilo. Revoca della dichiarazione di ritiro. Questione dell'invalidità di una simile dichiarazione di desistenza per vizio di volontà, vuoi per incapacità di discernimento.
Art. 16 cpv. 1 lett. d LA. Ritiro della domanda d'asilo. Revoca della dichiarazione di ritiro. Questione dell'invalidità di una simile dichiarazione di desistenza per vizio di volontà, vuoi per incapacità di discernimento.
- Secondo il principio dispositivo, il richiedente è libero di ritirare la sua domanda d'asilo; di regola detta dichiarazione di desistenza è irrevocabile e dev'essere incondizionata (consid. 3).
- Anche se, in quanto esercizio di un diritto potestativo, il ritiro di una domanda d'asilo non può essere revocato a piacimento, l'invalidità di tale atto per vizio di volontà non può essere escluso, a condizione che la parte che la invochi possa essere esposta a seri pregiudizi e che la sicurezza del diritto non sia lesa in modo inaccettabile (consid. 4.a).
- Sono applicabili per analogia i principi scatenti dal diritto delle obbligazioni. Non può essere ammesso un errore nel caso in cui il ricorrente si penta, in un successivo momento, di aver rilasciato una dichiarazione di ritiro la cui portata e conseguenze gli erano chiare (consid. 4.b).
- Esigenze quo alla prova dell'incapacità di discernimento (consid. 4.c).
Zusammenfassung des Sachverhalts
Der Beschwerdeführer zog sein im Juli 1990 gestelltes Asylgesuch mit unterschriftlicher Erklärung vom 26. September 1991 zurück. Das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) stellte daher das Asylverfahren am 7. Oktober 1991 ein. Gleichentags widerrief der Beschwerdeführer den Rückzug seines Gesuches. Das BFF erklärte den Widerruf als unbehelflich und das Verfahren als geschlossen, was in einer förmlichen Verfügung vom 18. Dezember 1991 bestätigt wurde. Diese Verfügung blieb innert der gesetzlichen Beschwerdefrist unangefochten. Am 29. Januar 1992 reichte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter ein Wiedererwägungsgesuch ein; in einem beigelegten Schreiben eines Psychiaters wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Rückzugserklärung aus psychischen Gründen zu vernünftigem Handeln nicht in der Lage gewesen sei.
Mit Verfügung vom 7. Februar 1992 trat das BFF auf das Wiedererwägungsgesuch nicht ein. Die Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) weist die gegen den Nichteintretensentscheid gerichtete Beschwerde ab.
Aus den Erwägungen
3. Es ist unbestritten und aktenkundig, dass der Beschwerdeführer am 26. September 1991 sein Asylgesuch vom 17. Juli 1990 zurückgezogen hat mit der Begründung, er habe schon allzu lange auf den Entscheid des BFF gewartet. Er nahm gleichzeitig davon Kenntnis, dass ein neues Asylgesuch in der Schweiz nicht mehr berücksichtigt würde. Nach der im Bundesverwaltungsverfahren herrschenden Dispositionsmaxime war der Beschwerdeführer zum Rückzug seines Gesuchs berechtigt. Damit hat er darauf verzichtet, dass das BFF über sein Asylgesuch noch entscheidet. Das Verfahren wurde deshalb vom BFF zu Recht beendet, da diese Amtsstelle keinen Anlass mehr hatte, einen Entscheid zu treffen. Dafür bleibt auch kein Raum mehr (vgl. Saladin Peter, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, Basel 1979, S. 94 ff.; Gygi Fritz, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 203 ff.; BGE 100 Ib 129). Die Rückzugserklärung ist sodann grundsätzlich unwiderruflich und bedingungsfeindlich. Zudem ist der Grund, weshalb der Beschwerdeführer das Gesuch zurückgezogen hat, für das Asylverfahren irrelevant, und ein eventueller Irrtum darüber nicht als Grundlagenirrtum zu erachten (vgl. VPB 39.110, S. 16 ff.). Es ist somit festzustellen, dass das BFF
zu Recht nach erfolgtem Rückzug des Asylgesuchs das Verfahren eingestellt hat und auf den Widerruf der Rückzugserklärung durch den Beschwerdeführer vom 7. Oktober 1991 nicht mehr eingetreten ist. Dies entspricht im übrigen auch der Regelung in Art. 16 Abs. 1 Bst. d
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 16 Verfahrenssprache - 1 Eingaben an Bundesbehörden können in jeder Amtssprache eingereicht werden. Der Bundesrat kann vorsehen, dass Eingaben von Asylsuchenden, die von einer bevollmächtigten Person vertreten werden, in Zentren des Bundes in der Amtssprache des Standortkantons des Zentrums eingereicht werden.37 |
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1 | Eingaben an Bundesbehörden können in jeder Amtssprache eingereicht werden. Der Bundesrat kann vorsehen, dass Eingaben von Asylsuchenden, die von einer bevollmächtigten Person vertreten werden, in Zentren des Bundes in der Amtssprache des Standortkantons des Zentrums eingereicht werden.37 |
2 | Verfügungen oder Zwischenverfügungen des SEM werden in der Sprache eröffnet, die am Wohnort der Asylsuchenden Amtssprache ist.38 |
3 | Das SEM kann von Absatz 2 abweichen, wenn: |
a | die asylsuchende Person oder deren Rechtsvertreterin oder Rechtsvertreter einer anderen Amtssprache mächtig ist; |
b | dies unter Berücksichtigung der Gesuchseingänge oder der Personalsituation für eine effiziente und fristgerechte Gesuchserledigung erforderlich ist; |
c | die asylsuchende Person von einem Zentrum des Bundes einem Kanton mit einer anderen Amtssprache zugewiesen wird.39 |
4. In seinem Schreiben vom 7. Oktober 1991, mit dem der Beschwerdeführer seinen Rückzug des Asylgesuchs widerrufen hat, erklärte er unter anderem, er habe auch aus ganz speziellen psychologischen Gründen sein Asylgesuch zurückgezogen und er habe dabei einen Irrtum begangen. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers macht unter Hinweis auf ein psychiatrisches Gutachten von Dr. med. X vom 17. Januar 1992 geltend, der Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt, als er den Asylantrag zurückgezogen habe, zu einem vernünftigen Handeln nicht in der Lage gewesen. Zu prüfen ist somit die Frage, ob unter Berufung auf einen Willensmangel der Rückzug des Asylgesuchs widerrufen und verlangt werden kann, dass das seinerzeit angehobene Verfahren fortgesetzt wird.
a. Die Willensmängelgrundsätze des Schweizerischen Obligationenrechts (Art. 23 ff.) betreffen zwar die Verträge, doch sind sie grundsätzlich auch auf einseitige Rechtsakte anwendbar. Auch wenn die Ausübung eines Gestaltungsrechts, wie der Rückzug eines Antrags eines ist, nicht beliebig widerrufen werden kann, so darf doch die Ungültigkeitserklärung eines solchen Rechtsaktes aufgrund eines Willensmangels nicht zum vornherein ausgeschlossen werden (vgl. BGE 102 Ib 118 E. 2.a). Voraussetzung ist allerdings, dass auf der einen Seite schwerwiegende Nachteile für die sich auf Willensmängel berufende Partei auf dem Spiele stehen und auf der anderen Seite die Rechtssicherheit nicht in unannehmbarer Weise beeinträchtigt wird (Gygi, a.a.O., S. 59).
b. Ob diese beiden Voraussetzungen im vorliegenden Falle erfüllt sind, kann offen gelassen werden, weil es ohnehin am geltend gemachten Irrtum des Beschwerdeführers zur Zeit seines Gesuchsrückzugs fehlt. Aus der Rückzugserklärung vom 26. September 1991 ergibt sich eindeutig und ohne jeden Zweifel, dass sich der Beschwerdeführer über seinen Rückzug und dessen Folgen im klaren war. Aufgrund seines Schreibens vom 21. Februar 1991 an das BFF und seiner Begründung zur Rückzugserklärung geht hervor, dass er gerne eine Auslandreise (...) unternommen hätte, was ihm jedoch während des hängigen Asylverfahrens nicht erlaubt worden war. Nachdem sich das Verfahren wegen notwendigen Abklärungen durch das BFF weiter verzögert hatte, zog er sein Asylgesuch zurück, womit er nun seine Auslandreise ohne weiteres unternehmen konnte. Überdies wollte er laut seinem Schreiben vom 7. Oktober 1991, in welchem er den Gesuchsrückzug widerrief, anderswo um Asyl nachsuchen, was ihm eine gangbare und vernünftige Lösung schien. Dass er dann schon kurze Zeit später feststellte, dass es entgegen seiner Annahme nicht so leicht ist, in einem anderen Land ein Asylgesuch zu stellen, und deshalb seinen Rückzug bereute, lässt in keiner Weise auf einen
vorbestandenen Willensmangel schliessen. Nicht jedes nach späterer Einsicht unerwünschte Handeln stellt auch ein Handeln im Irrtum dar. Vorliegend steht fest, dass der Beschwerdeführer bewusst und zielgerichtet den Rückzug seines Asylgesuchs erklärt hat; von einem Irrtum darüber kann keine Rede sein.
c. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, er sei im Moment der Rückzugserklärung zu einem vernünftigen Handeln nicht in der Lage gewesen. Wie im Zivilrecht wird auch im Verwaltungsrecht die Urteilsfähigkeit der handelnden Personen vermutet. Diese Vermutung kann nur durch den Beweis des Gegenteils umgestossen werden. Dies aber gelingt vorliegend dem Beschwerdeführer auch durch das ins Recht gelegte psychiatrische Gutachten von Dr. med. X vom 17. Januar 1992 nicht. Das Gutachten erweckt zwar den Anschein von Wissenschaftlichkeit, doch ist es in keiner Art und Weise schlüssig. Namentlich die breiten Raum einnehmenden Ausführungen über die Deutung des Namens des Beschwerdeführers und über den dreifaltigen Gott und Allah stehen in keinem vernünftigen Zusammenhang mit dem angeblichen und behaupteten Verstandes- und Willensdefekt des Beschwerdeführers. Das Gutachten vermag - wie erwähnt - nicht schlüssig zu beweisen, dass und warum sich der Beschwerdeführer ausgerechnet und nur im Zeitpunkt des Rückzugs des Asylgesuchs, nicht mehr aber nachher in einer persönlichen Krise befunden haben soll. Wenn dem Gutachten überhaupt ein Wert zukommt, dann höchstenfalls derjenige einer Gefälligkeitsexpertise. Unter den aufgezeigten
gegebenen Umständen erübrigt es sich, von Amtes wegen eine psychiatrische Untersuchung über die behauptete Unzurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Rückzugserklärung anzuordnen. Dem diesbezüglichen Begehren des Beschwerdeführers wird nicht Folge gegeben.
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