Zurück zur Suche

TPF 2012 1


TPF 2012 1, p.1

1. Auszug aus dem Urteil der Strafkammer in Sachen Bundesanwaltschaft gegen A. vom 16. März 2011 (SK.2010.23)

Widerruf des bedingten Strafvollzugs.

Art. 46 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 46 - 1 Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird, so widerruft das Gericht die bedingte Strafe oder den bedingten Teil der Strafe. Sind die widerrufene und die neue Strafe gleicher Art, so bildet es in sinngemässer Anwendung von Artikel 49 eine Gesamtstrafe.40
StGB

Widerruf des bedingten Strafvollzugs aufgrund der ungünstigen Legalprognose. Absehen von einer Umwandlung der widerrufenen Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe zwecks Bildung einer Gesamtstrafe (E. 4.4).

Révocation du sursis.

Art. 46 al. 1 CP

Révocation du sursis en raison du pronostic légal défavorable. Renonciation à la conversion d'une peine pécuniaire révoquée en une peine privative de liberté aux fins de fixation d'une peine d'ensemble (consid. 4.4).

Revoca della sospensione condizionale dell'esecuzione della pena.
Art. 46 cpv. 1 CP

Revoca della sospensione condizionale dell'esecuzione della pena a causa di una prognosi negativa. Rinuncia alla modifica di una pena pecuniaria da scontare in seguito a revoca per pronunciare una pena unica di tipo detentivo (consid. 4.4).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Die Strafkammer verurteilte A. wegen mehrfacher, mengenmässig qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie Pornografie zu einer unbedingten Freiheitsstrafe und widerrief den bedingten Vollzug einer Geldstrafe.

Aus den Erwägungen:

4.3 Die Frage des Widerrufs stellt sich einzig hinsichtlich der bedingt ausgesprochenen Geldstrafe von 80 Tagessätzen. In der Beurteilung der Prognose ist zu berücksichtigen, dass die Busse mit Verfügung des Bezirksamts Zurzach vom 29. April 2008 in eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen umgewandelt wurde. Die Vorstrafe wurde verhängt wegen

TPF 2012 1, p.2

mehrfacher Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 126 - 1 Wer gegen jemanden Tätlichkeiten verübt, die keine Schädigung des Körpers oder der Gesundheit zur Folge haben, wird, auf Antrag, mit Busse bestraft.
StGB, mehrfacher Gewaltdarstellungen im Sinne von Art. 135 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 135 - 1 Wer Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände oder Vorführungen, die, ohne schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert zu haben, grausame Gewalttätigkeiten gegen Erwachsene oder Tiere oder nicht tatsächliche grausame Gewalttätigkeiten gegen Minderjährige eindringlich darstellen und dabei die elementare Würde des Menschen in schwerer Weise verletzen, herstellt, einführt, lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt, anbietet, zeigt, überlässt, zugänglich macht, erwirbt, sich über elektronische Mittel oder sonst wie beschafft oder besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Haben die Gegenstände oder Vorführungen tatsächliche grausame Gewalttätigkeiten gegen Minderjährige zum Inhalt, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
StGB, mehrfacher Drohungen im Sinne von Art. 180
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 180 - 1 Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB, versuchter Nötigung im Sinne von Art. 181
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 181 - Wer jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB und Pornografie im Sinne von Art. 197 Ziff. 3bis
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 197 - 1 Wer pornografische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände solcher Art oder pornografische Vorführungen einer Person unter 16 Jahren anbietet, zeigt, überlässt, zugänglich macht oder durch Radio oder Fernsehen verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB, begangen vom 1. Dezember 2006 bis zum 29. November 2007. Es handelt sich bei den Tätlichkeiten um Übertretungen, im Übrigen um Vergehen. Die Tätlichkeiten, Drohungen und versuchte Nötigung verübte der Beschuldigte gegenüber seiner damaligen Ehefrau; die verbotenen pornografischen und die Gewaltdarstellungen waren auf seinem Handy gespeichert.
Damit zeigt sich, dass der Beschuldigte einerseits hinsichtlich der Pornografie einschlägig vorbestraft ist, andererseits hinsichtlich der anderen neuen Straftaten bei welchen es sich um Verbrechen, nämlich schwere Fälle von Betäubungsmitteldelikten handelt ein stark gesteigertes organisatorisches Engagement an den Tag legte. Im hohen Strafmass für die neu begangenen Taten kommt denn auch sein schweres Verschulden zum Ausdruck. Hinsichtlich der Art der Delikte ist festzuhalten, dass die neuen Straftaten eine Gefährdung einer grossen Anzahl von Menschen zur Folge hatten oder gehabt hätten und die Betäubungsmitteldelikte aus reiner finanzieller Gier begangen wurden. Die Rechtswohltat des bedingten Strafvollzugs vermochte den Beschuldigten nicht davon abzuhalten, innerhalb eines halben Jahres nach seiner Verurteilung mehrfach und mit gesteigerter Intensität straffällig zu werden. Wie bereits ausgeführt, ging der Beschuldigte insbesondere bei den Drogentransporten planmässig vor. In Betracht zu ziehen ist auch, dass der Beschuldigte seine zufolge Arbeitslosigkeit freie Zeit vornehmlich zur Verübung von Straftaten verwendete; dass er sich auch aktiv und intensiv um eine neue Arbeitsstelle bemüht hätte, erscheint trotz seiner diesbezüglichen Affirmation vor Gericht wenig glaubhaft, da er sich an keine einzige Stellenbewerbung zu erinnern vermochte. Der Beschuldigte zeigte im Strafverfahren zudem weder Einsicht noch Reue, weshalb auch in dieser Hinsicht nichts zu seinen Gunsten gewertet werden kann. Die Warnungswirkung der Freiheitsstrafe von sechs Jahren und der Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen für die Busse der Vorstrafe fällt angesichts der erwähnten negativen Faktoren nicht derart stark ins Gewicht, dass allein deswegen eine schlechte Prognose für künftiges Legalverhalten verneint werden könnte. Es ist mithin zu erwarten, dass der Beschuldigte weitere Straftaten verüben wird.

TPF 2012 1, p.3

TPF 2012 3
Der bedingte Strafvollzug für die Geldstrafe gemäss Urteil des Bezirksamtes Zurzach/AG vom 20. Dezember 2007 ist nach dem Gesagten zu widerrufen.

4.4 Gemäss Art. 46 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 46 - 1 Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird, so widerruft das Gericht die bedingte Strafe oder den bedingten Teil der Strafe. Sind die widerrufene und die neue Strafe gleicher Art, so bildet es in sinngemässer Anwendung von Artikel 49 eine Gesamtstrafe.40
Satz 2 StGB kann das Gericht die Art der widerrufenen Strafe ändern, um mit der neuen Strafe in sinngemässer Anwendung von Art. 49
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.
StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Es wird allerdings als verfassungsrechtlich problematisch angesehen, eine nach ihrer Art leichtere in eine schwerere Strafe umzuwandeln, beispielsweise eine Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe. In einer solchen Konstellation kommt eine Umwandlung nur als ultima ratio in Frage (SCHNEIDER/GARRÉ, Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2007, Art. 46
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 46 - 1 Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird, so widerruft das Gericht die bedingte Strafe oder den bedingten Teil der Strafe. Sind die widerrufene und die neue Strafe gleicher Art, so bildet es in sinngemässer Anwendung von Artikel 49 eine Gesamtstrafe.40
StGB N. 30). Es liegen keine Gründe vor, die zwingend für eine Umwandlung der Geldstrafe und das Bilden einer Gesamtfreiheitsstrafe im Sinne von Art. 49
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.
StGB sprächen. Hinzu kommt, dass der allfällige Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe sistiert werden kann, wenn der Verurteilte die Geldstrafe aus bestimmten Gründen nicht bezahlen kann (Art. 36 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 36 - 1 Soweit der Verurteilte die Geldstrafe nicht bezahlt und sie auf dem Betreibungsweg (Art. 35 Abs. 3) uneinbringlich ist, tritt an die Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe. Ein Tagessatz entspricht einem Tag Freiheitsstrafe. Die Ersatzfreiheitsstrafe entfällt, soweit die Geldstrafe nachträglich bezahlt wird.
StGB). Diese Rechtswohltat entgeht dem Beschuldigten, wenn die zu widerrufende Geldstrafe umgewandelt und im Rahmen einer Freiheitsstrafe abgegolten wird. Zu prüfen ist, ob dem getrennten Vollzug beider Strafen Gründe entgegenstehen. Der Vollzug einer Geldstrafe kann problemlos neben dem Vollzug einer Freiheitsstrafe erfolgen (TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, Zürich/St. Gallen 2008, Art. 46
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 46 - 1 Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird, so widerruft das Gericht die bedingte Strafe oder den bedingten Teil der Strafe. Sind die widerrufene und die neue Strafe gleicher Art, so bildet es in sinngemässer Anwendung von Artikel 49 eine Gesamtstrafe.40
StGB N. 46). Nach dem Gesagten ist von einer Umwandlung bzw. von einer Gesamtstrafe abzusehen.
TPF 2012 1, p.4
TPF 2012 1 16. März 2011 20. März 2012 Bundesstrafgericht TPF 2012 1 Art. 46 Abs. 1 StGB Widerruf des bedingten Strafvollzugs aufgrund der ungünstigen Legalprognose. Absehen von einer Umwandlung...

Gegenstand Widerruf des bedingten Strafvollzugs.

Gesetzesregister
StGB 36
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 36 - 1 Soweit der Verurteilte die Geldstrafe nicht bezahlt und sie auf dem Betreibungsweg (Art. 35 Abs. 3) uneinbringlich ist, tritt an die Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe. Ein Tagessatz entspricht einem Tag Freiheitsstrafe. Die Ersatzfreiheitsstrafe entfällt, soweit die Geldstrafe nachträglich bezahlt wird.
StGB 46
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 46 - 1 Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird, so widerruft das Gericht die bedingte Strafe oder den bedingten Teil der Strafe. Sind die widerrufene und die neue Strafe gleicher Art, so bildet es in sinngemässer Anwendung von Artikel 49 eine Gesamtstrafe.40
StGB 49
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.
StGB 126
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 126 - 1 Wer gegen jemanden Tätlichkeiten verübt, die keine Schädigung des Körpers oder der Gesundheit zur Folge haben, wird, auf Antrag, mit Busse bestraft.
StGB 135
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 135 - 1 Wer Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände oder Vorführungen, die, ohne schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert zu haben, grausame Gewalttätigkeiten gegen Erwachsene oder Tiere oder nicht tatsächliche grausame Gewalttätigkeiten gegen Minderjährige eindringlich darstellen und dabei die elementare Würde des Menschen in schwerer Weise verletzen, herstellt, einführt, lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt, anbietet, zeigt, überlässt, zugänglich macht, erwirbt, sich über elektronische Mittel oder sonst wie beschafft oder besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Haben die Gegenstände oder Vorführungen tatsächliche grausame Gewalttätigkeiten gegen Minderjährige zum Inhalt, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
StGB 180
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 180 - 1 Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB 181
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 181 - Wer jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB 197
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 197 - 1 Wer pornografische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände solcher Art oder pornografische Vorführungen einer Person unter 16 Jahren anbietet, zeigt, überlässt, zugänglich macht oder durch Radio oder Fernsehen verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
BstGer Leitentscheide
Entscheide BstGer