39. Auszug aus dem Entscheid der I. Beschwerdekammer in Sachen A. gegen Swissmedic vom 14. Dezember 2010 (BV.2010.69, BE.2010.20)
Verwaltungsstrafverfahren; Verfahrenssprache.
Art. 5



Die anzuwendende Sprache wird im Verwaltungsstrafverfahren in der Regel nach dem Territorialitätsprinzip festgelegt und wird weder vom VStrR, noch der EMRK oder dem UNO-Pakt II vorgeschrieben. Die in der EMRK und dem UNO-Pakt II enthaltenen Bestimmungen gewähren dem Betroffenen lediglich
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einen Anspruch auf allenfalls notwendige Übersetzungen und Erläuterungen (E. 2.3).
Procédure pénale administrative; langue de la procédure.
Art. 5, 6 CEDH, art. 14 Pacte ONU II
Dans la procédure pénale administrative, la langue applicable est en règle générale déterminée selon le principe de la territorialité et n'est prescrite ni par la Loi fédérale sur le droit pénal administratif (DPA), ni par la CEDH ni encore par le Pacte ONU II. Les dispositions figurant dans la CEDH et le Pacte ONU II garantissent à la personne concernée tout au plus le droit aux traductions et explications qui pourraient être nécessaires (consid. 2.3).
Procedura penale amministrativa; lingua della procedura.
Art. 5, 6 CEDU, art. 14 Patto ONU II
La lingua da applicare nella procedura penale amministrativa è di regola stabilita in base al principio della territorialità e non è prescritta né dal DPA né dalla CEDU o dal Patto ONU II. Le disposizioni contenute nella CEDU e nel Patto ONU II garantiscono soltanto un diritto ad eventuali traduzioni e spiegazioni necessarie (consid. 2.3).
Zusammenfassung des Sachverhalts:
Im Rahmen eines wegen des Verdachts der illegalen Herstellung von Arzneimitteln durchgeführten Hausdurchsuchung stellte die swissmedic eine Harddisk der A. sicher. Die A. gelangte hiergegen mit Beschwerde an die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts.
Die I. Beschwerdekammer wies die Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat.
Aus den Erwägungen:
2.3
2.3.1 Hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin angefochtenen Durchsuchungsbefehls ist festzuhalten, dass die entsprechende Hausdurchsuchung längst durchgeführt und abgeschlossen ist. Soweit die Beschwerdeführerin die ,,Aufhebung" des Durchsuchungsbefehls verlangt, ist mangels eines aktuellen Rechtsschutzbedürfnisses auf die Beschwerde
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grundsätzlich nicht einzutreten (HAURI, Verwaltungsstrafrecht, Bern 1998, S. 82). Gemäss Rechtsprechung kann indes ausnahmsweise auf das Erfordernis eines aktuellen praktischen Interesses verzichtet werden, wenn sich die gerügte Rechtsverletzung jederzeit wiederholen könnte, eine rechtzeitige gerichtliche Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre, sich die aufgeworfenen Fragen jederzeit unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnten und an deren Beantwortung wegen der grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht (vgl. z.B. Entscheid des Bundesstrafgerichts BB.2006.36 vom 12. Juli 2006, E. 1.4). Die Beschwerdeführerin macht die Verletzung ihrer Verteidigungsrechte geltend. Die Hausdurchsuchung sei in deutsch statt französisch durchgeführt worden und insbesondere sei das Beschlagnahmeprotokoll in deutsch gehalten und habe ohne Übersetzung unterschrieben werden müssen. Im Bundesstrafprozess müsse die Behörde jedoch in der Lage sein, Instruktionen in allen Amtssprachen durchzuführen. Dies ergebe sich auch aus Art. 5 Ziff. 2


2.3.2 Im Rahmen des Strafverfahrens erfolgt die Wahl der Sprache für die Instruktion sowie die Verhandlungen in der Regel gemäss dem Territorialitätsprinzip: Die anzuwendende Sprache ist die Amtssprache am Ort des Gerichtsstandes (BGE 121 I 196 E. 2 S. 198). Dieses Kriterium ist allerdings vorliegend insofern schwierig anzuwenden, als die Beschwerdegegnerin eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes ist und die Kompetenz hat, sich auf dem gesamten Bundesgebiet und in allen Sprachregionen des Landes zu bewegen, und sie zur Untersuchungsführung sowie Entscheidfällung in allen drei Amtssprachen, also in Italienisch, Deutsch und Französisch fähig sein muss (vgl. SCHWANDER, Die sprachlichen Rücksichten in der Strafrechtspflege des Bundes, ZStrR 82/1966, S. 14 ff.). Das VStrR äussert sich nicht zu den Kriterien für die Wahl der Sprache, in welcher das Ermittlungsverfahren und danach die Voruntersuchung zu führen sind (vgl. aber Art. 54 Abs. 1

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 54 - 1 Das Verfahren wird in einer der Amtssprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun) geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden. |
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1 | Das Verfahren wird in einer der Amtssprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun) geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden. |
2 | Bei Klageverfahren wird auf die Sprache der Parteien Rücksicht genommen, sofern es sich um eine Amtssprache handelt. |
3 | Reicht eine Partei Urkunden ein, die nicht in einer Amtssprache verfasst sind, so kann das Bundesgericht mit dem Einverständnis der anderen Parteien darauf verzichten, eine Übersetzung zu verlangen. |
4 | Im Übrigen ordnet das Bundesgericht eine Übersetzung an, wo dies nötig ist. |



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keiner Weise die Anwendung einer bestimmten Sprache vor. Art. 5 Abs. 2

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 54 - 1 Das Verfahren wird in einer der Amtssprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun) geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden. |
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1 | Das Verfahren wird in einer der Amtssprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun) geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden. |
2 | Bei Klageverfahren wird auf die Sprache der Parteien Rücksicht genommen, sofern es sich um eine Amtssprache handelt. |
3 | Reicht eine Partei Urkunden ein, die nicht in einer Amtssprache verfasst sind, so kann das Bundesgericht mit dem Einverständnis der anderen Parteien darauf verzichten, eine Übersetzung zu verlangen. |
4 | Im Übrigen ordnet das Bundesgericht eine Übersetzung an, wo dies nötig ist. |

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 54 - 1 Das Verfahren wird in einer der Amtssprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun) geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden. |
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1 | Das Verfahren wird in einer der Amtssprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun) geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden. |
2 | Bei Klageverfahren wird auf die Sprache der Parteien Rücksicht genommen, sofern es sich um eine Amtssprache handelt. |
3 | Reicht eine Partei Urkunden ein, die nicht in einer Amtssprache verfasst sind, so kann das Bundesgericht mit dem Einverständnis der anderen Parteien darauf verzichten, eine Übersetzung zu verlangen. |
4 | Im Übrigen ordnet das Bundesgericht eine Übersetzung an, wo dies nötig ist. |

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 54 - 1 Das Verfahren wird in einer der Amtssprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun) geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden. |
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1 | Das Verfahren wird in einer der Amtssprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun) geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids. Verwenden die Parteien eine andere Amtssprache, so kann das Verfahren in dieser Sprache geführt werden. |
2 | Bei Klageverfahren wird auf die Sprache der Parteien Rücksicht genommen, sofern es sich um eine Amtssprache handelt. |
3 | Reicht eine Partei Urkunden ein, die nicht in einer Amtssprache verfasst sind, so kann das Bundesgericht mit dem Einverständnis der anderen Parteien darauf verzichten, eine Übersetzung zu verlangen. |
4 | Im Übrigen ordnet das Bundesgericht eine Übersetzung an, wo dies nötig ist. |
Die genannten Garantien wurden vorliegend nicht verletzt: wohl ist die in casu zuständige Untersuchungsleiterin deutscher Muttersprache. Laut Beschwerdegegnerin habe sie aber genügend Französischkenntnisse, um eine Durchsuchung in französisch zu leiten. Zudem seien bei der Hausdurchsuchung auch genügend Personen französischer Muttersprache anwesend gewesen, um allfällige Fragen zu beantworten. Die relevanten Aktenstücke sodann seien mündlich erläutert worden. Bei der anschliessenden Einvernahme sei zudem ein Dolmetscher beigezogen worden. Eine Verletzung der Verteidigungsrechte ist damit nicht ersichtlich. Die Beschwerde erweist sich insoweit als unbegründet.
TPF 2010 165, p.169