TPF 2010 128, p.128

29. Auszug aus dem Entscheid der I. Beschwerdekammer in Sachen A. AG gegen Eidgenössische Steuerverwaltung vom 10. August 2010 (BV.2010.46)

Schriftliche Auskünfte; Hinweis auf Aussageverweigerungsrecht und Wahrheitspflicht.

Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR

Holt eine Verwaltungsstrafbehörde des Bundes gestützt auf Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR schriftliche Auskünfte ein, so hat sie den Adressaten zu informieren, in welcher Beweisrolle er befragt wird, und ihn auf die entsprechenden Aussageverweigerungsrechte und Wahrheitspflichten aufmerksam zu machen (E. 2.12.4).

TPF 2010 128, p.129

Renseignements écrits; référence au droit de refuser de témoigner et obligation de dire la vérité.

Art. 40 DPA

Lorsqu'une autorité administrative de poursuite pénale de la Confédération recueille des renseignements écrits en vertu de l'art. 40 DPA, elle doit informer le destinataire de sa requête en quelle qualité il est entendu et le rendre attentif au droit correspondant de refuser de témoigner et à l'obligation de dire la vérité (consid. 2.12.4).

Informazioni scritte; avviso in merito alla facoltà di non deporre e all'obbligo di dire la verità.

Art. 40 DPA

Se in base all'art. 40 DPA un'autorità penale amministrativa della Confederazione raccoglie informazioni scritte, essa deve comunicare alla persona in quale ruolo viene sentita e informarla del suo eventuale diritto di non deporre e dell'obbligo di dire la verità (consid. 2.12.4).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Im Rahmen einer gegen die A. AG und gegen B. gerichteten Strafuntersuchung forderte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) C. gestützt auf Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR auf, zur Abklärung des Sachverhalts schriftliche Auskünfte zu erteilen. Dieser Aufforderung kam C. in der Folge nach. Bezug nehmend auf die ihr zur Kenntnis gebrachten schriftlichen Auskünfte des C. erhob die A. AG Beschwerde beim Direktor der ESTV und beantragte zur Hauptsache, die ESTV sei zu verpflichten, C. mündlich und im Beisein der Angeschuldigten und ihrer Verteidigung zu befragen, und die sich in den Akten befindenden Antworten von C. seien aus den Akten zu weisen. Der Direktor der ESTV wies diese Beschwerde ab. Hiergegen gelangte die A. AG mit Beschwerde an die I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragte die Aufhebung des Beschwerdeentscheides des Direktors der ESTV sowie die Anweisung an die ESTV, die von ihr in der Strafuntersuchung erhobenen schriftlichen Auskünfte aus den Akten zu weisen.

Die I. Beschwerdekammer hiess die Beschwerde gut und hob den angefochtenen Entscheid auf. Sie wies die ESTV im Sinne der Erwägungen an, die von ihr erhobenen schriftlichen Auskünfte von C. aus den Akten zu

TPF 2010 128, p.130

weisen, sofern sie keine neue Aufforderung zur schriftlichen Auskunftserteilung an C. richte.

Aus den Erwägungen:

2.
2.1 Die Beschwerdeführerin rügt sinngemäss, dass der gestützt auf Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR erfolgten, schriftlichen Aufforderung zur Erteilung von Auskünften an die Adresse von C. weder eine Information über dessen Rolle in der Strafuntersuchung, eine Belehrung über dessen
Aussageverweigerungsrechte noch ein Hinweis auf die Wahrheitspflicht zu entnehmen sei. Die entsprechend erhobenen Auskünfte litten demnach an einem gravierenden, formellen Fehler, weshalb die entsprechenden Unterlagen aus den Verfahrensakten zu weisen seien.
2.2 Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR ist zu entnehmen, der untersuchende Beamte könne mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen. Weitergehende bzw. detailliertere Bestimmungen zu den im Vorfeld einer Einvernahme der Auskunftsperson bzw. einer Einholung schriftlicher Auskünfte zu beachtenden Modalitäten sind dem Gesetzestext nicht zu entnehmen.
Der Botschaft vom 21. April 1971 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht, BBl 1971 I S. 993 ff., ist zum entsprechenden Art. 42 des Entwurfes (,,Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen zu Protokoll einvernehmen; er ist dabei gehalten, die Vorschriften über das Zeugnisverweigerungsrecht zu beachten") lediglich zu entnehmen, dass die Befragung von Auskunftspersonen bis dato schon gebräuchlich war, die entsprechende Untersuchungsmassnahme nun ausdrücklich geregelt werde (BBl 1971 I S. 1011). In den parlamentarischen Beratungen wurde dem Art. 42 des Entwurfs ohne weitere Diskussion zugestimmt (Amtl. Bull. 1971 V 847 und Amtl. Bull. 1973 II 478); dessen Wortlaut wurde lediglich im Vorfeld der parlamentarischen Schlussabstimmungen durch die Redaktionskommission in die heute noch geltende Fassung gebracht, ohne dabei jedoch den materiellen Gehalt des Gesetzes zu verändern (Amtl. Bull. 1974 II 669).

TPF 2010 128, p.131

Eine dem Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR ähnlich lautende Bestimmung findet sich in Art. 101bis
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
BStP, wonach die gerichtliche Polizei mündliche und schriftliche Auskünfte einholen sowie Auskunftspersonen einvernehmen kann, wobei derjenige, der zur Zeugnisverweigerung berechtigt ist, vorher darauf aufmerksam gemacht werden muss, dass er die Aussage verweigern darf. Der Bundesrat sah in dieser Bestimmung eine gesetzliche Umschreibung einer bereits geltenden Praxis, welche im Übrigen Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR entspreche. Auch bei der Einvernahme Dritter als Auskunftspersonen im Rahmen eines gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahrens würden in der Praxis die Bestimmungen über das Recht zur Zeugnisverweigerung beachtet. Ausdrücklich erwähnt werde zudem die Pflicht der gerichtlichen Polizei, jemanden, der in der eidgenössischen Voruntersuchung das Zeugnis verweigern darf, auch im gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren auf dieses Recht aufmerksam zu machen (Botschaft vom 16. Oktober 1990 über die Datenbearbeitung auf dem Gebiet der Strafverfolgung, BBl 1990 III S. 1221 ff., 1232 f.).

Eine nähere Umschreibung des Wesens sowie der Rechte und der Pflichten der Auskunftsperson sind den beiden angeführten Bestimmungen nicht zu entnehmen (DONATSCH/MAEDER, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Basel 2000, Art. 192
SR 642.11 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG)
DBG Art. 192 Untersuchungsmassnahmen gegen am Verfahren nicht beteiligte Dritte - 1 Die Untersuchungsmassnahmen gegenüber den am Verfahren nicht beteiligten Dritten richten sich nach den Artikeln 19-50 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 1974294. Die vorläufige Festnahme nach Artikel 19 Absatz 3 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes ist ausgeschlossen.
1    Die Untersuchungsmassnahmen gegenüber den am Verfahren nicht beteiligten Dritten richten sich nach den Artikeln 19-50 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 1974294. Die vorläufige Festnahme nach Artikel 19 Absatz 3 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes ist ausgeschlossen.
2    Die Artikel 127-129 betreffend die Bescheinigungs-, Auskunfts- und Meldepflicht Dritter bleiben vorbehalten. Die Verletzung dieser Pflichten kann durch die ESTV mit Busse nach Artikel 174 geahndet werden. Die Busse muss vorgängig angedroht werden.
3    Die nach den Artikeln 41 und 42 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes als Zeugen einvernommenen Personen können zur Herausgabe der in ihrem Besitz befindlichen sachdienlichen Unterlagen und sonstigen Gegenstände aufgefordert werden. Verweigert ein Zeuge die Herausgabe, ohne dass einer der in den Artikeln 168, 169, 171 und 172 StPO295 genannten Gründe zur Zeugnisverweigerung vorliegt, so ist er auf die Strafandrohung von Artikel 292 des Strafgesetzbuches296 hinzuweisen und kann gegebenenfalls wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung dem Strafrichter überwiesen werden.297
DBG N. 19 f.; vgl. auch GYR, Zwischen Zeugenstand und Anklagebank Die Auskunftsperson im Verwaltungsstrafrecht, AJP 1996, S. 651 ff., 651). Gemäss Literatur wird die Auskunftsperson im Sinne von Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR bezüglich des aufzuklärenden Deliktes (noch) nicht beschuldigt, soll aber darüber sachdienliche Aussagen machen, ohne dabei etwa wegen Voreingenommenheit, gewissem Tatverdacht oder Mitbeschuldigung in einem getrennten Verfahren den für einen Zeugen geltenden Aussageund Wahrheitspflichten zu unterliegen. Sie oszilliert in ihrer Verfahrensrolle zwischen derjenigen eines Zeugen und eines Beschuldigten (HAURI, Verwaltungsstrafrecht [VStrR], Bern 1998, S. 103). Wenn der Einvernommene die Rollenanforderungen einer der drei Personalbeweisfiguren erfüllt, so muss er dementsprechend als Beschuldigter, Zeuge oder Auskunftsperson einvernommen werden. Dem untersuchenden Beamten steht kein Ermessensspielraum zu (HAURI, a.a.O., S. 104; GYR, a.a.O., S. 654). Die Auskunftsperson ist weder zur Aussage verpflichtet noch obliegt ihr eine strafrechtlich sanktionierte Wahrheitspflicht wie dem Zeugen. Sie muss nicht nur als solche vorgeladen werden, sondern auch auf ihr Recht hingewiesen werden, die Aussage ganz oder teilweise verweigern zu können. Zudem ist ihr mitzuteilen, dass sie

TPF 2010 128, p.132

sich mit unwahren Aussagen insbesondere der falschen Anschuldigung (Art. 303
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
1    Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
2    Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
StGB), der Irreführung der Rechtspflege (Art. 304
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 304 - 1. Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden,
1    Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden,
2    ...399
StGB) oder der Begünstigung (Art. 305
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,400 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,400 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1bis    Ebenso wird bestraft, wer jemanden, der im Ausland wegen eines Verbrechens nach Artikel 101 verfolgt wird oder verurteilt wurde, der dortigen Strafverfolgung oder dem dortigen Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer Massnahme im Sinne der Artikel 59-61, 63 oder 64 entzieht.401
2    Begünstigt der Täter seine Angehörigen oder jemand anderen, zu dem er in so nahen persönlichen Beziehungen steht, dass sein Verhalten entschuldbar ist, so bleibt er straflos.402
StGB) strafbar machen kann (DONATSCH/MAEDER, a.a.O., Art. 192
SR 642.11 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG)
DBG Art. 192 Untersuchungsmassnahmen gegen am Verfahren nicht beteiligte Dritte - 1 Die Untersuchungsmassnahmen gegenüber den am Verfahren nicht beteiligten Dritten richten sich nach den Artikeln 19-50 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 1974294. Die vorläufige Festnahme nach Artikel 19 Absatz 3 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes ist ausgeschlossen.
1    Die Untersuchungsmassnahmen gegenüber den am Verfahren nicht beteiligten Dritten richten sich nach den Artikeln 19-50 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 1974294. Die vorläufige Festnahme nach Artikel 19 Absatz 3 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes ist ausgeschlossen.
2    Die Artikel 127-129 betreffend die Bescheinigungs-, Auskunfts- und Meldepflicht Dritter bleiben vorbehalten. Die Verletzung dieser Pflichten kann durch die ESTV mit Busse nach Artikel 174 geahndet werden. Die Busse muss vorgängig angedroht werden.
3    Die nach den Artikeln 41 und 42 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes als Zeugen einvernommenen Personen können zur Herausgabe der in ihrem Besitz befindlichen sachdienlichen Unterlagen und sonstigen Gegenstände aufgefordert werden. Verweigert ein Zeuge die Herausgabe, ohne dass einer der in den Artikeln 168, 169, 171 und 172 StPO295 genannten Gründe zur Zeugnisverweigerung vorliegt, so ist er auf die Strafandrohung von Artikel 292 des Strafgesetzbuches296 hinzuweisen und kann gegebenenfalls wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung dem Strafrichter überwiesen werden.297
DBG N. 22 f.; vgl. zum ganzen auch GYR, a.a.O., S. 653; BEHNISCH, Das Steuerstrafrecht im Recht der direkten Bundessteuer, Bern 1991, S. 329; PIQUEREZ, Traité de procédure pénale suisse, 2. Aufl., Genf/Zürich/Basel 2006, N. 741; HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Basel 2005, S. 304 N. 2). Für den Fall, dass die Strafverfolgungsbehörden bei potentiellen Zeugen, Auskunftspersonen usw. informell schriftliche oder mündliche Auskünfte einholen (wie in Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR ausdrücklich vorgesehen), dürfen die Vorschriften über den Zeugenund Sachverständigenbeweis nicht umgangen werden (SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Aufl., Zürich/ Basel/Genf 2004, N. 659). Entsprechendes muss auch für die Einholung schriftlicher Auskünfte bei potentiellen Auskunftspersonen gelten, bilden doch solche Auskünfte im Verwaltungsstrafverfahren vollwertige Beweismittel.
2.3 Im vorliegenden Fall wurde C. zur Erteilung schriftlicher Auskünfte aufgefordert, ohne dass der entsprechenden Aufforderung zu entnehmen wäre, in welcher Rolle er an der Strafuntersuchung beteiligt ist. Die fragliche Aufforderung enthält denn auch keinerlei Information bzw. Belehrung über die C. zustehenden Rechte und Pflichten. Nach dem oben Ausgeführten, wonach einer einzuvernehmenden Person mitgeteilt werden muss, in welcher Beweisrolle sie befragt wird, und sie vorgängig über die ihr zustehenden Rechte bzw. über die ihr obliegenden Pflichten belehrt werden muss, und in Berücksichtigung des Grundsatzes, wonach bei der Einholung von schriftlichen Auskünften diese Bestimmungen nicht umgangen werden dürfen, erscheint die vorliegend angefochtene Aufforderung in formeller Hinsicht als mangelhaft. Die von der Beschwerdegegnerin dagegen gemachten Ausführungen vermögen diesbezüglich nichts zu ändern. Es mag zwar zutreffen, dass die Befragung auf schriftlichem Wege eine informellere Vorgehensweise darstellt. Jedoch spielt es nach dem oben Ausgeführten sehr wohl eine Rolle, ob die schriftlich um Auskunft ersuchte Person eine Auskunftsperson oder ein Zeuge ist, andernfalls eben gerade eine Umgehung der dargelegten Vorschriften vorliegt. Ebenso wenig überzeugt der Einwand, wonach sich C. auf kein Zeugnisverweigerungsrecht im Sinne des Art. 75
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
BStP berufen könne, weshalb er auch nicht im Sinne von Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR habe informiert werden müssen. Nach dem Gesagten greift die Formulierung in Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR eindeutig zu kurz. Die Auskunftsperson kann die Aussage

TPF 2010 128, p.133

grundsätzlich und nicht nur bei Vorliegen eines speziellen Zeugnisverweigerungsgrundes verweigern und hierüber ist sie vorgängig zu informieren. Dasselbe gilt für die Belehrung über die Wahrheitspflichten für den Fall der Erteilung schriftlicher Auskünfte bzw. von Aussagen; auf diese kann nicht einfach verzichtet werden, auch wenn sie in Art. 40
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
VStrR keine explizite Erwähnung findet.

2.4 Hinsichtlich der Konsequenzen dieser formellen Unzulänglichkeiten bei der schriftlichen Befragung von C. als Auskunftsperson können die gesetzlichen Bestimmungen zu Aussagen von Zeugen herangezogen werden. Gemäss Art. 41 Abs. 2
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 41 - 1 Lässt sich der Sachverhalt auf andere Weise nicht hinreichend abklären, so können Zeugen einvernommen werden.
1    Lässt sich der Sachverhalt auf andere Weise nicht hinreichend abklären, so können Zeugen einvernommen werden.
2    Auf die Vernehmung und die Entschädigung der Zeugen sind die Artikel 163-166 und 168-176 StPO44 und Artikel 48 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 194745 über den Bundeszivilprozess sinngemäss anwendbar; verweigert ein Zeuge ohne gesetzlichen Grund die Aussage, zu der er unter Hinweis auf Artikel 292 des Strafgesetzbuches46 und dessen Strafdrohung aufgefordert worden ist, so ist er wegen Ungehorsams gegen diese Verfügung an den Strafrichter zu überweisen.47
3    Der Beschuldigte und sein Verteidiger haben Anspruch darauf, den Zeugeneinvernahmen beizuwohnen und über den untersuchenden Beamten Ergänzungsfragen zu stellen.
VStrR i.V.m. Art. 83 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 41 - 1 Lässt sich der Sachverhalt auf andere Weise nicht hinreichend abklären, so können Zeugen einvernommen werden.
1    Lässt sich der Sachverhalt auf andere Weise nicht hinreichend abklären, so können Zeugen einvernommen werden.
2    Auf die Vernehmung und die Entschädigung der Zeugen sind die Artikel 163-166 und 168-176 StPO44 und Artikel 48 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 194745 über den Bundeszivilprozess sinngemäss anwendbar; verweigert ein Zeuge ohne gesetzlichen Grund die Aussage, zu der er unter Hinweis auf Artikel 292 des Strafgesetzbuches46 und dessen Strafdrohung aufgefordert worden ist, so ist er wegen Ungehorsams gegen diese Verfügung an den Strafrichter zu überweisen.47
3    Der Beschuldigte und sein Verteidiger haben Anspruch darauf, den Zeugeneinvernahmen beizuwohnen und über den untersuchenden Beamten Ergänzungsfragen zu stellen.
BStP ist im Falle der Verletzung der notwendigen Hinweise und Belehrungen vor Einvernahme des Zeugen das Versäumte nachzuholen und dem Zeugen Gelegenheit zur Verweigerung oder Änderung der Aussage zu geben. Ist die Nachholung nicht möglich, oder verweigert oder ändert der Zeuge die Aussage, so ist das ursprüngliche Zeugnis als ungültig zu behandeln. Diese Bestimmungen sind für den Fall unzureichender Belehrung der Auskunftsperson analog zur Anwendung zu bringen.
TPF 2010 128, p.134
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : TPF 2010 128
Datum : 10. August 2010
Publiziert : 18. August 2010
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : TPF 2010 128
Sachgebiet : Art. 40 VStrR Holt eine Verwaltungsstrafbehörde des Bundes gestützt auf Art. 40 VStrR schriftliche Auskünfte ein, so...
Gegenstand : Schriftliche Auskünfte; Hinweis auf Aussageverweigerungsrecht und Wahrheitspflicht.


Gesetzesregister
BStP: 75  83  101bis
DBG: 192
SR 642.11 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG)
DBG Art. 192 Untersuchungsmassnahmen gegen am Verfahren nicht beteiligte Dritte - 1 Die Untersuchungsmassnahmen gegenüber den am Verfahren nicht beteiligten Dritten richten sich nach den Artikeln 19-50 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 1974294. Die vorläufige Festnahme nach Artikel 19 Absatz 3 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes ist ausgeschlossen.
1    Die Untersuchungsmassnahmen gegenüber den am Verfahren nicht beteiligten Dritten richten sich nach den Artikeln 19-50 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 1974294. Die vorläufige Festnahme nach Artikel 19 Absatz 3 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes ist ausgeschlossen.
2    Die Artikel 127-129 betreffend die Bescheinigungs-, Auskunfts- und Meldepflicht Dritter bleiben vorbehalten. Die Verletzung dieser Pflichten kann durch die ESTV mit Busse nach Artikel 174 geahndet werden. Die Busse muss vorgängig angedroht werden.
3    Die nach den Artikeln 41 und 42 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes als Zeugen einvernommenen Personen können zur Herausgabe der in ihrem Besitz befindlichen sachdienlichen Unterlagen und sonstigen Gegenstände aufgefordert werden. Verweigert ein Zeuge die Herausgabe, ohne dass einer der in den Artikeln 168, 169, 171 und 172 StPO295 genannten Gründe zur Zeugnisverweigerung vorliegt, so ist er auf die Strafandrohung von Artikel 292 des Strafgesetzbuches296 hinzuweisen und kann gegebenenfalls wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung dem Strafrichter überwiesen werden.297
StGB: 303 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
1    Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
2    Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
304 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 304 - 1. Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden,
1    Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden,
2    ...399
305
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,400 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,400 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1bis    Ebenso wird bestraft, wer jemanden, der im Ausland wegen eines Verbrechens nach Artikel 101 verfolgt wird oder verurteilt wurde, der dortigen Strafverfolgung oder dem dortigen Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer Massnahme im Sinne der Artikel 59-61, 63 oder 64 entzieht.401
2    Begünstigt der Täter seine Angehörigen oder jemand anderen, zu dem er in so nahen persönlichen Beziehungen steht, dass sein Verhalten entschuldbar ist, so bleibt er straflos.402
VStrR: 40 
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 40 - Der untersuchende Beamte kann mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen; wer auf Grund des Zeugnisverweigerungsrechts die Aussage verweigern kann, ist vorher darauf aufmerksam zu machen.
41
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 41 - 1 Lässt sich der Sachverhalt auf andere Weise nicht hinreichend abklären, so können Zeugen einvernommen werden.
1    Lässt sich der Sachverhalt auf andere Weise nicht hinreichend abklären, so können Zeugen einvernommen werden.
2    Auf die Vernehmung und die Entschädigung der Zeugen sind die Artikel 163-166 und 168-176 StPO44 und Artikel 48 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 194745 über den Bundeszivilprozess sinngemäss anwendbar; verweigert ein Zeuge ohne gesetzlichen Grund die Aussage, zu der er unter Hinweis auf Artikel 292 des Strafgesetzbuches46 und dessen Strafdrohung aufgefordert worden ist, so ist er wegen Ungehorsams gegen diese Verfügung an den Strafrichter zu überweisen.47
3    Der Beschuldigte und sein Verteidiger haben Anspruch darauf, den Zeugeneinvernahmen beizuwohnen und über den untersuchenden Beamten Ergänzungsfragen zu stellen.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
auskunftsperson • zeuge • strafuntersuchung • beschuldigter • beschwerdekammer • aussageverweigerungsrecht • verwaltungsstrafrecht • gerichtliche polizei • wiese • bundesgesetz über das verwaltungsstrafrecht • kenntnis • anhörung oder verhör • zeugnispflicht • weisung • kommunikation • bundesrat • hauptsache • strafverfolgung • steuerstrafrecht • beweismittel
... Alle anzeigen
BstGer Leitentscheide
TPF 2010 128
Entscheide BstGer
BV.2010.46
BBl
1971/I/1011 • 1971/I/993 • 1990/III/1221