TPF 2009 69, p.69

17. Auszug aus dem Entscheid der I. Beschwerdekammer in Sachen Bundesanwaltschaft gegen A., Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt vom 28. April 2009 (BB.2009.27, BB.2009.38, BP.2009.23)

Amtliche Verteidigung. Interessenkonflikt.

Art. 36 Abs. 1 BStP, Art. 12 lit. c
SR 935.61 Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA) - Anwaltsgesetz
BGFA Art. 12 Berufsregeln - Für Anwältinnen und Anwälte gelten folgende Berufsregeln:
a  Sie üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft aus.
b  Sie üben ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus.
c  Sie meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.
d  Sie können Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht.
e  Sie dürfen vor Beendigung eines Rechtsstreits mit der Klientin oder dem Klienten keine Vereinbarung über die Beteiligung am Prozessgewinn als Ersatz für das Honorar abschliessen; sie dürfen sich auch nicht dazu verpflichten, im Falle eines ungünstigen Abschlusses des Verfahrens auf das Honorar zu verzichten.
f  Sie haben eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzuschliessen; die Versicherungssumme muss mindestens eine Million Franken pro Jahr betragen; anstelle der Haftpflichtversicherung können andere, gleichwertige Sicherheiten erbracht werden.
g  Sie sind verpflichtet, in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind, amtliche Pflichtverteidigungen und im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Rechtsvertretungen zu übernehmen.
h  Sie bewahren die ihnen anvertrauten Vermögenswerte getrennt von ihrem eigenen Vermögen auf.
i  Sie klären ihre Klientschaft bei Übernahme des Mandates über die Grundsätze ihrer Rechnungsstellung auf und informieren sie periodisch oder auf Verlangen über die Höhe des geschuldeten Honorars.
j  Sie teilen der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Register mit.
BGFA

Ein in einer Interessenkollision stehender Verteidiger vermag eine hinreichende Verteidigung nicht zu gewährleisten (E. 2.2).
Der als amtlicher Verteidiger eingesetzte Rechtsanwalt arbeitet in der gleichen Kanzlei wie der Vertreter eines Mitbeschuldigten. Zudem war er als Stellvertreter seines Bürokollegen in der gleichen Strafsache vorbefasst. In dieser Konstellation ist eine genügende amtliche Verteidigung nicht hinreichend sichergestellt (E. 2.3 und 2.4).

Défenseur d'office. Conflit d'intérêts.

Art. 36 al. 1 PPF, Art. 12 let. c LLCA

Un défenseur en situation de conflit d'intérêts ne saurait assurer une défense convenable (consid. 2.2).

L'avocat désigné comme défenseur d'office travaille dans la même Etude que le conseil d'un coïnculpé. De surcroît, il s'était déjà occupé de la même cause pénale en qualité de remplaçant d'un confrère de l'Etude. Dans cette constellation, une défense d'office suffisante ne peut être assurée de manière adéquate (consid. 2.3 et 2.4).

Difesa d'ufficio. Conflitto d'interessi.

Art. 36 cpv. 1 PP, art. 12 lett. c LLCA

Un difensore con un conflitto d'interessi non può garantire una difesa adeguata (consid. 2.2).

L'avvocato nominato difensore d'ufficio lavora nello stesso studio del rappresentante di un coimputato. Inoltre quale sostituto del suo collega d'ufficio egli era coinvolto nella stessa causa penale. Vista la situazione non è sufficientemente garantita una difesa adeguata (consid. 2.3 e 2.4).

TPF 2009 69, p.70

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Das Eidgenössische Untersuchungsrichteramt (URA) führt gegen A. und weitere Mitbeschuldigte eine Voruntersuchung wegen des Verdachts der Beteiligung an bzw. der Unterstützung einer kriminellen Organisation. Nachdem das URA erfahren hatte, dass der bisherige amtliche Verteidiger von A. dessen notwendige Verteidigung nicht mehr wahrnehmen konnte, forderte es A. auf, einen neuen Verteidiger zu bezeichnen. A. kontaktierte daraufhin Rechtsanwalt B. Dieser arbeitet seit Ende 2004 im Anwaltsbüro E. Der in der gleichen Kanzlei tätige Rechtsanwalt E. vertritt seinerseits in derselben Voruntersuchung als amtlicher Verteidiger den Mitbeschuldigten F., wobei Rechtsanwalt B. bislang als Stellvertreter von E. bei der amtlichen Verteidigung von F. tätig war. Rechtsanwalt B. ersuchte das URA um Einsetzung als amtlicher Verteidiger von A. Mit Verfügung vom 19. März 2009 kam das URA diesem Ersuchen nach. Gegen diese Verfügung reichte die Bundesanwaltschaft bei der I. Beschwerdekammer Beschwerde ein und verlangte u. a. deren Aufhebung.
Die I. Beschwerdekammer hiess die Beschwerde gut.

Aus den Erwägungen:

2.2 Ein in einer Interessenkollision stehender Verteidiger vermag eine hinreichende Verteidigung nicht zu gewährleisten. Art. 12 lit. c
SR 935.61 Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA) - Anwaltsgesetz
BGFA Art. 12 Berufsregeln - Für Anwältinnen und Anwälte gelten folgende Berufsregeln:
a  Sie üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft aus.
b  Sie üben ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus.
c  Sie meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.
d  Sie können Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht.
e  Sie dürfen vor Beendigung eines Rechtsstreits mit der Klientin oder dem Klienten keine Vereinbarung über die Beteiligung am Prozessgewinn als Ersatz für das Honorar abschliessen; sie dürfen sich auch nicht dazu verpflichten, im Falle eines ungünstigen Abschlusses des Verfahrens auf das Honorar zu verzichten.
f  Sie haben eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzuschliessen; die Versicherungssumme muss mindestens eine Million Franken pro Jahr betragen; anstelle der Haftpflichtversicherung können andere, gleichwertige Sicherheiten erbracht werden.
g  Sie sind verpflichtet, in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind, amtliche Pflichtverteidigungen und im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Rechtsvertretungen zu übernehmen.
h  Sie bewahren die ihnen anvertrauten Vermögenswerte getrennt von ihrem eigenen Vermögen auf.
i  Sie klären ihre Klientschaft bei Übernahme des Mandates über die Grundsätze ihrer Rechnungsstellung auf und informieren sie periodisch oder auf Verlangen über die Höhe des geschuldeten Honorars.
j  Sie teilen der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Register mit.
des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) statuiert, dass Anwälte ,,jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen [meiden]". Ein Interessenkonflikt liegt grundsätzlich u. a. bei Mehrfachverteidigung (Doppelvertretung) durch denselben Anwalt vor, d. h. wenn ein Anwalt gleichzeitig verschiedene Parteien berät oder vor Gericht vertritt, deren Interessen sich widersprechen (vgl. zum Ganzen FELLMANN, Kommentar zum Anwaltsgesetz, Zürich/Basel/Genf 2005, Art. 12
SR 935.61 Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA) - Anwaltsgesetz
BGFA Art. 12 Berufsregeln - Für Anwältinnen und Anwälte gelten folgende Berufsregeln:
a  Sie üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft aus.
b  Sie üben ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus.
c  Sie meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.
d  Sie können Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht.
e  Sie dürfen vor Beendigung eines Rechtsstreits mit der Klientin oder dem Klienten keine Vereinbarung über die Beteiligung am Prozessgewinn als Ersatz für das Honorar abschliessen; sie dürfen sich auch nicht dazu verpflichten, im Falle eines ungünstigen Abschlusses des Verfahrens auf das Honorar zu verzichten.
f  Sie haben eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzuschliessen; die Versicherungssumme muss mindestens eine Million Franken pro Jahr betragen; anstelle der Haftpflichtversicherung können andere, gleichwertige Sicherheiten erbracht werden.
g  Sie sind verpflichtet, in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind, amtliche Pflichtverteidigungen und im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Rechtsvertretungen zu übernehmen.
h  Sie bewahren die ihnen anvertrauten Vermögenswerte getrennt von ihrem eigenen Vermögen auf.
i  Sie klären ihre Klientschaft bei Übernahme des Mandates über die Grundsätze ihrer Rechnungsstellung auf und informieren sie periodisch oder auf Verlangen über die Höhe des geschuldeten Honorars.
j  Sie teilen der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Register mit.
BGFA N. 96 ff.; HESS, Verbot von Interessenkollisionen bei Prozessvertretungen und bei beratender Tätigkeit, Anwalts Revue 1/2005, S. 23 ff., 23; STUDER, Die Doppelvertretung nach Art. 12 lit. c
SR 935.61 Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA) - Anwaltsgesetz
BGFA Art. 12 Berufsregeln - Für Anwältinnen und Anwälte gelten folgende Berufsregeln:
a  Sie üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft aus.
b  Sie üben ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus.
c  Sie meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.
d  Sie können Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht.
e  Sie dürfen vor Beendigung eines Rechtsstreits mit der Klientin oder dem Klienten keine Vereinbarung über die Beteiligung am Prozessgewinn als Ersatz für das Honorar abschliessen; sie dürfen sich auch nicht dazu verpflichten, im Falle eines ungünstigen Abschlusses des Verfahrens auf das Honorar zu verzichten.
f  Sie haben eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzuschliessen; die Versicherungssumme muss mindestens eine Million Franken pro Jahr betragen; anstelle der Haftpflichtversicherung können andere, gleichwertige Sicherheiten erbracht werden.
g  Sie sind verpflichtet, in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind, amtliche Pflichtverteidigungen und im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Rechtsvertretungen zu übernehmen.
h  Sie bewahren die ihnen anvertrauten Vermögenswerte getrennt von ihrem eigenen Vermögen auf.
i  Sie klären ihre Klientschaft bei Übernahme des Mandates über die Grundsätze ihrer Rechnungsstellung auf und informieren sie periodisch oder auf Verlangen über die Höhe des geschuldeten Honorars.
j  Sie teilen der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Register mit.
BGFA, Anwalts Revue 6-7/2004, S. 234 f., 234; TPF 2007 38 E. 3). Der klassische Fall des Interessenkonflikts der Doppelverteidigung besteht dann, wenn ein Rechtsanwalt die Verteidigung zweier sich gegenseitig belastender Angeschuldigter übernimmt (RUCKSTUHL, Vertretung von Tatverdächtigen

TPF 2009 69, p.71

im Vorverfahren, in: Niggli/Weissenberger [Hrsg.], Strafverteidigung, Bd. 7, Basel 2002, N. 3.45 ff.). Im Strafprozess ist es grundsätzlich ausgeschlossen, dass ein Anwalt im gleichen Verfahren zwei oder gar mehrere Angeschuldigte vertritt, da eine Doppelvertretung bei objektiver Betrachtung stets die Möglichkeit eines Interessenkonflikts in sich birgt. Das Bestehen eines Interessenkonflikts ist in abstrakter Weise zu evaluieren. In dieser Hinsicht genügt die theoretische Möglichkeit, dass sich ein Interessenkonflikt im Verlauf des Verfahrens verwirklicht. Die allfällige Zustimmung des Klienten zur Doppelvertretung ändert daran nichts (Entscheide des Bundesstrafgerichts BK_B 163/04 vom 7. Februar 2005, E. 5; BK_B 109/04 vom 18. August 2004, E. 3.1 je m.w.H.; Pra 87 [1998] Nr. 98 E. 3c).

Eine Interessenkollision kann nicht nur gegenüber dem eigenen Mandantenstamm bestehen, sondern auch gegenüber jenem derjenigen Anwälte, mit denen der Verteidiger eine Kanzleigemeinschaft mit gemeinsamem Auftritt nach aussen, allenfalls gar mit gemeinsamer Vollmacht, bildet (Art. 12 lit. c
SR 935.61 Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA) - Anwaltsgesetz
BGFA Art. 12 Berufsregeln - Für Anwältinnen und Anwälte gelten folgende Berufsregeln:
a  Sie üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft aus.
b  Sie üben ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus.
c  Sie meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.
d  Sie können Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht.
e  Sie dürfen vor Beendigung eines Rechtsstreits mit der Klientin oder dem Klienten keine Vereinbarung über die Beteiligung am Prozessgewinn als Ersatz für das Honorar abschliessen; sie dürfen sich auch nicht dazu verpflichten, im Falle eines ungünstigen Abschlusses des Verfahrens auf das Honorar zu verzichten.
f  Sie haben eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzuschliessen; die Versicherungssumme muss mindestens eine Million Franken pro Jahr betragen; anstelle der Haftpflichtversicherung können andere, gleichwertige Sicherheiten erbracht werden.
g  Sie sind verpflichtet, in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind, amtliche Pflichtverteidigungen und im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Rechtsvertretungen zu übernehmen.
h  Sie bewahren die ihnen anvertrauten Vermögenswerte getrennt von ihrem eigenen Vermögen auf.
i  Sie klären ihre Klientschaft bei Übernahme des Mandates über die Grundsätze ihrer Rechnungsstellung auf und informieren sie periodisch oder auf Verlangen über die Höhe des geschuldeten Honorars.
j  Sie teilen der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Register mit.
BGFA i.V.m. Art. 14 Abs. 1 der Standesregeln des Schweizerischen Anwaltsverbands in der Fassung vom 10. Juni 2005; FELLMANN, a.a.O., Art. 12
SR 935.61 Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA) - Anwaltsgesetz
BGFA Art. 12 Berufsregeln - Für Anwältinnen und Anwälte gelten folgende Berufsregeln:
a  Sie üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft aus.
b  Sie üben ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus.
c  Sie meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.
d  Sie können Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht.
e  Sie dürfen vor Beendigung eines Rechtsstreits mit der Klientin oder dem Klienten keine Vereinbarung über die Beteiligung am Prozessgewinn als Ersatz für das Honorar abschliessen; sie dürfen sich auch nicht dazu verpflichten, im Falle eines ungünstigen Abschlusses des Verfahrens auf das Honorar zu verzichten.
f  Sie haben eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzuschliessen; die Versicherungssumme muss mindestens eine Million Franken pro Jahr betragen; anstelle der Haftpflichtversicherung können andere, gleichwertige Sicherheiten erbracht werden.
g  Sie sind verpflichtet, in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind, amtliche Pflichtverteidigungen und im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Rechtsvertretungen zu übernehmen.
h  Sie bewahren die ihnen anvertrauten Vermögenswerte getrennt von ihrem eigenen Vermögen auf.
i  Sie klären ihre Klientschaft bei Übernahme des Mandates über die Grundsätze ihrer Rechnungsstellung auf und informieren sie periodisch oder auf Verlangen über die Höhe des geschuldeten Honorars.
j  Sie teilen der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Register mit.
BGFA N. 88 ff.; RUCKSTUHL, a.a.O., N. 3.45).

2.3 B. und E. arbeiten nicht nur in der gleichen Kanzlei, sie pflegen auch einen gemeinsamen Auftritt nach aussen und sind auf ihren Vollmachten gemeinsam aufgeführt. Zudem war B. mit der Verteidigung des von E. vertretenen Mitbeschuldigten F. in der gleichen Strafsache vorbefasst, was bereits die Gefahr eines Interessenkonflikts nach Art. 13 der Standesregeln des Schweizerischen Anwaltsverbands in der Fassung vom 10. Juni 2005 mit sich bringt. Aus diesen Gründen kann davon ausgegangen werden, dass die Übernahme der amtlichen Vertretung des Beschwerdeführers durch B. vom Verbot der Interessenkollisionen von Art. 12 lit. c
SR 935.61 Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA) - Anwaltsgesetz
BGFA Art. 12 Berufsregeln - Für Anwältinnen und Anwälte gelten folgende Berufsregeln:
a  Sie üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft aus.
b  Sie üben ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus.
c  Sie meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.
d  Sie können Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht.
e  Sie dürfen vor Beendigung eines Rechtsstreits mit der Klientin oder dem Klienten keine Vereinbarung über die Beteiligung am Prozessgewinn als Ersatz für das Honorar abschliessen; sie dürfen sich auch nicht dazu verpflichten, im Falle eines ungünstigen Abschlusses des Verfahrens auf das Honorar zu verzichten.
f  Sie haben eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzuschliessen; die Versicherungssumme muss mindestens eine Million Franken pro Jahr betragen; anstelle der Haftpflichtversicherung können andere, gleichwertige Sicherheiten erbracht werden.
g  Sie sind verpflichtet, in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind, amtliche Pflichtverteidigungen und im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Rechtsvertretungen zu übernehmen.
h  Sie bewahren die ihnen anvertrauten Vermögenswerte getrennt von ihrem eigenen Vermögen auf.
i  Sie klären ihre Klientschaft bei Übernahme des Mandates über die Grundsätze ihrer Rechnungsstellung auf und informieren sie periodisch oder auf Verlangen über die Höhe des geschuldeten Honorars.
j  Sie teilen der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Register mit.
BGFA erfasst wird.

Im vorliegenden Fall belastete zudem der Beschwerdegegner anlässlich seiner Einvernahmen vom 11. Mai 2004, vom 27. Mai 2004 und vom 8. Juni 2004 verschiedentlich den Angeklagten F., der durch E. amtlich vertreten wird; F. bestritt die Anschuldigungen durchgehend. Sich widersprechende Interessen der durch die beim Anwaltsbüro E. tätigen Anwälte vertretenen Angeschuldigten liegen zweifelsohne vor.

TPF 2009 69, p.72

Der Beschwerdegegner macht demgegenüber geltend, dass die Beschwerdeführerin die Dauer und den Stand des Verfahrens ausser Acht gelassen hätte. Die Voraussetzungen für das Bestehen eines klassischen Interessenkonfliktes i. S. der bundesgerichtlichen Rechtsprechung seien nicht mehr gegeben.

Die Bindung im Sinne der Treueund Schweigepflicht besteht zwischen Anwalt und Klient während des ganzen Verfahrens und sogar auch nach Beendigung des Mandates weiter (Pra 87 [1998], Nr. 98 E. 4c/aa m.w.H.). Es ist nicht ersichtlich, weshalb im vorliegenden Fall die verteidigten Interessen der zwei Angeschuldigten nicht mehr bestehend oder aktuell sein sollten. In Hinblick auf die Wahrung der Verteidigungsrechte und einer sachgerechten Verteidigung während einer möglichen Hauptverhandlung bestehen die gegenseitigen Interessenlagen der zwei Angeschuldigten weiter. Auch die Zustimmung der zwei Angeschuldigten zur Mehrfachverteidigung ändert an dieser Tatsache nichts.
Gegen das Argument des Beschwerdegegners, die Verteidiger von Mitbeschuldigten würden sich auf jeden Fall über ihre Verteidigungsstrategie austauschen, ist anzubringen, dass die Verteidigungsstrategie in erster Linie zwischen Anwalt und Klient bestimmt wird. Die Absprache zwischen verschiedenen Verteidigern, sogenannte Sockelverteidigung, unterliegt engen Grenzen und darf der eigenen Klientschaft nie schaden; eine Abgrenzung zur verbotenen Kollusion ist von Fall zu Fall zu beurteilen (RUCKSTUHL, a.a.O, N. 3.87 f. und 3.182 f.).
2.4 In Hinblick darauf, dass in Fällen der notwendigen Strafverteidigung den Justizbehörden eine Fürsorgepflicht obliegt, gemäss welcher diese insbesondere für die Voraussetzungen eines fairen Strafverfahrens zu sorgen haben, worunter auch die Sicherstellung einer genügenden anwaltlichen Verteidigung gehört, sind die Beschwerden gutzuheissen (BGE 131 I 350 E. 4.2). Des Weiteren ist auch im Hinblick auf ein späteres Urteil zu beachten, dass die Einsetzung eines amtlichen Verteidigers, der in einem Interessenkonflikt steht, zur Nichtigkeit der von ihm vorgenommenen Verfahrenshandlungen führen könnte. (...)

TPF 2009 69, p.73
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : TPF 2009 69
Datum : 28. April 2009
Publiziert : 01. Juni 2009
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : TPF 2009 69
Sachgebiet : Art. 36 Abs. 1 BStP, Art. 12 lit. c BGFA Ein in einer Interessenkollision stehender Verteidiger vermag eine...
Gegenstand : Amtliche Verteidigung. Interessenkonflikt.


Gesetzesregister
BGFA: 12
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a  Sie üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft aus.
b  Sie üben ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus.
c  Sie meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.
d  Sie können Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht.
e  Sie dürfen vor Beendigung eines Rechtsstreits mit der Klientin oder dem Klienten keine Vereinbarung über die Beteiligung am Prozessgewinn als Ersatz für das Honorar abschliessen; sie dürfen sich auch nicht dazu verpflichten, im Falle eines ungünstigen Abschlusses des Verfahrens auf das Honorar zu verzichten.
f  Sie haben eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzuschliessen; die Versicherungssumme muss mindestens eine Million Franken pro Jahr betragen; anstelle der Haftpflichtversicherung können andere, gleichwertige Sicherheiten erbracht werden.
g  Sie sind verpflichtet, in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind, amtliche Pflichtverteidigungen und im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Rechtsvertretungen zu übernehmen.
h  Sie bewahren die ihnen anvertrauten Vermögenswerte getrennt von ihrem eigenen Vermögen auf.
i  Sie klären ihre Klientschaft bei Übernahme des Mandates über die Grundsätze ihrer Rechnungsstellung auf und informieren sie periodisch oder auf Verlangen über die Höhe des geschuldeten Honorars.
j  Sie teilen der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Register mit.
BStP: 36
BGE Register
131-I-350
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
interessenkonflikt • amtliche verteidigung • rechtsanwalt • doppelvertretung • beschwerdekammer • beschwerdegegner • kanzlei • beschuldigter • bundesgesetz über die freizügigkeit der anwältinnen und anwälte • strafsache • entscheid • strafprozess • notwendige verteidigung • prozessvertretung • verhältnis zwischen • richterliche behörde • kollusionsgefahr • dauer • bundesstrafgericht • verteidigungsrechte
... Alle anzeigen
BstGer Leitentscheide
TPF 2007 38 • TPF 2009 69
Entscheide BstGer
BK_B_163/04 • BB.2009.38 • BK_B_109/04 • BP.2009.23 • BB.2009.27