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24. Februar 1982 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSV; SR 351.11; vgl. BGE 123 II 134 E. 5c m.w.H.). (...)

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16. Auszug aus dem Entscheid der Strafkammer in Sachen Bundesanwaltschaft gegen A. und Cons. vom 16. Mai 2008 (SK.2007.21)

Inhalt der Anklageschrift. Behörde als Sachverständige.
Art. 91 ff ., 126 Abs. 1 BStP

Beschreibt die Anklageschrift die Fakten des angeklagten Delikts unvollständig und wird sie auf richterliche Einladung hin nicht ergänzt, so ist freizusprechen (E. 1.4). Der Bericht einer Behörde ist kein Gutachten, auch wenn diese die Fakten in einem förmlichen Verfahren ermittelt (E. 1.5).

Contenu de l'acte d'accusation. Autorité en tant qu'expert.
Art. 91 ss, 126 al. 1 PPF

Lorsque l'acte d'accusation décrit les faits du délit en question de manière incomplète et lorsque ledit acte n'est pas complété malgré l'invitation y relative par le Tribunal, il sied de prononcer l'acquittement (consid. 1.4). Le rapport d'une autorité ne constitue pas un rapport d'expertise, même si elle établit les faits dans le cadre d'une procédure formelle (consid. 1.5).

Contenuto dell'atto d'accusa. Autorità e funzione peritale.
Art. 91 e segg., 126 cpv. 1 PP

Se l'atto d'accusa descrive in modo incompleto i fatti del reato imputato e se non viene completato nonostante il pertinente invito del giudice, occorre pronunciare l'assoluzione (consid. 1.4). Il rapporto di un'autorità non è una perizia, anche se quest'ultima accerta i fatti in una procedura formale (consid. 1.5).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Die Strafkammer sprach A. und Cons. mit Entscheid vom 16. Mai 2008 von den Vorwürfen der mehrfachen fahrlässigen Tötung und der mehrfachen

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fahrlässigen schweren Körperverletzung frei. Im Rahmen ihres Entscheides äusserte sich die Strafkammer auch zur Bedeutung des Anklageprinzips für die Anklageschrift und zur Beweiskraft eines Behördenberichts.

Aus den Erwägungen:

1.4 Gemäss Art. 126 Abs. 1 BStP bezeichnet die Anklageschrift unter anderem das strafbare Verhalten, dessen der Angeklagte beschuldigt wird, nach seinen tatsächlichen und gesetzlichen Merkmalen (Ziff. 2). Das Gericht hat nur die Tat zu beurteilen, auf die sich die Anklage bezieht (Art. 169 Abs. 1 BStP).

Die Anklageschrift hat eine doppelte Bedeutung. Sie dient einerseits der Bestimmung des Prozessgegenstandes (Umgrenzungsfunktion), vermittelt andererseits dem Angeklagten die für die Durchführung des Verfahrens und die Verteidigung notwendigen Informationen (Informationsfunktion) und fixiert somit das Verfahrensund Urteilsthema (HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., Basel 2005, § 50 N. 6 und 8). Das bedeutet gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung, dass die Anklage, um dem Anklageprinzip gerecht zu werden, die dem Angeklagten zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben hat, dass die Vorwürfe genügend konkretisiert sind (BGE 126 I 19 E. 2a; 120 IV 348 E. 2b). In der Anklageschrift vom 23. Oktober 2007 wirft die Bundesanwaltschaft den Angeklagten unter anderem fahrlässige schwere Körperverletzung vor ("anwendbare Gesetzesbestimmung Art. 125 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe182 bestraft.
1    Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe182 bestraft.
2    Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt.
StGB"). Aus der Anklageschrift geht jedoch nicht hervor, wer Opfer dieser Straftat geworden ist und was für Verletzungen vorliegen. Der Tatvorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung wird in keiner Weise konkretisiert. Damit wurde keine genügende Anklage erhoben. Die Bundesanwaltschaft hat sie trotz Einladung des Kammerpräsidenten auch nicht ergänzt, was zu einem Freispruch der Angeklagten hinsichtlich dieses Vorwurfs zu führen hat.

1.5 Gemäss Art. 24 f
SR 748.0 Bundesgesetz vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz, LFG) - Luftfahrtgesetz
LFG Art. 24 - 1 Über die Umstände, den Verlauf und die Ursachen von Unfällen und schweren Vorfällen in der Luftfahrt wird eine Untersuchung durchgeführt.
1    Über die Umstände, den Verlauf und die Ursachen von Unfällen und schweren Vorfällen in der Luftfahrt wird eine Untersuchung durchgeführt.
2    Die Untersuchung dient dazu, ähnliche Unfälle zu vermeiden. Schuld und Haftung sind nicht Gegenstand der Untersuchung.
. des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt (LFG; SR 748.0) ist das Büro für Flugunfalluntersuchungen (BFU) für die Abklärung von Flugunfällen zuständig, nicht jedoch für deren rechtliche Würdigung. Die Ausführungen im Untersuchungsbericht des BFU gelten daher als fachmännische Äusserungen, nicht aber als gerichtliche Expertise im Sinne von Art. 91 ff . BStP, an welche das Gericht grund-

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sätzlich gebunden ist; denn das BFU respektive die einzelnen Mitarbeiter sind nicht nach diesen Bestimmungen richterlich eingesetzt und in die Pflicht genommen worden. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung kann das Gericht jedoch den Untersuchungsbericht berücksichtigen. Es hat dabei zu beachten, dass das BFU aufgrund seines technischen Sachverstandes in der Lage ist, die massgeblichen Unfallursachen zu ermitteln, und dass es berechtigt ist, förmliche Zeugeneinvernahmen durchzuführen (Art. 26b Abs. 2
SR 748.0 Bundesgesetz vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz, LFG) - Luftfahrtgesetz
LFG Art. 26b - 1 Für die Durchführung der Untersuchungen in der Militärluftfahrt ist eine Stelle bei der MAA zuständig.
1    Für die Durchführung der Untersuchungen in der Militärluftfahrt ist eine Stelle bei der MAA zuständig.
2    Für das Verfahren gilt Artikel 26 Absätze 1-3 sinngemäss.
3    Der Bundesrat regelt die Organisation der Stelle, die Einzelheiten des Verfahrens und die Zwangsmassnahmen.
LFG, Art. 15 Abs. 1
SR 748.0 Bundesgesetz vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz, LFG) - Luftfahrtgesetz
LFG Art. 26b - 1 Für die Durchführung der Untersuchungen in der Militärluftfahrt ist eine Stelle bei der MAA zuständig.
1    Für die Durchführung der Untersuchungen in der Militärluftfahrt ist eine Stelle bei der MAA zuständig.
2    Für das Verfahren gilt Artikel 26 Absätze 1-3 sinngemäss.
3    Der Bundesrat regelt die Organisation der Stelle, die Einzelheiten des Verfahrens und die Zwangsmassnahmen.
VFU [Verordnung vom 23. November 1994 über die Untersuchung von Flugunfällen und schweren Vorfällen, SR 748.126.3]), die unter der Strafandrohung von Art. 307
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 307 - 1 Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    ...434
3    Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe.435
StGB vorgenommen werden (Art. 82
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 307 - 1 Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    ...434
3    Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe.435
BStP i.V.m. Art. 26b Abs. 3
SR 748.0 Bundesgesetz vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz, LFG) - Luftfahrtgesetz
LFG Art. 26b - 1 Für die Durchführung der Untersuchungen in der Militärluftfahrt ist eine Stelle bei der MAA zuständig.
1    Für die Durchführung der Untersuchungen in der Militärluftfahrt ist eine Stelle bei der MAA zuständig.
2    Für das Verfahren gilt Artikel 26 Absätze 1-3 sinngemäss.
3    Der Bundesrat regelt die Organisation der Stelle, die Einzelheiten des Verfahrens und die Zwangsmassnahmen.
LFG).

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17. Auszug aus dem Entscheid der II. Beschwerdekammer in Sachen A. gegen Bundesamt für Justiz vom 20. Mai 2008 (RR.2008.35)

Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Südafrika; Spezialitätsprinzip; Zustimmung des Bundesamtes für Justiz für die weitere Verwendung.
Art. 3
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 3 Art der Tat - 1 Einem Ersuchen wird nicht entsprochen, wenn Gegenstand des Verfahrens eine Tat ist, die nach schweizerischer Auffassung vorwiegend politischen Charakter hat, eine Verletzung der Pflichten zu militärischen oder ähnlichen Dienstleistungen darstellt oder gegen die Landesverteidigung oder die Wehrkraft des ersuchenden Staats gerichtet erscheint.
1    Einem Ersuchen wird nicht entsprochen, wenn Gegenstand des Verfahrens eine Tat ist, die nach schweizerischer Auffassung vorwiegend politischen Charakter hat, eine Verletzung der Pflichten zu militärischen oder ähnlichen Dienstleistungen darstellt oder gegen die Landesverteidigung oder die Wehrkraft des ersuchenden Staats gerichtet erscheint.
2    Die Einrede des politischen Charakters wird keinesfalls berücksichtigt:
a  bei Völkermord;
b  bei einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit;
c  bei einem Kriegsverbrechen; oder
d  wenn die Tat besonders verwerflich erscheint, weil der Täter zur Erpressung oder Nötigung Leib und Leben von Menschen in Gefahr brachte oder zu bringen drohte, namentlich durch Entführung eines Flugzeuges, Verwendung von Massenvernichtungsmitteln, Auslösen einer Katastrophe oder durch Geiselnahme.16
3    Einem Ersuchen wird nicht entsprochen, wenn Gegenstand des Verfahrens eine Tat ist, die auf eine Verkürzung fiskalischer Abgaben gerichtet erscheint oder Vorschriften über währungs-, handels- oder wirtschaftspolitische Massnahmen verletzt. Es kann jedoch entsprochen werden:
a  einem Ersuchen um Rechtshilfe nach dem dritten Teil dieses Gesetzes, wenn ein Abgabebetrug Gegenstand des Verfahrens ist;
b  einem Ersuchen nach allen Teilen dieses Gesetzes, wenn ein qualifizierter Abgabebetrug im Sinne von Artikel 14 Absatz 4 des Bundesgesetzes vom 22. März 197417 über das Verwaltungsstrafrecht Gegenstand des Verfahrens ist.18
, 67
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 67 Grundsatz der Spezialität - 1 Die durch Rechtshilfe erhaltenen Auskünfte und Schriftstücke dürfen im ersuchenden Staat in Verfahren wegen Taten, bei denen Rechtshilfe nicht zulässig ist, weder für Ermittlungen benützt noch als Beweismittel verwendet werden.
1    Die durch Rechtshilfe erhaltenen Auskünfte und Schriftstücke dürfen im ersuchenden Staat in Verfahren wegen Taten, bei denen Rechtshilfe nicht zulässig ist, weder für Ermittlungen benützt noch als Beweismittel verwendet werden.
2    Eine weitere Verwendung bedarf der Zustimmung des BJ. Diese ist nicht nötig:
a  wenn die Tat, auf die sich das Ersuchen bezieht, einen anderen Straftatbestand darstellt, für den Rechtshilfe zulässig wäre; oder
b  wenn sich das ausländische Strafverfahren gegen andere Personen richtet, die an der strafbaren Handlung teilgenommen haben.
3    Die Anwesenheit bei den Rechtshilfehandlungen und die Akteneinsicht werden unter den gleichen Bedingungen bewilligt (Art. 65a Abs. 1).
IRSG

Soweit die Verwendung der rechtshilfeweise erlangten Auskünfte und Schriftstücke im Strafverfahren gemäss dem Spezialitätsvorbehalt zulässig ist, ist auch eine ausdrückliche Zustimmung des Bundesamtes für Justiz zur weiteren Verwendung der bereits übermittelten Beweismittel nicht erforderlich. Ist der von der Rechtshilfemassnahme Betroffene der Auffassung, der ersuchende Staat hätte sich über den Spezialitätsvorbehalt hinweggesetzt, kann er beim Bundesamt für Justiz die Intervention der Schweiz beim ausländischen Staat verlangen (E. 2).

Entraide judiciaire internationale en matière pénale en faveur de l'Afrique du Sud; principe de la spécialité; approbation de l'Office fédéral de la justice en vue de l'utilisation ultérieure.

Art. 3, 67 EIMP

Dans la mesure où l'utilisation, dans la procédure pénale, des renseignements et documents obtenus par la voie de l'entraide judiciaire est admissible selon le principe de la spécialité, un consentement explicite de l'Office fédéral de la

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Document : TPF 2008 66
Date : 16. Mai 2008
Published : 01. Juni 2009
Source : Bundesstrafgericht
Status : TPF 2008 66
Subject area : Art. 91 ff., 126 Abs. 1 BStP Beschreibt die Anklageschrift die Fakten des angeklagten Delikts unvollständig und wird...
Subject : Inhalt der Anklageschrift. Behörde als Sachverständige.


Legislation register
BStP: 82  91  126  169
IRSG: 3  67
LFG: 24  26b
StGB: 125  307
VFU: 15
BGE-register
120-IV-348 • 123-II-134 • 126-I-19
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