2021 VII/2

Auszug aus dem Urteil der Abteilung VI
i. S. A. gegen Staatssekretariat für Migration
F-2879/2020 vom 16. März 2021

Einreiseverbot. Wiedererwägung. Rückkommensgründe in Bezug auf ein befristetes Einreiseverbot ausserhalb des Anwendungsbereichs des FZA. Grundsatzurteil.

Art. 67 Abs. 5
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 67 Einreiseverbot - 1 Das SEM verfügt unter Vorbehalt von Absatz 5 Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Ausländerinnen und Ausländern, wenn:
a  Sozialhilfekosten verursacht haben;
b  in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft (Art. 75-78) genommen worden sind.154
c  sie gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden; oder
d  sie bestraft worden sind, weil sie Handlungen im Sinne von Artikel 115 Absatz 1, 116, 117 oder 118 begangen haben oder weil sie versucht haben, solche Handlungen zu begehen.153
AIG. Art. 11 Abs. 3 Richtlinie 2008/115/EG.

1. Klagloses Verhalten während der Geltungsdauer des Einreiseverbots stellt keinen Grund für eine Wiedererwägung dar und begründet keinen Anspruch auf periodische Überprüfung der Massnahme (E. 4.4). Änderung der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts in Bezug auf befristete Einreiseverbote (E. 4.2-4.7).

2. Die vorzeitige Aufhebung eines Einreiseverbots stützt sich in erster Linie auf Art. 67 Abs. 5
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 67 Einreiseverbot - 1 Das SEM verfügt unter Vorbehalt von Absatz 5 Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Ausländerinnen und Ausländern, wenn:
a  Sozialhilfekosten verursacht haben;
b  in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft (Art. 75-78) genommen worden sind.154
c  sie gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden; oder
d  sie bestraft worden sind, weil sie Handlungen im Sinne von Artikel 115 Absatz 1, 116, 117 oder 118 begangen haben oder weil sie versucht haben, solche Handlungen zu begehen.153
AIG (E. 4.7).

3. Wird ein unbefristetes Einreiseverbot in ein befristetes umgewandelt, sind für die Festsetzung der Geltungsdauer die Wertungen zum Zeitpunkt der Verhängung des Einreiseverbots massgeblich (E. 4.8).

4. Auswirkungen der Praxisänderung auf die Anforderungen an die Begründungsdichte, was die Dauer des Einreiseverbots betrifft (E. 4.9).

Interdiction d'entrée. Réexamen. Motifs de réexamen d'une interdiction d'entrée de durée limitée n'entrant pas dans le champ d'application de l'ALCP. Arrêt de principe.

Art. 67 al. 5 LEI. Art. 11 par. 3 directive 2008/115/CE.

1. Un comportement irréprochable pendant la durée de validité de l'interdiction d'entrée ne constitue pas un motif de réexamen et ne confère aucun droit un contrôle périodique de la mesure d'éloignement (consid. 4.4). Changement de pratique du Tribunal administratif fédéral en matière d'interdictions d'entrée de durée limitée (consid. 4.2-4.7).

2. La levée anticipée d'une interdiction d'entrée se fonde en premier lieu sur l'art. 67 al. 5 LEI (consid. 4.7).

3. Lorsqu'une interdiction d'entrée de durée illimitée est convertie en une interdiction d'entrée de durée limitée, sont déterminantes pour la fixation de la durée de validité de la mesure d'éloignement les appréciations sur lesquelles celle-ci se fondait au moment de son prononcé (consid. 4.8).

4. Conséquences du changement de pratique sur les exigences concernant l'étendue de la motivation relative la durée de l'interdiction d'entrée (consid. 4.9).

Divieto d'entrata. Riesame. Motivi di riesame di un divieto d'entrata di durata determinata esulante dal campo d'applicazione dell'ALC. Sentenza di principio.

Art. 67 cpv. 5 LStrI. Art. 11 par. 3 direttiva 2008/115/CE.

1. Un comportamento irreprensibile durante il periodo di validit del divieto d'entrata non costituisce un motivo di riesame e non d diritto a un controllo periodico della misura (consid. 4.4). Cambiamento di prassi del Tribunale amministrativo federale in relazione a divieti d'entrata di durata determinata (consid. 4.2-4.7).

2. La sospensione anticipata di un divieto d'entrata è retta in primo luogo dall'art. 67 cpv. 5 LStrI (consid. 4.7).

3. Se un divieto d'entrata di durata indeterminata è commutato in uno di durata determinata, per fissarne il periodo di validit sono determinanti le valutazioni fatte al momento in cui il divieto d'entrata è stato pronunciato (consid. 4.8).

4. Effetti del cambiamento di prassi sulle esigenze concernenti l'ampiezza della motivazione per quanto attiene alla durata del divieto d'entrata (consid. 4.9).

Der kosovarische Staatsangehörige X. lebte ab 1985 mit verschiedenen Aufenthaltstiteln in der Schweiz. Im Jahr 2001 wurde sein Asylgesuch abgelehnt und er wurde vorläufig in der Schweiz aufgenommen.

Am 11. Dezember 2003 verurteilte ihn das Kreisgericht IV Aarwangen-Wangen wegen vorsätzlicher Tötung, versuchter vorsätzlicher Tötung, Angriffs und mehrfacher Widerhandlung gegen das Waffengesetz zu sieben Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Landesverweisung. Während des laufenden Strafverfahrens hob das damalige Bundesamt für Migration (BFM, heute Staatssekretariat für Migration [SEM]) die vorläufige Aufnahme von X. auf.

Am 7. Oktober 2008 erliess das BFM gegen X. ein Einreiseverbot von unbestimmter Dauer mit Gültigkeit ab dem 12. Oktober 2008. An jenem Tag wurde X. bedingt aus dem Strafvollzug entlassen und gleichentags in Ausschaffungshaft versetzt. Am 29. Januar 2009 wurde er in die Republik Kosovo ausgeschafft. Im September 2010 übersiedelte er nach Frankreich.

Im März beziehungsweise April 2020 ersuchte A., die in der Schweiz lebende Ehegattin von X., das SEM um Aufhebung des unbefristeten Einreiseverbots gegen X. Am 5. Mai 2020 hiess das SEM das Gesuch teilweise gut und befristete das Einreiseverbot bis zum 12. Oktober 2023.

Mit Rechtsmitteleingabe an das Bundesverwaltungsgericht vom 3. Juni 2020 beantragte A., das Einreiseverbot gegenüber X. sei vollständig aufzuheben.

Das Bundesverwaltungsgericht weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Das Wiedererwägungsgesuch ist ein formloser Rechtsbehelf, mit welchem eine betroffene Person die erstinstanzliche Verwaltungsbehörde darum ersucht, auf eine formell rechtskräftige Verfügung zurückzukommen und diese abzuändern oder aufzuheben (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2020, Rz. 1272 ff.). Im Verwaltungsverfahren des Bundes ist die Wiedererwägung formell rechtskräftiger Verfügungen nicht ausdrücklich geregelt. Sie tritt in zwei Erscheinungsformen auf: als Korrektur ursprünglich fehlerhafter Verfügungen (prozessuale Revision) und als Korrektur nachträglich fehlerhafter Verfügungen (Wiedererwägung aufgrund geänderter Verhältnisse oder - nur bei Dauersachverhalten - aufgrund geänderter Rechtslage). Die prozessuale Revision wird direkt aus Art. 66
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 66 - 1 Die Beschwerdeinstanz zieht ihren Entscheid von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei in Revision, wenn ihn ein Verbrechen oder Vergehen beeinflusst hat.
1    Die Beschwerdeinstanz zieht ihren Entscheid von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei in Revision, wenn ihn ein Verbrechen oder Vergehen beeinflusst hat.
2    Ausserdem zieht sie ihn auf Begehren einer Partei in Revision, wenn:
a  die Partei neue erhebliche Tatsachen oder Beweismittel vorbringt;
b  die Partei nachweist, dass die Beschwerdeinstanz aktenkundige erhebliche Tatsachen oder bestimmte Begehren übersehen hat;
c  die Partei nachweist, dass die Beschwerdeinstanz die Bestimmungen der Artikel 10, 59 oder 76 über den Ausstand, der Artikel 26-28 über die Akteneinsicht oder der Artikel 29-33 über das rechtliche Gehör verletzt hat; oder
d  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil festgestellt hat, dass die Konvention vom 4. November 1950120 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat, sofern eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen, und die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
3    Gründe im Sinne von Absatz 2 Buchstaben a-c gelten nicht als Revisionsgründe, wenn die Partei sie im Rahmen des Verfahrens, das dem Beschwerdeentscheid voranging, oder auf dem Wege einer Beschwerde, die ihr gegen den Beschwerdeentscheid zustand, geltend machen konnte.
VwVG abgeleitet, welcher die Möglichkeit der Revision von Beschwerdeentscheiden vorsieht. Ein entsprechendes Verfahren ist an die Hand zu nehmen, wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen und Beweismittel anführt, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung bestand (Art. 66 Abs. 3
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 66 - 1 Die Beschwerdeinstanz zieht ihren Entscheid von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei in Revision, wenn ihn ein Verbrechen oder Vergehen beeinflusst hat.
1    Die Beschwerdeinstanz zieht ihren Entscheid von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei in Revision, wenn ihn ein Verbrechen oder Vergehen beeinflusst hat.
2    Ausserdem zieht sie ihn auf Begehren einer Partei in Revision, wenn:
a  die Partei neue erhebliche Tatsachen oder Beweismittel vorbringt;
b  die Partei nachweist, dass die Beschwerdeinstanz aktenkundige erhebliche Tatsachen oder bestimmte Begehren übersehen hat;
c  die Partei nachweist, dass die Beschwerdeinstanz die Bestimmungen der Artikel 10, 59 oder 76 über den Ausstand, der Artikel 26-28 über die Akteneinsicht oder der Artikel 29-33 über das rechtliche Gehör verletzt hat; oder
d  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil festgestellt hat, dass die Konvention vom 4. November 1950120 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat, sofern eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen, und die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
3    Gründe im Sinne von Absatz 2 Buchstaben a-c gelten nicht als Revisionsgründe, wenn die Partei sie im Rahmen des Verfahrens, das dem Beschwerdeentscheid voranging, oder auf dem Wege einer Beschwerde, die ihr gegen den Beschwerdeentscheid zustand, geltend machen konnte.
VwVG per analogiam; vgl.
BGE 136 II 177 E. 2.1 zweite Variante). Vorliegend interessiert nicht die prozessuale Revision, sondern die Wiedererwägung infolge nachträglicher Änderung der Verhältnisse oder der Rechtslage. Die Rechtsprechung leitet dieses Institut direkt aus Art. 29 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
BV ab (vgl. BGE 138 I 61 E. 4.3; Urteil des BGer 2C_487/2012 vom 2. April 2013 E. 3.3). Die Verwaltungsbehörde ist verpflichtet, auf ein entsprechendes Gesuch einzutreten, wenn sich die Verhältnisse oder bei Dauersachverhalten die Rechtslage seit dem ersten Entscheid in einer Weise geändert haben, dass ein anderes Ergebnis ernstlich in Betracht fällt (BGE 136 II 177 E. 2.2.1).

3.2 Die verfügende Behörde kann ausnahmsweise aus humanitären oder anderen wichtigen Gründen von der Verhängung eines Einreiseverbots absehen oder ein Einreiseverbot endgültig oder vorübergehend aufheben (Art. 67 Abs. 5
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 67 Einreiseverbot - 1 Das SEM verfügt unter Vorbehalt von Absatz 5 Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Ausländerinnen und Ausländern, wenn:
a  Sozialhilfekosten verursacht haben;
b  in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft (Art. 75-78) genommen worden sind.154
c  sie gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden; oder
d  sie bestraft worden sind, weil sie Handlungen im Sinne von Artikel 115 Absatz 1, 116, 117 oder 118 begangen haben oder weil sie versucht haben, solche Handlungen zu begehen.153
erster Satz AIG [SR 142.20]). Zumindest in der Rechtsfolgevariante " endgültig aufheben " kann eine Spielart der Wiedererwägung infolge wesentlich veränderter Verhältnisse erblickt werden, wobei die Voraussetzungen nicht deckungsgleich sind wie jene der Wiedererwägung nachträglich unrichtig gewordener Verfügungen: Die Aufhebung erfolgt " ausnahmsweise " und nur aus " humanitären oder anderen wichtigen Gründen ". Gleichwohl können diese Gründe auf Tatsachen beruhen, welche nachträglich eingetreten sind und eine Überprüfung der Massnahme nahelegen (vgl. Urteil 2C_487/2012 E. 4.2; Urteil des BVGer F-6341/2018 vom 27. März 2019 E. 3.1).

3.3 Vorliegend steht fest, dass sich die Rechtslage seit dem Erlass der Verfügung vom 7. Oktober 2008 geändert hat: Einreiseverbote wurden gemäss alter Praxis auf unbestimmte Dauer erlassen, wenn zum Zeitpunkt der Verfügung keine zuverlässige Prognose abgegeben werden konnte, wie lange ein relevantes Risiko für die öffentliche Sicherheit und Ordnung anzunehmen war. In BVGE 2014/20 hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, vom SEM verhängte Einreiseverbote seien zwingend auf eine bestimmte Zeitdauer zu befristen (vgl. E. 6.5-6.9 ebenda). Dieser neuen Rechtsprechung hat die Vorinstanz insofern Rechnung getragen, als sie das Gesuch der Beschwerdeführerin vom 16. März 2020 teilweise guthiess und die per 12. Oktober 2008 verhängte Fernhaltemassnahme bis zum 12. Oktober 2023 befristete. Den Entscheid, das Einreiseverbot auf 15 Jahre zu befristen - anstatt es wie beantragt per sofort aufzuheben -, begründet sie mit dem Hinweis, die strafrechtliche Verurteilung des Ehemanns der Beschwerdeführerin wiege schwer und rechtfertige weiterhin die Aufrechterhaltung des auf lange Dauer ausgelegten Einreiseverbots.

3.4 Es scheint, dass die Vorinstanz das Gesuch um sofortige Aufhebung des Einreiseverbots unter dem Blickwinkel nachträglich wesentlich veränderter Umstände im Sinn eines " klassischen " Wiedererwägungsgesuchs geprüft hat. Es stellt sich indessen die Frage, ob es zulässig ist, das Einreiseverbot über die Befristung hinaus (geänderte Rechtslage) einer Überprüfung aus heutiger Perspektive ausserhalb des Anwendungsbereichs von Art. 67 Abs. 5
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 67 Einreiseverbot - 1 Das SEM verfügt unter Vorbehalt von Absatz 5 Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Ausländerinnen und Ausländern, wenn:
a  Sozialhilfekosten verursacht haben;
b  in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft (Art. 75-78) genommen worden sind.154
c  sie gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden; oder
d  sie bestraft worden sind, weil sie Handlungen im Sinne von Artikel 115 Absatz 1, 116, 117 oder 118 begangen haben oder weil sie versucht haben, solche Handlungen zu begehen.153
AIG zu unterziehen.

4.

4.1 Eine Änderung der Praxis lässt sich regelmässig nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelter Rechtsanschauung entspricht; andernfalls ist die bisherige Praxis beizubehalten. Eine Praxisänderung muss sich deshalb auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Interesse der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erachtete Rechtsanwendung gehandhabt worden ist (BGE 145 III 365 E. 3.3; 144 III 209 E. 2.3; 143 IV 9 E. 2.4; 137 III 352 E. 4.6; 136 V 313 E. 5.3.1; 136 III 6 E. 3).

4.2 Die frühere Praxis zu unbefristeten Einreiseverboten sah deren periodische Überprüfung vor. Gemäss BVGE 2008/24 hatte ein auf unbefristete Zeit angeordnetes Einreiseverbot nicht zur Folge, dass es für den Rest des Lebens der ausländischen Person gelten sollte. Vielmehr ist damit ausgedrückt worden, dass zum Zeitpunkt der Verhängung des Einreiseverbots keine zuverlässige Prognose abgegeben werden konnte, wie lange ein relevantes Risiko für die öffentliche Sicherheit und Ordnung anzunehmen war. Verhielt sich eine auf unbestimmte Dauer mit einem Einreiseverbot belegte Person während längerer Zeit klaglos, wurde dies als Argument für den nachträglichen Wegfall des öffentlichen Sicherheitsbedürfnisses und damit für eine nachträglich wesentlich veränderte Sachlage betrachtet (BVGE 2008/24 E. 4.3; vgl. auch BVGE 2013/4 E. 7.3). Das Gericht hielt im selben Entscheid in einem obiter dictum fest, dass auch befristete Einreiseverbote von der verfügenden Behörde wieder aufzuheben sind, wenn jene nicht mehr durch ein hinlängliches öffentliches Sicherheitsinteresse gedeckt sind (BVGE 2008/24 E. 6.2). In der Folge wurde in der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der Zeitablauf in Verbindung mit klaglosem Verhalten
zum Teil auch bei befristeten Einreiseverboten, welche wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Art. 67 Abs. 2 Bst. a
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 67 Einreiseverbot - 1 Das SEM verfügt unter Vorbehalt von Absatz 5 Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Ausländerinnen und Ausländern, wenn:
a  Sozialhilfekosten verursacht haben;
b  in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft (Art. 75-78) genommen worden sind.154
c  sie gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden; oder
d  sie bestraft worden sind, weil sie Handlungen im Sinne von Artikel 115 Absatz 1, 116, 117 oder 118 begangen haben oder weil sie versucht haben, solche Handlungen zu begehen.153
zweite Variante AIG) verhängt worden waren, als möglicher Wiedererwägungsgrund betrachtet (vgl. Urteile des BVGer F-6955/2015 vom 25. Juli 2016 E. 6.2; F-395/2016 vom 18. Januar 2018 E. 6.3 und 7.4;
F-6341/2018 E. 5.1 und 5.6). Auch in der Lehre wird dieser Standpunkt zum Teil vertreten. Dabei wird zum einen auf die ehemals geltende Praxis zu unbefristeten Einreiseverboten, zum anderen auf den periodischen Überprüfungsanspruch bei Gesuchen um Erteilung der Aufenthaltsbewilligung verwiesen (vgl. Marc Spescha, in: Migrationsrecht Kommentar, 5. Aufl. 2019, Art. 67 N. 13; Adank-Schärer/Antoniazza-Hafner, Interdiction d'entrée prononcée l'encontre d'un étranger délinquant, AJP 7/2018 S. 893; zum Überprüfungsanspruch bezüglich Aufenthaltsbewilligungen vgl. Urteile des BGer 2C_99/2019 vom 28. Mai 2019 E. 6.4 oder 2C_887/2018 vom 4. Dezember 2018 E. 2.2.3; vgl. ferner 2C_1224/2013 vom 12. Dezember 2014 E. 5.1.1).

4.3 Nachfolgend ist zu prüfen, ob klagloses Verhalten während mehrerer Jahre im Rahmen eines befristeten Einreiseverbots als Wiedererwägungsgrund gelten kann. Vorab ist festzuhalten, dass die entsprechenden Ausführungen einzig für Einreiseverbote gegenüber Personen gelten, welche sich nicht auf das FZA (SR 0.142.112.681) berufen können. Diese Unterscheidung ist sachlich gerechtfertigt, da Entfernungs- und Fernhaltemassnahmen Ausnahmen vom Grundprinzip der Personenfreizügigkeit gemäss FZA darstellen. Die Freiheit des Personenverkehrs (vgl. Art. 21 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV], ABl. C 115 vom 9.5.2008 S. 47) gehört zusammen mit der Freiheit des Warenverkehrs, der Freiheit des Dienstleistungsverkehrs sowie der Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs zu den Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarkts. Aufgrund des hohen Rangs des Freizügigkeitsprinzips in der Europäischen Union muss Freizügigkeitsberechtigten nach Ablauf einer angemessenen Frist Anspruch auf eine Neubeurteilung der (auf bestimmte oder unbestimmte Zeit) angeordneten Fernhaltemassnahme nach Massgabe der aktuellen Sachlage zugestanden werden. Dabei ist aufgrund der gegenwärtigen Umstände neu und umfassend
zu prüfen, ob (weiterhin) eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorliegt (Urteil 2C_487/2012 E. 4.4.1 ff. mit Verweis auf die Urteile des EuGH vom 17. Juni 1997 C-65/95 Shingara und Radiom, Slg. 1997
I-3343 Rn. 38 ff. sowie vom 18. Mai 1982 C-115/81 Adoui und Cornuaille/Belgien, Slg. 1982 S. 1665 Rn. 12). Ein weiterer Grund für die unterschiedliche Behandlung von Drittstaatsangehörigen (sofern sie sich nicht auf das FZA berufen können) liegt darin, dass Fernhaltemassnahmen (ebenso wie Entfernungsmassnahmen) gemäss FZA nicht auf generalpräventiven Überlegungen beruhen dürfen, sondern in erster Linie spezialpräventiv motiviert sein müssen (vgl. statt vieler Urteile des BGer 2C_685/2014 vom 13. Februar 2015 E. 6.1.2; 2C_1141/2012 vom 1. Mai 2013 E. 5.1).

4.4 Der Grundsatz, wonach Einreiseverbote nicht auf unbefristete Zeit gelten können und nach Ablauf einer angemessenen Frist in Wiedererwägung zu ziehen sind (vgl. BVGE 2013/4 E. 7.3; Urteil 2C_487/2012 E. 4.5.1), gilt naturgemäss für unbefristete Einreiseverbote. Diese wurden gemäss der ehemals geltenden Praxis ausgesprochen, wenn zum Zeitpunkt der Verfügung keine zuverlässige Prognose abgegeben werden konnte, wie lange ein relevantes Risiko für die öffentliche Sicherheit und Ordnung anzunehmen war (vgl. BVGE 2008/24 E. 4.3). Entsprechend bestand ein Anspruch auf periodische Überprüfung, ob ein öffentliches Interesse an der Fernhaltung fortbesteht. Im Gegensatz dazu liegt bei einem befristeten Einreiseverbot kein zeitlich unlimitierter Sachverhalt vor, der an eine im Laufe der Zeit veränderte Sachlage anzupassen wäre. Bei befristeten Einreiseverboten muss bereits im Zeitpunkt der Verfügung eine Risikoprognose vorgenommen und das öffentliche Sicherheitsinteresse definiert werden. Diese Beurteilung muss aufgrund des bisherigen Verhaltens des Betroffenen erfolgen (vgl. etwa Urteil des BVGer F-6284/2017 vom 20. Dezember 2018 E. 4.2), unter Annahme eines zukünftig straffreien Verhaltens. Letzteres, weil sich das
öffentliche Interesse an der Verhängung eines Einreiseverbots aus dem bisherigen und nicht dem zukünftigen Verhalten des Betroffenen ableitet beziehungsweise nicht daraus ableiten kann. Die verfügende Behörde muss zwar - als Grundvoraussetzung für die Verhängung des Einreiseverbots - vom Bestehen eines Risikos für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen, jedoch nicht von dessen Realisierung. Der Betroffene hat während der Dauer des Einreiseverbots unter Beweis zu stellen, dass er sich an die Rechtsordnung zu halten vermag. Tut er dies nicht und realisiert sich das prognostizierte Risiko, steht es der Verwaltungsbehörde frei, ein an das bisherige anschliessendes Einreiseverbot zu verhängen und eine neue Risikobeurteilung vorzunehmen. Realisiert es sich nicht, wird das Einreiseverbot nicht verlängert und läuft mit der ursprünglich angesetzten Frist aus. Entsprechend kann klagloses Verhalten während der Dauer einer befristeten Fernhaltemassnahme nicht Anlass zu einer Neubeurteilung des öffentlichen Interesses bilden. Korrektes Verhalten wird vielmehr vorausgesetzt (vgl. Urteil 2C_487/2012 E. 5.2). Bei gegenteiliger Annahme könnte im Übrigen bei erneuter Delinquenz kein weiteres Einreiseverbot ausgesprochen
werden. Denn wenn man von vornherein damit rechnet, dass die betroffene Person während der Massnahme straffällig wird, fehlt die Rechtfertigung dafür, ein Anschlusseinreiseverbot auszusprechen. Aus dem Gesagten folgt, dass eine mehrjährige Deliktsfreiheit während der Gültigkeit eines befristeten Einreiseverbots keinen Wiedererwägungsgrund darstellen kann. Entsprechend besteht bei befristeten Einreiseverboten kein Anspruch auf periodische Überprüfung aufgrund mehrjährigen klaglosen Verhaltens.

4.5 Auch aus der Praxis, wonach in Bezug auf die Erteilung einer (neuen) Aufenthaltsbewilligung nach einer gewissen Bewährungsdauer eine Neubeurteilung vorzunehmen ist (Urteile 2C_99/2019 E. 6.4.2; 2C_887/2018 E. 2.2.3), lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Zum einen steht das Vorliegen eines Einreiseverbots der Geltendmachung und allfälligen Anerkennung eines Rechtsanspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht entgegen (vgl. Urteile des BGer 2C_487/2012 E. 4.6 oder 2C_36/2009 vom 20. Oktober 2009 E. 3.4). Das Einreiseverbot muss denn auch aufgehoben werden, wenn eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wird (Urteile 2C_1224/2013 E. 5.1.1 und 2C_487/2012 E. 4.6). Zum anderen verbietet der fundamentale Unterschied zwischen Entfernungs- und Fernhaltemassnahmen eine analoge Behandlung in Bezug auf die Überprüfung der Sach- und Rechtslage, nachdem die entsprechende Verfügung rechtskräftig geworden ist: Die Abweisung eines Gesuchs um Erteilung eines Aufenthaltsrechts stellt keine Sicherungsmassnahme dar, während der Hauptzweck des Einreiseverbots gerade darin liegt. Dementsprechend unterliegt die Aufhebung dieser Sicherungsmassnahme, welche auf einer langfristigen Prognose beruht, höheren Anforderungen als die
Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltsrechts (nunmehr) erfüllt sind.

4.6 Schliesslich schreibt auch die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, Abl. L 348/98 vom 24.12.2008 (nachfolgend: Rückführungsrichtlinie) keine periodische Überprüfung von Einreiseverboten aufgrund langjähriger Straffreiheit vor (vgl. deren Art. 11). Art. 11 Abs. 3 Rückführungsrichtlinie sieht lediglich die Prüfung oder Aussetzung von Einreiseverboten vor, deren Verhängung im Ermessen der zuständigen Behörde stand (Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 2 Rückführungsrichtlinie), vorausgesetzt der Drittstaatsangehörige kann nachweisen, den betreffenden Mitgliedsstaat unter uneingeschränkter Einhaltung einer Rückkehrentscheidung verlassen zu haben. Diese Bestimmung wurde erlassen, um Anreize für die freiwillige Ausreise zu schaffen (vgl. Empfehlung [EU] 2017/2338 der Kommission vom 16. November 2017 für ein gemeinsames " Rückkehr-Handbuch ", das von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung rückkehrbezogener Aufgaben heranzuziehen ist, Abl. L 339/83 vom 19.12.2017 S. 127). Damit wird lediglich der Grundsatz statuiert, wonach
Einreiseverbote einer Wiedererwägung zugänglich sind (sofern die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind). Daraus lässt sich jedoch kein Anspruch auf Überprüfung aufgrund langjähriger Straffreiheit ableiten.

4.7 Zusammenfassend kann an der bisherigen Praxis, mehrjährige Straffreiheit während der Dauer eines befristeten Einreiseverbots zum Anlass einer Wiedererwägung zu nehmen, nicht festgehalten werden. Ob echte (d.h. nicht durch Zeitablauf entstandene [vgl. BGE 139 II 534 E. 5.4.1]) neue Tatsachen - sofern sie den Rahmen von Art. 67 Abs. 5
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 67 Einreiseverbot - 1 Das SEM verfügt unter Vorbehalt von Absatz 5 Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Ausländerinnen und Ausländern, wenn:
a  Sozialhilfekosten verursacht haben;
b  in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft (Art. 75-78) genommen worden sind.154
c  sie gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden; oder
d  sie bestraft worden sind, weil sie Handlungen im Sinne von Artikel 115 Absatz 1, 116, 117 oder 118 begangen haben oder weil sie versucht haben, solche Handlungen zu begehen.153
AIG überhaupt sprengen, was etwa bei einer wesentlichen Änderung der familiären Verhältnisse nicht der Fall sein dürfte - zu einer vorzeitigen Aufhebung des Einreiseverbots führen können, kann hier offenbleiben.

4.8 Aus dem Zwischenfazit, wonach das klaglose Verhalten keinen Wiedererwägungsgrund darstellt, folgt, dass bei der Befristung eines ursprünglich unbefristeten Einreiseverbots dessen Dauer (d.h. die Verhältnismässigkeit der Massnahme) nicht aus heutiger Perspektive, sondern aus der Perspektive zum Zeitpunkt, als das unbefristete Einreiseverbot verfügt worden ist, festzulegen ist. Demnach geht es nicht darum, retrospektiv den Ersatz des ursprünglich unbefristeten Einreiseverbots durch ein befristetes zu prüfen und zu diesem Zweck den Sachverhalt nochmals aufzurollen. Vielmehr ist bei der Befristung beziehungsweise Festsetzung der Dauer von den Wertungen auszugehen, auf denen das unbefristete Einreiseverbot gründete (vgl. auch [...]). Zu prüfen ist somit lediglich, ob im Zeitpunkt der Verhängung des Einreiseverbots die (im heutigen Zeitpunkt der Befristung festzulegende) Dauer der Massnahme rechtmässig gewesen wäre, sofern damals schon die Pflicht zur Befristung bestanden hätte. Die gegenteilige Ansicht hätte im Übrigen zur Konsequenz, dass im Rahmen der Befristung ein allfälliges Wohlverhalten seit der Verhängung der Fernhaltemassnahme in der Interessenabwägung zugunsten der betroffenen Person berücksichtigt
werden könnte. Dadurch wären diejenigen Betroffenen, gegen welche von Anfang an ein befristetes Einreiseverbot ausgesprochen worden ist, schlechter gestellt, da in ihrem Fall eine erneute Überprüfung und damit auch die Berücksichtigung eines allfälligen Wohlverhaltens nicht infrage kommt. Diese rechtsungleiche Behandlung ist sachlich nicht gerechtfertigt, weshalb sie nicht hingenommen werden kann. BVGE 2014/20, in dessen E. 8 eine Interessenabwägung aus der Sicht zum Zeitpunkt des Urteils vorgenommen worden ist, ist daher im erwähnten Sinn zu präzisieren.

4.9 Die Konstellation, in der ein unbefristetes Einreiseverbot in ein befristetes umzuwandeln ist, wird nur noch in einer begrenzten Anzahl von Fällen auftreten. Hingegen hat der Grundsatz, wonach klagloses Verhalten ausserhalb des Geltungsbereichs des FZA keinen Wiedererwägungsgrund darstellt, weitreichende Auswirkungen auf zukünftig neu auszusprechende Einreiseverbote. Im Wissen darum, dass eine (vorzeitige) Aufhebung in erster Linie nur unter den Voraussetzungen von Art. 67 Abs. 5
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 67 Einreiseverbot - 1 Das SEM verfügt unter Vorbehalt von Absatz 5 Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Ausländerinnen und Ausländern, wenn:
a  Sozialhilfekosten verursacht haben;
b  in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft (Art. 75-78) genommen worden sind.154
c  sie gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden; oder
d  sie bestraft worden sind, weil sie Handlungen im Sinne von Artikel 115 Absatz 1, 116, 117 oder 118 begangen haben oder weil sie versucht haben, solche Handlungen zu begehen.153
AIG zulässig ist (vgl. E. 4.7), hat die verfügende Behörde umso sorgfältiger zu prüfen, ob die Dauer der Massnahme verhältnismässig ist. Es sei daran erinnert, dass eine Fernhaltemassnahme keinen pönalisierenden Zweck verfolgen darf, sondern (in der hier interessierenden Variante gemäss Art. 67 Abs. 2 Bst. a
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 67 Einreiseverbot - 1 Das SEM verfügt unter Vorbehalt von Absatz 5 Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Ausländerinnen und Ausländern, wenn:
a  Sozialhilfekosten verursacht haben;
b  in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft (Art. 75-78) genommen worden sind.154
c  sie gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden; oder
d  sie bestraft worden sind, weil sie Handlungen im Sinne von Artikel 115 Absatz 1, 116, 117 oder 118 begangen haben oder weil sie versucht haben, solche Handlungen zu begehen.153
AIG) ausschliesslich der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dient (vgl. Botschaft vom 8. März 2002 zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, BBl 2002 3709, 3813). Die Praxis betreffend die Dauer von Einreiseverboten ist in diesem Sinn zu durchleuchten, wobei der Begründungspflicht der verfügenden Behörde besonderes Gewicht zukommt (vgl. Urteil des BGer 2C_1020/2019 vom 31. März 2020 E. 3.4.6 f.).
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 2021/VII/2
Datum : 16. März 2021
Publiziert : 01. März 2022
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : 2021/VII/2
Sachgebiet : VII (Ausländerrecht, Bürgerrecht)
Gegenstand : Einreiseverbot
Einordnung : obiter dictum


Gesetzesregister
AuG: 67
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 67 Einreiseverbot - 1 Das SEM verfügt unter Vorbehalt von Absatz 5 Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Ausländerinnen und Ausländern, wenn:
a  Sozialhilfekosten verursacht haben;
b  in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft (Art. 75-78) genommen worden sind.154
c  sie gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden; oder
d  sie bestraft worden sind, weil sie Handlungen im Sinne von Artikel 115 Absatz 1, 116, 117 oder 118 begangen haben oder weil sie versucht haben, solche Handlungen zu begehen.153
BV: 29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
VwVG: 66
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 66 - 1 Die Beschwerdeinstanz zieht ihren Entscheid von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei in Revision, wenn ihn ein Verbrechen oder Vergehen beeinflusst hat.
1    Die Beschwerdeinstanz zieht ihren Entscheid von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei in Revision, wenn ihn ein Verbrechen oder Vergehen beeinflusst hat.
2    Ausserdem zieht sie ihn auf Begehren einer Partei in Revision, wenn:
a  die Partei neue erhebliche Tatsachen oder Beweismittel vorbringt;
b  die Partei nachweist, dass die Beschwerdeinstanz aktenkundige erhebliche Tatsachen oder bestimmte Begehren übersehen hat;
c  die Partei nachweist, dass die Beschwerdeinstanz die Bestimmungen der Artikel 10, 59 oder 76 über den Ausstand, der Artikel 26-28 über die Akteneinsicht oder der Artikel 29-33 über das rechtliche Gehör verletzt hat; oder
d  der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil festgestellt hat, dass die Konvention vom 4. November 1950120 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat, sofern eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen, und die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen.
3    Gründe im Sinne von Absatz 2 Buchstaben a-c gelten nicht als Revisionsgründe, wenn die Partei sie im Rahmen des Verfahrens, das dem Beschwerdeentscheid voranging, oder auf dem Wege einer Beschwerde, die ihr gegen den Beschwerdeentscheid zustand, geltend machen konnte.
BGE Register
136-II-177 • 136-III-6 • 136-V-313 • 137-III-352 • 138-I-61 • 139-II-534 • 143-IV-9 • 144-III-209 • 145-III-365
Weitere Urteile ab 2000
2C_1020/2019 • 2C_1141/2012 • 2C_1224/2013 • 2C_36/2009 • 2C_487/2012 • 2C_685/2014 • 2C_887/2018 • 2C_99/2019 • L_339/83 • L_348/98
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
einreiseverbot • dauer • verhalten • rechtslage • bundesverwaltungsgericht • aufenthaltsbewilligung • prognose • unbestimmte dauer • ausserhalb • betroffene person • angemessene frist • wohlverhalten • mitgliedstaat • gewicht • vorsätzliche tötung • sachverhalt • vorinstanz • frage • entscheid • fernhaltemassnahme
... Alle anzeigen
BVGE
2014/20 • 2013/4 • 2008/24
BVGer
F-2879/2020 • F-395/2016 • F-6284/2017 • F-6341/2018 • F-6955/2015
BBl
2002/3709
EU Richtlinie
2008/115
EU Amtsblatt
2008 C115