Auszug aus dem Urteil der Abteilung V
i.S. A. gegen Staatssekretariat für Migration
Eâ¿¿853/2017 vom 7. Juni 2018
Nichteintreten auf Asylgesuch (Dublin-Verfahren). Fristen im Dublin-Verfahren. Beschleunigungsgebot. Qualifikation der vorläufigen Ablehnung des Übernahmeersuchens. Remonstrationsverfahren. Verspätete Zuständigkeitserklärung. Grundsatzurteil.
Art. 5 Abs. 2 Verordnung Nr. 1560/2003. Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO.
1. Die Zuständigkeitsbestimmung im Dublin-Verfahren erfolgt nach genau festgelegten und verbindlichen Fristen. Dies entspricht auch dem Beschleunigungsgebot im Dublin-Verfahren (E. 7).
2. Die vorläufige Ablehnung eines Übernahmeersuchens durch den ersuchten Mitgliedstaat ist in der Dublin-III-VO nicht vorgesehen. Sie ist als " normale " (ordentliche) Ablehnung zu qualifizieren (E. 8.3).
3. Die zweiwöchige Antwortfrist im Remonstrationsverfahren (Art. 5 Abs. 2 Verordnung Nr. 1560/2003) ist nicht als absolute Frist zu qualifizieren. Wird sie nicht eingehalten, hat dies mangels entsprechender Rechtsgrundlage keinen automatischen Zuständigkeitsübergang zur Folge (E. 9.3). Eine verspätete Zuständigkeitserklärung im Remonstrationsverfahren entfaltet jedenfalls dann keine Rechtswirkung mehr, wenn diese nach der sechsmonatigen Überstellungsfrist (Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO) erfolgt respektive wenn die asylsuchende Person nicht mehr innerhalb dieser sechs Monate in den per Remonstrationsverfahren zustimmenden Mitgliedstaat überstellt werden kann (E. 9.5).
4. Für die Berechnung der sechsmonatigen Überstellungsfrist ist vom Zeitpunkt der " vorläufigen Ablehnung " respektive negativen Antwort des ersuchten Mitgliedstaats auszugehen (E. 9.6).
Non-entrée en matière sur la demande d'asile (procédure Dublin). Délais de la procédure Dublin. Principe de célérité. Qualification du refus provisoire de prise en charge. Procédure de réexamen. Acceptation tardive de compétence. Arrêt de principe.
Art. 5 par. 2 règlement (CE) no 1560/2003. Art. 29 par. 1 règlement Dublin III.
1. La détermination de l'Etat membre responsable dans le cadre de la procédure Dublin doit intervenir dans les formes et les délais prescrits. Cette exigence découle aussi du principe de célérité qui sous-tend la procédure Dublin (consid. 7).
2. Le refus provisoire d'une demande de prise en charge par l'Etat membre requis n'est pas prévu dans le règlement Dublin III. Un tel cas est assimilé un refus " normal " (ordinaire; consid. 8.3).
3. Le délai de réponse de deux semaines prévu pour la procédure de réexamen (art. 5 par. 2 règlement [CE] no 1560/2003) n'est pas un délai absolu. Faute de base légale correspondante, son dépassement n'entraîne pas un transfert automatique de responsabilité (consid. 9.3). Une acceptation tardive de compétence dans le cadre d'une procédure de réexamen ne déploie de toute façon plus aucun effet juridique si elle intervient après l'expiration du délai de transfert de six mois (art. 29 par. 1 règlement Dublin III) ou si le transfert du requérant d'asile vers l'Etat requis et désormais responsable selon la procédure de réexamen ne peut plus être opéré dans ce délai de six mois (consid. 9.5).
4. Le délai de transfert de six mois se calcule partir de la date laquelle l'Etat requis a notifié le " refus provisoire ", soit la réponse négative de la requête (consid. 9.6).
Non entrata nel merito di una domanda d'asilo (procedura Dublino). Termini applicabili nella procedura Dublino. Principio di celerit . Qualificazione del rifiuto provvisorio di ripresa a carico. Procedura di riesame. Accettazione tardiva della competenza. Sentenza di principio.
Art. 5 par. 2 Regolamento (CE) n. 1560/2003. Art. 29 par. 1 Regolamento Dublino III.
1. La determinazione dello Stato competente nella procedura Dublino soggiace a termini precisi e vincolanti, come esige anche il principio di celerit applicabile alla stessa procedura (consid. 7).
2. Il rifiuto provvisorio di ripresa a carico da parte dello Stato richiesto non è contemplato nel Regolamento Dublino III. Tale rifiuto deve essere considerato come risposta negativa " normale " (ordinaria; consid. 8.3).
3. Il termine di risposta di due settimane previsto nella procedura di riesame (art. 5 par. 2 Regolamento [CE] n. 1560/2003) non costituisce un termine assoluto. In assenza di una base legale in tal senso il mancato rispetto di tale termine non comporta automaticamente un trasferimento della competenza (consid. 9.3). Ad ogni modo un'accettazione tardiva della competenza nell'ambito della procedura di riesame non esplica più alcun effetto giuridico se interviene dopo lo spirare del termine di sei mesi previsto per il trasferimento (art. 29 par. 1 Regolamento Dublino III), o se il richiedente non può essere trasferito entro tale termine nello Stato richiesto ormai competente secondo la procedura di riesame (consid. 9.5).
4. Il termine di sei mesi previsto per il trasferimento decorre a partire dalla data del " rifiuto provvisorio ", ossia della risposta negativa dello Stato richiesto (consid. 9.6).
Der Beschwerdeführer suchte am 25. Februar 2016 von Deutschland her kommend in der Schweiz um Asyl nach.
Anlässlich der Befragung zur Person (BzP) im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) A. vom 1. März 2016 wurde ihm gestützt auf die Aktenlage zu einem allfälligen Nichteintretensentscheid und der Möglichkeit einer Überstellung nach Deutschland, welches gemäss Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. L 180/31 vom 29.6.2013 (nachfolgend: Dublin-III-VO) grundsätzlich für die Behandlung seines Asylgesuchs zuständig ist, das rechtliche Gehör gewährt.
Am 9. März 2016 ersuchte das Staatssekretariat für Migration (SEM) die deutschen Behörden um Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäss Art. 18 Abs. 1 Bst. b Dublin-III-VO.
Mit Schreiben vom 22. März 2016 lehnten die deutschen Behörden das Wiederaufnahmeersuchen zunächst ab, da die Beantwortung weitere Nachforschungen erfordere.
Am 23. März 2016 erklärte das SEM den deutschen Behörden gegenüber, dass es mit der einstweiligen Ablehnung des Wiederaufnahmeersuchens nicht einverstanden sei. Dem Ersuchen sei zuzustimmen.
Am 1. Dezember 2016 stimmten die deutschen Behörden dem Wiederaufnahmeersuchen ausdrücklich zu.
Mit Verfügung vom 27. Januar 2017 trat das SEM in Anwendung von Art. 31a Abs. 1 Bst. b
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 31a Entscheide des SEM - 1 Das SEM tritt in der Regel auf Asylgesuche nicht ein, wenn Asylsuchende: |
|
1 | Das SEM tritt in der Regel auf Asylgesuche nicht ein, wenn Asylsuchende: |
a | in einen sicheren Drittstaat nach Artikel 6a Absatz 2 Buchstabe b zurückkehren können, in welchem sie sich vorher aufgehalten haben; |
b | in einen Drittstaat ausreisen können, welcher für die Durchführung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens staatsvertraglich zuständig ist; |
c | in einen Drittstaat zurückkehren können, in welchem sie sich vorher aufgehalten haben; |
d | in einen Drittstaat weiterreisen können, für welchen sie ein Visum besitzen und in welchem sie um Schutz nachsuchen können; |
e | in einen Drittstaat weiterreisen können, in dem Personen, zu denen sie enge Beziehungen haben, oder nahe Angehörige leben; |
f | nach Artikel 31b in ihren Heimat- oder Herkunftsstaat weggewiesen werden können. |
2 | Absatz 1 Buchstaben c-e findet keine Anwendung, wenn Hinweise bestehen, dass im Einzelfall im Drittstaat kein effektiver Schutz vor Rückschiebung nach Artikel 5 Absatz 1 besteht. |
3 | Das SEM tritt auf ein Gesuch nicht ein, welches die Voraussetzungen von Artikel 18 nicht erfüllt. Dies gilt namentlich, wenn das Asylgesuch ausschliesslich aus wirtschaftlichen oder medizinischen Gründen eingereicht wird. |
4 | In den übrigen Fällen lehnt das SEM das Asylgesuch ab, wenn die Flüchtlingseigenschaft weder bewiesen noch glaubhaft gemacht worden ist oder ein Asylausschlussgrund nach den Artikeln 53 und 54 vorliegt.96 |
Das Bundesverwaltungsgericht hiess die dagegen erhobene Beschwerde gut. Die Vorinstanz wurde angewiesen, sich für das Asylverfahren des Beschwerdeführers zuständig zu erklären und das nationale Verfahren durchzuführen.
Aus den Erwägungen:
7. Die Zuständigkeitsbestimmung im Dublin-Verfahren erfolgt nach genau festgelegten Fristen. Diese sind verbindlich (vgl. Urteil des EuGH vom 26. Juli 2017 Câ¿¿670/16 Mengesteab, veröffentlicht in der digitalen Sammlung [Allgemeine Sammlung] unter < http:curia.europa.eu >, Rn. 50â¿¿53). Dies soll insbesondere im Sinne des im 5. Erwägungsgrund der Dublin-III-VO erwähnten Ziels der zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz (Beschleunigungsgebot) " eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Gewährung des internationalen Schutzes zu gewährleisten [...] " (vgl. Constantin Hruschka, Dublin-Remonstrationsverfahren: Ein Instrument zur Umgehung der Dublin-Fristen?, ASYL 1/2017 S. 11; Urteil des EuGH vom 25. Oktober 2017 Câ¿¿201/16 Shiri, veröffentlicht in der digitalen Sammlung, Rn. 31). Damit soll auch verhindert werden, dass Asylsuchende " ins Abseits " geraten (sog. " refugees in orbit ") und sich kein Staat innert nützlicher Frist für die Behandlung des Asylgesuchs für zuständig erachtet (Anne Kühler, Das Dublin-System und das schweizerische Asylrecht, recht 5/2013 S. 228).
Aus der Dublin-III-VO ergeben sich nach Antragstellung einer Person auf internationalen Schutz für den ersuchenden Mitgliedstaat je nach Konstellation unterschiedliche Zeitspannen (zwei Monate bei Vorliegen eines Eurodac-Treffers resp. drei Monate ohne diesen), um einen anderen Mitgliedstaat um Aufnahme oder Wiederaufnahme der betroffenen Person zu ersuchen (Art. 21 Abs. 1 resp. Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO). Erfolgt das Ersuchen nicht innerhalb dieser Frist, wird der Mitgliedstaat, in welchem der Antrag um internationalen Schutz gestellt wurde, zuständig (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 3 resp. Art. 23 Abs. 3 Dublin-III-VO; Filzwieser/
Sprung, Dublin III-Verordnung, Wien 2014, K3 ff. zu Art. 21). Der ersuchte Mitgliedstaat hat je nach Verfahren zwischen einer Woche und zwei Monaten Zeit, auf das Ersuchen zu reagieren (Art. 21 Abs. 2 resp. Art. 22 Abs. 1 und Abs. 6, Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-VO). Dabei sind grundsätzlich folgende drei Konstellationen denkbar: (1) Der ersuchte Mitgliedstaat stimmt dem Ersuchen innert Frist explizit zu. Er ist demnach für die Behandlung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens zuständig. Die Überstellung hat innerhalb von sechs Monaten zu erfolgen (Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO). Verpasst der ersuchende Mitgliedstaat diese Frist, wird er wiederum als aktueller Aufenthaltsstaat zuständig. (2) Ohne Antwort auf das Zuständigkeitsersuchen wird der ersuchte Staat für die Behandlung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens implizit zuständig (Art. 22 Abs. 7 resp. Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO). Die Überstellung hat innerhalb von sechs Monaten zu erfolgen (Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO). (3) Der ersuchte Mitgliedstaat lehnt das Gesuch ausdrücklich ab, weshalb er nicht zuständig wird. Dies gilt auch dann, wenn er nach den Zuständigkeitskriterien eindeutig zuständig wäre. Der ersuchende Mitgliedstaat kann innerhalb von drei Wochen indes
eine erneute Prüfung des Gesuchs verlangen (sog. Remonstrationsverfahren, Art. 5 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. L 222/3 vom 5.9.2003 [nachfolgend: Verordnung Nr. 1560/2003]). Weder eine stillschweigende noch eine vorläufige oder einstweilige Ablehnung sind in der Dublin-III-VO oder der Verordnung Nr. 1560/2003 vorgesehen.
8.
8.1 Im vorliegenden Verfahren stellt sich als Erstes die Frage nach der Qualifikation der " vorläufigen Ablehnung " des Übernahmeersuchens der deutschen Behörden vom 22. März 2016.
8.2 Eine " vorläufige Ablehnung " mit dem Hinweis, weitere Untersuchungen durchzuführen, ist â¿¿ wie oben festgestellt â¿¿ in der Dublin-Verordnung nicht vorgesehen. Durch eine solche vorläufige Ablehnung wäre es einem Mitgliedstaat grundsätzlich möglich, die Antwortfrist in unzulässiger Weise zu verlängern, was dem Sinn und Zweck der festen Fristenregelungen und der Anforderung der zügigen Bearbeitung im Sinne der Dublin-III-VO widersprechen würde.
8.2.1 In der Lehre wird unter Hinweis auf Art. 5 Abs. 1 Verordnung Nr. 1560/2003, welcher vorsieht, dass ein Mitgliedstaat nach Prüfung der Unterlagen in seiner Ablehnung im Zuständigkeitsverfahren nach Art. 21 oder Art. 25 Dublin-III-VO sämtliche Gründe, die zur Ablehnung geführt haben, ausführlich zu erläutern hat, die Meinung vertreten, eine solche Erklärung und Prüfung der Unterlagen fehlten bei den " einstweiligen Ablehnungen ". Eine Ablehnung mit Vorbehalt weiterer Prüfungen sei in der Dublin-III-VO nicht vorgesehen, weshalb weitere Untersuchungen gegebenenfalls in der Antwortfrist stattfinden müssten und eine definitive Antwort erfolgen müsste. Eine Nichtprüfung des Zuständigkeitsersuchens führe klarerweise zur Zuständigkeit des Staates, welcher die Prüfung nicht vornehme. Eine solche vorläufige Ablehnung sei als rechtlich nicht wirksame Absichtserklärung einer weiteren Prüfung zu werten und nicht als ablehnende Antwort. Durch eine solche einseitige Erklärung könnten die Antwortfristen der Dublin-III-VO umgangen werden, was nicht dem Sinn und Zweck der Verordnung entspreche. Es sei demnach von einer stillschweigenden Zustimmung auszugehen. Entsprechend könne das Ersuchen um erneute Prüfung seitens
des SEM nicht als Remonstrationsverfahren erachtet werden, da keine erstmalige Prüfung Deutschlands erfolgt sei (Hruschka, a.a.O., S. 13).
Hruschka basiert seine Ausführungen zu einem grossen Teil auf die fehlende Begründung respektive Prüfung der Ablehnung. In der Praxis sind Ablehnungen ohne Erläuterung sämtlicher Gründe jedoch gang und gäbe. Inwiefern eine Unterscheidung zwischen der oft verwendeten Formulierung " He is not known " und keiner Begründung gemacht werden kann, erscheint fraglich, zumal diese Argumentationsweise weitere Fragen eröffnen würde, beispielsweise welcher Begründungsdichte eine Ablehnung genügen müsste, was in einem Massenzuständigkeitsverfahren zwischen einzelnen Staaten kaum sachgerecht oder praktikabel erscheint. Weiter kann eine begründete Ablehnung schwierig erscheinen, wenn der angefragte Mitgliedstaat schlicht keine Hinweise auf den Aufenthalt einer Person hat, insbesondere in den Fällen, in denen kein Eurodac-Treffer vorliegt.
8.2.2 Würde der Meinung von Hruschka gefolgt, wäre das Schreiben mit der " vorläufigen Ablehnung " als rechtsungültig und somit als einfaches Informationsschreiben der deutschen Behörden zu werten. Dies hätte zur Folge, dass die deutschen Behörden innerhalb der Antwortfrist in rechtsgenüglich begründeter und somit definitiver Weise ihre Zuständigkeit abzulehnen hätten oder Deutschland â¿¿ bei fehlender Antwort innerhalb der Frist â¿¿ für das entsprechende Asyl- und Wegweisungsverfahren zuständig würde. Gemäss Wortlaut von Art. 22 Abs. 7 sowie Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO kann nur das Ausbleiben einer Antwort (" keine Antwort erteilt " / " absence de réponse " / " mancata risposta ") einen Zuständigkeitsübergang durch Stillschweigen begründen. Auch wenn die vorläufige Ablehnung keine eigentliche Überprüfung des Übernahmeersuchens und keine (rechtsgenügliche) Begründung der Ablehnung beinhaltet, ist diese als Antwort auf das Aufnahme- respektive Wiederaufnahmeersuchen zu qualifizieren und kann nicht als Ausbleiben einer Antwort gelten. Für diese Argumentation spricht weiter, dass die Ablehnung via DubliNet (Art. 15, Art. 18 ff. Verordnung Nr. 1560/2003; Filzwieser/Sprung, a.a.O., K10 zu Art. 17)
gesendet wurde und somit offenbar klar im Rahmen des Dublin-Zuständigkeitsverfahrens erfolgte, was gegen die Qualifikation als reines Informationsschreiben oder als informelles Schreiben zwischen den Asylbehörden spricht. Damit ist die These der Umdeutung einer " vorläufigen Ablehnung " in eine stillschweigende Zustimmung zu verwerfen.
8.3 Im Sinne dieses Ausschlussprinzips ist eine " vorläufige Ablehnung " als " normale " (ordentliche) Ablehnung zu qualifizieren. Die Schweiz hat ihre Zuständigkeit entweder zu akzeptieren und das Asyl- und Wegweisungsverfahren in der Schweiz zügig an die Hand zu nehmen oder innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der ablehnenden Antwort ein sogenanntes Remonstrationsverfahren im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Verordnung Nr. 1560/2003 einzuleiten.
9.
9.1 Vorliegend hat das SEM auf die vorläufige Ablehnung der deutschen Behörden am 23. März 2016 mit der Einleitung eines Remonstrationsverfahrens reagiert, worauf die deutschen Behörden â¿¿ ohne weitere Nachfragen des SEM â¿¿ erst am 1. Dezember 2016, und somit nahezu achteinhalb Monate nach dem Remonstrationsersuchen, ihre Zustimmung erteilt haben. Es stellt sich damit die Frage, welcher Mitgliedstaat nach einer massiv verspäteten Zustimmung in einem Remonstrationsverfahren für die Durchführung des nationalen Asyl- und Wegweisungsverfahrens zuständig ist.
9.2 Das Remonstrationsverfahren ist nicht in der Dublin-III-VO, sondern in der Verordnung Nr. 1560/2003 geregelt. Nach einer Ablehnung der Zuständigkeit kann ein ersuchender Mitgliedstaat, der der Auffassung ist, dass die Ablehnung auf einem Irrtum beruht, oder der sich auf weitere Unterlagen berufen kann, vom ersuchten Mitgliedstaat eine erneute Prüfung verlangen. Das Remonstrationsverfahren kann demnach als eine Art Wiedererwägungsersuchen und somit als " ausserordentliches Verfahren " innerhalb des Dublin-Verfahrens bezeichnet werden (Filzwieser/
Sprung, a.a.O., K6 zu Art. 5 mit Verweis auf den Dublin-II Kontaktausschuss). Die Remonstrationsanfrage muss innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der ablehnenden Antwort erfolgen. Der ersuchte Mitgliedstaat ist gemäss der Verordnung Nr. 1560/2003 gehalten, binnen zwei Wochen auf das Ersuchen zu antworten (Art. 5 Abs. 2 Verordnung Nr. 1560/2003). Für die Durchführung von Remonstrationsverfahren ist somit ein Zeitraum von maximal fünf Wochen ab Erhalt der ablehnenden Antwort vorgesehen. Durch das Remonstrationsverfahren ändern (verlängern) sich in keinem Fall die in der Dublin-III-VO vorgesehenen Fristen für die Antwort auf Aufnahme- beziehungsweise Wiederaufnahmeersuchen (Art. 5 Abs. 2 letzter Satz Verordnung Nr. 1560/2003; Art. 18 Abs. 1 und Abs. 6 und Art. 20 Abs. 1 Bst. b der Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. L 50/1 vom 25.2.2003 [nachfolgend: Dublin-II-VO]; heute Art. 22 und Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-VO).
Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat innerhalb der zweiwöchigen Frist dem Remonstrationsersuchen zu, wird er für die Behandlung des Asylgesuchs respektive die Wiederaufnahme des Asylsuchenden zuständig. Lehnt
der ersuchte Mitgliedstaat seine Zuständigkeit innerhalb der zweiwöchigen Frist erneut ab, bleibt der ersuchende Mitgliedstaat für die Behandlung des Asylgesuchs zuständig. Antwortet der ersuchte Mitgliedstaat nicht, verbleibt gemäss Rechtsprechung und Lehre die Zuständigkeit der Behandlung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens grundsätzlich beim ersuchenden Mitgliedstaat. Zwar liegt durch die Nichtbeantwortung des Remonstrationsersuchens eine Verletzung von Unionsrecht vor, diese hat jedoch mangels diesbezüglicher Rechtsgrundlage in der Dublin-III-VO grundsätzlich keinen Zuständigkeitsübergang auf den ersuchten Mitgliedstaat zur Folge (Urteil des BVGer Eâ¿¿1719/2016 vom 4. Mai 2016 E. 4.1.2; Filzwieser/Sprung, a.a.O., K4 zu Art. 5; Hruschka, a.a.O., S. 11; Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH, Handbuch zum Asyl- und Wegweisungsverfahren, 2. Aufl. 2015, S. 152, nachfolgend: Handbuch Asyl; SEM, Handbuch Asyl und Rückkehr, Art. C3 Das Dublin-Verfahren, S. 12, Ziff. 2.3.8, < www.sem.admin.ch/dam/data/sem/asyl/verfahren/hb/
c/hb-c3-d.pdf >, abgerufen am 28.02.2018).
Lehre und Rechtsprechung gehen somit davon aus, dass das SEM grundsätzlich verpflichtet gewesen wäre, nach zwei Wochen ohne Antwort von Deutschland das nationale Asyl- und Wegweisungsverfahren an die Hand zu nehmen und innerhalb der gesetzlichen Behandlungsfristen über das Asylgesuch zu entscheiden. Fraglich ist indessen, wie mit einer â¿¿ wie im vorliegenden Verfahren â¿¿ deutlich verspäteten, aber expliziten Zustimmung umzugehen ist, welche Wirkung diese entfalten kann sowie welche Rechtsfolgen sie auf die Zuständigkeit gemäss der Dublin-III-VO hat.
An dieser Stelle ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Sache Câ¿¿47/17 und Câ¿¿48/17 Vorabentscheidungsverfahren hängig sind, denen entnommen werden kann, dass Deutschland respektive Italien eine Antwort auf ein Remonstrationsersuchen der Niederlande schuldig blieb und der Beschwerdeführer in seiner nationalen Beschwerde die Zuständigkeitserklärung der Niederlande verlangte (< http://curia.europa.eu/juris/document/document
_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIdex=0&part=1&mode=req&docid=189758&occ=first&dir=&cid=286936 >, abgerufen am 21.03.2018; < http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=189773&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=837342 >, abgerufen am 21.03.2018). Der EuGH hat dabei unter anderem die Frage zu beantworten, über welche Frist der ersuchte Mitgliedstaat verfügt, um auf das Verlangen einer neuerlichen Prüfung (Remonstration) zu antworten. Nachdem im Verfahren Câ¿¿47/17 die von den Niederlanden verlangte Dringlichkeit verneint worden war, dürfte nicht mit einem zeitnahen Verfahrensabschluss zu rechnen sein. Vorliegend liegt im Gegensatz jedenfalls zum EuGH-Verfahren Câ¿¿48/17 (Ablauf von 7½ Wochen zwischen Anfrage der Niederlande und positiver Antwort von Italien) der Zeitablauf zwischen der Anfrage der Schweiz und der positiven Antwort von Deutschland deutlich über der Dauer der sechsmonatigen Überstellungsfrist.
9.3 Bei den Fristen des Remonstrationsverfahrens in der Verordnung Nr. 1560/2003 handelt es sich im Gegensatz zu den Fristen in der Dublin-III-VO in Ermangelung einer Rechtsgrundlage nicht um Fristen, welche einen automatischen Zuständigkeitsübergang zur Folge haben (Urteile des BVGer Eâ¿¿1719/2016 E. 4.1.2 und Fâ¿¿2732/2017 vom 1. Juni 2017 S. 9; Filzwieser/Sprung, a.a.O., K4 zu Art. 5; Hruschka, a.a.O., S. 11; Handbuch Asyl, a.a.O., S. 152). Der EuGH hat in seinem Urteil Mengesteab, mit Verweis auf die Schlussanträge der Generalanwältin, die Bedeutung der Fristen in der Dublin-III-VO zwar unterstrichen und insbesondere hinsichtlich Art. 21 Dublin-III-VO (Frist für das Aufnahmegesuch) ausgeführt, dass die Fristen zwingend seien und streng gelten würden. Es sei nicht vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten diese verlängern könnten (Rn. 72). Die Berücksichtigung der Fristen sei zur Verwirklichung der Ziele der Dublin-III-VO, einer zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz sowie die Sicherstellung eines wirksamen Rechtsbehelfs von grosser Bedeutung, weshalb es einer asylsuchenden Person möglich sein müsse, sich auf den Ablauf einer Frist im Überstellungsverfahren berufen zu können (Rn. 62). Im
zitierten Urteil fokussiert sich der EuGH aber insbesondere auf das Kap. VI der Dublin-III-VO (Rn. 49), weshalb diese Erwägungen nicht zwingend auf die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1560/2003 zu übernehmen sind und die zweiwöchige Antwortfrist im Remonstrationsverfahren unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des EuGH nicht als absolute Frist zu qualifizieren ist. Der ersuchte Mitgliedstaat soll zwar binnen zwei Wochen antworten. Tut er dies nicht, hat dies, wie bereits hiervor erwähnt, jedoch keinen automatischen Zuständigkeitsübergang auf diesen zur Folge (vgl. E. 9.2). Gemäss Rechtsprechung und Lehre verbleibt in diesem Fall die Zuständigkeit der Behandlung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens beim remonstrierenden Mitgliedstaat. Eine stillschweigende Zustimmung des ersuchten Staates besteht nur in den in Art. 22 Abs. 7 und Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO vorgesehenen Verfahren (Art. 10 Verordnung Nr. 1560/2003), was heisst, dass in Remonstrationsverfahren nur eine explizite Zustimmung die Zuständigkeit des ersuchten Staates zu begründen vermag. Es wäre indes stossend, wenn ein ersuchter Mitgliedstaat, der der Übernahme (ausdrücklich) verspätet zustimmt, aus seinem Fehlverhalten â¿¿ der nicht fristgerechten
Antwort auf ein Remonstrationsbegehren â¿¿ etwas zu seinen Gunsten ableiten könnte, obschon seine ursprüngliche Ablehnung anerkanntermassen durch die nachträgliche Zustimmung auf einem Irrtum beruhte, weshalb auch aus diesem Grund die zweiwöchige Antwortfrist nicht absolut gelten kann. Weiter ist demgegenüber ebenfalls nicht zulässig, dass der ersuchende Mitgliedstaat, ohne aktiv zu werden, eine unbegrenzte Zeit zuwartet, bis eine allfällige Zustimmung ergeht, um sich seiner Zuständigkeit zu entziehen, wenn mit der Zustimmung des ersuchten Staates die Zuständigkeit auf jeden Fall auf diesen übergehen würde. Wenn eine verspätete positive Antwort auf ein Remonstrationsverfahren in jedem Fall einen Zuständigkeitsübergang auslösen könnte, würde sich daraus überdies eine unbestimmte Wartezeit für die Asylsuchenden ergeben, da die Verfahren dadurch quasi suspendiert werden könnten. Folglich ist zu prüfen, unter welchen zeitlichen Voraussetzungen eine solche (verspätete) ausdrückliche Zustimmung noch zu einem Zuständigkeitsübergang auf den ersuchten Staat führen kann beziehungsweise ab wann die ausdrückliche Zustimmung nichts mehr an der Zuständigkeit des ersuchenden Staates ändert.
9.4 Die Remonstration innerhalb der dreiwöchigen Frist begründet eine " neuerliche " Überprüfungsobliegenheit für den ersuchten Staat, die aber nicht zur Folge haben darf, dass die (Maximal-)Fristen (der höherrangigen Grundverordnung [Dublin-III-VO]), die im Sinne der Rechtsprechung Mengesteab (Rn. 50) alle verbindlich sein dürften (vgl. auch BVGE 2017 VI/9 E. 5.3.2), etwa wieder " aufleben " oder von Neuem zu laufen beginnen. Die Antwortfrist von zwei Wochen gemäss Art. 5 Abs. 2 Verordnung Nr. 1560/2003 ist nur eine Ordnungsfrist und damit nicht absolut (vgl. auch den Wortlaut der Bestimmung: französisch: " s'efforce "; deutsch: " erteilt "; italienisch: " procura di rispondere "). Anders verhält es sich in Analogie zum Entscheid Mengesteab bei den Fristen aus der Dublin-III-VO, namentlich bei der Überstellungsfrist gemäss Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO.
9.5 Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Grundsatzurteil BVGE 2010/27 (E. 7.3.1) festgestellt, dass das SEM auf das Asylgesuch einzutreten hat, wenn sich die Person nach Ablauf der Überstellungsfrist noch im Land befindet, was auch vorliegend der Fall ist. Dies wurde in BVGE 2015/19 E. 6.3 bestätigt: " In allen Fällen sind die Folgen einer Fristüberschreitung gleich geregelt. Wird die Überstellung nicht innert Frist vollzogen, geht die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. "
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung sowie von Sinn und Zweck der Dublin-Verordnung (rasche Bestimmung eines zuständigen Mitgliedstaats und Vermeidung von " refugees in orbit ") kann eine explizite Zuständigkeitserklärung des ersuchten Mitgliedstaats nach Ablauf der Antwortfrist im Remonstrationsverfahren von zwei Wochen höchstens bis Ablauf der Überstellungsfrist ergehen, um die Zuständigkeit auf den ersuchten Staat zu übertragen, respektive muss innert dieser Frist auch die Überstellung selbst noch erfolgen können. Nach Ablauf der Überstellungsfrist ohne erfolgte Überstellung ist daher der Staat, in welchem sich die Person befindet, zuständig, unabhängig davon, ob der ersuchte Mitgliedstaat bereit wäre, die asylsuchende Person trotz des Ablaufs der Überstellungsfrist aufzunehmen (BVGE 2010/27 E. 7.3.1; 2015/19 E. 6.3 in fine; Urteil Shiri Rn. 34; BVGE 2017 VI/9 E. 5.3.2). Dies trifft auch auf die Situation einer verspäteten Zustimmung in einem Remonstrationsverfahren zu.
Gestützt auf diese Feststellungen folgt, dass eine verspätete Zustimmung zur Zuständigkeit im Remonstrationsverfahren jedenfalls dann keine Rechtswirkung mehr entfaltet, wenn diese nach der sechsmonatigen Überstellungsfrist erfolgt respektive wenn die asylsuchende Person nicht mehr innerhalb dieser sechs Monate in den ersuchten und nun per Remonstrationsverfahren zustimmenden Mitgliedstaat überstellt werden kann. Nach Ablauf der Überstellungsfrist geht die Zuständigkeit auf die Schweiz über und das SEM hat das nationale Asylverfahren zügig an die Hand zu nehmen. Dieses Resultat berücksichtigt auch das Ziel der Dublin-III-VO einer raschen Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats, da in jedem Fall nach Ablauf der Überstellungsfrist feststeht, welcher Mitgliedstaat für die Durchführung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens zuständig ist. Ungeklärte Zuständigkeiten nach mehreren Monaten oder Jahren, missbräuchliches Abwarten von hypothetischen Zustimmungen im Remonstrationsverfahren und somit die Gefahr der Schaffung von " refugees in orbit ", welche das Dublin-System verhindern will, werden durch dieses Resultat vermieden.
9.6 Schliesslich stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Überstellungsfrist zu laufen beginnt.
9.6.1 Gemäss Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO erfolgt die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs. Beim Stellen eines Remonstrationsgesuchs liegt jedoch gerade keine Annahme respektive Zustimmung im Aufnahme- oder Wiederaufnahmeverfahren vor. Gleichzeitig bestimmt Art. 5 Abs. 2 Verordnung Nr. 1560/2003, dass es durch das Remonstrationsverfahren nicht zu einer Änderung (Verlängerung) der diesbezüglichen Fristen der Dublin-III-VO kommen kann (Art. 5 Abs. 2 Verordnung Nr. 1560/2003 Satz 4: " Durch dieses zusätzliche Verfahren ändern sich in keinem Fall die in Art. 18 Abs. 1 und Abs. 6 Dublin-II-VO [heute Art. 22 Abs.1 und Abs. 6 Dublin-III-VO] und Art. 20 Abs. 1 Bst. b Dublin-II-VO [heute Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-VO] [...] vorgesehenen Fristen "), weshalb die im Rahmen des Remonstrationsverfahrens erfolgte äusserst späte explizite Annahme (vorliegend Antwort Deutschlands vom 1. Dezember 2016) die Überstellungsfrist von sechs Monaten nicht auszulösen vermag, ansonsten durch eine solche späte Antwort die Fristen verlängert würden.
9.6.2 Der Beginn der sechsmonatigen Überstellungsfrist gestaltet sich je nach Konstellation â¿¿ explizite Annahme, keine Antwort, ausdrückliche Ablehnung (vgl. E. 7) â¿¿ unterschiedlich. Bei einer expliziten Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs beginnt die Überstellungsfrist ab dem Zeitpunkt der Zustimmung des ersuchten Staates zu laufen (Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO). Antwortet der ersuchte Staat nicht und wird damit die Zustimmung (des ersuchten Staates) per Verfristung angenommen (Art. 22 Abs. 7 resp. Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO), beginnt die Überstellungsfrist mit dem Verfristungsdatum zu laufen, das heisst mit impliziter Annahme (Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO). Im Rahmen eines Remonstrationsverfahrens liegt indessen weder eine Zustimmung noch eine Verfristung, sondern eine negative Antwort (vorliegend: " vorläufige " Ablehnung, vgl. E. 8.3) vor. Die im Remonstrationsverfahren erfolgte Zusage nach dieser negativen Antwort ist als deren " Wiedererwägung " zu verstehen; anders ausgedrückt wird die frühere Ablehnung durch die Antwort im Remonstrationsverfahren nun zu einer Annahme. Dies bedeutet, dass für die Berechnung der sechsmonatigen Überstellungsfrist vom Zeitpunkt der " vorläufigen Ablehnung "
respektive negativen Antwort (vgl. E. 8.3) auszugehen ist.
9.6.3 Nach dem Gesagten gilt im vorliegenden Verfahren der 22. März 2016 (" vorläufige " Ablehnung Deutschlands) als Beginn der sechsmonatigen Überstellungsfrist, welche am 22. September 2016 abgelaufen ist.
9.6.4 Die Zustimmung Deutschlands am 1. Dezember 2016 erfolgte somit klar verspätet.
9.7 Aufgrund des Gesagten ist die Zuständigkeit der Behandlung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens auf die Schweiz übergegangen.