2017 VII/6

Auszug aus dem Urteil der Abteilung VI
i.S. A. gegen Staatssekretariat für Migration
Fâ¿¿7543/2015 vom 27. November 2017

Grundrechtlicher Vertrauensschutz als Anspruchsgrundlage für eine Aufenthaltsbewilligung.

Art. 5 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
, Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV. Art. 30 Abs. 1 Bst. b
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 30 - 1 Von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 18-29) kann abgewichen werden, um:
AuG.

1. Allgemeine Voraussetzungen für die Berufung auf den Vertrauensschutz (E. 5.1). Die irrtümliche Erteilung einer EU-/EFTA-Kurzaufenthaltsbewilligung an eine nicht berechtigte ausländische Person verschafft dieser keinen Anspruch auf eine weitere Regelung ihres Aufenthalts (E. 5.3 und 5.4).

2. Allgemeine Anforderungen an einen schwerwiegenden persönlichen Härtefall nach Art. 30 Abs. 1 Bst. b
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 30 - 1 Von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 18-29) kann abgewichen werden, um:
AuG (E. 6). Auseinandersetzung mit der Situation des Beschwerdeführers nach sechseinhalbjährigem Aufenthalt in der Schweiz und der damit einhergehenden Integration. Verneinung eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalls (E. 8).

Principe de la protection de la bonne foi légitimant le droit une autorisation de séjour.

Art. 5 al. 3, art. 9 Cst. Art. 30 al. 1 let. b LEtr.

1. Conditions générales pour invoquer la protection de la bonne foi (consid. 5.1). L'octroi par erreur d'une autorisation de séjour de courte durée UE/AELE une personne d'origine étrangère qui n'y avait pas droit ne procure pas celle-ci le droit une régularisation ultérieure de son séjour (consid. 5.3 et 5.4).

2. Exigences générales permettant de reconnaître un cas individuel d'une extrême gravité au sens de l'art. 30 al. 1 let. b LEtr (consid. 6). Analyse de la situation du recourant ayant séjourné six ans et demi en Suisse et de son niveau d'intégration. Existence d'un cas individuel d'une extrême gravité niée (consid. 8).

Diritto costituzionale alla protezione della buona fede come fondamento del diritto a un permesso di dimora.

Art. 5 cpv. 3, art. 9 Cost. Art. 30 cpv. 1 lett. b LStr.

1. Condizioni generali per l'invocazione della protezione della buona fede (consid. 5.1). Il rilascio per errore di un permesso di dimora UE/AELS di corta durata ad uno straniero che non ne aveva diritto non gli conferisce alcun diritto a un'ulteriore regolarizzazione del suo soggiorno (consid. 5.3 e 5.4).

2. Requisiti generali per il riconoscimento di un caso personale particolarmente grave ai sensi dell'art. 30 cpv. 1 lett. b LStr (consid. 6). Confronto tra la situazione del ricorrente dopo sei anni e mezzo di dimora in Svizzera e la conseguente integrazione. Nessun riconoscimento di un caso personale particolarmente grave (consid. 8).

A. (nachfolgend: Beschwerdeführer) ist 1970 auf dem Gebiet des heutigen Weissrusslands geboren, ungeklärter Staatsangehörigkeit und Inhaber eines estnischen Ausländerpasses (" Alien's Passport "). Vor seiner Einreise in die Schweiz im Jahr 2012 lebte er rund 20 Jahre in Estland, wo seine Ehefrau und seine zwei erwachsenen Kinder immer noch leben.

Die B. AG, welche dem Beschwerdeführer eine Anstellung anbot und dabei offenbar irrtümlich von seiner estnischen Staatsangehörigkeit ausging, stellte für ihn bei der Migrationsbehörde des Kantons Luzern am 17. August 2011 ein Gesuch um Erteilung einer EU/EFTA-Kurzaufenthaltsbewilligung. Im Gesuch bezeichnete sie den Beschwerdeführer als Staatsangehörigen Estlands.

Obwohl dem Gesuch der B. AG der estnische Ausländerpass beige-
legt war, dem klar entnommen werden kann, dass der Beschwerdeführer die estnische Staatsangehörigkeit nicht besitzt, nahm auch die kantonale Migrationsbehörde an, dass der Beschwerdeführer estnischer Staatsangehöriger sei und als solcher aus dem Freizügigkeitsabkommen (FZA, SR 0.142.112.681) begünstigt werde. Sie erteilte ihm daher am 2. Mai 2012 die nachgesuchte EU/EFTA-Kurzaufenthaltsbewilligung. Diese wurde zwei Mal verlängert.

Am 20. November 2014 ersuchte der Beschwerdeführer um Umwandlung seiner bisherigen Bewilligung in eine EU/EFTA-Aufenthaltsbewilligung. Erst in diesem Kontext fiel der kantonalen Migrationsbehörde auf, dass der Beschwerdeführer möglicherweise nicht estnischer Staatsangehöriger ist, was dieser auf Anfrage hin bestätigte.

Aufgrund der besonderen Umstände des Falls erklärte sich die kantonale Migrationsbehörde am 2. Februar 2015 bereit, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 30 Abs. 1 Bst. b
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 30 - 1 Von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 18-29) kann abgewichen werden, um:
AuG (SR 142.20; schwerwiegender persönlicher Härtefall) zu erteilen, und übersteuerte den Fall zur Zustimmung an das Staatssekretariat für Migration (SEM, nachfolgend: Vorinstanz).

Mit Verfügung vom 14. Oktober 2015 verweigerte die Vorinstanz ihre Zustimmung zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an den Beschwerdeführer.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 23. November 2015 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragte die Erteilung der Zustimmung zur Aufenthaltsbewilligung.

Das Bundesverwaltungsgericht weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

5. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe gestützt auf den in Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV verankerten Vertrauensschutz einen Anspruch auf die nachgesuchte Aufenthaltsbewilligung und damit auch auf die Zustimmung zu ihrer Erteilung. Diese Rechtsauffassung ist, wie nachfolgend zu zeigen sein wird, unzutreffend.

5.1 Der Grundsatz von Treu und Glauben ist sowohl in Art. 5 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
als auch in Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV verankert. Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV vermittelt einer Person einen grundrechtlichen Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes behördliches Verhalten. Es kommt zum Zug, wenn die erweckten Erwartungen nicht dem objektiven Recht entsprechen. Insoweit steht der Vertrauensschutz im Spannungsverhältnis zum Legalitätsprinzip. Damit sich der Betroffene auf den Vertrauensschutz berufen kann, ist erforderlich, dass die Behörde durch ihr Verhalten eine Vertrauensgrundlage geschaffen hat, auf die der Betroffene in guten Treuen vertraut hat, dass er aufgrund dieses Vertrauens Dispositionen getroffen hat, die er nicht oder nicht ohne Nachteile rückgängig machen kann, und dass die gesetzliche Ordnung seit dem behördlichen Tun keine Änderung erfahren hat. Sind die Voraussetzungen für den Vertrauensschutz gegeben, muss die Behörde grundsätzlich das geweckte Vertrauen honorieren. Dies erfolgt primär dadurch, dass der Betroffene nicht entsprechend dem objektiven Recht, sondern entsprechend seinem Vertrauen behandelt wird. Ist das nicht möglich, weil an der Durchsetzung des
objektiven Rechts ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, ist der Betroffene für den Schaden zu entschädigen, den er durch sein Vertrauen auf die staatliche Handlung erlitten hat (vgl. zum Ganzen etwa BGE 143 V 95 E. 3.6.2; 137 II 182 E. 3.6.2, je m.H.; ferner Christoph Rohner, in: St. Galler Kommentar BV, 3. Aufl. 2014, N. 47 ff. zu Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, Rz. 624 ff.).

5.2 Nach Auffassung des Beschwerdeführers sind die Voraussetzungen für die Gewährung des Vertrauensschutzes gegeben. Die Vertrauensgrundlage erblickt er in der Erteilung und mehrfachen Verlängerung seiner Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA durch die Migrationsbehörde des Kantons Luzern (und einer entsprechenden Auskunft im Rahmen des letzten Verfahrens auf Umwandlung in eine Aufenthaltsbewilligung). Diese seien zwar materiell unrichtig gewesen, da sie auf der irrtümlichen Annahme beruht hätten, er sei Este. Allein, er habe in guten Treuen auf die Richtigkeit des behördlichen Tuns vertraut. Weder habe er die kantonale Migrationsbehörde über seine Staatsangehörigkeit getäuscht, noch habe er gewusst oder wissen müssen, dass die kantonale Migrationsbehörde in einem Irrtum befangen und dass dieser Irrtum rechtserheblich gewesen sei. Er beruft sich in diesem Zusammenhang auf seine anfänglich ungenügenden Deutschkenntnisse, die Tatsache, dass er ein juristischer Laie ist, ferner seinen mit 20 Jahren sehr langen Voraufenthalt in Estland, der dazu geführt habe, dass er das Land als seine Heimat betrachte, sowie die Diskriminierung der dortigen russischen Minderheit, deren Angehörige keine Aussichten auf den Erwerb des
estnischen Staatsbürgerrechts hätten. Sodann habe er als Folge der irrtümlichen Erteilung und Verlängerung seiner Kurzaufenthaltsbewilligungen sein Leben völlig neu organisiert. Müsste er in sein Herkunftsland zurückkehren, würde es ihm aufgrund seiner langen Abwesenheit, der hohen Arbeitslosigkeit und der Diskriminierung der russischen Minderheit auf dem Arbeitsmarkt sehr schwerfallen, eine neue Anstellung zu finden und seine Familie zu ernähren. Darin liegt seiner Auffassung nach eine Vertrauensdisposition, welche die Behörde zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verpflichtet.

5.3 Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, dass Kurzaufenthaltsbewilligungen und Aufenthaltsbewilligungen stets befristet erteilt werden (vgl. etwa Art. 6 Abs. 1
IR 0.142.112.681 Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (mit Anhängen, Prot. und Schlussakte)
FZA Art. 6 Aufenthaltsrecht für Personen, die keine Erwerbstätigkeit ausüben - Das Aufenthaltsrecht im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei wird den Personen, die keine Erwerbstätigkeit ausüben, gemäss den Bestimmungen des Anhangs I über Nichterwerbstätige eingeräumt.
und Abs. 2 Anhang I zum FZA, Art. 32
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 32 Kurzaufenthaltsbewilligung - 1 Die Kurzaufenthaltsbewilligung wird für befristete Aufenthalte bis zu einem Jahr erteilt.
und Art. 33
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 33 Aufenthaltsbewilligung - 1 Die Aufenthaltsbewilligung wird für Aufenthalte mit einer Dauer von mehr als einem Jahr erteilt.
AuG). Aus Anlass ihrer Verlängerung wird von der Behörde jeweils geprüft, ob die einschlägigen Voraussetzungen (immer noch) erfüllt sind. Die ausländische Person muss damit rechnen, dass die Bewilligung gegebenenfalls nicht erneuert wird, es sei denn, sie habe eine entsprechende Zusicherung erhalten, was im vorliegenden Fall nicht geschehen ist. Die blosse Erteilung einer Bewilligung kann daher grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen in die Verlängerung derselben begründen (BGE 126 II 377 E. 3.b; Urteil des BGer 2C_184/2014 vom 4. Dezember 2014 E. 4.3; Peter Uebersax, Einreise und Anwesenheit, in: Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 7.148). Den Anforderungen des Vertrauensgrundsatzes als allgemeines Verfassungsprinzip (Art. 5 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
BV) genügt es im Übrigen, wenn die Migrationsbehörden den Umstand, dass sich eine ausländische Person bereits im Besitze einer Aufenthaltsbewilligung befand, in ihren Entscheid mit einfliessen lassen und im Falle der Nichtverlängerung derselben eine angemessene Frist zum
Verlassen der Schweiz setzen (BGE 126 II 377 E. 3.b in fine). Der Beschwerdeführer kann sich daher auf keine taugliche Vertrauensgrundlage berufen.

5.4 Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen kann ferner ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer den Irrtum der Migrationsbehörde und dessen rechtliche Relevanz für seinen ausländerrechtlichen Status nicht erkannte oder bei Aufwendung minimaler Sorgfalt nicht hätte erkennen müssen. Es sei lediglich auf die insgesamt drei Ausländerausweise EU/EFTA hingewiesen, die er in den Jahren 2012 bis 2014 erhielt, in denen als seine Staatsangehörigkeit " Estland " vermerkt war und denen leicht erkennbar entnommen werden kann, dass sie Staatsangehörigen der EU/EFTA-Mitgliedstaaten vorbehalten sind. Gleiches gilt für die entsprechenden Gesuche, von denen zumindest das Umwandlungsgesuch vom 20. November 2014 von ihm unterzeichnet war. Dort bezeichnete er sich im Übrigen selbst als estnischen Staatsangehörigen. Dass er in Wahrheit diese Staatsangehörigkeit nicht besitzt und dass sich die Migrationsbehörde in diesem Zusammenhang für die Staatsangehörigkeit im Rechtssinne und nicht für seine subjektive Befindlichkeit interessiert, war dem Beschwerdeführer ohne jeden vernünftigen Zweifel ebenfalls bewusst. Immerhin stellt die Staatsangehörigkeit einen rechtlichen Status dar, der grundlegend ist und sich auf praktisch
alle Lebensbereiche bestimmend auswirkt. Der Beschwerdeführer konnte auch nicht in guten Treuen annehmen, er werde in seiner Eigenschaft als in Estland lange Jahre aufenthaltsberechtigtes Mitglied der russischen Minderheit behandelt werden, wie wenn er die estnische Staatsangehörigkeit besässe. Dagegen spricht bereits die Tatsache, dass er die Migrationsbehörde über sein Vorleben nicht informierte und schon im Herkunftsland nicht gleich behandelt wurde. Wieso er von den Behörden eines anderen Staats erwartete, gleich behandelt zu werden wie estnische Staatsangehörige, ist nicht nachvollziehbar. Davon abgesehen hatte er in seinem Umwandlungsgesuch vom 20. November 2014 hinsichtlich der weissrussischen Staatsangehörigkeit seiner Ehefrau und seiner beiden erwachsenen Kinder keine Zuordnungsprobleme, obwohl zumindest seine beiden Kinder ihr ganzes bisheriges Leben in Estland verbracht haben. Somit muss dem Beschwerdeführer auch ein schutzwürdiges Vertrauen abgesprochen werden.

6.

6.1 Art. 18 bis
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
29 AuG listen die ordentlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer ausländischen Person zu einem Aufenthalt mit und ohne Erwerbstätigkeit auf. Art. 30
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 30 - 1 Von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 18-29) kann abgewichen werden, um:
AuG enthält Tatbestände, bei denen von diesen Zulassungsvoraussetzungen abgewichen werden kann. Das ist gemäss Art. 30 Abs. 1 Bst. b
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 30 - 1 Von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 18-29) kann abgewichen werden, um:
AuG unter anderem der Fall, wenn einem schwerwiegenden persönlichen Härtefall oder wichtigen öffentlichen Interessen Rechnung zu tragen ist. Art. 31 Abs. 1
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 31 Schwerwiegender persönlicher Härtefall - (Art. 30 Abs. 1 Bst. b , 50 Abs. 1 Bst. b und 84 Abs. 5 AIG; Art. 14 AsylG)
1    Liegt ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vor, kann eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden. Bei der Beurteilung sind insbesondere zu berücksichtigen:
a  die Integration der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers anhand der Integrationskriterien nach Artikel 58a Absatz 1 AIG;
b  ...
c  die Familienverhältnisse, insbesondere der Zeitpunkt der Einschulung und die Dauer des Schulbesuchs der Kinder;
d  die finanziellen Verhältnisse;
e  die Dauer der Anwesenheit in der Schweiz;
f  der Gesundheitszustand;
g  die Möglichkeiten für eine Wiedereingliederung im Herkunftsstaat.
2    Die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller muss die Identität offen legen.
3    Für die Ausübung einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit ist keine Bewilligung erforderlich.69
4    ...70
5    War aufgrund des Alters, des Gesundheitszustandes oder des asylrechtlichen Arbeitsverbots nach Artikel 43 AsylG die Teilnahme am Wirtschaftsleben oder am Erwerb von Bildung (Art. 58a Abs. 1 Bst. d AIG) nicht möglich, so ist dies bei der Prüfung der finanziellen Verhältnisse zu berücksichtigen.71
6    Bei der Prüfung eines Gesuchs um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach Artikel 84 Absatz 5 AIG ist die erfolgreiche Teilnahme an Integrations- oder Beschäftigungsprogrammen zu berücksichtigen.72
der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE, SR 142.201) enthält eine nicht abschliessende Liste von Kriterien, die bei der Beurteilung der Frage, ob ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vorliegt, zu berücksichtigen sind. Dazu gehören die Integration der gesuchstellenden Person (Bst. a), die Respektierung der Rechtsordnung durch sie (Bst. b), ihre Familienverhältnisse (Bst. c), ihre finanziellen Verhältnisse sowie ihr Wille zur Teilhabe am Wirtschaftsleben und zum Erwerb von Bildung (Bst. d), die Dauer ihrer Anwesenheit in der Schweiz (Bst. e), ihr Gesundheitszustand (Bst. f) und die Möglichkeiten für ihre Wiedereingliederung im Herkunftsland (Bst. g).

6.2 Schon aufgrund der Stellung von Art. 30 Abs. 1 Bst. b
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 30 - 1 Von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 18-29) kann abgewichen werden, um:
AuG im Gesetz (unter Abschnitt " Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen "), seiner Formulierung und den vom Bundesgericht in der Rechtsprechung zum entsprechenden Art. 13 Bst. f
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 30 - 1 Von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 18-29) kann abgewichen werden, um:
der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO, AS 1986 1791) genannten und jetzt in Art. 31 Abs. 1
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 31 Schwerwiegender persönlicher Härtefall - (Art. 30 Abs. 1 Bst. b , 50 Abs. 1 Bst. b und 84 Abs. 5 AIG; Art. 14 AsylG)
1    Liegt ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vor, kann eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden. Bei der Beurteilung sind insbesondere zu berücksichtigen:
a  die Integration der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers anhand der Integrationskriterien nach Artikel 58a Absatz 1 AIG;
b  ...
c  die Familienverhältnisse, insbesondere der Zeitpunkt der Einschulung und die Dauer des Schulbesuchs der Kinder;
d  die finanziellen Verhältnisse;
e  die Dauer der Anwesenheit in der Schweiz;
f  der Gesundheitszustand;
g  die Möglichkeiten für eine Wiedereingliederung im Herkunftsstaat.
2    Die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller muss die Identität offen legen.
3    Für die Ausübung einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit ist keine Bewilligung erforderlich.69
4    ...70
5    War aufgrund des Alters, des Gesundheitszustandes oder des asylrechtlichen Arbeitsverbots nach Artikel 43 AsylG die Teilnahme am Wirtschaftsleben oder am Erwerb von Bildung (Art. 58a Abs. 1 Bst. d AIG) nicht möglich, so ist dies bei der Prüfung der finanziellen Verhältnisse zu berücksichtigen.71
6    Bei der Prüfung eines Gesuchs um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach Artikel 84 Absatz 5 AIG ist die erfolgreiche Teilnahme an Integrations- oder Beschäftigungsprogrammen zu berücksichtigen.72
VZAE aufgeführten Kriterien ergibt sich, dass dieser Bestimmung Ausnahmecharakter zukommt und dass die Voraussetzungen zur Anerkennung eines Härtefalls restriktiv zu handhaben sind. Die betroffene Person muss sich in einer persönlichen Notlage befinden. Das bedeutet, dass ihre Lebens- und Existenzbedingungen, gemessen am durchschnittlichen Schicksal von ausländischen Personen, in gesteigertem Masse infrage gestellt sein müssen beziehungsweise die Verweigerung einer Abweichung von den Zulassungsvoraussetzungen für sie mit schweren Nachteilen verbunden wäre.

6.3 Bei der Beurteilung eines Härtefalls müssen sämtliche Umstände des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigt werden. Die Anerkennung als Härtefall setzt nicht zwingend voraus, dass die Anwesenheit in der Schweiz das einzige Mittel zur Verhinderung einer persönlichen Notlage darstellt. Auf der anderen Seite reichen eine langdauernde Anwesenheit und eine fortgeschrittene soziale und berufliche Integration sowie klagloses Verhalten für sich alleine nicht aus, um einen schwerwiegenden persönlichen Härtefall zu begründen. Vielmehr wird vorausgesetzt, dass die ausländische Person so enge Beziehungen zur Schweiz unterhält, dass von ihr nicht verlangt werden kann, in einem anderen Land, insbesondere in ihrem Heimatstaat, zu leben. Berufliche, freundschaftliche und nachbarschaftliche Beziehungen, welche die betroffene Person während ihres Aufenthalts in der Schweiz knüpfen konnte, genügen normalerweise nicht für eine Abweichung von den Zulassungsvoraussetzungen (vgl. insb. BGE 130 II 39 E. 3 und BVGE 2007/45 E. 4.2, je m.H.).

6.4 Zu beachten gilt es ferner, dass im Zusammenhang mit dem schwerwiegenden persönlichen Härtefall ausschliesslich humanitäre Gesichtspunkte ausschlaggebend sind, wobei der Schwerpunkt auf der Verankerung in der Schweiz liegt. Im Rahmen einer Gesamtschau sind jedoch seit jeher auch der Gesundheitszustand einer Person sowie die Möglichkeiten einer Wiedereingliederung im Herkunftsland mitzuberücksichtigen (vgl. Art. 31 Abs. 1 Bst. f
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 31 Schwerwiegender persönlicher Härtefall - (Art. 30 Abs. 1 Bst. b , 50 Abs. 1 Bst. b und 84 Abs. 5 AIG; Art. 14 AsylG)
1    Liegt ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vor, kann eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden. Bei der Beurteilung sind insbesondere zu berücksichtigen:
a  die Integration der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers anhand der Integrationskriterien nach Artikel 58a Absatz 1 AIG;
b  ...
c  die Familienverhältnisse, insbesondere der Zeitpunkt der Einschulung und die Dauer des Schulbesuchs der Kinder;
d  die finanziellen Verhältnisse;
e  die Dauer der Anwesenheit in der Schweiz;
f  der Gesundheitszustand;
g  die Möglichkeiten für eine Wiedereingliederung im Herkunftsstaat.
2    Die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller muss die Identität offen legen.
3    Für die Ausübung einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit ist keine Bewilligung erforderlich.69
4    ...70
5    War aufgrund des Alters, des Gesundheitszustandes oder des asylrechtlichen Arbeitsverbots nach Artikel 43 AsylG die Teilnahme am Wirtschaftsleben oder am Erwerb von Bildung (Art. 58a Abs. 1 Bst. d AIG) nicht möglich, so ist dies bei der Prüfung der finanziellen Verhältnisse zu berücksichtigen.71
6    Bei der Prüfung eines Gesuchs um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach Artikel 84 Absatz 5 AIG ist die erfolgreiche Teilnahme an Integrations- oder Beschäftigungsprogrammen zu berücksichtigen.72
und g VZAE). Diese Prüfung kann nicht losgelöst von den persönlichen, familiären und ökonomischen Schwierigkeiten erfolgen, denen eine ausländische Person in ihrem Heimat- beziehungsweise Herkunftsland ausgesetzt wäre (vgl. BGE 123 II 125 E. 3 S. 128). Daraus ergibt sich eine gewisse Überschneidung von Gründen, die für die Beurteilung der Vollziehbarkeit einer verfügten Wegweisung von Bedeutung sind (vgl. Art. 83
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 83 Anordnung der vorläufigen Aufnahme - 1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar, so verfügt das SEM die vorläufige Aufnahme.248
AuG), und solchen, die einen Härtefall (mit-)begründen können. Das ist nicht zu vermeiden und in Kauf zu nehmen (vgl. Urteil des BVGer Câ¿¿3887/2009 vom 30. Mai 2012 E. 4.3 m.H.).

7.

7.1 Die Vorinstanz kommt in der angefochtenen Verfügung zum Schluss, dass die Nachteile, die dem Beschwerdeführer für den Fall drohten, dass er nicht von den Zulassungsvoraussetzungen ausgenommen werde, nicht so schwer wögen, als dass von einem schwerwiegenden persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 30 Abs. 1 Bst. b
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 30 - 1 Von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 18-29) kann abgewichen werden, um:
AuG ausgegangen werden müsste. Im Einzelnen hebt die Vorinstanz die folgenden Punkte hervor: Der rund viereinhalbjährige Aufenthalt sei verhältnismässig kurz und könne nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer einer Erwerbstätigkeit nachgeht, nicht straffällig geworden ist und seine finanziellen Verpflichtungen erfüllt, wird zwar anerkannt. Nach Auffassung der Vorinstanz zeugt dies jedoch nicht von einer ausserordentlichen Integrationsleistung. Vielmehr werde ein solches Verhalten von jedem Einwohner der Schweiz verlangt. Der Beschwerdeführer habe ferner kurzzeitig als Maurer, Gartengestalter sowie Allrounder und schliesslich vor allem als Mitarbeiter in einem Fleischverarbeitungsbetrieb gearbeitet. Es sei davon auszugehen, dass er auch in seinem Herkunftsstaat einer vergleichbaren Arbeit nachgehen könne. Familiäre Bindungen an die Schweiz habe der
Beschwerdeführer nicht. Die Akten enthielten auch keine Hinweise auf einen schlechten Gesundheitszustand. Zusammenfassend kann die Vorinstanz keinen schwerwiegenden persönlichen Härtefall erkennen.

7.2 Der Beschwerdeführer betont seine gute berufliche und soziale Integration in der Schweiz sowie seinen tadellosen Leumund in finanzieller und strafrechtlicher Hinsicht. Während seines langen Aufenthalts sei die Schweiz zu seiner zweiten Heimat geworden. Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, dass er mit seinem Einkommen für den Lebensunterhalt der Ehefrau und der Kinder aufkomme. Müsste er zurückkehren, stünde er vor dem Nichts, da es für ihn sehr schwierig wäre, wieder eine Arbeit zu finden. Denn er sei aus der Perspektive des Arbeitsmarkts fortgeschrittenen Alters und seit Jahren nicht mehr in den estnischen Arbeitsmarkt integriert. Zudem gehöre er der russischen Minderheit in Estland an, deren Angehörige nachweislich auch auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert würden und unter denen eine hohe Arbeitslosigkeit herrsche. Die Vorinstanz gehe daher zu Unrecht davon aus, dass er in seinem Herkunftsstaat wieder eine vergleichbare Arbeit finden könnte. Sie setze sich überhaupt nicht mit den Problemen auseinander, denen er als Russe ausgesetzt wäre. Beziehe man diese Problematik in die Gesamtbeurteilung ein, sei in Verbindung mit seiner sehr guten Integration sehr wohl ein Härtefall gegeben.

7.3 In ihrer Vernehmlassung hält die Vorinstanz an ihrer Beurteilung fest. Erneut weist sie darauf hin, dass der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Schweiz nicht besonders lang sei. Dass der Beschwerdeführer einer Erwerbstätigkeit nachgehe, nicht straffällig geworden sei und seinen finanziellen Verpflichtungen nachkomme, müsse als normales Verhalten eines durchschnittlichen Bewohners der Schweiz bewertet werden und zeuge nicht von einer überdurchschnittlichen Integrationsleistung. Der Beschwerdeführer sei mit seinen 46 Jahren auch nicht zu alt, um in seinem Herkunftsstaat, in dem er seit 1990 gelebt habe, wieder Fuss zu fassen. Der Beschwerdeführer habe auch nicht konkret dargelegt, inwiefern er von der geltend gemachten Diskriminierung der russischen Minderheit in Estland betroffen gewesen sei. Es sei darauf hinzuweisen, dass rund 30 % der Einwohner Estlands russischsprachig seien, am wirtschaftlichen Leben teilnehmen würden und sich vielfach nach dem Bestehen eines Staatsbürgerschaftstests hätten einbürgern lassen. Konkrete Gründe für die Annahme, dass die Wiedereingliederung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsland nicht möglich wäre, lägen nicht vor.

7.4 Der Beschwerdeführer wiederum wiederholt in der Replik seine Argumente bezüglich der ihn erwartenden Schwierigkeiten einer wirtschaftlichen Wiedereingliederung. Ferner widerspricht er der impliziten Darstellung der Vorinstanz, dass sich die meisten Russen nach Bestehen eines Staatsbürgertests einbürgern liessen. Wie einem beigelegten Bericht der Organisation Human Rights Watch vom 7. Juni 2015 entnommen werden könne, sei die Anzahl der Staatenlosen in Estland immer noch überproportional hoch. Die Hürden für eine Einbürgerung seien, vor allem aufgrund von sprachlichen Anforderungen, kaum zu überwinden. Zwar seien die Regeln für Kinder und Senioren unter gewissen Voraussetzungen gelockert worden. Er selbst könne von dieser Lockerung nicht profitieren. Insbesondere die sprachlichen Anforderungen seien für ihn kaum zu erfüllen, und er könnte sich auch keinen Sprachkurs leisten. Zudem seien die Gebühren für das Verfahren eine grosse finanzielle Belastung. Vor diesem Hintergrund sei hinreichend dargetan, dass eine wirtschaftliche Wiedereingliederung in Estland sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich sei. In Verbindung mit den anderen Beurteilungskriterien müsse von einem schwerwiegenden persönlichen Härtefall
ausgegangen werden.

8. Das Bundesverwaltungsgericht teilt die Auffassung der Vorinstanz, dass kein schwerwiegender persönlicher Härtefall vorliegt, dem in Abweichung von den ordentlichen Zulassungsvoraussetzungen mit einer Aufenthaltsbewilligung Rechnung getragen werden müsste.

8.1 Wohl hält sich der Beschwerdeführer mittlerweile sechseinhalb Jahre in der Schweiz auf. Allerdings bestehen erhebliche Zweifel an seiner Gutgläubigkeit in die materielle Rechtmässigkeit seines Aufenthalts (vgl. E. 5.4) und ist die Aufenthaltsdauer rechtsprechungsgemäss ohnehin zu kurz, als dass er allein aus ihr und der damit normalerweise einhergehenden Integration unter dem Gesichtspunkt des schwerwiegenden persönlichen Härtefalls etwas für sich ableiten könnte (vgl. E. 6.3; ferner Urteil des BVGer Câ¿¿1090/2013 vom 19. Mai 2014 E. 5.1 m.H. u.a. auf die mit BGE 124 II 110 E. 3 begründete Kaynak-Rechtsprechung, die mit Blick auf die besondere Situation asylsuchender Personen nach zehnjährigem Aufenthalt ohne definitiven Asylentscheid und damit einhergehender guter Integration von einem schwerwiegenden persönlichen Härtefall ausgeht). Dass der Beschwerdeführer als Mitarbeiter geschätzt wird, für seinen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme der öffentlichen Sozialhilfe aufkommt und sein finanzieller und strafrechtlicher Leumund einwandfrei sind, ist anzuerkennen, entspricht aber dem, was von jedem Einwohner der Schweiz erwartet wird, und kann nicht als besondere Integrationsleistung betrachtet werden, die ihn
im Vergleich zu anderen ausländischen Personen mit vergleichbarem Aufenthalt hervorheben würde. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine besonderen Integrationsleistungen vorweisen kann, ist umso mehr berechtigt, als er zwar behauptet, dass die Schweiz zu seiner zweiten Heimat geworden sei, er jedoch keine substantiierten Angaben zu irgendwelchen sozialen Kontakten ausserhalb der beruflichen Sphäre macht. Es tritt hinzu, dass der Beschwerdeführer keine familiären Bande zur Schweiz unterhält (seine engsten Familienangehörigen leben in Estland) und dass nichts auf gesundheitliche Probleme schliessen lässt.

8.2 Zu den Möglichkeiten einer Wiedereingliederung im Herkunftsland ist zu bemerken, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben in den seiner Einreise vorangegangenen 20 Jahren in Estland gelebt hat, wo seine Ehefrau und seine zwei inzwischen erwachsenen Kinder nach wie vor leben. Es kann daher ohne Weiteres angenommen werden, dass er mit den Verhältnissen in Estland bestens vertraut ist. Dies gilt umso mehr, als der Beschwerdeführer nach einem ungleich kürzeren Aufenthalt in der Schweiz für sich in Anspruch nimmt, bestens in die hiesigen Verhältnisse integriert zu sein. Zudem ist der Beschwerdeführer gesund und hat mit 48 Jahren noch nicht ein Alter erreicht, das ihm den Wiedereinstieg in das Berufsleben verunmöglichen würde. Die berufliche Erfahrung, die er in der Schweiz dazugewonnen hat, wird ihm helfen. Was die Diskriminierung von Angehörigen der russischen Minderheit auf dem Arbeitsmarkt angeht, die der Beschwerdeführer mit Beweismitteln zu belegen sucht (Amnesty International Report 2014/2015 und Bericht der Organisation Human Rights Watch vom 7. Juni 2015), so unterlässt er es, konkret und substantiiert darzulegen, inwiefern er persönlich von ihr betroffen wäre. Dieser Punkt ist von Bedeutung, denn die
russische Gemeinschaft in Estland ist in Bezug auf ihren rechtlichen Status, die politische Einstellung und die sprachliche und wirtschaftliche Integration durchaus heterogen (vgl. dazu: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags, Die russischen Minderheiten in den baltischen Staaten, Sachstand, 24. Februar 2017, Aktenzeichen WD2-3000-010/17, online abrufbar unter < https://www.bundestag.de > Dokumente > Fachinformationen und Analysen, abgerufen am 09.11.2017). Von den Lebensverhältnissen des Beschwerdeführers in Estland ist jedoch so gut wie nichts bekannt. Damit will nicht gesagt sein, dass eine Wiedereingliederung in Estland problemlos möglich wäre. Die Schwierigkeiten, denen der Beschwerdeführer ausgesetzt wäre, sind jedoch weder für sich allein noch in Verbindung mit seiner Integration in der Schweiz geeignet, einen schwerwiegenden persönlichen Härtefall nach Art. 30 Abs. 1 Bst. b
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 30 - 1 Von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 18-29) kann abgewichen werden, um:
AuG zu begründen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 2017/VII/6
Datum : 27. November 2017
Publiziert : 27. September 2018
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : 2017/VII/6
Sachgebiet : VII (Ausländerrecht, Bürgerrecht)
Gegenstand : Schwerwiegender persönlicher Härtefall


Gesetzesregister
AuG: 18bis  30 
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 30 - 1 Von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 18-29) kann abgewichen werden, um:
32 
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 32 Kurzaufenthaltsbewilligung - 1 Die Kurzaufenthaltsbewilligung wird für befristete Aufenthalte bis zu einem Jahr erteilt.
33 
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 33 Aufenthaltsbewilligung - 1 Die Aufenthaltsbewilligung wird für Aufenthalte mit einer Dauer von mehr als einem Jahr erteilt.
83
SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz
AIG Art. 83 Anordnung der vorläufigen Aufnahme - 1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar, so verfügt das SEM die vorläufige Aufnahme.248
BV: 5 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BVO: 13
FZA: 6
IR 0.142.112.681 Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (mit Anhängen, Prot. und Schlussakte)
FZA Art. 6 Aufenthaltsrecht für Personen, die keine Erwerbstätigkeit ausüben - Das Aufenthaltsrecht im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei wird den Personen, die keine Erwerbstätigkeit ausüben, gemäss den Bestimmungen des Anhangs I über Nichterwerbstätige eingeräumt.
VZAE: 31
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 31 Schwerwiegender persönlicher Härtefall - (Art. 30 Abs. 1 Bst. b , 50 Abs. 1 Bst. b und 84 Abs. 5 AIG; Art. 14 AsylG)
1    Liegt ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vor, kann eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden. Bei der Beurteilung sind insbesondere zu berücksichtigen:
a  die Integration der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers anhand der Integrationskriterien nach Artikel 58a Absatz 1 AIG;
b  ...
c  die Familienverhältnisse, insbesondere der Zeitpunkt der Einschulung und die Dauer des Schulbesuchs der Kinder;
d  die finanziellen Verhältnisse;
e  die Dauer der Anwesenheit in der Schweiz;
f  der Gesundheitszustand;
g  die Möglichkeiten für eine Wiedereingliederung im Herkunftsstaat.
2    Die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller muss die Identität offen legen.
3    Für die Ausübung einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit ist keine Bewilligung erforderlich.69
4    ...70
5    War aufgrund des Alters, des Gesundheitszustandes oder des asylrechtlichen Arbeitsverbots nach Artikel 43 AsylG die Teilnahme am Wirtschaftsleben oder am Erwerb von Bildung (Art. 58a Abs. 1 Bst. d AIG) nicht möglich, so ist dies bei der Prüfung der finanziellen Verhältnisse zu berücksichtigen.71
6    Bei der Prüfung eines Gesuchs um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach Artikel 84 Absatz 5 AIG ist die erfolgreiche Teilnahme an Integrations- oder Beschäftigungsprogrammen zu berücksichtigen.72
BGE Register
123-II-125 • 124-II-110 • 126-II-377 • 130-II-39 • 137-II-182 • 143-V-95
Weitere Urteile ab 2000
2C_184/2014
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BVGE
2007/45
AS
AS 1986/1791